verdienst von 14 bis 16 Mt.; wenn sie gewöhnliches Schuhwerk macht, so verdient sie wöchentlich 7 bis höchstens 9 Mt. Nur eine einzige, besonders tüchtige und unter guten äußeren Bedingungen arbeitende Frau fand sich, die 20 Mt. wöchentlich einnahm. Besonders traurig gestalten sich die Verhältnisse, sobald es sich um eine ver­heirathete Arbeiterin mit Kindern handelt. Wenn die Frau Wirth­schaft und Kinder auch noch so sehr vernachlässigt, erwirbt sie höchstens 5 bis 6 Mt. die Woche. Dabei ruht die Erhaltung der Familie meist fast allein auf ihren Schultern, da die Männer in dem be­treffenden Bezirk vielfach in Folge von Trunksucht aufs Aeußerste heruntergekommen sind. Die Häuslichkeit leidet unter den Verhält­nissen den größten Schaden. Um alle Zeit für die Erwerbsarbeit zu gewinnen, holt die Frau das Essen aus dem Speisehaus, läßt auswärts waschen und das Nothwendigste nähen. Die Versorgung der Familie in jeder Hinsicht ist durchaus unzureichend, da gutes Essen, häufige Wäsche, genügende Kleidung nicht bezahlt werden kann. Sobald als möglich werden die Kinder zur Mitarbeit herangezogen und sind in Folge dessen in der Schule schlechte Schüler mit müdem Geiste und siechem Körper.

Die ,, Women's Industrial News"( Nachrichten für Frauenarbeit), die in ihrer letzten Nummer einen Bericht über diese Erhebung brachten, fügen den Ergebnissen der Erhebung die Bemerkung hinzu, daß die Heimarbeit Unregelmäßigkeit des Lebens, Unsicherheit der Löhne, Ver­nachlässigung der Kinder und der Wirthschaft, Krankheit und Noth zur Folge hat, und daß die Fabrikarbeit ihr daher bei Weitem vor­zuziehen ist.

* Ueber das Leben der englischen Handelsangestellten sind von einem Berichterstatter der Tageszeitung Daily Chronicle" Er­hebungen veranstaltet worden, deren Ergebnisse zunächst in der Zei­tung und jetzt in einer Sonderausgabe erschienen sind. Die Zustände sind besonders in den Waarenhäusern entsetzlich, wo die Angestellten im Hause selbst Wohnung und Unterhalt finden. Wir werden in einer späteren Nummer auf Einzelheiten des interessanten Berichts über die Lage der Handlungsgehilfinnen zurückkommen.

Kinderarbeit.

* Eine Untersuchung über die erwerbsthätigen Schulkinder hat das englische Unterrichtsministerium auf die Anregung des Aus­schusses für Frauenarbeit( Women's Industrial Council) angeordnet. Die Direktoren aller Volksschulen haben eine der Zahl ihrer Schüler entsprechende Anzahl von Fragebogen erhalten und sind beauftragt worden, genaue Untersuchungen über die Art der Beschäftigung der Kinder, die Arbeitszeit und den Lohn pro Woche vorzunehmen. Das bisher schon eingelieferte Material soll jetzt schon erschreckende Auf­schlüsse geben. Ist es erst vollständig beisammen, so wird man sich nicht über englische Zustände allein zu entsetzen brauchen, denn die Ergebnisse dieser Untersuchung werden für alle Kulturländer typisch sein.

Frauengenossenschaften.

Der Verband englischer Frauengenossenschaften( Women's Cooperative- Guild), der 237 Zweigvereine mit rund 12000 Mitgliedern umfaßt, organisirt für den kommenden Winter eine Reihe von Vor­trägen, welche ganz besonders auch die industrielle Frauenarbeit und die Frage des gesetzlichen Arbeiterschutzes behandeln sollen. So sind 3. B. Vorträge vorgesehen über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Handelsangestellten", über gefährliche Gewerbe", über die Un­fallversicherung" 2c. 2c.

Frauenstimmrecht.

Eine Konferenz für Erringung des Frauenstimmrechts in Norwegen hat nach der Frauenbewegung" im August in Bergen stattgefunden. Die Konferenz dauerte drei Tage, war aus vielen nor­wegischen Städten mit zusammen 185 Delegirten beschickt, Frauen und Männer, und beschloß die Gründung eines Vereins für Er­ringung des Frauenstimmrechts.

Für die Einführung des Frauenstimmrechts in Neu- Süd­Wales( Australien ) hat sich bekanntlich der Premierminister der Kolonie ausgesprochen, wie wir in Nr. 19 mittheilten. Wie wir nun in einem englischen Blatt lesen, fügte der Minister seiner Versicherung die Erklärung hinzu, er könne jedoch erst dann mit voller Kraft für die Reform eintreten, wenn die Gesammtheit der Frauen dieselbe fordere. An der Frauenbewegung der Kolonie liegt es nun, eine so rege agi­tatorische Thätigkeit zu entfalten, daß die Regierung über den Willen der Frauenwelt nicht länger im Unklaren sein kann. Werden unsere deutschen Frauenrechtlerinnen aus dem, was in Neu- Süd- Wales vor­geht, etwas lernen?

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Soziale Reformen.

* Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der Heimarbeit werden von dem Rechtskomite des Londoner Ausschusses für Frauen­arbeit" ausgearbeitet. Diese Vorschläge sollen schließlich in Form eines Gesetzentwurfs dem Parlament vorgelegt werden. Sämmtlichen Gewerkschaften, den offiziellen Behörden und den Fabrikinspektoren ist, mit dem Ersuchen um Rath und eventuelle Mitarbeit, folgendes Rundschreiben zugesandt worden:

" Es wird beabsichtigt, dem Unterhaus in der nächsten Session einen Gesezentwurf zur besseren Regelung der Heimarbeit vorzulegen, dessen grundlegende Forderung sein soll, daß ein Fabrik- oder Werk­stättenbesizer, ein von ihm angestellter Beamter und ein Unternehmer Arbeit in eine Privatwohnung nur dann geben darf, wenn der darin wohnende Arbeitnehmer einen Erlaubnißschein vom Fabrik­inspektor vorzeigt, der ausdrücklich feststellt, daß die betreffende Woh­nung als Arbeitsraum geeignet ist, ohne daß die Gesundheit der darin beschäftigten Personen gefährdet wird. Der Inspektor kann, auf seine Verantwortung, vorläufige Erlaubnißscheine ausstellen, ehe er die Wohnung untersucht. Eine Liste der Gewerbe, die diesem Ge­setz unterstellt werden sollen, muß aufgestellt und der Staatssekretär ermächtigt werden, die Liste von Zeit zu Zeit zu vervollständigen. Der Ausschuß für Frauenarbeit" ist nach gründlichen Er­wägungen und Besprechungen mit anderen Körperschaften dazu gelangt, diesen Weg für den gangbarsten zu halten, um folgenden Uebeln wirksam entgegenzutreten:

"

a) Dem Umstande, daß die große Zahl der Heimarbeiter in den Städten und auf dem Lande als solche gegenwärtig keiner In­spektion unterstellt sind. Aus den letzten Fabrifinspektorenberichten geht hervor, daß ihre Zahl im Zunehmen begriffen ist, weil in vielen Fällen die Arbeit aus den Fabriken in die Privatwohnungen ver­legt wird, um der Inspektion zu entgehen.

b) Den gesundheitsschädlichen und elenden Bedingungen, unter denen die Arbeit vor sich geht, die dadurch für den Arbeiter, für seine Familie und vielfach auch für die Konsumenten höchst gefahr­voll wird.

c) Dem Umstand, daß die bestehende Gesetzgebung sich diesen Schäden gegenüber auch in den Gewerben als unzureichend erweist, die verpflichtet sind, Listen der Heimarbeiter dem Fabrikinspektor vorzulegen...."

Statistisches zur Frauenfrage.

* Ueber die Zahl und die Vertheilung unverheiratheter Männer und Frauen von 20 Jahren und darüber veröffentlicht die Regierung der Vereinigten Staaten eine sehr interessante Statistik. Danach giebt es in der Union 2200000 unverheirathete Männer mehr als Frauen; nach den genauen Angaben: 5427767 unverheirathete Männer, und 3224494 unverheirathete Frauen von 20 Jahren und darüber. Im Westen ist das Verhältniß besonders hervorstechend, denn dort kommen zehn unverheirathete Männer auf ein Mädchen. In keinem einzigen Staate erreicht die Zahl der Mädchen die der unverheiratheten Männer. Massachusetts hat 2/10 Prozent, Rhode Island 2 Prozent, Kolumbia 8 Prozent, Nord- Karolina 9 Pro­zent, New Hampshire 9 Prozent, Connecticut 20 Prozent, Maine 37 Prozent, Vermont 54 Prozent 2c. 2c. mehr unverheirathete Männer als Frauen. In Idaho , dem jüngsten Staate der politischen Gleich­berechtigung der Frauen, überwiegt die Zahl der unverheiratheten Männer die der Frauen gar um 1000 Prozent; man zählt dort 1420 Mädchen und 16584 unverheirathete Männer. In Wyoming , dem ältesten Staate der politischen Gleichberechtigung der Geschlechter, giebt es 16183 Hagestolze gegen 1487 Mädchen, also 993 Prozent mehr. In Colorado und Utah , wo die Frauen gleichfalls politische Rechte besitzen, übersteigt die Zahl der unverheiratheten Männer die der Frauen um 416 resp. um 275 Prozent. Erst nach der Kenntniß dieser Zahlen, zu denen übrigens bemerkt werden muß, daß sie die Witwen, Witwer und Geschiedenen nicht mit einschließen, läßt sich der Werth der Siege der Frauenbewegung in jenen Ländern ab­schätzen. Wo die Frauen so in der Minderzahl sind, werden sie zweifellos für die Männer werthvoller und ihre Wünsche werden leichter berücksichtigt, weil ihre Erfüllung keine Konkurrenzgefahr für die Männer in sich schließt.

Was das Verhältniß der Witwen zu den Witwern und der Geschiedenen zu einander betrifft, so gelangt die Statistit Nord­ amerikas hier zu demselben allgemeinen Ergebniß, als die anderer Staaten: daß nämlich die Frauen länger leben, als die Männer, und Witwer sich in weit größerer Zahl wieder verheirathen als Witwen. Gegenüber von nur 815437 Witwern giebt es nämlich 2154615 Witwen, ein Verhältniß, das bei den Geschiedenen wieder­