Nr. 26.

Die Gleichheit

8. Jahrgang.

Zeitschrift für die Intereffen der Arbeiterinnen.

Die Gleichheit" erscheint alle 14 Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post( eingetragen unter Nr. 2970) vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pf.; unter Kreuzband 85 Pf. Jahres- Abonnement Mr. 2.60.

Stuttgart

Mittwoch, den 21. Dezember 1898.

Nachdruck ganzer Artikel nur mit Quellenangabe gestattet.

Willard.

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Juhalts- Verzeichniß.

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Einladung zum Abonnement. Der Reaktion Weihnachtsbotschaft.- Frances Aus der Bewegung. Feuilleton: Ein Weihnachtslied. Von Lily Braun . Weihnachten. Von Ludwig Pfau. ( Gedicht.) Notizentheil von Lily Braun und Klara Zetkin : Frauenarbeit auf dem Ge­Weibliche biete der Industrie, des Handels und Verkehrswesens. Fabrifinspektoren. Soziale Gesetzgebung. Dienstbotenfrage.­Sozialistische Frauenbewegung im Auslande. Frauenbewegung.

Einladung zum Abonnement.

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Mit der nächsten Nummer beginnt der neunte Jahrgang der " Gleichheit".

Wie bisher so wird die Gleichheit" auch fernerhin mit aller Energie und Schärfe kämpfen für die volle soziale Befreiung der proletarischen Frauenwelt, wie sie einzig und allein möglich ist in einer sozialistischen Gesellschaft. Denn nur in einer solchen ver­schwindet mit den jetzt herrschenden Eigenthums- und Wirthschafts­verhältnissen die Ursache jeder gesellschaftlichen Unterdrückung und Unfreiheit: die wirthschaftliche Abhängigkeit eines Menschen von einem anderen Menschen; denn nur in einer solchen verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigenthums- und Wirthschaftsverhält­nissen der Gegensatz zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden, der soziale Gegensatz zwischen Mann und Frau, zwischen Kopfarbeit und Handarbeit.

Die Aufhebung dieser Gegensätze kann jedoch nur erfolgen durch den Klassenkampf: die Befreiung des Proletariats kann nur das Werk des Proletariats selbst sein. Will die proletarische Frau frei werden, so muß sie sich der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung anschließen. Und nur ihr, feines­wegs aber der bürgerlichen Frauenrechtelei, die zwar zu Gunsten des weiblichen Geschlechts innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft reformiren will, aber grundsäglich eine Revolution der Gesellschaft zu Gunsten der ausgebeuteten Klasse zurückweist. Der charakterisirte Standpunkt, der Standpunkt des Klassenkampfs aber muß in einem Organ für die Interessen der proletarischen Frauen scharf und unzweideutig betont werden. Und dies um so schärfer, je mehr sich bürgerliche Frauenrechtlerinnen angelegen sein lassen, durch allge­meine humanitäre Phrasen und kleinliche Konzessionen an Reform­forderungen der Arbeiterinnen Quertreiberei unter die proletarische Frauenwelt tragen und sie dem Klassenkampf entziehen zu wollen.

Gerade aber die proletarischen Frauen für den Klassenkampf zu schulen, das wird auch in Zukunft die vornehmste Aufgabe der Gleichheit" bleiben. Dem Ansturm der Reaktion gegen die sozia­listische Bewegung zum Trozz; der besonderen Reaktion gegen die tlassenbewußten Proletarierinnen zum Troz! Ihrem alten Pro­gramm getreu wird die Gleichheit" auch im neuen Jahre rufen zu dem Streit, wo ein Hüben und Drüben nur gilt." Wir hoffen, daß sich das Blatt damit die alten Sympathien erhalten und neue Sympathien erwerben wird.

Redaktion und Verlag werden wie bisher Alles aufbieten, was in ihren Kräften steht, damit die Gleichheit" ihrer Aufgabe gerecht wird.

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Die Gleichheit" ist im Reichspostzeitungskatalog pro 1899 eingetragen unter Nr. 3033, im württembergischen Katalog unter Nr. 125 und kostet vierteljährlich 55 Pfennig ohne Bestellgeld.

Buschriften an die Redaktion der Gleichheit" sind zu richten an Fr. Klara Bettin( Eißner), Stuttgart , Rothebühl­Straße 147, III. Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furthbach- Straße 12.

Probe: und Agitationsnummern der Gleichheit" werden jederzeit gratis abgegeben.

Recht zahlreichen neuen Abonnements sieht entgegen Die Redaktion und der Verlag.

Der Reaktion Weihnachtsbotschaft. Erzener Glockenmund ruft sie wieder über den Erdball, die frohe Botschaft, die den Hirten zu Bethlehem so lieblich erklungen und nach ihnen Millionen, denen aus Mühsal und Beladensein heiße Heilssehnsucht erwuchs: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen! Geschorene und gescheitelte Priester fünden sie von den Kanzeln und vor den Altären, und glaubensfreudige Sänge jubeln von ihrer Erfüllung. Der Erscheinungen Menge aber, die das hastende Leben an uns vorübertreibt, straft das fromme Wort und den frommen Glauben Lügen. Nicht als ein Erreichtes umfängt es uns, das verheißene Reich des Friedens und Wohlgefallens, aus der Ferne grüßt es herüber, durch die Nebel und über die brandenden Fluthen der geschichtlichen Entwicklung. Nicht hat das Christenthum erfüllt, was sehnsuchts­schwere Gläubigkeit von ihm erwartete: eine ausgleichende Ge­rechtigkeit auf dieser Erde zu schaffen. Noch sind die Gewaltigen nicht vom Stuhl gestoßen und die Niedrigen erhöht. Noch praẞt der Besitz allein an der reichgedeckten Tafel der Kultur, und die Armuth steht abseits, von glühendem Drange nach freier Ent­wickelung ihres Menschenthums verzehrt. Noch ringen Völfer wider Völker, Klassen wider Klassen, noch tritt der Bruder den Bruder in den Staub, um sich auf seinen Schultern zu erheben. Statt Frieden auf Erden der Krieg Aller gegen Alle; statt Wohl­gefallen den Menschen das Leiden der vielmillionenköpfigen Menge von Besiegten, auf deren vernichteten Menschenthum sich die Macht und der Besitz einer winzigen Minderheit aufbaut.

Wie Flammenzeichen der kampfzerrissenen Wirklichkeit lohen am Vorabend des Friedensfestes der Christenheit der deutschen Reaktion jüngste Forderungen empor. Krieg, so fünden sie, Krieg! Krieg den Nationen, um dem Ehrgeiz von Fürstengeschlechtern, Heerführern und Staatsmännern zu fröhnen; um das Ausbeutungs­bedürfniß des Kapitals, den heiligen Goldhunger" der Kapitalisten­klasse zu befriedigen durch die Erschließung neuer Märkte, die Sicherung alter Absatzgebiete. Krieg den Lohnstlaven, damit das Herrenrecht auszubeuten und zu herrschen dem profitwüthigen Geld­sacksklüngel ungeschmälert verbleibe. Militärvorlage und Zucht­Hausgeset" eine frohe Weihnachtsbotschaft fürwahr, welche die Reaktion dem deutschen Volke zuruft, herrliche Christgeschenke, welche sie ihm unter den Tannenbaum legt.

Wie mißtönend schallt nicht in das weihnachtliche Friedens­gesäufel des offiziellen Christenthums die Forderung, das deutsche Heer um 26 576 Mann zu vermehren und künftighin die Präsenz­ziffer der Zahl der Bevölkerung entsprechend zu steigern. Noch ist der Freudenrausch kindlicher Vertrauensseligkeit nicht zerronnen, mit der die kurzsichtigen bürgerlichen Friedensapostel von dem " Friedensmanifest" des Zaren eine neue Aera erharrten, und schon suchen sich alle Staaten an neuen Rüstungen zu überbieten. Höhere Gut und Blutsteuer heischend tritt der preußisch- deutsche Mili­tarismus an unser Volk heran. Herein in die Kasernen mit weiteren Zehntausenden und Zehntausenden Deiner Söhne, die statt