wohl das Mindeste, was die Hygienifer für Kasernen und Gefäng­nisse verlangen, nach Abzug aller Möbel 20 bis 22 Rubikmeter beträgt. In fast sieben Achtel aller Wohnungen hatten die Einwohner weniger Luftraum als in Gefängnissen. Der Arbeiter braucht also nur Ver­brecher zu werden, um sich sofort in den Besitz des ihm ,, verfassungs­mäßig" zustehenden Luftquantums zu setzen.

Auch heute noch sind die Wohnungsverhältnisse des Berliner Proletariats im Allgemeinen die gleich jammervollen. Arbeiter und Arbeiterinnen zahlen den Kubikmeter Luft in ihrem Pferch noch jetzt weit theuerer als der Bourgeois in seiner Villa oder seiner Prachtetage. Die theuer bezahlte Wohnung weist keinen modernen Komfort auf, oft entspricht sie nicht einmal den dürftigsten hygienischen Anforde rungen. Es mangelt an Luft und Licht, Thüren und Fenster schließen schlecht, oft ist keine Wasserleitung vorhanden. Die theueren Miethen zusammen mit dem kargen Einkommen zwingen nach wie vor die proletarischen Familien, Aftermiether und Schlafgänger zu nehmen. In drangvoll fürchterlicher Enge" nächtigen Kinder zusammen mit Erwachsenen, nicht nur mit den Anverwandten, auch mit Fremden und zwar mit sittlich verkommenen, mit franken Personen. Die verderbliche Wirkung dieser Verhältnisse auf Gesundheit und Sittlich feit, auf Reinlichkeit und Ordnung im Haushalte ist mit Händen zu greifen. Die Proletarierin mag sich nach Feierabend zu Schanden rackern, in diesen Wohnungshöllen vermag sie kein trauliches Heim zu gestalten, kein erquickendes Familienleben zu sichern. Der Armuth Fluch macht ihre besten Absichten zu nichte.

Den stizzirten Zuständen gegenüber haben alle, auch mit der edel­ften Begeisterung und dem besten Willen begonnenen Bestrebungen auf Besserung der Wohnungsverhältnisse nur äußerst bescheidene oder gar feine Erfolge aufzuweisen gehabt. Alle Verbesserungen, welche von gemeinnützigen Gesellschaften angestrebt wurden, wirkten so wenig wie Tropfen auf einem heißen Stein....

Hirschfeld glaubt, daß auf eine schnelle Besserung der Berliner Wohnungsverhältnisse durchaus nicht zu hoffen sei, da die Immo­bilien zum größten Theile nicht öffentliches Eigenthum sind, sondern sich im Privatbesitz befinden und somit eine Handelswaare wie be­liebige Mobilien geworden sind. Es gilt also widerstrebende und besonders einflußreiche Interessen zu überwinden, es gilt die Sünden der Vergangenheit zu beseitigen, die zum großen Theil verbauten Stadttheile mit ihren engen Höfen und dem Mangel an öffentlichen Plätzen und Gärten. Zuletzt und nicht zum mindesten heißt es, die wirthschaftliche Lage der Arbeiterklasse gründlich verbessern. Von der kapitalistischen Gesellschaft ist die Kraft zur Lösung dieser Aufgaben nicht zu erwarten. F. H.

Peruvianer, Chilesen u. s. w. u. s. w.), man sie veranlaßt, das Lager zu verlassen, wogegen ein Chinese, wenn er sich bei dieser That ertappen läßt, aufgefnüpft wird.

Auf diese Weise entdeckte er, daß in vielen Gegenden des weiten Küstenlands am stillen Ozean die wilde freie Gerechtigkeits­liebe in den Herzen der Menschen so stark ist, daß sie, sobald irgend ein geheimes und geheimnißvolles Verbrechen begangen ist, ausrufen: Laßt uns Gerechtigkeit üben, und wenn der Himmel einstürzt" worauf sie dann ohne alles Federlesen hingehen und einen Chinesen aufknüpfen.

Auf diese Weise entdeckte er, daß es, wenn man die eine Hälfte der täglichen Lokalnachrichten" studirte, den Anschein ge­wann, als ob die Polizei von San Francisco entweder eingeschlafen oder todt sei, während man durch das Studium der anderen Hälfte zu der Ansicht kommen mußte, daß die Zeitungsreporter vor Be­wunderung der Energie, der Tugend, der hohen Erfolge und der waghalsigen Unerschrockenheit dieser selben Polizei verrückt geworden - da sie frohlockend mittheilten, wie der argusäugige Beamte Soundso" einen nichtswürdigen Schurken von Chinesen, der Küch lein gestohlen, eingefangen und glorreich im Stadtgefängniß ab= geliefert habe; und wie der tapfere Beamte Soundso" ruhig die Bewegungen eines ahnungslosen mandeläugigen Sohnes des Konfucius"( ein Zeitungsreporter kann nicht anders als wißig sein) im Auge gehabt, indem er ihn mit jenem weitschauenden Blicke melancholischen Nichtsehens und Nichtwissens, den dieses unerforschliche Wesen, genannt Vierzig- Dollar- Polizist, immer so fein zu heucheln versteht, während einer wachen Zwischenzeit ver­folgt und ihn endlich dabei ertappt habe, wie er die Hände in verdächtiger Weise auf ein Päckchen Stecknadeln gelegt, das der Eigenthümer desselben in gefährdeter Lage zurückgelassen habe; und

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Die Frauenfrage im Alterthum." Von Lily Braun in Berlin .

III.

Gegenüber den Orientalen sind wir gewohnt, die Griechen für die Repräsentanten einer bedeutend höheren Kultur zu halten. Nehmen wir jedoch die Stellung der Frau zum Maßstab für unser Urtheil, so muß es ganz anders lauten, denn sie weist neben kaum bemerkbaren Fortschritten sogar erhebliche Rückschritte auf.

Die Familie war im Orient ein Staat für sich gewesen, der Vater, der Patriarch, der König darin. Sie wurde in Griechen­ land fast bedeutungslos, denn der Staat übernahm viele ihrer wichtigsten Funktionen; der Familienvater war nicht mehr Herrscher, sondern Unterthan, seine Bürgerpflichten entrissen ihn vollkommen seiner Häuslichkeit, sein Leben als Gesetzgeber, Soldat, Advokat, Philosoph und Künstler spielte sich auserhalb des Hauses ab, dessen Geschäfte und Obliegenheiten er ausschließlich der Gattin und den Sklaven überließ. Eines freien Mannes waren sie unwürdig und wurden um so verachteter, je mehr die Sklaverei zu einem wich­tigen Faktor im sozialen Leben sich entwickelte. Während der Orientale, besonders der Israelit, in der Arbeit keine Schande sah und die Züchtung und Hütung der Herden zu seinen Pflichten gehörte, während der Schwerpunkt seines Lebens in seiner Familie, seinem Besißthum lag, und die Frau ihm dadurch, troß aller Unterdrückung, menschlich näher stand, sank sie in Griechenland vollständig in die Reihen der Sflaven hinab.

Sie war, wie im Orient, das willenlose Eigenthum des Mannes. Der Vater wie der Vormund konnten sie, wem sie wollten, zur Gattin geben; der Gatte konnte sie verschenken oder vertauschen; blieb sie unfruchtbar, so galt es für ein Verbrechen gegen die Götter, wenn sie nicht verstoßen wurde. Die Pflicht, zum Zwecke der Zeugung legitimer Kinder, die Ehe zu schließen, wurde vom Staate den Männern auferlegt; 2 durch Solons Gesetz­gebung wurden die Unverheiratheten einer Strafe unterworfen.

Aus dem Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik"( 13. Band, 1. und 2. Heft) mit Bewilligung der Verfasserin.

2 Vgl. Platos Gastmahl in der Uebersetzung von Schleiermacher . Berlin 1824, S. 146.

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wie der eine Beamte diese und der andere Beamte jene und ein Dritter diese und jene wunderbare That vollbracht wobei so ziemlich jede dieser Thaten zum blendenden Zentralereigniß einen Chinesen hat, der sich des Verbrechens schuldig gemacht, Gegen­stände im Werthe von einem Schilling gestohlen zu haben, einen Unglücklichen, dessen Vergehen als etwas ungeheuerliches aus­geschrieen werden muß, um das Publikum davon abzuhalten, zu bemerken, wie viele wirklich gefährliche Halunfen inzwischen unein­gefangen umherlaufen, und wie sehr diese hochgepriesenen Polizisten in der That überschäßt werden.

Auf diese Weise entdeckte er, daß die Gesetzgebung in dem Bewußtsein, daß unsere Verfassung Amerika zu einer Zufluchtsstätte der Armen und Unterdrückten aller Völker gemacht hat, und daß darum die Armen und Unterdrückten, welche sich unter unseren Schutz flüchten, nicht mit einer sie zu Grunde richtenden Eintritts­steuer belastet werden dürfen, ein Gesez erließ, kraft dessen jeder Chinese beim Landen auf dem Werft geimpft und dem vom Staate angestellten Beamten für diesen Dienst zehn Dollar zahlen muß, während es in San Francisco eine Menge Aerzte giebt, die es mit Vergnügen für fünfzig Cents thun würden.

Auf diese Weise entdeckte er, daß ein Chinese keine Rechte habe, die irgend Jemand zu respektiren verpflichtet sei; daß er feine Leiden habe, wegen deren ihn Jemand zu bemitleiden brauche; daß weder sein Leben noch seine Freiheit einen Heller werth ſeien, wenn ein Weißer einen Sündenbock nöthig habe; daß Niemand die Chinesen liebe, Niemand ihnen Freundesdienste erweise, Niemand ihnen Quälereien erspare, wenn es passend erscheine, sie mit solchen heimzusuchen; daß Alle Individuen und Gemeinden, ja sogar Seine Majestät der Staat sich dazu vereinigten, diese bescheidenen Fremdlinge zu hassen, zu beschimpfen und zu verfolgen.

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