schutzgesetzes Bericht zu erstatten, mit 28 gegen 10 Stimmen abgelehnt wurde. Die städtischen Behörden werden also fortwursteln, so daß die organisirte Arbeiterschaft sich umsomehr wird ins Zeug legen müssen, damit den Arbeiterinnen ihr Recht zu Theil wird. Glück­licherweise steht Luzern mit seinem Widerstand gegen den Arbeite­rinnenschutz wohl allein in der ganzen Schweiz da.

Vor Kurzem sind auch die Berichte der 25 Kantonsregierungen über die Durchführung des Fabrikgesetzes in den beiden Jahren 1897 und 1898 erschienen. Dieselben lassen neuerdings er­kennen, was man bereits weiß, daß es mit der Handhabung dieses Gesetzes im Allgemeinen nicht unbefriedigend steht. Bemerkenswerth ist folgende Aeußerung im Bericht der St. Galler Regierung: ,, Bedauerlich und hie und da auch recht verdrießlich ist es, daß mit­unter Arbeiterkreise, denen der genaue Vollzug dieses Bundesgesetzes in erster Linie am Herzen liegen sollte, den bezüglichen Vollzugs­organen von Uebertretungen der Arbeiterschutzgesetze keine Anzeige machen, dagegen sich in ihren vertrauten Kreisen über mangelhafte Ausführung derselben beklagen." Dieser Vorwurf ist wohl zum Theil berechtigt, aber auch nur zum kleinen Theil. In St. Gallen besteht 3. B. schon seit längerer Zeit eine von der organisirten Arbeiterschaft gewählte Kommission, welche die Durchführung der gesetzlichen Schutz­vorschriften überwacht, und sodann können in den meisten Fällen die Arbeiter von Gesetzesübertretungen keine Anzeige machen, ohne dabei ihre Arbeitsstelle zu ristiren.

Nach dem Schaffhauser Bericht flagten Arbeiterinnen eines Geschäfts der Lederbranche über den Aufseher wegen Sittlichkeits­vergehen, worauf die Polizeidirektion sofort eine Untersuchung ein­leitete, um die Entlassung des Schuldigen zu bewirken. Die Unter­suchung förderte Dinge zu Tage, die Veranlassung zur Ueberweisung der Akten an die Strafgerichte gaben.

In mehreren Fällen wurden Uebertretungen der Bestimmungen zum Schutze der Wöchnerinnen konstatirt und dann theils kleine Bußen über die Schuldigen verhängt, theils Rügen ertheilt. Die zu milde Bestrafung der Uebertretungen der Arbeiterschutzgesetze durch die Gerichte bildet auch in der Schweiz eine häufige Klage.

Zum Schlusse noch etwas vom Schute des Wirthschafts­personals. Im Kanton Graubünden wurde ein neues Wirth­schaftsgesetz geschaffen und in dasselbe wurden auch Bestimmungen zum Schutze des Personals aufgenommen. Danach dürfen Mädchen unter dem zurückgelegten achtzehnten Altersjahr, die nicht zur Fa milie des Wirthes gehören, nicht als Kellnerinnen verwendet werden. Jede übermäßige Anstrengung des Dienstpersonals in Wirth­schaften ist untersagt. Der Betrieb der Wirthschaften ist so einzu­richten, daß jeder im Dienste des Wirthes stehenden Person von 24 Stunden wenigstens 7 Stunden ununterbrochene Schlafenszeit zu­kommt. Jm Weiteren hat das Dienstpersonal Anspruch auf wöchent lich mindestens vier zusammenhängende Stunden Freizeit. Nachts 12 Uhr sollen die Wirthschaften geschlossen sein. Es bleibt den Gemeinden vorbehalten, für bestimmte Tage oder Anlässe Aus­nahmen von dieser Regel aufzustellen, sowie auch den Wirthschafts­schluß auf eine frühere Stunde anzusetzen. Diese Bestimmungen bleiben erheblich hinter denjenigen zurück, welche im Kanton Zürich gelten. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß selbst diese bescheidenen Vorschriften nicht innegehalten werden. Solcher papierener Arbeiter­schutz ist billig und sieht modern aus.

Aus der Bewegung.

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handlung unsererseits die Versammlung aufzulösen, den Frauen ver­boten, an derselben theilzunehmen, und zwar mit der Begründung, daß die Frauen das Versammlungsbesuchen noch nicht gewöhnt seien. Wie fürsorglich! Wir sind allerdings der Meinung, daß die Frauen nicht nur diese Fürsorge entbehren können, sondern daß sie sich die­selbe ganz energisch verbitten müssen. Die Behörde hat eben nichts zu erlauben bei Anmeldung von Versammlungen, sondern nur zu bescheinigen, daß wir der vereinsgesetzlichen Pflicht genügt haben. Das können leider viele Ortsgewaltige noch immer nicht begreifen, und daher müssen wir fortwährend neben dem Kampfe mit dem Indifferentismus der Massen noch den Kampf gegen die Behörden führen. Das Ergebniß dieser Agitationstour war die Gewinnung von 250 Mitgliedern für verschiedene Gewerkschaften. In Jaznick z. B. wurden allein 130 Arbeiter der Organisation zugeführt. Man sieht, es geht auch in Pommern und Westpreußen vorwärts, trotz der großen Hindernisse, die gerade hier unsere vielen Gegner unserer Wirksamkeit entgegenstellen.

In der Zeit vom 16. bis 30. September unternahm Genossin Zietz eine Agitationstour für die Fabrikarbeiter durch das Herzog­thum Braunschweig . Versammlungen fanden statt in Burg, Thiede, Broißgem, Wolfenbüttel , Goslar , Eschershausen , Holzminden, Blankenburg , Thale , Schöningen , Helmstedt , Braunschweig , Velpke und Hildesheim . Mit wenigen Aus­nahmen waren dieselben sehr gut besucht, aber aus Rücksicht auf das famose braunschweigische Vereinsgesetz fast lediglich von Männern. Besonders zahlreich besucht war die Versammlung in Eschers­ hausen . Nicht nur aus dem Orte selbst, sondern ebenfalls aus der Umgegend waren die Besucher herbeigeeilt, alles wetterfeste Männer mit schwielenharten Fäusten, die in den nahen Steinbrüchen den beliebten rothen Sandstein gewinnen, dem Schoß der Erde den Asphaltstein abringen, im nahen Walde das Holz für die Glashütte fällen oder in dumpfen Fabrikräumen ihr schweres Tagewerk ver­richten. Sie alle folgten nicht nur mit großem Interesse dem Vor­trag, sondern gaben auch durch Zwischenrufe und lebhafte Bethei­ligung an der Diskussion ihre Zustimmung kund. Circa 200 Personen wurden als neue Mitkämpfer dem Verband zugeführt. L. Z.

In den schlesischen Orten Striegau und Dorfbach bei Wüste Giersdorf hielt Genossin Baader- Berlin kürzlich gut besuchte Versammlungen ab, in denen sie über das Thema referirte: Die Arbeiterin im Kampfe ums Dasein und die Noth= wendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation." In Striegau waren zu der Versammlung 500 Personen erschienen, darunter etwa 350 junge Mädchen und Frauen, die für diesen Nach­mittag dem sonst üblichen Tanzvergnügen entsagt hatten. Die Ver sammlung verlief ausgezeichnet. Viele der Anwesenden ließen sich in die ausgelegten Listen zur Aufnahme in die Organisation ein­zeichnen. Auch in Dorfbach konnten wir mit dem Besuch und dem Verlauf der Versammlung sehr zufrieden sein. In diesem Weber­örtchen hatten sich etwa 150 Personen eingefunden, davon waren mehr als die Hälfte Frauen. Die Arbeiterinnen erwachen auch in Schlesien immer mehr und mehr zu dem Bewußtsein, daß sie selbst Hand ans Werk legen müssen, wenn sie eine Besserung ihrer Ver­hältnisse herbeiführen wollen, die, wie wir an anderer Stelle be­richten, die denkbar schlechtesten sind, so daß man in der so herrlichen 0. B. Gegend fast nur zwerghafte, verkümmerte Menschen sieht. D. Zinner.

Von der Agitation. In den letzten Monaten agitirte Genossin Zieß- Hamburg in Pommern und Westpreußen . Sie sprach in den Städten Stettin , Pommerensdorf, Zülchow, Jaznick, Wolgast , Greifenhagen, Barth, Köslin und Danzig . Mit einer einzigen Ausnahme waren die Versammlungen sehr gut besucht, auch von Frauen. In Danzig bot die Versammlung ein eigen­thümliches Bild. In dem einzigen Lokal, das unseren Genossen dort zur Verfügung steht, ist es dem Wirthe an Versammlungstagen von acht Uhr Abends ab verboten, irgend welches Getränk auszuschenken. Da die Versammlungsbesucher aber bei der tropischen Hitze im August unmöglich den ganzen Abend trocken" fißen konnten, hatte der Wirth, der die freundliche Fürsorge" der Behörde sehr humor­voll auffaßt, auf alle Tische große Krüge und Flaschen mit Wasser gestellt, und fröhlich wurde mit den mit Gänsewein" gefüllten Gläsern angestoßen. Eine neue Form der Bekämpfung der Arbeiterbewegung! Denn unbedingt liegt der Maßregel die Absicht zu Grunde, uns auch noch das letzte Lokal abzutreiben. Bis dato ist das allerdings nicht gelungen. Der Wirth erklärte den Arbeitern: Erhalte ich nur meine Auslagen für Gas und Reinigung ersetzt, so könnt ihr soviel zu mir kommen, wie ihr wollt, ihr seid stets willkommen. In Greifen­hagen hatte die Behörde unter der Androhung, bei einer Zuwider­

Weibliche Delegirte zum Parteitag von Hannover . An dem Parteitag nahmen fünf Genossinnen theil: Genossin Wengels, welche als Delegirte des 1. Berliner Wahlkreises in öffentlicher Versammlung gewählt worden war; Genossin 3ieß, welche von einer öffentlichen Versammlung mit der Vertretung des 1. Ham burger Wahlkreises betraut wurde; Genossin Luxemburg , der die Parteikonferenz der Genossen von Greiz ä. 2. ein Mandat über­tragen hatte; Genossin Zetkin als Mitglied der Parteileitung und Genoffin Braun, welche Mandate für den 15. Hannoverschen Wahlkreis und Glauchau - Stadt erhalten hatte. Genossin Zieg wurde als Schriftführerin in das Bureau des Parteitags gewählt, an dessen Arbeiten sich alle Genossinnen sehr eifrig betheiligt haben.

Anträge der Genoffinnen zum Parteitag. Der Antrag der Berliner Genossinnen, die Streichung des Passus unseres Organi­sationsstatuts betreffend, welcher den Frauen das Recht verleiht, in besonderen Versammlungen Delegirte zum Parteitag zu wählen, fand nicht genügende Unterstützung und gelangte mithin nicht zur Be­rathung. In einer Besprechung, die behufs Stellungnahme zu diesem Antrag, wie zur Frage der Frauenagitation überhaupt stattfand, hatten sich die meisten Rednerinnen und Redner aus praktischen Gründen gegen den Antrag ausgesprochen. Vertheidigt wurde er vor Allem von den Genossinnen Braun und Steinbach, von Ersterer mit prinzipiellen, von Letterer mit praktischen Erwägungen. Von der anderen Seite wurde gegen den Antrag vor Allem auf die