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offenbar auf eine Täuschung der die Kontrolle ausübenden Schuyleute ausging. Man erkannte deshalb auf eine Geldstrafe von 5 Mt.!" Gleicht diese Strafe nicht einer Prämie auf die Gesetzesübertretung?
Ueberzeitarbeit wurde 312 Betrieben für 1388 Arbeiterinnen in 968 Fällen für 195 282 Stunden bewilligt, in jeder Richtung eine Ausdehnung gegenüber 1898. Den größten Antheil an den Ueberzeitbewilligungen hatte wie immer die Bijouterieindustrie. Bei so weitgehendem Entgegenkommen der Behörden sollte man erivarten, daß feine Gesetzesübertretungen vorkämen. Freilich, solange man die raffinirtesten Vergehen mit ganzen 5 Mark bestraft, bleibt die Nichtbeobachtung des Gesetzes immer ein recht profitables Geschäft.
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Was die gesetzlichen Bestimmungen über den Wöchnerinnenschutz anbelangt, so wird reichlich Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, daß die Arbeiterinnen bereits vier Wochen nach ihrer Entbindung schon wieder ihre Beschäftigung auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses aufnehmen. Der Grund dafür ist bekannt. Es ist meist die Noth, welche die Mutter an die Arbeit zurücktreibt, noch ehe sich ihr Körper wieder genügend gefräftigt hat, und lange ehe das Neugeborene der Pflege entrathen könnte. In der Zigarrenindustrie machen die Arbeiterinnen von der betreffenden Ausnahmebestimmung des Wöchnerinnenschutzes häufig Gebrauch. Doch kommt hier auch Die eine andere Form der Wiederaufnahme des Verdienstes vor. Arbeiterinnen bleiben daheim nicht selten länger als sechs Wochen - und der Fabrikant giebt ihnen Tabak zur Verarbeitung nach Hause. „ Es bildet sich so eine gewisse Hausindustrie mit meist raschem Wechsel der beschäftigten Personen." Wie der Bericht sagt, ist das Zuhausebleiben nicht in dem Gesundheitszustand der betreffenden Arbeiterinnen begründet, sondern in der Rücksicht auf die Pflege des Kindes. Uns scheint diese hausindustrielle Beschäftigung der Wöchnerinnen weder im Interesse der Arbeiterinnen zu liegen, noch in dem des Kindes. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Heimarbeit der Arbeiterinnen besonders schlecht gelohnt wird. Die Heimarbeit in der Zigarrenindustrie aber ist obendrein nachgewiesenermaßen besonders gesundheitsschädlich, und der nach der Entbindung weniger widerstandsfähige Organismus der Arbeiterin ist deshalb schlimmen Einflüssen ausgesetzt. Professor Etienne in Nancy hat dargethan, daß die an der Mutterbrust genährten Kinder von Tabakarbeiterinnen geradezu wie die Fliegen dahinsterben, jedenfalls weil das Nikotin die Muttermilch vergiftet. Indem die Heimarbeit die gesundheitsschädigenden Wirfungen der Verarbeitung von Tabak auf den mütterlichen Organis mus steigert, vermehren sie auch die Gefahren, welche in der Folge der Gesundheit des Säuglings drohen. Wir sehen davon ab, daß
schwerer Stein gebunden. Mit diesen Waffen greifen die Kämpfer einander an. Schlägt der Mann nach der Frau, versieht es aber dabei und greift mit der Hand an den Rand oder den Erdboden des Grabens, in welchem er stehet, hat er einen von seinen Sticken verloren. Uebereilt sich aber die Frau und schlägt, indem der Mann sich auf die oben gedachte Art vergehet, nach ihm, verliert fie ebenfalls einen von ihren Sticken."
Es handelt sich bei diesen Berichten nicht. etwa, wie man glauben könnte, um scherzhafte Erfindungen, sondern Kämpfe der Art sind wirklich abgehalten worden und glaubhaft bezeugt. So liest man in Johann Stumpffs Schweizer Chronit:" Darnach im Jar des Herrn 1288 am achten Tage Januarii geschah zu Bern an der Matten( da jezund die groß Dilchhofmauer stadt d. h. steht) ein Kampf zwischend einen Mann und einem Weyb. Das Weyb lag ob und gewann den Kampf."
Wie diese quellenmäßigen Mittheilungen beweisen, billigte also bereits das deutsche Mittelalter der Frau das Duellrecht zu, um welches Dr. Käthe Schirrmacher die Hammersteine und Genossen so sehr beneidet.( Siehe Herrenmoral und Frauenhalbheit:„ Ich will allerdings, daß jede Frau wenigstens den Revolver führen lernt... Erst wenn wir... selbst, die Waffe in der Hand, unsere Beleidiger zur Rechenschaft ziehen können: erst dann wird man uns fürchten, achten und werden wir frei sein.")
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Der oben geschilderte Frauenzweikampf war aber auch im Mittelalter nicht das Regelmäßige, Allgemeine, sondern die Ausnahme. Gewöhnlich trat als Stellvertreter der Frau ihr nächster männlicher Verwandter ein, oder, wenn ein solcher nicht vorhanden war, nahmen die zum Rechtszweikampf gedrängten Frauen Campiones, Miethskämpfer an; oft auch freiwillig sich zu ihren Diensten stellende andere Männer.
M. W.
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dieser außerdem in den meisten Fällen eine höchst ungesunde Atmosphäre athmet, weil das Wohnzimmer fast stets auch die Arbeitsstätte ist.
Im Berichtsjahr haben die Arbeiterinnen einen neuen Arbeitszweig erobert, das Formen von Ofentacheln in einer Thonofenfabrik, eine Arbeit, die bis dahin von Männern verrichtet worden war. Noch vor wenigen Jahren war in diesem Betriebe überhaupt keine Arbeiterin beschäftigt. Es erscheint dem Fabrikinspektor sehr zweifelhaft, ob diese Arbeit für den weiblichen Organismus paßt. Leider fehlt eine Angabe darüber, ob die weiblichen Arbeiter den gleichen Lohn erhalten wie die Männer, die früher mit dem Formen der Ofenfacheln beschäftigt waren.
Daß das Unternehmerthum nur zu oft geneigt ist, über der Rücksicht auf den lieben Profit die Rücksicht auf das Anstands- und Sittlichkeitsempfinden der Arbeiterinnen außer Acht zu lassen, geht auch aus dem Bericht hervor. In Dampfziegeleien mit künstlichen Trockeneinrichtungen kommt es neuerdings vor, daß die über den Trockenöfen befindlichen Stockwerke, wo Trockengestelle ihren Platz haben, zur vollen Ausnüßung der Ofenwärme als Lattenböden hergestellt werden. Die Fabrikinspektion verlangte nun im Interesse der Schicklichkeit, daß dort, wo Arbeiterinnen mit dem Aufsetzen und Abtragen der Steine neben männlichen Arbeitern beschäftigt sind, wenigstens die zwischen den Trockengestellen hinführenden und von den Arbeitern benutzten Gänge einen festen Bodenbelag erhalten sollten. Eine Ziegelei weigerte sich, der Aufforderung nachzukommen. Nachdem durch Erkundigungen auswärts festgestellt worden war, daß das Zusammenarbeiten von männlichen und weiblichen Arbeitern auf Lattenböden thatsächlich zu sittlichen Mißständen führe, wurde die mitgetheilte Aufforderung der Fabritinspektion rechtskräftig erlassen. Der Unternehmer mußte also zu der selbstverständlich scheinenden Rücksicht auf die Sittlichkeit der Arbeiterinnen gezwungen werden, die übrigens später aus der betreffenden Ziegelei weggeblieben sind. Ein noch krasseres Beispiel zeigt, wie niedrig die Herren Kapitalisten die Sittlichkeit der Arbeiterinnen einschätzen. In einem Landorte benahm sich ein Fabrikant gegen seine jüngeren Arbeiterinnen so ge= mein, daß unter der ganzen Arbeiterschaft eine starke Entrüstung eintrat und eine große Zahl von Arbeiterinnen die Arbeit verließ. Auf erfolgte Anzeige hin brachte die Fabritinspektion die Sache zur weiteren behördlichen Behandlung. Nach dem Urtheil der Behörden konnte aber aus dem Verhalten des Fabrikanten ein Anlaß zu seiner strafgerichtlichen Verfolgung nicht entnommen werden. Würde dem auch so gewesen sein, wenn umgekehrt ein Arbeiter sich in der gleichen Weise gegen die Frau des Fabrikanten benommen hätte? Die reaktionären Ordnungshelden im Reichstag wußten wohl, was sie thaten, als sie den Arbeitgeberparagraphen ablehnten. Hätte er Gesetzeskraft erlangt, so würde so manche Stütze der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit morsch zusammengebrochen sein.
Aus der Bewegung.
D. Z.
Von der Agitation. Im Auftrag des Gauvorstandes des Fabritarbeiterverbandes für Schleswig- Holstein sprach Genossin Zietz vom 27. März bis 10. April in einer Reihe von öffentlichen Gewerkschaftsversammlungen.„ Der proletarische Klassenkampf" lautete das Thema, das die Rednerin behandelte. In der gutbesuchten Versammlung zu Kiel waren auch die Frauen zahlreich vertreten. Der gewonnene Mitgliederzuwachs betrug 20 Personen. JnSchleswig war die Versammlung überfüllt, sehr viele Personen mußten umkehren. Auch hier waren sehr viele Frauen anwesend, und es hatte sich auch bürgerliches Publikum eingefunden. Eine Anzahl neuer Mitglieder ward für den Verband gewonnen. In Apenrade erfreute sich die Versammlung eines geradezu glänzenden Besuchs; zum ersten Male hatten hier etwa 20 Frauen den Versammlungsbesuch gewagt. Es galt in Apenrade weniger neue Mitglieder zu werben, als Muth und Kampfeslust der bereits früher gewonnenen zu stärken. Diesem Zwecke dienten nicht nur theoretische Auseinandersetzungen, sondern vor Allem auch der Hinweis auf die am Orte durch die Organisation bereits erzielten Erfolge. Ist es den Hilfsarbeitern seit Gründung der Zahlstelle des Fabrikarbeiterverbandes vor etwa einem Jahre doch gelungen, Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde und eine Erhöhung des Tagelohns um 20 Pf. zu erringen. In Hadersleben wohnte leider nicht eine einzige Frau der Versammlung bei, obgleich es hier viele industriell thätige Frauen und Mädchen giebt. In Borby waren dagegen dem Rufe zum Versammlungsbesuch außer den Männern recht viele Frauen gefolgt. In den Fischräuchereien des Ortes sind viele Hunderte von Arbeiterinnen beschäftigt, leider jedoch nur wenige davon organisirt. Der Verband gewann hier eine stattliche Zahl neuer Mitglieder, darunter auch mehrere Frauen, über