dadurch vertieft und vervollständigt, aber auch sich erleichtert, daß sie engere Beziehungen mit den Vertrauensmännern der organisirten Arbeiter anknüpften und unterhalten. Auch weibliche Vertrauens­personen sind seitens der Gewerkschaften in den letzten Jahren ver­einzelt aufgestellt worden. Ihr guter Wille und der Nutzen, den ihre Thätigkeit stiften kann, wird von den Fabrikinspektoren wiederholt lobend anerkannt. Es scheint, daß die Proletarierinnen sehr gut bei der Konkurrenz bestehen, die ihnen von den im ganzen Lande als Vertrauenspersonen aufgestellten barmherzigen Schwestern und Diako­nissinnen gemacht wird. Ueber die Thätigkeit dieser frommen Frauen erfährt man in dem 185 Seiten starken Buche kein Wort. Dieses Schweigen dünft uns beredt und gerade keine Empfehlung dieser- schwabenstreichlerischen Einrichtung. Leider ist das Interesse der Arbeiterinnen an der Durchführung der gesetzlichen Schutzbestim­mungen noch immer gering, sehr viele Proletarierinnen kennen nicht einmal die Rechte, die sie besitzen, die Grenzen, die das Gesetz ihrer Ausbeutung gezogen hat. Auch die Berichte heben dies hervor. Wir hoffen, daß das Interesse der Arbeiterinnen an der Gewerbe­inspektion und das Vertrauen zu derselben geweckt wird, sobald die erste Assistentin amtirt, für die im neuen Staatsbudget die Mittel vorgesehen sind. Innerhalb welchen Rahmens die Inspektoren sich die Wirksamkeit ihrer Kollegin denken, ist in einer früheren Nummer dieses Blattes bereits mitgetheilt worden. Die Verhandlungen in der Kammer über die Gewerbeaufsicht berechtigen zu der Erwartung, daß die erste Assistentin in Württemberg   nicht lange die einzige Assistentin bleiben wird. Und dies trotz des Gruselns, das die aucharbeiterfreund­lichen" Volksparteiler bei dem entsetzlichen Gedanken empfinden, die Gewerbeaufsicht würde in der Folge vermehrt werden, und die armen Unternehmer könnten nicht mehr im vollen Umfange Herr in ihrem Hause" sein. Die Regierung hat offenbar in Sachen der Gewerbe­inspektion und der auf diesem Gebiete nöthigen Reformen mehr ge= lernt, als unentwegte" Volksparteiler ihrem kapitalisten frommen Empfinden und manchesterlichen Denken abzuringen vermögen.

Aus der Bewegung.

Von der Agitation. Wie allerorts, so erhob auch in Baden die Arbeiterschaft energisch Protest gegen jede, Verkümmerung des Koalitionsrechts, und die Genossinnen nahmen an der Protestbewegung regen Antheil. So fanden u. A. in folgenden Orten Versammlungen statt, in denen Genoffin Greifenberg   referirte: Bulach, Forch heim, Grünwinkel  , Malsch  , Gaggenau  , Rintheim  , Muggen­ sturm  , Pforzheim  , Freiburg  , Lörrach  , Konstanz  , Villingen  ,

die schmerzliche oder komische Seite der Dinge heraus, die Größe gewisser Bilder des Fabriklebens. Was mich besonders interessirte, war das Aufblühen seiner Intelligenz, das auch in seinem Aeußeren zum Ausdruck gelangte, sein Körper richtete sich in dem Maße auf, als seine geistige Entwickelung fortschritt.

Unglücklicherweise trennte uns das Leben. Und während ich für den Winter nach Paris   zurückkehrte, ergriff Raoul wieder das Werkzeug und trat in die Eisenbahnwerkstätte zu Lyon   ein. Ich sah ihn in sechs Monaten zwei bis dreimal wieder, jedes Mal magerer und veränderter und ganz verzweifelt, daß er für seinen Beruf viel zu schwach war. Nun! so geben Sie ihn doch auf! suchen wir etwas anderes!" Doch er wollte noch weiter kämpfen und fürchtete, seine Mutter zu betrüben. Ich aber wagte nicht, auf einem Berufswechsel zu bestehen, denn ich hielt sein Leiden nicht für so schwer und hatte namentlich Angst, diesen armen Mechaniker mit dem Romannamen zu einem Deklassirten zu machen und ihn einem verfehlten Berufe entgegenzuführen.

Die Zeit verging.

II.

Eines Tages erhielt ich einen zittrigen und herzzerreißenden Brief: Krant, im Hospital de la Charité, Saal St. Jean de Dieu." Dort fand ich ihn wieder, er lag auf einer Bahre, denn der Winter, der zur Rüste ging, war sehr streng gewesen, und es war in diesem für die Schwindsüchtigen reservirten Saale kein Bett mehr disponibel. Bei der ersten Lücke, die der Tod reißen würde, sollte Raoul ein solches bekommen.

Er schien mir sehr krank, seine Augen lagen tief, seine Stimme flang rauh. Sein Geist wurde durch die traurigen Bilder verdüstert, die ihn umgaben, die Klagen und die herzzerreißenden

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Triberg  , Zell a. H. und Hornberg  . Alle diese Versammlungen waren sehr gut besucht. Der ungetheilte Beifall, welcher der Referentin gezollt wurde, bewies die Zustimmung der Versammlungsbesucher zu den gehörten Ausführungen. Durch einstimmige Annahme einer Re­solution verpflichteten sich die Anwesenden, dahin zu wirken, daß der das Ende des neunzehnten Jahrhunderts schändende Anschlag zu Nichte gemacht wird und der Reaktion die Lust ein für alle Mal vergeht, derartige Gesezentwürfe gegen die arbeitende Bevölkerung einzubringen. Die Versammlungen führten den politischen und ge= werkschaftlichen Organisationen neue Mitglieder zu und gewannen der sozialistischen   Presse Abonnenten. Ein weiterer Fortschritt ist für Orte, wie Bulach, Forchheim  , Grünwinkel  , Malsch   und Gaggenau   zu verzeichnen: die Frauen beginnen hier die Versammlungen zu besuchen, was bisher nicht der Fall war. Die sozialdemokratische Agitation trägt Licht in die schwärzesten Winkel, läßt die Frauen wie die Männer das Unwürdige ihrer Lage erkennen und erzieht sie zum Kampfe für ihre Rechte. M. Gr.

Notizentheil.

( Von Tily Braun und Klara Betkin.)

Frauenarbeit auf dem Gebiete der Judustrie, des Handels und Verkehrswesens.

Die Zahl der sächsischen Fabrikarbeiterinnen ist nach dem Bericht der Fabrikinspektion im Jahre 1898 von 152 103 auf 157347 gestiegen, hat also um 5244 zugenommen. Mit Ausnahme der poly­graphischen Gewerbe haben alle Industriezweige mehr Arbeiterinnen beschäftigt, als im Jahre 1897. Die Zunahme der Frauenarbeit spricht recht sinnenfällig dafür, daß die Lage des Proletariats nicht jene einschneidende Verbesserung erfahren hat, von der Lobredner und Liebhaber der kapitalistischen   Gesellschaftsordnung singen und sagen.

Weibliche Fabrikinspektoren.

Die Assistentinnen der Fabrikinspektion in Weimar   sollen abgeschafft werden. Wie wir in verschiedenen bürgerlichen Blättern lesen, läßt das weimarische Ministerium des Innern in der amtlichen Zeitung erklären, daß die versuchsweise zuziehung der weiblichen Assistenten zu den Geschäften des Fabrikinspektors im ersten und zweiten Verwaltungsbezirk( Weimar   und Apolda  ) sich nicht bewährt hat, und daß ein Bedürfniß zu deren Fortbestehen nicht vorhanden zu sein scheint." Der erste Theil dieser Erklärung steht im Gegen­

Hustenanfälle, die um ihn ertönten, regten ihn qualvoll auf. Er hatte Furcht, hier zu sterben. Ich bemühte mich, ihn zu beruhigen und wunderte mich, daß seine Mutter ihn nicht hatte zu sich kommen lassen.

Ich hab's nicht haben wollen", sagte mir das arme Opfer. Sie vergrößern sich; sie lassen bauen.... ich wäre ihnen nur hinderlich gewesen."

Und gleichsam als wolle er auf den stummen Vorwurf meines Blickes antworten, fügte er hinzu:

mich!"

" Oh, Mama ist sehr gut.... sie schreibt mir; sie besucht

Ich hatte die Ueberzeugung, daß er log; seine Verzweiflung, die kahle Spitaldecke deutete darauf hin, daß er vollständig ver­lassen war.

Als ich ihn so allein, so unglücklich sah, kam ich auf die Idee, ihn, was er sah, was er erduldete, niederschreiben zu lassen, denn ich war überzeugt, das würde ihn mächtig beleben und seine Widerstandskraft stärken. Und dann wer weiß? vielleicht erschloß sich damit eine Hilfsquelle für dieses stolze Herz, das man so schwer zur Annahme einer kleinen Geldsumme bewegen konnte. Beim ersten Worte meiner Aufforderung richtete sich der Kranke auf und hielt sich mit den Händen an den Holzgriffen fest, die am Kopfende seines Bettes angebracht waren.

Wirklich? Wahrhaftig?.... Sie glauben, ich könnte schreiben?"

Ich bürge dafür!"

Thatsächlich hatte ich nicht zehn Worte in den vier Artikeln zu ändern, die mir Raoul von seinem Schmerzenslager aus schickte; der Ton war schlicht und ungesucht, von ergreifender Lebenswahr­heit, er stimmte vorzüglich zu dem Titel Das Leben im Hospital". Wer die kurzen Seiten in einer medizinischen Wochenschrift: Das