arbeit als Schmußkonkurrentin der Männerarbeit ausgespielt wird. Sollte die unzutreffende Behauptung etwa zu den Mittelchen gehören, den bürgerlichen Leserinnen die Vorzüglichkeit der Frauenrechtelei plausibel zu machen und Gruseln vor der Sozialdemokratie zu erregen?

* ,, Wie man Geld verdient, obgleich man eine Frau ist", lautet der Titel eines Buches, das eine Amerikanerin, Irene Hart, zur Verfasserin hat und in das Erwerbsleben der Frauen der Ver­ einigten Staaten   einen interessanten Einblick gewährt. Obwohl es sich dabei fast nur um die Berufssphären der Frauen der Bour­geoisie handelt, ist es doch auch für uns werthvoll, zu sehen, welch einen hohen Rang Frauenarbeit dieser Art in der neuen Welt ein­nimmt. Dort ist es z. B. nicht als etwas ungewöhnliches auf­gefallen, daß die Schwester eines Präsidenten einfache Volksschul­lehrerin wurde. Damen, die zu den oberen Zehntausend gehörten, verwenden im Falle von Verarmung ihre Talente zum Erwerb. So hatte eine Frau eine besondere Geschicklichkeit im Backen einer Art Basteten erworben, die in besseren Zeiten ihre Dinergäste entzückte. Als die Dame in Noth gerieth, eröffnete sie eine Bäckerei, die nur diese Pasteten herstellt. Heute fahren ihre Geschäftswagen durch ganz New York  , und sie verdient gegen 5000 Mark jährlich. Geschickte Ausbesserinnen bekommen bis zu 5 Mark Tagelohn; Haushälterinnen in reichen Häusern stehen sich zwischen 8000 und 10000 Mark jährlich. Es giebt auch eine ganze Anzahl sogenannter besuchender Haushälterinnen", die von vier Familien zusammen gehalten werden und Vor- und Nachmittags je eine Stunde bei ihnen zubringen. Als Schiffstapitäne, Börsenmaklerinnen, Farmer, Spediteure, Agenten werden Frauen beschäftigt und gut bezahlt. Die Leiterin der Frauen­abtheilung einer Lebensversicherungsgesellschaft in Kalifornien   hat nicht weniger als 40000 Mart Jahreseinkommen. Weibliche Archi­tekten zeigen so viel Talent, daß einige von ihnen bei ausgeschriebenen Konkurrenzen erste Preise im Betrag von 20000 und 40000 Mark erhielten. Weibliche Rechtsanwälte, Notare und Aerzte giebt es be­kanntlich in großer Anzahl und sie erfreuen sich alle eines guten Ein­kommens. Irene Hart tritt in ihrem Buche energisch dafür ein, daß jedes Mädchen, auch das reiche, irgend eine, ihren Talenten ent­sprechende Thätigkeit gründlich lernen solle, damit sie allen Lebens­Schicksalen gewappnet gegenübersteht. Um das zu erreichen, muß man, so erklärt sie, es freilich an Mühe und Arbeit nicht fehlen lassen, denn das einzige Geheimniß des Erfolgs besteht darin, das, was man thut, gut zu thun.

So traurig schlich sie wie keine, Ein Röschen vom Sturm entlaubt, Ein dünnes Tüchlein ums Haupt, Der Weltstadt Aermsten eine.

Und doch, unglückliches Mädel, Die Züge wie herzig und weich, Die Locken, wie goldig und reich Der Leib, wie schlank und edel!

Wir sollten Dir Lorbeern flechten, Denn müde sank Dir die Hand; Und das Licht der Augen schwand Am Nähtisch, in langen Nächten...

Brotbettelnd, kein Heim, kein Ziel- Oneide die Marmorfeen:

Sie haben goldne Museen;

Dein wartet das Dirnenasy!!"

Die Verse bedürfen keines Kommentars. Wie naheliegend und zutreffend der Vergleich zwischen diesem armen, der Schande und dem Elend preisgegebenen Weibe und den steinernen Jdolen( Götter­bildern) des Louvre! Schade nur für den Dichter, daß er salonfähig geworden ist, ein Schicksal, welches nicht ohne eigene Schuld noch so manchen anderen Poeten ereilte. La Chanson des Gueux" ( Das Lied der Bettler) von Richepin, das zu gleicher Zeit ent­stand, wie die revolutionär angehauchten Poesien Sully Prud hommes, und das damals seinem Schöpfer einen Monat Gefängniß eintrug, ist jetzt in den Vorzimmern der Aristokraten und Millio­näre heimisch geworden. Die Privilegirten die Karriere der genannten beiden talentvollen Vertreter der Muse beweist es aufs Neue hätscheln gerne diejenigen ihrer Widersacher, die ihnen nicht dauernd gefährlich werden. Das Verhalten Friedrich II.  gegenüber dem von aller Welt so gefürchteten Voltaire lieferte schon vor mehr als hundert Jahren dafür ein eklatantes Beispiel.

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( Schluß folgt.)

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Frauenarbeit auf dem Gebiete der Industrie, des Handels und Verkehrswesens.

* Ueber Frauenarbeit in der Ziegelindustrie bringt der ,, Allgemeine Anzeiger der Thonindustrie"( Nr. 30 vom 20. Oktober 1898) einen Leitartikel, der lebhaft dafür eintritt, daß diese durchaus gesunde, das Gemüthsleben dabei merkwürdig anregende Thätigkeit den Frauen auch ferner erhalten bleibe! Da Kleinkinderschulen, Handarbeitsschulen, gemeinsame Küchen die großartigen Grün­dungen der für das Wohl ihrer Arbeiter ängstlich besorgten Unter­nehmer den Frauen alle häuslichen Pflichten abnehmen, so müßten sie mit Vergnügen ihrer Arbeit nachgehen. Zum Schlusse und das ist der deutlich sichtbare Zweck des ganzen Artikels wird erzählt, daß in Schön- Ruhr bei Wehlau das poetische Talent einer Ziegelei­arbeiterin entdeckt worden ist und die" Wohlthätigkeit und Menschen­liebe" der Frau Fabrikbesizer Schober" sich der Dichterin annahm, indem sie ihre Gedichte herausgab und in den Handel brachte. Der Erlös soll der Dichterin zu Gute kommen sie ist nämlich sehr be­dürftig und krank und schwach! Trotz der gesunden Arbeit und guten Verhältnisse bei den Zieglern?!

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* Hausindustrie in Norwegen  . Die zunehmende Verarmung der Landbevölkerung in Norwegen   veranlaßte schon vor zehn Jahren die Gründung einer Gesellschaft, die durch den Segen der Haus­industrie" dem Elend steuern will. Diese Gesellschaft organisirte in verschiedenen ländlichen Bezirken Freikurse. Der Kursus dauert bei acht bis neunstündiger Arbeitszeit sechs Wochen und umfaßt folgende Gegenstände: 1. Holzschnitzerei und Drechslerei; 2. Weberei; 3. Zu­schneiden und Nähen; 4. Stickerei; 5. Flechtarbeiten aus Spähnen, Stroh 2c.; 6. Korbflechterei; 7. Bürstenbinderei; 8. Zeichnen nach Vor­lagen und Modellen. Die Kurse können von Männern und Frauen besucht werden. Ferner empfiehlt die Gesellschaft im Bedarfsfall Lehrer und Lehrerinnen der Hausindustrie, sie versorgt Hausindustrielle mit Vorlagen, Mustern und Modellen, sie veranstaltet alljährlich große Lotterien von Erzeugnissen der Hausindustrie, sie hat mehrere große Magazine zum Vertrieb dieser Erzeugnisse eröffnet und verfügt über ein technisch geschultes Personal, das den Hausindustriellen mit Rath zur Seite steht. Die Gesellschaft richtet ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise auf die Eröffnung von Magazinen im Zentrum der Stadt, die einem kommerziell gebildeten Dirigenten unterstellt sind. Die Magazine nehmen Erzeugnisse der Hausindustrie sowohl gegen baar als auch fommissionsweise in Vertrieb; im ersten Falle beziehen die Magazine 20, im zweiten Falle 10 Prozent vom Verkaufspreis. Die Magazine werden vom Publikum überlaufen, da die Preise sehr niedrige sind. So wird die bedürfnißlose Landbevölkerung zur Schmutz­konkurrentin der städtischen Arbeiter erzogen und von den Unter­nehmern unter dem Mantel der Nächstenliebe ausgenutzt. Tausende von Händen sind auf diese Weise beschäftigt, und mit Stolz weist die Gesellschaft in ihren Berichten darauf hin, daß Männer und Frauen, die früher den Winter hindurch feierten oder nur wenig zu thun hatten, jetzt in rationeller Weise" beschäftigt seien.

Frauenstimmrecht.

* Die politische Gleichberechtigung der Frauen in Australien  . In Neuseeland   besitzen die Frauen seit 1893 das aktive Wahlrecht, in Südaustralien   seit 1894 das aktive und das passive Stimm­recht. In Viktoria wurde ein Gesezentwurf, der dem weiblichen Geschlecht das aktive Wahlrecht zusichert, am 10. August dieses Jahres im Unterhaus mit 52 gegen 29 Stimmen angenommen, vom Ober­haus dagegen mit 19 gegen 15 Stimmen abgelehnt. In Neu- Süd­Wales erklärte der Präsident im Juni dieses Jahres einer Depu tation von Frauen, daß die Regierung wahrscheinlich schon in der nächsten Session einen Gesetzentwurf vorlegen würde, der die Frauen zum aktiven Wahlrecht zuläßt. In Tasmania   liegt dem Parlament eine Petition im selben Sinne vor. In allen genannten Kolonien besitzen die Frauen das kommunale Wahlrecht.

* Ueber das Frauenstimmrecht wird im November eine Volksabstimmung in Washington   entscheiden. Die Frauenvereine entwickeln daher eine großartige Agitation. Aber auch Männer­vereine beschäftigen sich eifrig mit der Frage. Von guter Vorbedeu­tung ist es, daß der Kongreß der republikanischen Partei kürzlich eine

Resolution annahm, worin allen Parteigängern empfohlen wird, für Einführung des Frauenstimmrechts zu stimmen.

Frauenbewegung.

* Der National- Bund amerikanischer Frauenvereine hielt vom 24. bis 29. Oktober seine Generalversammlung in Omaha  , Nebraska  , ab. Er ist, wie wir wissen, das Vorbild des deutschen Bundes und gehört, wie dieser, zum Internationalen Frauenbund.