erreicht. Meist verdienen die Frauen und Mädchen nicht mehr als 1 Frs.(8V Pf.) und dies für 12 löstündige Schichten! Der niedrige Lohn erklärt, warum diesozialreformerischen" Ultramontanen den reichen Grubenaktionären die Frauenarbeit erhalten wollen. In der Dunkelheit kommen die Arbeiterinnen nach Hause. Waschanstalten giebt es auf den Gruben nicht, und so wandern die Mädchen und Frauen, rußig am ganzen Körper, in schweißdurch- setzten, kothigen Lumpen dem Heim zu: ein widerwärtiger Anblick. Wer wundert sich, daß der äußere Schmutz auch den inneren Menschen angreift? Halbnackt wird in vielen der sehr heißen Gruben Bel- giens gearbeitet, von den Arbeiterinne» selbstredend ebenfalls. Zu welchen Zuständen das führt, läßt sich ahnen. Uneheliche Geburten beachtet man kaum; überhaupt finden wir in den belgischen Montan- bezirken eine sehr laxe Auffassung von der Heiligkeit der Ehe, ob- wohl die fast nie sehlende Heiligenecke in den Wohnungen auf den religiösen Charakter der Bewohner hindeutet. In größeren Trupps begeben sich die Grubenmädchen nach Hause und mit nicht wieder zu gebenden zotigen Redensarten grüßen sie oft die ihnen begegnenden männlichen Berufsgenossen. Wer die Arbeits- und Lebensverhältnisse dieser elenden Proletarierinnen kennt, wer da weiß, in welcher Ver- nachläsfigung sie heranwachsen, wundert sich nicht über solche Er- scheinungen. Nirgends sahen wir so zerfallene Hütten, elendere Wohnungen und verwahrloste Kinder wie im Borinage. Man denke sich eine Häuslichkeit, wo Vater, Mutter, Tochter und das Kind vom 12. Jahre an zur Grube gehen, die kleineren Kinder sich selbst überlassen sind. Wir suchten solche Heimstätten auf, die von ekelhaftem Schmutz starrten, mit Gestank erfüllt waren, die kleinen Würmer waren oft den Tag über ganz allein oder be- fanden sich in der Obhut eines älteren Verwandten. Wer erzieht diese Kinder zu tüchtigen Menschen? Schulzwang giebt es nicht, das herrschende ultramontane Regime ist ein Feind der Volksbildung. Die Sozialisten haben mancherorts Schulen errichtet und suchen die Finsterniß zu erhellen. Ihr Vorgehen hatte zur Folge, daß die Patres Gegenschulen gründeten, wie die Ultramontanen zur Kon- kurrenz gegen die musterhaften sozialistischen   Genossenschaften eben- falls Kooperativen   errichten, wie die deutschen Zentrümler ihr gewerkschaftliches Herz" entdeckten und christliche Gewerkvereine ins Leben rufen. Aber die in Belgien   systematisch gezüchtete unglaubliche Unkultur läßt sich nicht so schnell beseitigen. Der Alkohol wirkt verheerend unter den Grubenarbeitern beider Geschlechter, und nicht ohne Grund, aber auch nicht vergeblich haben unsere belgischen Ge- nossen einen energischen Kampf gegen jenes Gift ausgenommen. Die viel geschmähte, dieKultur vernichtende, unchristliche" Sozialdemo- kratie tritt der Unbildung, der Verwilderung und Unsittlichkeit ent- gegen, und zwar nicht nur durch entsprechende Agitation und mancher- lei Veranstaltungen, sondern ganz besonders auch dadurch, daß sie für bessere Arbeits- und Existenzbedingungen der Ausgebeuteten kämpft. Die palentirte Christlichkeit läßt dagegen diese Uebel ruhig bestehen, sichern sie doch dem Klerus die Herrschaft. Belgien   lehrt, was Wahres an dem Selbstlob des Zentrums ist, das sich als Partei der Arbeiterfürsorge psr excellence preist. Als bedeutsam heben wir die Thatsache hervor, daß gerade in Ländern, welche Hochburgen des Klerikalismus sind, die Gesetzgebung sich nicht dazu aufzuschwingen vermochte, den Schutz der Schwächsten, der Kinder und Frauen, gegen die gemeinschädliche Ausbeutung ihrer Arbeitskraft unter Tage grundsätzlich festzulegen. Bezeichnend ist es ferner, daß es eine geistliche Regierung war, die voranging mit der Einschränkung der Feiertagsruhe der Knappen. Die kur-köl- nische Bergordnung vom Jahre 1669 stellte den Grundsatz auf, daß nur die hohen Festtage bezahlt würden, für die niederen Feiertage fiel der von altersher bezahlte Lohn fort. Durch diese Bestimmung wurde der Knappe zur Preisgabe seiner meisten Feiertage gezwungen. In Frankreich   dürfen nach dem Gesetz vom 2. Oktober 1892 Arbeiterinnen nicht mehr unterTags beschäftigt werden. Auch dieses Gesetz verdankt seine Entstehung nur der rücksichtslosen sozia- listischen Kritik. Beeden Verhandlungen in der Kammer waren es nicht zuletzt die klerikalen Vertreter der Sittlichkeit und Frauenwürde, die sich für einfreies Vertragsrecht" aussprachen, d. h. sie wollten auch die Frauen und Kinder der unbeschränkten kapitalistischen   Aus- beutung überlassen. Die Zahl der auf den französischen   Kohlengrube» thätige» weib- lichen Arbeiter betrug rund 6000(1897), sie ist im Sinken begriffen, dagegen nimmt die Ziffer der in den Hüttenwerken und verwandten Anlagen beschäftigten Frauen und Mädchen ziemlich stetig zu. Auf den Erzgruben waren in dem genannten Jahre 257 Arbeiterinnen thätig. Nach dem österreichischen Gesetz vom 21. Juni 1834 dürfen innerhalb der schwarzgelben Grenzpfähle Arbeiterinnen nicht mehr unterirdisch angelegt werden. Die Zahl der beim Bergbau in Oesterreich   beschäftigen Mädchen und Frauen betrug 1886 6548, 1338 6425, 1897 6126. In den böhmischen Bergbaubezirken wurde uns von den Ar- beitern gesagt, daß es in Oesterreich  wohl Berginspektorenberichte, aber keine Berginspektion giebt". Bezüglich der Frauenarbeit auf den Gruben fänden unzählige, niemals festgestellte Uebertretungen statt. Auf das Bestimmteste versicherte man, daß in den entlegenen Bezirken auch noch unterirdische Frauenarbeit vorkäme. Diese Mittheilung dünkt uns gar nicht so unglaublich. Meldet doch der bayerische Berginspektorenbericht amtlich von der Anlegung einer Frau im unterirdischen Grubenbetrieb. Was unter dem blauweißen Banner möglich ist, kann sich noch leichter in Oesterreich   ereignen, wo einer der Hauptgrubenbesitzer und brutalsten Arbeitgeber, Graf Falkenhayn, seinerzeit Bergwerksminister werden konnte. Wie es speziell im Schlachzizenlande Galizien   mit der Achtung der Ausbeuter vor dem Gesetz aussieht, ist bekannt; nach dem was Genosse Daszynski  u. A. von der galizischen Wirthschafl enthüllte, kann man ermessen, welch Dorado der kapitalistischen   Profitmacherei die Naphthagruben sind. In der frivolsten Weise wird hier Gesundheit und Leben der Arbeiter aufs Spiel gesetzt; eine Berginspektion giebt es nicht, und ungescheut darf sich der Kapitalismus an zartem Kinder- und Frauen- fleisch sättigen. Sollten in den galizischen Naphthagruben die Ver- Hältnisse sich etwas gebessert haben, so würde dies die Arbeiter- schaft dem wackeren Auftreten der sozialistischen   Abgeordneten Verkauf, Daszinsky, Berner, Cingr u. A. verdanken. Die klerikal-feudalistischen Volkszertreter haben es nicht für die Mühe werth gehalten, sich des Grubenproletariats, sich der Volksgesundheit anzunehmen. Kulturunwürdig sind die Bedingungen, unter denen die Ar- beiterinnen über Tage schaffen. Die Arbeit der Mädchen und Frauen sollte ihre Kräfte nicht übersteigen, so wird gefordert. Man muß in Böhmen   wie anderwärts die Montanarbeiterinnen gesehen haben beim Verpacken, Verladen, Klauben, Fördern u. s. w., um beurtheilen zu können, daß es schwerlich eine körperlich anstrengendere Be- schäftigung für Frauen giebt, als dieses ununterbrochene(der Betrieb duldet kein Einhalten) Jagen und Hasten, dieses Han- tiren mit Schaufel und schweren Förderwagen, mitten im dichten Kohlenstaub, der sich auf die Kleider legt, das Tuch durchdringt, den ganzen Körper berußt, die Alhmungsorgane durchsetzt. Der Schweiß bricht bei der schweren Arbeit aus, vermischt sich mit dem Kohlen- staub und bildet eine schmutzige Hautkruste, die einen vorzüglichen Boden für ekelhafte Hautkrankheiten abgiebt. Wenn man die Gruben- und Hültenarbeiterinnen im Feiertagskleid gesehen hat, so weiß man, wie beredt ihre gelbweißen, eingefallenen Gesichter von der Tagesarbeit erzählen. Die Arbeiterinnen der Hütten haben in Folge der Feuersgluth in den Arbeitsstätten von tiefen Furchen durchzogene, rothgestreiste Gesichter. Es ist ein schrecklicher Anblick, die oft noch jungen Frauen mit gräßlich zerstörter Gesichtshaut zu sehen; Mitleid mit den armen Geschöpfen erfaßt uns und Wuth über dieamtlichen Gutachten", in denen dreist behauptet wird, die Gruben- und Hüttenarbeil sei dem weiblichen Organismus nicht schädlich. Die Herren Gutachter wandern offenbar mit geschlossenen Augen durch die Montanbezirke, anders kann sich ihr Urlheil nicht erklären. Zwar sollen nach dem Gesetz Wöchnerinnen erst 6 bezw. 4 Wochen nach ihrer Niederkunft wieder beschäftigt werden. Aber nicht genug, daß die Schwangere, so lange sie noch kriechen kann, zur Arbeit geht, wird die Wöchnerin von der Noth so schnell wie möglich nach der Niederkunft wieder in das Joch gezwungen, da wird es denn mit der gesetzlichen Vorschrift so genau nicht genommen, die amtliche Kontrolle ist ja fern; schlimmstenfalls beruft sich der mildherzige Kapitalist darauf, daß er nur deminständigen Bitten der Wöchnerin Gehör schenkte" und sie gesetzwidrig beschäftigte. Die satte Moral wird nun und nimmer eingestehen, daß sie durch Jammerlöhne das arme Weib zwingt, mit Mißachtung seiner Gesundheit zu roboten. Die einzige Hoffnung für Beseitigung dieser Greuel beruht auf dem Kampfe des organisirten Proletariats, das durch die gewerk- schastliche und durch die politische Bewegung die Fänge und Klauen des Unternehmerthums in der Montanindustrie stutzt. Und zwar ist es nothwendig, daß der Kampf gegen die himmelschreiende Aus- beutung der weiblichen Arbeitskraft in Gruben- und Hüttenwerken auch von den ausgewucherten Proletarierinnen selbst mitgeführt wird. Erfreulicherweise fanden wir in Böhmen   eine äußerst rege Theilnahme der Frauen und Mädchen an den Versammlungen, Festen und Aufzügen der Arbeiterschaft. Zu Hunderten und Tausenden be- theiligten sich die Arbeiterinnen an den sozialistischen   Veranstaltungen, in Böhmen   hat der Sozialismus zum großen Theil die Frauen der arbeitenden Massen gewonnen und darf damit einen sehr werthvollen Erfolg verzeichnen. Ueber die Beschäftigung von Frauen in den Gruben und Hütten anderer Länder liegen uns zur Zeit noch keine mittheilenswerthe