Dienstbotenfragc. Eine Enquete über die Lage der Tienstboten veranstaltet der Privatdozent Dr. Stillich von der Humboldt-Akademie in Berlin  . Herr Dr. Stillich bemüht sich, von den Dienstboten, ohne daß sie von der< Herrschaft beeinflußt werden, u. A. über folgende Fragen Auskunft zu erhalten:Wann stehen Sie früh auf? Im Sommer? Im Winter? Wann hören Sie Abends auf zu arbeiten? Im Sommer? Im Winter? Müssen Sie öfters länger aufbleiben, zum Beispiel wegen Gesellschaften, Ausseins der Herrschaft-c.?- Wie oft dürfte längeres Aufbleiben im Jahre vorkommen? Haben Sie manchmal bis nach Mitternacht   warten müssen? Wie oft und wie lange haben Sie freien Ausgang? Bekommen Sie Mittags dieselbe Kost wie ihre Herrschaft? Können Sie sich satt essen? Wie ist der Raum, in dem Sie schlafen, beschaffen? Höhe, Breite, Länge Ihres Schlafzimmers in Metern, Größe und Lage des Fensters? Beschreiben Sie bitte Ihr Zimmer möglichst genau. Läßt Ihre Herrschaft von Leuten außerhalb des Hauses(Nichtdienstboten) folgende Arbeiten ganz oder theiliveise ausführen(die von diesen Nichtdienstboten aus- geführten Arbeiten sind zu durchstreichen): Waschen Plätten Frisiren Ausbessern Backen Kleiderbürsten und Stiefelputzen Kohlentragen Scheuern(großes Reinemachen) Kochen bei Gesellschaften Fensterputzen Teppiche, Matratzen k. aus­klopfen? Haben Sie sich über unrichtige Zeugnisse zu beschweren gehabt? Hat sich die Polizei einmal in Ihr Dienstverhältniß ein- zumischen gehabt? Haben Sie schlechte Erfahrungen bei der Er- langung einer Dienststelle gemacht? Sind Sie von Ihrer Herr- schaft immer gut behandelt worden? Welche Gründe können Sie angeben, warum nicht mehr Mädchen sich dem häuslichen Dienst widmen?" Wir haben im vorigen Jahre ausführlich über die Enquete be- richtet, welche Miß Collet, Korrespondentin des englischen   Arbeits- amts, mit Hilfe zweier wissenschaftlicher Vereine über die Lage der Dienstmädchen in Großbritannien   vorgenommen hat. Die betreffende Arbeit zeigt sinnenfällig, wie groß, fast unübersteiglich die Hinder- nisse sind, welche sich der eingehenden Erforschung der Lage der Dienst- boten entgegenstellen. Ohne thätige Unterstützung und Mitwirkung breitester Kreise ist eine diesbezügliche Erhebung kaum erfolgreich durchzuführen. Die Bedeutung der Dienstbotenfrage drängt den Wunsch auf, Herr Dr. Stillich möchte die nöthige Unterstützung in ausgiebigstem Maße finden. Allerdings legt die verständnißlose, egoistische Haltung der deutschen   Hausfrauen gegenüber der Dienst- botenbewegung die Befürchtung nahe, daß von dieser Seite der ge- planten verdienstlichen Arbeit weder Berständniß noch Hilfe zu Theil werden wird. Frauengenossenschaften. Eine Prodnktivgcnossenschaft für Kleider- und Wäsche- konfcktion haben in Amsterdam   einige Mitglieder desAll- gemeinen Niederländischen Näherinnenverbands" gegründet. Die Gründerinnen sind überzeugt, den Beweis zu erbringen, daß Dank der genossenschaftlichen Organisation des Betriebs bei kürzerer als der üblichen Arbeitszeit und menschenwürdigen Löhnen gute und preiswürdige Arbeit geliefert werden kann. Sie hoffen, daß die kaufende Frauenwelt das Unternehmen kräftig unterstützen wird. Frauenstimmrecht. Ter nationale amerikanische   Bund für Erlangung deck Frauenstimmrechtck hält seine 32. Jahresversammlung vom 8. bis 12. Februar in Washington   ab. Den Vorsitz wird Miß Susan Anthony   führen, die bekannte verdienstvolle, energische Vorkämpferin für die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts. Als zweite Vorsitzende fungirt eine Theologin, Anna Shaw  . Tack aktive und passive Kommunalwahlrecht besitzen die Frauen in dem Städtchen B e a t t i e im Norden der Vereinigten Staaten  . Bei den letzten Neuwahlen haben sie einen so vollständigen Sieg errungen, daß dem aus sechs Personen bestehenden Stadtrath nur Frauen angehören. Auch als Oberhaupt der Stadt wurde eine Frau gewählt: Mrs. Totten, Gattin eines reichen Kaufmanns, die wegen ihres freien und wohlthätigen Sinnes allgemeine Achtung genießt. Tas Kommunalwahlrecht der Frauen ist nach einem Ar- tikel desWomen's Journal" in folgenden Staaten der amerikanischen  Union   eingeführt worden: 1884 in Ontario  , 1887 in Kansas  , Neu- Schottland   und Manitoba  , 1888 in dem Nordwestterritorium, 1894 in Iowa  (hier besitzen die Frauen jedoch nur ein begrenztes Stimm- recht). Die volle politische Gleichberechtigung, welche den Besitz des Kommunalwahlrechts in sich begreift, erhielten die Frauen 1869 in Wyoming  , 1893 in Colorado  , 1896 in Utah   und Idaho  , 1399 in Oregon  . In den englischen Kolonien von Nordamerika  : Neu- Braunschweig  , Britisch-Columbia und der Provinz Quebec von Canada besitzen die Frauen seit 1886, 1383 und 1389 ebenfalls das Gemeinde- Wahlrecht. In den australischen Kolonien Englands wurde das kom- munale Frauenstimmrecht eingeführt: 1867 in Neu-Südwales, 1369 in Viktoria, 1371 in West-Australien  , 1389 in Süd- Australien  , 1886 in Neu-Seeland  . Frauenbewegung. Ter Allgemeine deutsche Fraurnvercin als Pataillon freiwilliger weiblicher Seeulanen, das ist die neueste, äußerst charakteristische Erscheinung im Lager der deutschen   Frauenrechtelei. Der Vorstand der genannten frauenrechtlerischen Organisation hat einen phrasengeschwollenenAufruf an die deutschen Frauen" ver- öffentliche in dem er zu einer Frauenkundgebung zu Gunsten der großen Flotte des größeren Deutschlands   auffordert. Der Aufruf bedeutet unseres Erachtens einen Fortschritt und eine Klärung. Einen Fortschritt, denn zum ersten Male steigt in die Arena der polili- schen Kämpfe gerade jene frauenrechtlerische Organisation hinab, welche bis jetzt dieweise Mäßigung" und diekluge Bescheidenheit" so unentschuldbar weit getrieben hat, daß sie nicht einmal die For- derung der vollen politischen Gleichberechtigung des weiblichen Ge- schlechts zu einem Programmpunkt zu erheben, geschweige denn für diese Forderung zu kämpfen wagte. Unleugbar ist es ein bedeutsamer Schritt nach vorwärts, daß in einer durchaus politischen Zeit- und Streitfrage die rechtsstehende Frauenrechtelei Partei ergreift, sie, die ihre Aktion seither in de- und wehmüthigen Petitionen um Bildungs- gelegenheiten und Doktorhüte für höhere Töchter und Wohlfahrts- bestrebungen kleinen und vulgären Stils erschöpfte. Sie hat damit den Grundsatz preisgegeben von der politischen Pateilosigkeit der Frauenrechtelei, von der einen, ungetheilten Frauenbewegung, die über den Wolken der Parteikämpfe schwebt, die zu Fleisch und Blut gewordene höchste soziale Gerechtigkeit und Weisheit, sie hat mit der Taktik der politischen Abstention gebrochen, der� Taktik der Schwäche und des Verzichtens. Schon diese Thatsache an und für sich beleuchtet klärend das nebelhafte frauenrechtlerische Gerede und Getobe von der einen großen Schwesternschaft." Noch mehr aber gilt dies von den Umständen, unter denen die politische Aktion desAllgemeinen deutschen Frauenvereins" erfolgt ist. Was denn hat bewirkt, daß die gemäßigten Frauenrechtlerinnen plötzlich ihr politisches Herz ent- deckten und als Seeamazonen auf dem Meerpfad in die Oeffentlich- keit sprengen? Eine Gesetzesvorlage, deren Annahme dem kleinen Klüngel der Panzerplattenkönige und Rhedereibarone Millionengewinn bringt, dem deutschen   Volke aber Milliardenlasten aufhalst; eine Gesetzesvorlage, deren Annahme das persönliche Regiment, den Halb- absolutismus stärkt, die Volksrechte dagegen bindet. Politische Er- eignisse von der größten Tragweite sind über die Bühne unseres öffentlichen Lebens gegangen, derAllgemeine deutsche Frauenverein" hat keine Stellung zu ihnen genommen. Umsturzvorlage und Zucht- Hausvorlage haben die Volksrechte bedroht; die junkerfürchtige Zoll- Politik hat das Brot vertheuert und den Hunger in Hunderttausende von Familien geführt, das Wahlrecht, das Vereins- und Versamm- lungsrecht sind in Sachsen   verschlechtert worden, keine gemäßigte frauenrechtlerische Henne hat darüber gegackert und die deutschen Frauen zur Abwehr aufgerufen. Seit Jahrzehnten ist der umfassende wirksame gesetzliche Schutz der Arbeiterinnen dringend nöthig ge- worden. Der Thatsachen Fälle beweist, daß er geboten ist mit Rücksicht auf die Gesundheit, das Menschenlhum, die häuslichen Pflichten der arbeitenden Frauenwelt, daß er eine Vorbedingung ist für die körper- liche und geistig-sittliche Kraft des heranwachsenden Geschlechts, daß er im Interesse der Volkswohlfahrt und der Kulturentwicklung liegt. Und siehe, derAllgemeine deutsche Frauenverein" hat es nicht für ehrenvoll und pflichtgemäß erachtet, in einem Aufruf an die deutschen Frauen für das Menschenrechl der arbeitenden Mütter und ihrer Kinder einzutreten. Nicht im Dienste des Allgemeinrechts und des Kulturforlschritts hat er politisch mobil gemacht, sondern im Dienste kapitalistischer und dynastischer Sonderinteressen und der Rückwärtserei. Sein erstes politisches Thaten steht im Zeichen der Reaktion und trägt noch obendrein das Brandmal jenes Byzantinismus, jenes Kriechen vor Fürstenthronen, jenes Neigen und Beugen vor Fürsten  wünschen, das einer der widerlichsten Züge der deutschen   gemäßigte» Frauenrechtelei von je gewesen ist. Nebenbei sei noch bemerkt, daß die ägirtollen Damen sich in Widerspruch zu ihren eigenen Grundsätze» gestellt haben, indem sie die Fastnachtsuniform der Flottenschwärme- rinnen anlegten.Der Allgemeine deutsche Frauenverein" hat be-