dort zufrieden. Allerdings existirt sie erst zu kurze Zeit, als daß dieErfahrungen, die gemacht sind, bereits als genügende Grundlage betrachtet werden können. Ich behalte mir also vor, in eine Prüfungder Frage einzutreten, sobald das Jnformationsmaterial vollständigvorliegt, und darauf hin meine Entscheidung zu treffen."Diese ministerielle Erklärung verpflichtet die Regierung zu nichts,und sie wird um so weniger Veranlassung nehmen, weibliche Fabrikinspektoren auch nur in dem bescheidenen, von Herrn von Brefeldbezeichneten Umfange anzustellen, als die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses über den Antrag Hirsch keinen Zweifel darüberlassen, daß die preußische Volksvertretung in ihrer übergroßen Mehrzahl auch in Bezug auf die Frage der weiblichen Fabrikinspektorenvon denselben rückständigen Ansichten beseelt ist, die das charakteristische Merkmal des Dreiklassenparlaments in allen die Arbeiterschaftberührenden Fragen bildet.Selbst der Sozialpolitiker des Zentrums, der Abg. Or. Hitze,sprach sich nur unter Vorbehalt und unter bestimmten Voraussetzungendafür aus, daß ein„Versuch" mit der Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren gemacht werden möge. Er verlangte aber ausdrücklich,daß die Frauen nicht selbständig sein, sondern nur nach der Anweisung des Gewerbeinspektors ihre Thätigkeit ausüben sollen. Zweitens soll sich ihre Aufsicht beschränken auf Betriebe mit weiblichenArbeitern, und zwar vorwiegend auf kleinere Betriebe in de» Industriezentren, wo weibliche Arbeiter in größerer Zahl beschäftigt sind undzwar besonders in der Hausindustrie. Die Thätigkeit dieser„Beamtenzweiter Kategorie", wie Or. Hitze geschmackvoll die Frauen bezeichnete,soll besonders darin bestehen, daß sie eine Vertrauensstellung einnehmen;„nicht die Revisionsthätigkeit kommt in erster Linie in Betracht, sondern ihre persönliche Fühlung mit den weiblichen Arbeitern,ihre Thätigkeit in gemeinnützigen Vereinen, bei Erhebungen und Begutachtungen. Diese Aufgaben stehen mir in erster Linie. Sonststeht mir ein tüchtiger, sorgfältig vorgebildeter, technischer Beamterfür die Revisionsthätigkeit mit seinem Antheil über die Einrichtungenim Betriebe höher als eine Dame.... Dabei setze ich voraus, daßdie Damen nicht etwa einfach aus der Fabriklhätigkeit herausgenommen werden, sondern daß es Damen von einer gewissen Bildung—allerdings keine Blaustrümpfe— sind, also Damen, die durch ihreArbeit und ihre Beobachtungen den Fabrikinspektor wirklich unterstützen."Wenn schon Herr Hitze, der doch immerhin ein gewisses sozialpolitisches Verständniß besitzt, nur unter diesen Bedingungen bereitist, einen Versuch mit der Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren zumachen, so kann man sich natürlich nicht wundern, daß die beidenEine Dichterin der Freiheit.Von Klara Zetkin.(Fortsetzung statt Schluß.)Was der Dichterin das„Leben versagte oder raubte", das„glüht und blüht ihr im Liede", wie sie in dem Gedicht„DasMärchen meiner Tage" erklärt. Erlebtes, Geschautes, Empfundenes ist in ihren Versen mit Ersehntem und Erstrebtem verwebt.In Wirklichkeit und Traum klopft der gleiche leidenschaftliche Pulsschlag; feines künstlerisches Gestaltungsvermögen verleiht der Wahrheit den Zauberreiz der Dichtung, glühendes Verlangen haucht derDichtung die Kraft der Wahrheit ein. So fügt sich in Klara MüllersGedichten Zug um Zug zum lebensvollen Bilde eines reichen, bewegten Innenlebens zusammen. Wenigstens in dem Denken undDichten ihrer Freiheit hat die Verfasserin die ganze sturmgepeitschleSeligkeit des persönlichen Auslebens kennen gelernt, hat seinehöchsten Wonnen gekostet, wie seine dornenreichsten Schmerzen.Aber ein so durchaus individuelles Gepräge die Gedichte tragen,so typisch sind sie gleichzeitig für modernes Frauenleben und Frauenverlangen. Ein Leiden, Genießen, Ringen und Sehnen reckt inihnen die Glieder, das Bein vom Bein und Fleisch vom FleischTausender von Frauen in unseren Tagen ist. Kein einziges Schlagwort von Frauenrechten fällt, und doch klingt aus dem BändchenGedichte vernehmlich der sehnsuchtsschwere Schrei nach dem Rechteder Frau, sich als Persönlichkeit frei zu entfalten und auszuleben.Dieser Grundton macht es erklärlich, daß die inbrünstig Verlangende, die Pfadsucherin, die uns die Verse zeigen, im Ringenum ihr Glück und tiefen, vielseitigen Lebensinhalt zur trotzigenRebellin wird Wider den bürgerlichen Moralkodex, zur Kämpferinfür soziale Freiheit.—Die Welle heißesten Verlangens nach Liebe und Mutterschaft„Arbeiterfreunde" Gamp(freikonservativ) und Möller(nationalliberal) sich in noch verklausulirterer Form für den Antrag Hirscherklärten. Möller sprach ausdrücklich die Hoffnung aus, daß, wennman an das Experiment herantrete, der Versuch nur mit der größtenVorsicht gemacht werden möge, und Herr Gamp stellte, um jedenZweifel zu beseitigen, den formellen Ünterantrag, daß die Frauennur als Hilfsbeamte angestellt werden sollen.In dieser Fassung wurde der Antrag vom Hause angenommen.Ob die Regierung darauf eingehen und in dem nächsten Etat die erforderlichen Mittel bereit stellen wird, bleibt abzuwarten. Nach derArt und Weise zu urtheilen. wie sich bislang die preußische Regierungum Arbeiterfragen gekümmert hat, wird man nicht fehl gehen in derAnnahme, daß noch manches Jahr ins Land ziehen wird, ehe mansich in Preußen endlich dazu entschließen kann, ernstlich mit der Anstellung weiblicher Fabrikinspektorinnen vorzugehen, sei es auch nurals Hilfsbeamte und mit der in der Debatte geforderten Einschränkung.Aus der Bewegung.Bon der Agitation. Eine imposante öffentliche Versammlungfand in Charlottenburg statt. Genosse Liebknecht referirte unterstürmischem Beifall über„Die Politik und die Frauen". Der Rednergeißelte scharf die philiströse Anschauung, daß die Frau nur insHaus gehöre. Nachdem er eingehend den Beweis erbracht, daß dieFrauen an den öffentlichen Angelegenheiten ein ebenso großes Interessehabe», wie die Männer, schloß er seine packenden Ausführungen mitdem Hinweis, daß die Frau ihre Gleichberechtigung nur erlangenkann, wenn sie Schulter an Schulter mit dem Manne kämpft undmit ihm zusammen für die Befreiung der Arbeiterklasse ringt.„Ueber die Stellung der Frau in Staat und Gesellschaft" sprach Genosse Bebel Ende Februar in Schöneberg in einer überaus glänzendbesuchten Volksversammlung. Das Versammlungslokal war derartgefüllt, daß polizeiliche Absperrung erfolgte. Bebel gab ein scharfumrissenes Bild der wirthschaftlichen und sozialen Entwicklung desletzten Jahrhunderts und zeigte, wie diese die bürgerliche Frauenweltin den Kampf um wirlhschaftliche Selbständigkeit treibt, den Proletarierinnen aber mit dieser Selbständigkeit die wirthschaftliche Ausbeutung bringt und sie zum Klassenkampf gegen den Kapitalismus zwingt.Er charakterisirte darauf die Rückständigkeit der bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland und die rechtliche Unterbürtigkeit derdeutschen Frauen, zumal der Proletarierinnen. Er schloß seine Ausführungen damit, daß je mehr die kapitalistische Entwicklung ihremwogt durch sehr viele Gedichte, die sich durch ihre Kühnheit undLeidenschaft sehr günstig von dem süßlichen, himmelblau und rosen-rothen Gesäusle der landläufigen Frauenlyrik unterscheiden. Dortverlogene, ungesunde Empfindelei, hier warmes, wildes, starkesLeben. Jauchzend, mit„wild rasendem Blut" grüßt die Dichterinden ersehnten Geliebten, obgleich sie weiß, daß mit ihm„ihr Ver-hängniß naht". Ohne nach den Satzungen der Welt zu fragen.greift sie mit kecker Hand nach dem übervollen„Pokal der Liebe":„Ich nahm im Sturm, im heißen, tolle»renzseligen Rausch mein Jugendrecht."Der„Blüthentraum der ersten Liebe" ist bald ausgeträumt,aber keine bittere Anklage ob seiner Kürze durchzittert die Verse,sie klingen wieder vom Preise der genossenen beglückenden Wonnen.„Bei den, die Minne am längsten wohnt,Nicht der mag am besten fahren--Wir haben genossen in einem MondDie Seligkeit von Jahren."Eine trostreiche Philosophie gesunder, muthiger Lebensfreude.Nicht düstere Verzweiflung erwächst deshalb aus dem Erlöschender Leidenschaft, vielmehr das hoffnungsfreudige Ahnen neuer Liebe:„Was mir das Reinste schien und Beste,Begraben liegts im Flammcnschoß.Am glühend heißen AschenresteNun harr' ich schaudernd, athcmlosDes lichten Wunders, das sich zeigen,Des Phönix, der da lebensvollAus tobten Erdengluthen steigenUnd mich gen Himmel tragen soll."Trotz allen Lebensmuthes schleicht manche Stunde schwarzerMelancholie an die Einsame heran.„Ein bleiern Wasser, tief in,Schilf versteckt, Erlenumsäumt, von grünem Laich bedeckt", ruft