Maßgebende zu entwickeln und für die Arbeiterin speziell interessante Fragen zu erörtern. Die Vortragende wies ferner darauf hin, welchen hohen, persönlichen Werth das Streben nach Bildung für die Arbeiterin besitze; es bewahre sie davor, in dem ewigen Einerlei der Fabritarbeit und der kleinlichen Haushaltssorgen geistig und seelisch zu verkümmern, und könne ihr eine Quelle der Freude und Erfrischung werden. Auch ihren Beruf als Gattin und Mutter erfülle erst die geistig strebsame Arbeiterin voll und ganz. Denn die Ehe werde zu dem tiefsten persön lichen Verhältniß nur dann, wenn neben der Liebe gemeinsames Streben und Denken zwei Menschen verbinde, und wenn Mann und Frau einander Verständniß und geistige Anregung entgegenbringen. Und noch mehr müsse die Arbeiterin ihrer Kinder wegen auf Weiter­bildung und Erhöhung ihrer Urtheilsfähigkeit bedacht sein. Die Er­ziehung solle aus dem Kinde einen Menschen bilden und ihm Ideale in die Brust pflanzen; das könne nur die Erzieherin, die selbst eine vollentwickelte Persönlichkeit sei. Der Verein folgte dem Vortrag mit lebhaftem Interesse und zollte der Referentin warmen Beifall.

Der gesetzliche Schuh der Fabrikarbeiterinnen in der Schweiz  .

Die für 1897 erstatteten Jahresberichte der schweizerischen Fabrit inspektoren enthalten anerkennenswerthe Mittheilungen über die Durch führung der speziell für die Arbeiterinnen geltenden Bestimmungen des eidgenössischen Fabrikgesetzes. Leider fehlen alle Angaben über die Zahl der Fabritarbeiterinnen überhaupt, sowie über ihre Ver­tretung in den verschiedenen Industrien. Im Gegensatz zu der Praxis der deutschen Gewerbeinspektoren, alljährlich eine statistische Ueber­sicht über die der Kontrolle unterliegenden Betriebe, über die darin beschäftigte Arbeiterschaft und deren Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht zu geben, bearbeiten die schweizerischen Fabrikinspek toren in mehrjährigen Zwischenräumen die Fabrikstatistik( bisher 1880, 1888 und 1895), dann allerdings in eingehender Weise. Im Hinblick auf den aktuellen Werth der alljährlichen Statistik ist die deutsche Praxis wohl vorzuziehen, nur sollte sie noch ergänzt werden durch möglichst genaue Angaben über die Arbeitszeit in allen Be­trieben und über die darin zur Anwendung gelangenden mechanischen Betriebskräfte. Diese Angaben sollten nach Industriegruppen und Industriezweigen geordnet werden.

Ohne Mittheilung von Zahlen berichtet der Fabrikinspektor Dr. Schuler, daß sich das numerische Verhältniß der in der Fabrik­industrie beschäftigten Frauen zu dem der männlichen Fabrikarbeiter nicht verändert hat. Nur in der Stickerei scheint eine Anzahl von Stickerplätzen, die ihren Mann nicht mehr nährten, von Frauen ein­genommen worden zu sein. Doch macht sich dieser Wandel nur in

Durch Rosenbüsche und Lilienfelder Wandle ich träumend und duftbefangen; Wundblätter vom Wege Legen sich lindernd

Mir auf die blutig geriebenen Arme; Scharlachdolden neigen sich nieder Aus erotischem Blättergewirr,

Küssen die Stirn mir mit feurigen Lippen Palmenfächer und Riesenfarn Wölben sich über meinem Haupte, Gegen die sengenden Gluthen der Sonne  Schatten spendend, ein duftiges Dach.

Aber weiter

Aus Palmenhainen und Lilienfeldern Zieht mich die Sehnsucht zu sonnigen Höhen.

Wo Dornenhecken den Fuß mir hemmen, Berühr' ich sie lächelnd mit goldenem Schlüssel Und schreite mitten durch Rosenhage; Mitten durch marmorne Märchenschlösser Deffnet der Schlüssel mir leuchtende Wege, Ueber Steine und Felsgeröll

Geh' ich so sanft wie auf sammetnem Teppich, Weiter und weiter,

Höher und höher,

Bis mir zu Füßen

In bläulichem Duft

Die blühende Ferne verschwimmt, versinkt,

Bis mir zu Häupten

Der Sphären Gesang,

Die goldene Harfe des Weltalls klingt..

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Und wieder nieder Aus den heiteren Höhen Himmlischer Herrlichkeit

Gegenden mit sehr schlechten Löhnen bemerkbar, die natürlich für die anspruchslosen" Arbeiterinnen noch immer genügend hoch erachtet werden. Zum ersten Male traf Dr. Schuler in einer Buchdruckerei Segerinnen an. Man war mit ihnen sehr zufrieden.

Unpassende Beschäftigung von Frauen stellte die Fabritinspektion einzig in einer Ziegelei fest, wo Frauen zeitweise zum Einsetzen und Ausziehen der Ziegel verwendet wurden. Fälle von unsittlicher Be­lästigung der Arbeiterinnen wurden nicht angezeigt. Ich bin ge­wiß", meint der Aufsichtsbeamte, daß sofort Reklamationen erhoben würden. Darin hat mich eine ausgedehnte Nachfrage bezüglich der moralischen Zustände unter unseren Fabritarbeiterinnen bestärkt, die im Durchschnitt zu überraschend günstigen Ergebnissen führte." Einzelne Konfektionsgeschäfte gewähren Ferien, aber nicht gerade aus bloßem Wohlwollen, sondern aus anderen Rücksichten in der todten Saison, wodurch aber die Mädchen zeitweise und sehr zu ihrem Vortheil wieder in den Schoß ihrer Familien zurückgeführt werden."

Die Löhne der Arbeiterinnen lassen nach dem Bericht oft genug zu wünschen übrig, aber da, wo die Frauenarbeit mit der Männer­arbeit fonfurrirt, ist selten eine schlechtere Bezahlung der ersteren nachzuweisen. So traf ich beim Battage einer Baumwollspinnerei die gleichen Löhne für beide Geschlechter; ebenso bei anderen Ar­beitern im Tagelohn. Wo Afkordlohn besteht, kommen Frauen ver­möge ihrer größeren Gewandtheit oft auf ungewöhnlich hohe Löhne. Fand ich doch in einer Seidenweberei Arbeiterinnen am Lisage be­schäftigt, die es zu 7-8 Frcs. täglich brachten."

Diese Schilderung der Lohnverhältnisse, speziell in der Textil­industrie, scheint mir sehr optimistisch. Es wäre von Interesse ge= wesen, zu erfahren, wie hoch die beiden Geschlechtern gleich gezahlten Arbeitslöhne sind. In der Einleitung( ,, Allgemeines") finden sich einige bezügliche Lohnangaben. Danach werden in den besteingerichteten Spinnereien Löhne von 3,75-5,17 Frcs. pro Tag für Spinner, 2,25-3,40 Frcs. für Banc   à broche- Arbeiter und 2 Fres. für An­stecker festgestellt. Der durchschnittliche Lohn aller Spinnereiarbeiter, Kinder und jugendliche Arbeiter eingerechnet, betrug pro Tag 2,67 Fres. In den technisch rückständigen Spinnereien stellten sich die Anfangs­löhne für Kinder 2c. auf 1-1,50 und 1,60 Frcs., die Löhne für er­wachsene Arbeiter auf 2,80-3,65 Frcs., in einer Spinnerei durch­schnittlich auf 2,40-3,20 Frcs. Das sind gewiß keine glänzenden Löhne, und wenn sie beiden Geschlechtern in gleicher Höhe gezahlt werden, so bedeutet das nichts anderes als die Gleichheit von Hunger­groschen.

Wie gering die Zahl der Seidenweberinnen sein mag. welche bis zu 7 und 8 Frcs. pro Tag verdienen, kann man wohl aus der folgenden Thatsache schließen. In der großen Winterthurer   Seiden­stoffweberei, in der circa 700 Arbeiterinnen beschäftigt sind, beträgt der Tagelohn für die Aufseherinnen gewöhnlich nur 2,50 Fres., und

In die Thäler des Schmerzes Schreite ich schweigend. Aus seligen Gefilden In sumpfige Niederung Geschöpf zu Geschöpfen- Treibt mich das Herz.

Wo ein Vöglein gefangen Hinter Gitterstäben Sehnsüchtige Lieder girrt,- Wo, zitternd vor Fieberdurst, Kettengeschlossen

Ein hungernder Hund die Nächte durchheult, Wo ein Dulder, gefesselt

Ans Marterpfühl,

Aus des Krankenzimmers giftigem Brodem Nach dem heilenden Hauche der Höhen seufzt,- Wo Menschenblüthen verwelken Jm Dunste der Dienstbarkeit, Und unter des Alltags Gleichmäßig dröhnendem Hammerschlag Eine Kraft zermürbt, Wo immer ein Mensch Eine Kette schleppt,

-

Sei es Sehnsucht und Sorge, Sei es Schmerz oder Schmach Da geh' ich und wandle Und schließe und schließe Mit goldenem Schlüssel

Ketten und Schlösser auf

Und führe freudig

Die Qualbefreiten

In die sonnendurchglühten Gefilde der Freiheit Und an der Schönheit kühlenden Quell.

Doch wo gebrochen

Eine Seele trauert

An dunkeln, verschütteten Grüften, Die fein Schlüffel mehr sprengt,

-

Und hinaus sich sehnt, Ueber Höhen hinaus, Die ein Fuß noch beschreitet, Da lege ich leise und heimlich, Daß der Klang sie nicht schrecke, Den goldenen Schlüssel beiseite Und neige mich nieder

Zu der armen trauernden Seele, Ein Lied ihr zu singen,

Das ich erlauschte,

Als ich einsam stand

Auf den himmlischen Höhen,

Als mir zu Füßen

Die Welt in leuchtendem Duft zerfloß Und über mir

Ein lichter Engel

Die Harfe spielte,

Die mit Sonnenstrahlen besaitet war, Und das Lied dazu sang Unsterblicher Liebe,

Die göttlicher als die Freiheit ist.