II.
Die Frau war, wie wir gesehen haben, in Folge der angedeuteten Verhältnisse, von jeher die geschickteste Arbeiterin gewesen. Durch sie erst wurde aus dem, was der Mann erjagte oder erkämpfte, ein Gebrauchsgegenstand. Je mehr sich nun der Besitz vergrößerte, desto wichtiger wurde ihre Arbeitskraft; sie war auf den Stufen primitivster Kultur auch eine erwerbende gewesen, verwandelte sich aber mit den steigenden Bedürfnissen immer mehr zu einer nur erhaltenden und umwandelnden. Der Mann wurde zum Erwerber. Die Hütte, die das Weib einst zusammenfügte, war nichts als ein Obdach, das alle im Nothfall benutzen konnten, das Haus, das aus Steinen geschichtet oder aus behauenen Blöcken aufgerichtet wurde und Waffen, Vorräthe, Erz und Felle barg, war ein werthvoller Besitz. Das Wild, das der Mann früher täglich erlegte, war nichts als ein Mittel, den Hunger zu stillen; die Herden, die jetzt auf seinem Boden weideten, repräsentirten ein Kapital, das durch Männerfäuste gegen den Nachbarn ge= schützt werden mußte. Und die Kinder, die früher das unbestrittene Eigenthum der Mutter waren, wurden zu werthvollen Arbeitskräften und Kampfgenossen für den Vater. Es kam aber noch ein sehr wichtiger Umstand hinzu. Der Besitz hatte nächst der Habsucht jenen Egoismus gezeitigt, der über den Tod hinaus reicht und dem Fremden das Erworbene auch dann nicht zufallen lassen will: der Besigende wünschte rechtmäßige Erben für seinen Besitz.
Das Mutterrecht mußte dem Rechte des Vaters weichen. Als Arbeiterin und als Mutter rechtmäßiger Kinder hatte das Weib einen Werth bekommen, der sich dadurch ausdrückte, daß sie vielfach gekauft, das heißt gegen Vieh, Waffen oder Erz eingetauscht wurde. Man beraubte sie jeglicher Freiheit, die grausamsten Strafen standen auf ihrer Untreue, denn ihr Gebieter mußte sich die möglichste Sicherheit verschaffen, daß sie ihm legitime Erben gebar.
Der für die Entwicklung der Menschheit so bedeutungsvolle Fortschritt zur Einzelehe war daher für die Frau zunächst nichts als eine Station auf ihrem Kreuzesweg.2 Denn die monogame
1 Aus dem„ Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik"( 13. Band, 1. und 2. Heft) mit Bewilligung der Verfasserin.
2 Vgl. Friedrich Engels , Der Ursprung der Familie. 7. Auflage. Stuttgart 1896, S. 52 ff.
Das Lied der Hunde.
Von B. Petöft.
Stürme heulen wild erbrausend
Im umwölkten Himmelszelt,
Und das Zwillingspaar des Winters: Schnee und Regen, niederfällt.
Was liegt's uns dran? Einen Winkel
Haben wir ja in der Küch', Den wies uns zum Aufenthalte Unser Herr an gnädiglich.
Uns quält feine Nahrungssorge: Wenn sich unser Herr satt aß,
Bleibt genug noch auf dem Tische,
Und das ist dann unser Fraß.
Freilich werden uns zuweilen Peitschenhieb' auch ausgetheilt
Doch was schadet's? Macht's auch Schmerzen, Hundefleisch ist rasch geheilt.
Bald auch bessert sich die Laune Und wir dürfen dann zum Schluß
Unserm Herrn, der freundlich winket, Lecken ab den gnäd'gen Fuß.
12
( auf der Einehe beruhende) Familie entstand nicht in Folge der Erkenntniß ihres höheren sittlichen Werthes, sondern auf Grund ökonomischer Rücksichten. Die Monogamie( Einehe) bestand nur für die Frau, wie die Tugend der Gattentreue auch nur von der Frau gefordert wurde.
Sich, wie es häufig geschieht, über diese einseitige Monogamie und über die nur dem Weibe auferlegte Verpflichtung der Treue sittlich zu entrüsten, hieße ihren Ursprung verkennen, der nicht in der Niedertracht des männlichen Geschlechts, sondern in den wirthschaftlichen Verhältnissen zu suchen ist.
Recht und Sitte, die auf ihrem Boden erwuchsen, wurden von Religion und Gesez santtionirt. Da besonders im Orient alles Recht, von der Manava an bis zum Koran , als göttliches Gesetz betrachtet wurde und auf religiöser Basis¹ ruhte, so war das Sklavenverhältniß des Weibes hier das festeste und überdauerte alle Zeiten. Alle Vorschriften, die sich mit ihr, ihren Pflichten und Rechten beschäftigen, lassen sich dahin zusammenfassen, daß sie nur als Mutter legitimer Kinder, vor Allem der Söhne, eine Existenzberechtigung hat. Das Interesse des Vaters an rechtmäßigen Leibeserben, das in der patriarchalischen Familie seinen stärksten Ausdruck fand, erweiterte sich bald zum Interesse des Staates an einer genügenden Zahl fampffähiger Männer. Die Heirath war eine Pflicht gegenüber dem Staate, daher wurden zum Beispiel in China in jedem Frühjahr die unverheiratheten Männer von dreißig und Frauen von zwanzig Jahren einer harten Bestrafung unterworfen, und es bestanden genaue gesetzliche Vorschriften über die ehelichen Pflichten zum Zweck der Kindererzeugung. Bei den Indern konnte eine unfruchtbare Frau im achten Jahre der Ehe mit einer anderen vertauscht werden, eine, deren Kinder gestorben waren, im zehnten, eine, die nur Töchter geboren hatte, im elften Jahre. Der Israelit hatte die Pflicht, eine unfruchtbare Frau zu verstoßen oder mit ihrer Magd Kinder zu zeugen, die unter Beistand der rechtmäßigen Gattin zur Welt kamen und dadurch als legitime Erben anerkannt wurden. So sagte Sarah, die kinderlose, zu Abraham:„ Lege Dich zu meiner Magd, ob ich doch vielleicht aus ihr mich erbauen möge." 4 Und
1 Vgl. Paul Gide , Etude sur la condition privée de la femme. Paris 1885, S. 37.
2 Mischna, Ketuboth, 61 a bis 68 a. 3itirt bei Paul Gide , a. a. D. 3 Gesetzbuch des Manu. Aus der englischen Uebersetzung des Sir W. Jone ins Deutsche übertragen von Th. Chr. Hüttner. Weimar 1797. S. 74 ff.
Das Lied der Wölfe.
Von H. Petöft.
Stürme heulen wild erbrausend
Jm umwölkten Himmelszelt,
Und das Zwillingspaar des Winters: Schnee und Regen, niederfällt.
Kalt und kahl ist die Heide,
Wo wir streichen hin und her,
Nicht ein Busch zeigt sich dem Blicke, Der uns dürft'gen Schutz gewähr'.
In der Höhle ist der Hunger, Draußen Kälte unser Loos, Diese beiden rauhen Jäger Drohen uns erbarmungslos.
Und dazu kommt noch ein Drittes: Der gelad'nen Flinte Wuth Auf den Schnee herab, den weißen, Strömet unser rothes Blut.
Ja, wir frieren, und wir hungern, Kugeln lichten unsre Reih', Unser Loos, es ist gar traurig: Dafür aber find wir frei!
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