anstrengend ist. Es versteht sich am Rande, daß die Frauen als Lohn­drückerinnen gegen die Männer ausgespielt werden. Eine Anzahl männlicher Hafenarbeiter sind entlassen und durch Frauen ersetzt worden. Erstere wurden pro Tag mit 3 Mt. entlohnt, die ein gestellten Arbeiterinnen erhalten dagegen nur 1 Mt. 80 Pf. und müssen dafür das Gleiche leisten, wie die Arbeiter. Die schwere, schlecht gelohnte Arbeit der Frauen im Danziger Hafen illustrirt recht herzerfrischend, welch hohle Phrasen es sind, wenn unsere bürgerlichen Stüßen der Ordnung" von der zarten Poesie echter Weiblichkeit" deklamiren, die nicht durch das Hinaustreten der Frau ins öffentliche Leben verlegt werden darf. L. Z.

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Sozialistische Frauenbewegung im Auslande.

Der zweite Kongreß der sozialistischen   Frauenorgani sationen von Belgien  , der am 28. Januar im Maison du Peuple zu Brüssel   tagte, hat in erfolgreicher Weise seine Aufgabe gelöst. An den Berathungen nahmen gegen hundert delegirte Genoffinnen Theil, dazu zahlreiche Genossen, so die Abgeordneten Vandervelde und Professor Hektor Denis. Gelegentlich der Berichte über den Stand der Frauenorganisationen wurden erschütternde Bilder von Arbeite­rinnenelend entrollt. So verdienen die flandrischen Spigenarbeiterinnen bei 12 bis 13stündigem angestrengtem Mühen nur 25 bis 30 Centimes täglich. Von verschiedenen Seiten wurde betont, daß Armuth, lange Arbeitszeit und Unwissenheit die Arbeiterinnenmassen den Organi­sationen fernhalten. Nach den vorliegenden Berichten scheint es, daß die Nur- Frauenvereine feine kräftige Entwicklung aufweisen, daß da­gegen die Einbeziehung der Arbeiterinnen in die Gewerkschaften bessere Fortschritte macht. In Gent   zählt z. B. der Gewerkverein der Schneide­rinnen nur 70, der sozialistische Frauenverein nur 50 Mitglieder, in den Gewerkschaften, die Frauen wie Männer aufnehmen, sind da­gegen 3000 Arbeiterinnen organisirt. Mehrere Rednerinnen befür­worteten die Gründung besonderer Frauengruppen innerhalb der Ge­werkschaften. Der Kongreß nahm einstimmig eine Resolution an, welche die Kammer auffordert, den Frauen das Stimmrecht für den ,, Gewerbe- und Arbeitsrath" zu verleihen, das ihnen der Oberste Arbeitsrath", dem sozialistischen   Antrag entsprechend, bereits zuerkannt hat sowie die Anstellung von Fabrikinspektorinnen zu beschließen. Die betreffende Resolution war von Hektor Denis eingehend begründet worden. Genossin Gatti de Gamond berichtete über das Eintreten der sozialistischen   Fraktion für die Interessen der Frauen. Die Sozia­listen forderten in der Kammer das Frauenstimmrecht zu den Ge­meinderathswahlen, sie sicherten durch ein Gesetz die Ersparnisse der verheiratheten Frau gegen Vergeudung durch einen lüderlichen Mann, sie traten in den Kommunen für die gleiche Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer ein. Die Rednerin forderte die Zulassung der Frauen zu den Wohlfahrts- und Armenverwaltungen, allgemeine Durchführung des Grundsatzes: gleicher Lohn für gleiche Leistung für Lehrerinnen und Lehrer u. s. w. Dem Vorschlag Vanderveldes gemäß wurde die Ein­setzung einer besonderen Kommission beschlossen, welche Gesetzes anträge im Interesse der Frauen ausarbeiten und der Kammer unter­breiten soll. Eine längere Debatte entwickelte sich zur Frage der Nachforschung nach der Vaterschaft. In Belgien   verbietet wie in Frankreich   das Gesetz, den Vater eines unehelichen Kindes zu er mitteln, Mutter und Kind fallen der Armenpflege anheim, falls erstere mittellos ist und der Vater des Kindes seine Pflichten nicht erfüllt. Bon verschiedenen Seiten wurde geltend gemacht, daß die Nach forschung nach der Vaterschaft unter Umständen dem Kinde wie der Mutter schädlich sein könne. Zum Schutze von Mutter und Kind müsse deshalb an Stelle der ungenügenden und demüthigenden Armenunterstützung die soziale Fürsorge der Gemeinde treten. Andere Delegirte, darunter besonders Vandervelde, traten dieser Auffassung entgegen und befürworteten nachdrücklichst eine Umänderung des Ge­setzes, so daß die Ermittelung des pflichtvergessenen Vaters ermög­licht wird. Der Kongreß nahm eine Resolution an, welche sich in diefem Sinne ausspricht und die sozialistische Fraktion beauftragt. in der Kammer die nöthigen Gesetzesvorlagen einzubringen, beziehungs­weise zu vertreten. Ueber das Thema: Die Frauen und der Sozialis­mus" referirte Vandervelde in glänzender Rede, die darin gipfelte, daß die Frauen ohne den Sozialismus nicht befreit werden könnten, daß aber auch der Sozialismus ohne die Mitwirkung der Frauen nicht zu verwirklichen sei. Die sozialistische Frauenbewegung müsse sich an die Arbeiterinnenbewegung anlehnen. Der Kongreß stimmte einer Resolution zu, die besagt, daß überall in Belgien  , besonders aber in Brüssel   sozialistische Frauenorganisationen gegründet werden sollen, die der sozialistischen   Arbeiterpartei anzugliedern sind. Auf­gabe dieser Organisationen ist es, die gewerkschaftliche wie jede andere Aftion der Partei thatkräftig zu unterstützen, für Reformen zu Gunsten der Arbeiterinnen zu wirken und eine rege Agitation für Ausbreitung

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( Bundel) in Stuttgart  .

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der sozialistischen   Lehren unter der Frauenwelt zu unterhalten. Im Prinzip sprach sich der Kongreß für die Gründung eines Sonder­verbandes der sozialistischen   Frauenpruppen aus, die Organisation desselben festzusetzen bleibt dem nächsten Kongreß vorbehalten. Das gewählte Nationalfomite, das mit der Durchführung der gefaßten Beschlüsse betraut ist, besteht aus den Genossinnen Wasson, Leroy, Eggerickse, Vanderhaegen, Pirson und dem Genossen Gilbert. Wir find überzeugt, daß das Werk der Aufklärung und Organisation der belgischen Proletarierinnen nun ebenso kräftig und erfolgreich fort­schreitet, wie die allgemeine sozialistische Arbeiterbewegung.

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Die Konferenz der Genoffinnen von Westböhmen, die, wie wir seinerzeit mittheilten, in Faltenau stattgefunden hat, war von 25 Orten mit 40 Delegirten beschickt, es wohnten ihr außerdem 55 Genossinnen und Genossen als Gäste bei. Das Frauenreichs­komite zu Wien   war durch Genossin Boschet vertreten, die Kreis­vertretung der sozialdemokratischen Organisationen Westböhmens durch Genossen Dr. Starf. Besonders gründlich verhandelte die Kon ferenz über den Stand der gewerkschaftlichen Arbeiterinnenorganisation und über die Mittel und Wege, dieselbe zu fördern. In Westböhmen waren Ende vorigen Jahres insgesammt 1060 Arbeiterinnen organisirt, davon im Arbeiterinnenverein von Asch und den ihm angegliederten Ortsgruppen der Umgegend 643, die übrigen in gewerkschaftlichen Organisationen, theils in Frauenfektionen der Gewerkschaften, theils in allgememeinen Gewerkvereinen. Unter den Textilarbeiterinnen, Tabatarbeiterinnen, Glas- und Porzellanarbeiterinnen und Hand­schuhmacherinnen zeigen sich erfreuliche Ansäge zur gewerkschaftlichen Organisation. Unter den 1060 organisirten Arbeiterinnen sind 316. Exemplare der Arbeiterinnen- Zeitung" verbreitet. Von ver schiedenen Seiten wurde scharf getadelt, daß manche Gewerkschafts­organisationen ihren Aufgaben den Arbeiterinnen gegenüber kein Verständniß oder nur geringen Eifer entgegen bringen. Des Weiteren wurde betont, daß die Organisirung der Arbeiterinnen so langsam fortschreite, weil es unter diesen selbst an den nöthigen geschulten Kräften für die Agitation und Organisation fehle. Wie hinderlich ferner die lange Arbeitszeit der Theilnahme der Arbeiterinnen an der Gewerkschaftsbewegung ist, das wurde überzeugend nachgewiesen. Es kommt z. B. vor, daß die Porzellanarbeiterinnen bis 12 Uhr Nachts schaffen müssen. Genossin Boschet empfahl zum Zwecke regerer Agitation und besserer Organisation häufige Veranstaltungen von Fabrit- und Werkstattversammlungen, die Wahl von weiblichen Ver­trauenspersonen für die einzelnen Betriebe, schließlich Zugehörigkeit weiblicher Delegirten zu allen Vertretungskörpern der Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Partei. Die Konferenz beschäftigte sich auch mit der Betheiligung der proletarischen Frauen an der politischen Bewegung. Der Referent zu dem betreffenden Punkte der Tages ordnung bezeichnete es als nöthig, das weibliche Proletariat mit dem politischen Leben vertraut zu machen und zu allen Aktionen der Partei heranzuziehen. Auch auf politischem Gebiete müßten die Proletarierinnen mit den organisirten Arbeitern zusammen wirken. zum Zwecke der politischen Schulung der Frauen müßten häufige öffentliche Volksversammlungen stattfinden, auch müßten die Frauen. in das interne Leben der sozialdemokratischen Partei eingeweiht und deshalb zu den verschiedenen Vertretungskörperschaften zugezogen werden. Diesen Ausführungen wurde allgemein beigepflichtet. Die Konferenz beschloß die Konstituirung eines aus Genossinnen bestehenden Agitationsfomites, das die gewertschaftliche und politische Agitation einheitlich leiten soll und durch eine Korrespondentin in steter Fühlung mit dem Frauenreichskomite in Wien   steht. Weiblichen Vertrauens personen wurde die Aufgabe zugewiesen, die Fabrik- und Werkstätten­agitation und Organisation zu betreiben und für Verbreitung der Arbeiterpresse zu sorgen. Alle zwei Monate soll die Vertrauensperson dem Agitationskomite Bericht über ihre Thätigkeit erstatten. Den Genossinnen soll das Recht zustehen, eine Delegirte zu jeder existirenden Lokal oder Bezirksvertretung zu entfenden. Eine Delegirte soll auch fünftighin der Kreisvertretung der sozialdemokratischen Organisation von Westböhmen angehören; falls die von der Konferenz mit dem Amte betraute Genossin der Kreisvertretung nicht zugelassen würde, ist ein diesbezüglicher Antrag zu stellen. Der Zentralleitung der Gewerkschaften Westböhmens hat gleichfalls eine weibliche Delegirte anzugehören. Die Konferenz beschloß ferner, daß die gewerkschaft­lichen Organisationen überall Frauenfektionen gründen sollten, wo dies nöthig erscheine, um die Arbeiterinnen zu gruppiren. Die Grün­dung besonderer Arbeiterinnenvereine wurde von der Zustimmung der örtlichen Gewerkschaftsorganisationen abhängig gemacht. Die Konferenz vollzog die durch diese Beschlüsse nöthig gewordenen Wahlen. Der Sitz des Agitationskomite ist Falkenau. In einem Jahre soll die zweite Konferenz der Genossinnen stattfinden. Die erste Konferenz bedeutet in jeder Beziehung einen schönen Erfolg und den Ausgangs­punkt einer weiteren energischen Agitations- und Organisationsarbeit. Drud und Verlag von J. H. W. Diez Nachf.( G. m. b.§.) in Stuttgart  .

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