viele ,, Edelste und Beste der Nation", wie viele Junker und Bourgeois würden da die Zuchthäuser als schwere und gefährliche Verbrecher bevölkern!

Gewerkschaftliche Arbeiterinnenorganisation.

* Einen Frauengewerkverein haben die Setzerinnen der Pariser Zeitung La Fronde", die bekanntlich nur von Frauen ge­schrieben und gedruckt wird, ins Leben gerufen.

Sozialistische Frauenbewegung im Auslande.

Z. Delegirtenversammlung der schweizerischen Arbeite­rinnenvereine. Am Ostersonntag fand in Luzern die Delegirten­versammlung der schweizerischen Arbeiterinnenvereine statt, an welcher die Vereine Zürich , Winterthur , St. Gallen , Horgen , Basel und Bern durch neun Delegirte vertreten waren. Den Verhand­lungen wohnten außerdem eine Genossin von Zürich und ein Ver­treter der graphischen Gewerbe von Zürich bei. Aus dem Rechen­schaftsbericht des Zentralkomites des Verbandes ist zu entnehmen, daß die Zentralkasse über ein Vermögen von 200 Franken verfügt. Die Situationsberichte der Delegirten lauteten nicht gerade sehr be­friedigend. Der Arbeiterinnenverein in Basel zählt 62 Mitglieder. Er hat eine Gesangssektion und veranstaltet von Zeit zu Zeit eine Unterhaltung, ein Waldfest 2c.; das legtjährige Waldfest brachte der Kasse einen Gewinn von 330 Franken. Durchaus unbefriedigt steht es nach dem Bericht der Genossin Wahlen- Basel mit dem dortigen Verein der Schneiderinnen und Weißnäherinnen. Für die beiden Vereine von Zürich ( Arbeiterinnenverein und Bildungsverein für Frauen und Töchter) scheint eine Verschmelzung in Aussicht zu stehen. Der Arbeiterinnenverein Horgen zählte früher 34 Mitglieder, gegen­wärtig hat er deren noch 15. Besser steht der Tagelöhnerinnenverein in Bern , während die Entwicklung des Vereins in Winterthur ebenfalls zu wünschen übrig läßt. Von den gefaßten verschiedenen Beschlüssen sei zunächst der dem Zentralfomite ertheilte Auftrag er­wähnt, für bessere Organisation der Arbeiterinnen auf gewerkschaft­lichem Gebiet zu wirken. Sodann sollen Vorträge veranstaltet und am 1. Mai Agitationsflugblätter verbreitet werden. Auf dem Ge­biet des Arbeiterinnenschutzes soll verlangt werden: von den Kantons­regierungen eine energische Durchführung und Handhabung der gesetz­lichen Bestimmungen, sowie die Anstellung von Frauen für die Ge­werbeinspektion, ferner: die Freigabe des Samstagnachmittag für alle Fabrikarbeiterinnen auf Grund einer Revision des Fabrikgesetzes. Weitere Beschlüsse gingen dahin, die Delegirtenversammlung nur alle drei Jahre abzuhalten und die nächste nach Zürich einzuberufen. Da der Verband der Arbeiterinnenvereine auch dem Gewerkschafts­bunde angehört, so einigte man sich demselben gegenüber auf den Wunsch, die Zahl der Mitglieder des Bundeskomites zu erhöhen und den Arbeiterinnen drei Vertreterinnen einzuräumen, als welche ein­stimmig gewählt wurden: Frau Conzett und Frau Villinger, beide in Zürich , und Fräulein Wahlen in Basel . Die Luzerner Genossen hatten sämmtlichen weiblichen Delegirten im Hotel Gratis­logis besorgt. Angesichts der großen Zahl der Fabrikarbeiterinnen in der Schweiz in der Textilindustrie allein sind 65000 Frauen und Mädchen beschäftigt ist sehr zu bedauern, daß die Arbeite­rinnenorganisationen fast gar keine Fortschritte aufweisen. Das kleine Häuflein der organisirten Frauen läßt es gewiß an Fleiß, Energie, Opferfreudigkeit und Begeisterung nicht fehlen. Aber die Rückständig­keit des weiblichen Geschlechts und die traurigen materiellen Ver­hältnisse, in denen die Proletarierinnen leben ihr geringer Ver­dienst, die Arbeit daheim und für den Erwerb schaffen die denkbar ungünstigsten Vorbedingungen für die Organisirung.

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Fortschritte der proletarischen Frauenbewegung in Oester­ reich . Nach dem Thätigkeitsbericht des Frauen- Reichstomites" sind vom Mai 1898 bis März 1899 in der Provinz 15 Frauenfektionen gegründet worden; 21 Korrespondentinnen aus allen Theilen des Reichs stehen mit der Zentralstelle in Wien in Verbindung. Es fanden 76 Agitationsversammlungen statt. Die Frauenseftionen halten in manchen Orten wöchentlich, in anderen alle 14 Tage Zusammen­tünfte ab, bei welchen Vorlesungen und Diskussionen für die Auf­flärung der Arbeiterinnen sorgen. Wir veröffentlichen in nächster Nummer einen Artikel unserer geschäßten, allzeit thätigen Genossin Popp über die Thätigkeit des österreichischen Frauen- Reichskomites, bezw. die Entwicklung der österreichischen Arbeiterinnenbewegung.

Frauenstimmrecht.

Das direkte Wahlrecht der Frauen zum Gemeinderath und Landtag in Oesterreich wird in verschiedenen Kronländern

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Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Zetkin ( Eißner) in Stuttgart .

gefordert. In Lemberg fand eine Frauenversammlung statt, welche eine diesbezügliche Petition an den galizischen Landtag zu richten beschloß. Tschechische Frauen reichen eine Petition gleichen Inhalts beim böhmischen Landtage ein. Die Wiener Frauen verlangen in einer Eingabe an den niederösterreichischen Landtag die Wiederzuerkennung des Wahlrechts zu dieser Körperschaft und die politische Gleichstellung mit den Frauen der Land- und Stadtgemeinden in Niederösterreich .

Das politische Stimmrecht der norwegischen Frauen sieht die neue Verfassung vor, allerdings ein Stimmrecht, das an eine bestimmte Einkommenssteuer gebunden ist, so daß es nicht allen Frauen zu Gute kommen würde. Nach dem Entwurf zur Verfassung sollen nämlich das Stimmrecht alle Männer wie Frauen erhalten, die ein Mindesteinkommen von 300 Kronen auf dem Lande und 600 Kronen in der Stadt haben.

Das Kommunal- Wahlrecht der Frauen des Staates New York forderte ein Gesetzentwurf, wie wir bereits berichteten. Die Kammer nahm den Gesetzentwurf an, der Senat verwarf ihn jedoch. Die gemeldete Agitation der stimmrechtsfeindlichen Frauen­rechtlerinnen" ist also nicht erfolglos geblieben.

Das Wahlrecht für die Frauen des Staates Illinois verlangen drei Geseßentwürfe, welche bei den gesetzgebenden Körper­schaften eingebracht werden. Der erste Entwurf sieht das Stimmrecht für alle steuerzahlenden Frauen in den Fällen vor, wo neue öffent­liche Abgaben auferlegt werden sollen. Der zweite Antrag fordert für alle Frauen das Recht, die Wahlmänner zur Präsidentenwahl mitzuwählen. Der dritte Entwurf endlich zuerkennt den Frauen das Recht, an der Wahl bestimmter wichtiger städtischer Beamten theil­zunehmen.

Das Gemeindewahlrecht für alle steuerzahlenden dänischen Frauen sieht ein Gesezentwurf vor, der dem Parlament vorliegt.

Agitation für das Frauenstimmrecht in Irland . In elf irischen Städten bestehen Organisationen, welche für die Einführung des Frauenstimmrechts agitiren. Eine Agitationstour der Mrs. Haslam zu Gunsten der politischen Gleichstellung des weiblichen Geschlechts war äußerst erfolgreich, die Versammlungen in Belfast , London­ derry und anderwärts waren glänzend besucht.

Frauenbewegung.

Der erste Deutsch - Evangelische Frauentag, der vom 5. bis 7. Juni in Kassel stattfindet, hat folgende Tagesordnung: Berathung über die Satzungen des Deutsch Evangelischen Frauenbundes und Begründung des Bundes. Wahl des Vorstands und Vororts. Die Frauenthätigkeit auf dem Gebiete der Krankenpflege: Pastor Sarde­mann, Leiter des Diakonissenhauses zu Wohlheiden. Die Frauen­thätigkeit auf dem Gebiete der Armen- und Waisenpflege: Frau Pastor Mäßold- Dresden. Die Bestrebungen zur Hebung der haus­wirthschaftlichen Frauenbildung: Frl. Förster Kassel. Die Berufs­bildung für gewerbliche Thätigkeit: Pastor Weber- M.- Gladbach. Der Lehrerinnenberuf und seine Weiterentwicklung: Frl. v. Kästner - Kassel . Die Evangelischen Jungfrauen-, Ladnerinnen- und Arbeiterinnen­vereine: Frau Ufer- Barmen und Pastor Seiffert- Berlin . Die Frau und die Alkoholfrage: Frl. Knutzen. Die Bewahrung der gefährdeten und die Rettung der gefallenen Töchter unseres Volts: Frau Mundhenk­Vluyn und Pastor Schreiber- Kaiserswerth.

* 40 000 Ehescheidungen wurden in den letzten zehn Jahren in Frankreich ausgesprochen. Das Verhältniß ist in dieser Zeit von eins bis auf fünfundzwanzig in tausend Ehen gestiegen.

* Höhere Frauenkurse, ähnlich denen, die in Petersburg bestehen, werden vom 1. Juli d. J. ab durch das Ministerium für Volksaufklärung in Moskau eröffnet werden. Auch ein medizinisches Institut für Frauen ist dort in Bildung begriffen.

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* Der erste Mai ist als Arbeiterfeiertag von der französischen Frauenzeitung La Fronde" gefeiert worden. In einem schwung­vollen Artikel, Die Verbrüderung der Völker" überschrieben, wird er als die Vorfeier eines kommenden ewigen Frühlings gepriesen, der aller Noth ein Ende machen, alle Sklavenketten brechen wird. Was sagen unsere deutschen Frauenrechtlerinnen zu der Kourage ihrer französischen Schwestern"?

* Seltsame Blüthen der amerikanischen Frauenbewegung. Eine Amerikanerin, Mrs. Lindley, hat einen Kreuzzug gegen das Küssen unternommen! Sie erklärt es für unhygienisch und barbarisch und hat einen großen Frauenverein so sehr für ihre Ideen zu ge­winnen vermocht, daß er der Regierung des Staates New York eine Petition einreichte, die von der Gesetzgebung verlangt, sie möge das Küssen als unmoralisch und gesundheitsschädlich verbieten.

Drud und Verlag von J. H. W. Diez Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart .