merksamkeit gewidmet, davon zeugen die Schulen, dafür spricht, daß die Schweizer Universitäten schon längst den Frauen offen stehen. Sorgfältige Pflege findet auch die Fortbildung des weiblichen Geschlechts, die nicht blos die allgemeine geistige Entwicklung fördern soll, sondern auch im Dienste praktischer Zwecke steht. So waren 1889 von den 14466 Fortbildungsschülern 2127 Mädchen und im Jahre 1893 von 20144 Schülern 4002 Mädchen. Eine neuere Statistik liegt mir nicht vor, doch ist anzunehmen, daß die Zahl der Fortbildungsschülerinnen seitdem bedeutend gewachsen ist. Im Jahre 1897 zählte man in der ganzen Schweiz 114 Anstalten für weibliche Berufsbildung- Fortbildungsschulen und verschiedene Fachfurse, die fast durchweg unentgeltlich sind, da die Kosten von der Gemeinde, vom Kanton und vom Bunde gemeinschaftlich getragen werden. Letzterer leistete zu den einschlägigen Zwecken 1897 einen Gesammtbeitrag von 55609 Frcs. Die meisten Anstalten tragen den Namen ,, weibliche Fortbildungsschulen"," Fortbildungsschule für Mädchen" oder„ für Töchter" und daneben giebt es Haushaltungsschulen, Glätte und Kochkurse, Fachschulen für Damenschneiderei und Weiß näherei, Handarbeitskurse, Frauenarbeitsschulen u. s. m. Auch zwei „ Dienstbotenschulen" weist das Verzeichniß auf. Eine sehr blühende und bedeutende Anstalt ist die Fortbildungsschule für Töchter in Winterthur , die einen Sommer- und einen Winterkurs giebt. Der Sommerkurs war 1896 von 359 Schülerinnen besucht und der Winterkurs von 601 bei einer Einwohnerzahl von etwa 23000 Köpfen. Das Unterrichtsprogramm enthält folgende Fächer: Kleidermachen, Weißnähen, Schnittmusterzeichnen, Zeichnen, Strickflicken, Knabenfleider, Kinderwäsche, Kinderkleider, Nähflicken, Feinflicken, Maschinennähen, Filetstricken, Weiß- und Buntsticken, Knüpfen, Mädchenkleider, Haushaltungskunde, Kochen, Glätten, Zeichnen, Französisch, Briefschreiben, Buchführung, Gesundheitslehre und Schreiben. Alle Schülerinnen sind über 15 Jahre alt. Der Unterricht wird in Tages- und Abendkursen ertheilt. Erstere finden statt in der Zeit von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags und von 2 Uhr Nachmittags bis 7 Uhr Abends, letztere von 7 bis 9 Uhr Abends. In den Tageskursen unterrichten in den verschiedenen Fächern 9 Lehrerinnen, in den Abendkursen 6 Lehrerinnen, wovon die eine als Zeichenlehrerin am Tagesunterricht mitwirkt, während sie im Abendkurs Unterricht in Französisch ertheilt. Der Glättekursus wird Abends von 6 bis 9 Uhr gegeben und zwar an vier Tagen der Woche, der Kochkursus findet an zwei Abenden von 6 bis 9 Uhr statt; die alljährliche Ausstellung der Schülerinnenarbeiten erfreut sich immer allgemeinen Interesses und zahlreichen Besuchs, und die ausgestellten Arbeiten beweisen, daß in dieser Fortbildungsschule mit größtem Erfolg unterrichtet wird. Für die Schneiderinnen, Weißnäherinnen 2c. wird durch die Schule das private, in der Hauptsache nur der Ausbeutung dienende Lehrlingswesen überflüssig, was nur zu begrüßen ist. Die vielseitigen weiblichen Fortbildungsschulen bedeuten sicher einen anerkennenswerthen Fortschritt.
d. z.
Ein Sturm im Glase Wasser der deutschen Frauenrechtelei tobt seit der Hamburger Generalversammlung des Bun des deutscher Frauenvereine. Mit den Scharmützeln zwischen„ Radifalen" und„ Gemäßigten" scheinen allerhand Personenfragen verquickt zu sein. Innerhalb des Berliner Vereins„ Frauenwohl", der alles in Allem wohl„ die äußerste Linke" der Frauenrechtelei repräsentirt, kam es in Folge der vorhandenen Gegensätze anläßlich der letzten Generalversammlung zu sehr stürmischen Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt derselben stand die Wahl der Beisigerinnen, bezw. die Wiederwahl der Frau Bieber- Böhm und Frl. Mießner. Gegen die Wiederwahl der genannten Damen wurde geltend gemacht, daß ihre Haltung im Allgemeinen und auf dem Hamburger Tage den Interessen des Vereins zuwiderlaufend gewesen sei. Das wiederholte Verlangen nach den Gründen dieses Urtheils schnitt die Vorsitzende, Frau Cauer, mit dem Bemerken ab, sie wünsche nicht, diese Gründe bekannt zu geben. In der darauf stattgefundenen Wahl unterlag Frau Bieber- Böhm mit 65 gegen 89 Stimmen. Frl. Mießner verzichtete von vornherein auf den Wahlgang. Frl. Augspurg und Frau von Witt wurden als Beisigerinnen gewählt. Frau Jeanette Schwerin kündete in Folge der Vorgänge ihren Austritt aus dem Verein an, ebenso zahlreiche andere Mitglieder. Herr Dr. Bieber legte sein Amt als juristischer Beirath der Organisation nieder und erklärte die für Verleumder, welche Beschuldigungen aussprechen ohne die Gründe dafür anzugeben. Wir enthalten uns bis zum Erscheinen der nächsten Nummer der Frauenbewegung" jeder Würdigung der Vorgänge, welche das Geschmuse der radikalen Frauenrechtlerinnen von der einen, ungetheilten Frauenbewegung mit erquickender Deutlichkeit beleuchten. Konstatirt sei nur, daß die„ Radikalen" mit Frau
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Schwerin die einzige sozialpolitisch geschulte, verständige und leistungsfähige Kraft verloren haben, in Frau Bieber- Böhm aber eine grundehrliche und opferfreudige, wenn auch beschränkte Mitkämpferin.
Für die Zulassung der Frauen zum Studium trat kürzlich im Reichstag der„ rothe" Prinz Schönaich- Carolath ein. Er führte aus, daß die Frau in erster Linie ins Haus gehöre und dort ihre Befriedigung zu suchen habe, daß es aber auch eine Minderheit von Frauen gebe, die über die häusliche Thätigkeit hinausgehen müsse. Es handle sich darum, dieser Minderheit völlig freie Laufbahn zu sichern. Es gehe nicht an, daß man den Damen das Abiturienteneramen machen läßt, ihnen aber den gleichberechtigten Zutritt zu den Universitäten verwehrt. In Sachen des Frauenstudiums seien andere Staaten, darunter Rußland , dem Deutschen Reiche weit voraus. Freilich müsse es betreffs der Frauenrechte heißen,„ wer langsam geht, geht sicher", aber nach und nach müßten doch die berechtigten Wünsche erfüllt werden. In seiner wohlmeinenden aber konfusen Manier legte der prinzliche Anwalt des Frauenstudiums noch Verwahrung dagegen ein, daß die„ maßvollen" frauenrechtlerischen Bestrebungen mit der Frauenemanzipation" verwechselt würden. Von dieser könne in Deutschland keine Rede sein. Auch der Freisinnige Schrader befürwortete die Zulassung der Frauen zum Studium. Der Mann der„ vollendeten Rechtsgarantien", Graf Posadowsky, versicherte, daß die Frage der Zulassung der Frauen zum ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Studium Gegenstand ernster Erwägung der deutschen Regierungen sei. Eine Vereinbarung derselben sei erfolgt, müsse aber noch durch einen förmlichen Beschluß des Bundesraths bestätigt werden. In welchem Sinne die Regierungen„ ernst erwogen" und vereinbart" haben, blieb einstweilen noch Posadowskys süßes Geheimniß. Wie das Urtheil der zur„ ernsten Erwägung" herangezogenen medizinischen Sachverständigen ausgefallen ist, haben wir bereits mitgetheilt. Sollte die Regierung„ sachverständiger" sein als sie?
Für Haushaltungsschulen plädirte der freisinnige Reichstagsabgeordnete Schrader.
Ein internationaler Kongreß für das Recht der Frau und das Recht des Kindes soll während der Weltausstellung vom Jahre 1900 in Paris tagen. Der Kongreß wird von der ,, Ligue Française pour le Droit des Femmes "( Französische Liga für das Frauenrecht) einberufen. Jede Organisation, welche an ihm Theil nimmt, soll durch zwei Delegirte( Frauen oder Männer) vertreten werden und mindestens 10 Francs zu den Kosten beitragen. Die ausländischen Organisationen werden ersucht, sich möglichst durch Delegirte vertreten zu lassen, welche Paris bewohnen. Die Anregung erklärt sich wohl in der Hauptsache aus dem Wunsche, die aus der Vielsprachigkeit erwachsenden Schwierigkeiten zu vermindern. Nichts destoweniger berührt sie eigenthümlich und stempelt schon im Voraus den Kongreß zu einer Berathung von Journalistinnen, Schriftstelle= rinnen, Studentinnen verschiedener Nationalität, die in Paris leben. Das Organisationskomite des Kongresses hat folgende Tagesordnung festgesetzt: 1. Prinzipienerklärung, betreffend die wirthschaftliche Unabhängigkeit der Frau als Vorbedingung ihres Glücks und ihrer Würde. 2. Ueberblick über die wirthschaftliche Lage der Frau in den verschiedenen Ländern. 3. Bericht über die Verschiedenheit der Löhne für Männer- und Frauenarbeit in den einzelnen Ländern; Studium der Mittel, um gleichen Lohn für gleiche Leistung beider Geschlechter herbeizuführen. 4. Wirthschaftliche Unabhängigkeit der verheiratheten Frau; vergleichendes Studium der einschlägigen Gesetzgebung in den einzelnen Ländern. 5. Integrale( allseitige) Erziehung der beiden Geschlechter. 6. Gemeinsame Erziehung von Knaben und Mädchen, um die Idee der Gleichheit der Geschlechter zu entwickeln 7. Recht des Kindes auf körperliche, geistige und moralische Entwicklung. 8. Abschaffung der reglementirten Prostitution; Nothwendigkeit einer Moral für beide Geschlechter. 9. Gleiche politische Rechte für beide Geschlechter. Das Programm kann durch Beschluß der Majorität der vertretenen Organisationen geändert werden.
* Zwei neue weibliche Handelsinspektoren sind von dem Londoner Grafschaftsrath angestellt worden.
* Eine Schule für Gefängnißaufseherinnen ist im Januar in Moskau eröffnet werden. Die Schülerinnen werden einen theoretischen, allgemeinbildenden und einen praktischen Kursus durchmachen. Während des letzteren sollen sie in den Gefängnissen beschäftigt werden. Die Schule verfolgt den Zweck, für die Gefängnisse ein niederes Personal auszubilden, das auf die Arrestanten, namentlich auf die Frauen und Kinder, moralisch einzuwirken im Stande ist. Den bürgerlichen Frauenvereinen Deutschlands sei diese Schule hiermit zur Nachahmung empfohlen!
* Das für Hannover geplante Mädchengymnasium wird zu Ostern bereits eröffnet.
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