Nach ihrem Familienstand find 322( 29,7 Prozent) Ar­beiterinnen verheirathet, 36(= 3,3 Prozent) verwitwet und 728 ( 67 Prozent) ledig. Unter den betheiligten verheiratheten Ar­beiterinnen und Witwen sind 127 Frauen ohne Kinder und 231 Frauen mit Kindern. Die Sorge für die Pflege der Kinder vermag also die verheiratheten Frauen nicht von der Fabrikarbeit zurückzu­halten. Dasselbe Verhältniß zeigt die Ermittlung der Familien­verhältnisse der 1279 Frauen auf, welche, wie oben erwähnt, zum Erwerb der Familie durch eigene Arbeit beitragen. Die Mehrzahl dieser Frauen( 972 76 Prozent) sind Ehefrauen mit Kindern. Auch von den außerhalb des Hauses arbeitenden 560 Ehefrauen läßt die Mehrzahl( 40271,8 71,8 Prozent) zu Hause Kinder zurück. Diese Zahlen bestätigen die Auffassung, welche auch von einsichtigen Sozial­politikern getheilt wird, daß es die harte bittere Noth ist, welche die verheirathete Frau in die Fabrik treibt, und daß selbst die Sorge um ihre Lieblinge die Mutter nicht zu Hause zu halten vermag, wenn der Verdienst des Mannes zur Ernährung der Familie nicht

ausreicht.

Für Wohnungsmiethe giebt die Arbeiterin nach den Er­mittlungen der Statistik in Stuttgart   selbst wöchentlich 6,16 Mt., aus­wärts aber 5 Mt. aus. Die Zahl der auswärts wohnenden Ar­beiterinnen, insbesondere Tertilarbeiterinnen, ist sehr groß; doch fonnte sie infolge der mangelhaften Betheiligung dieser Berufsgruppe an der Umfrage nicht annähernd genau ermittelt werden. Selbst­verständlich ist für den angegebenen Miethpreis nur eine dürftige Schlafstelle, unheizbare Dachkammer oder ähnliches zu bekommen.

22,9 Pro­

Was die Betheiligung der Arbeiterinnen an den Organi sationen betrifft, so zeigt die Statistik leider ein recht unerquickliches Bild. Es sind Gewerkschaftsmitglieder 248 Arbeiterinnen zent, Parteimitglieder 28 2,6 Prozent. Die Prozentsäße würden noch viel niedriger sein, wenn die Zahl der auskunftgebenden Ar­beiterinnen eine größere gewesen wäre. So lassen die verhältniß­mäßig gut organisirten Arbeiterinnen in den Buchbindereien, Schuh­fabriken und Buchdruckereien die Organisationsverhältnisse der Arbeiterinnen in noch etwas günstigerem Lichte erscheinen.

Das ist im Wesentlichen das Resultat, das die Aufnahme der Gewerkschaften über die sozialen Zustände unter den Arbeiterinnen Stuttgarts   ermittelt hat. Ein Aufruf an die Arbeiterschaft Stuttgarts  , welcher den ausgegebenen Fragebogen beigedruckt war, hatte das muthmaßliche Resultat der Aufnahme vorweggenommen, indem er als Zweck der Statistik bezeichnete, sie solle den Nachweis erbringen, ,, daß die durchschnittlichen Arbeitslöhne viel zu niedrig sind und darum die Ernährung der Arbeiter und Arbeiterkinder unge­nügend ist, daß die Arbeitszeit viel zu lang, wodurch die völlige

Medizinerinnen des Mittelalters.

Don Melanie Tipinska.

Aus dem Französischen   überfekt von Eugenie Narobi. Nachdruck verboten.

( Fortsetzung.)

Hinsichtlich des Allgemeinwesens stand's nicht gar zu schlimm um die Frauen. Das Lehenswesen beruhte auf äußerer Gewalt, und die Ausübung aller Rechte, selbst das Ablegen eines Zeug­nisses an richterlicher Stätte, erfolgte mit der Waffe in Händen. Die Frau aber verstand sich auf den Gebrauch derselben und konnte im Nothfall so tapfer wie ein Mann auf den Feind eindringen. Sie durfte deshalb auch ein Lehen übernehmen und die damit in Verbindung stehenden öffentlichen Aemter ausüben. Gerechtigkeits­pflege wie Kriegsdienst lagen ihr hierbei ob.

Als durchaus erforderlich bei der Erziehung der Mädchen galt's im Zeitalter des Lehenswesens, denselben medizinische Kennt nisse beizubringen und sie besonders in der Pflege der Wunden zu unterrichten. Es war für die aus der Schlacht oder vom Turnier frant heimkehrenden Väter und Gatten Sorge zu tragen. Ein Arzt ließ sich damals in einem Umkreis von 15 bis 25 Meilen schwer beschaffen.

Oft erwiesen die im Hause waltenden Frauen fremden Rittern, die verwundet einkehrten, die gleichen Dienste wie den eigenen Angehörigen. Hierin lag ein Grund für die Art und Weise, Frauen zu feiern.

In überschwänglicher Fülle erwähnen französische wie deutsche Heldengedichte wohlthätiger Wundärztinnen und Medizinerinnen. Erstere Literatur mag nun zunächst herangezogen werden.

Chrétien de Troyes läßt in seinem Parzival einen Arzt und drei junge Mädchen, die seine Schülerinnen sind und an die Stu­

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Entkräftung der Arbeiter in erheblichem Maße beschleunigt wird, daß überhaupt die allgemeine Lage der arbeitenden Bevöl­ferung, die Wohnungsverhältnisse 2c. ganz unhaltbare sind und eine bessernde Aenderung dringend erheischen". An diesem Saze nahm ein württembergischer Gewerbeinspektor Anstoß, mußte jedoch erklären, diese Zustände treffen bei einem Theile der Arbeiter zu und besonders bei den Arbeiterinnen."

In der That, ganz unhaltbar" sind die aufgezeigten Zustände; aber die Statistik giebt zugleich einen Fingerzeig, wie sie zu bessern sind. Es ist nicht von ungefähr, daß die Aufnahme gerade in den besserfituirten Kreisen der Arbeiterinnen das meiste Verständniß ge­funden hat. Diese bessergestellten Berufe mit höheren Löhnen und fürzerer Arbeitszeit sind zugleich auch die bestorganisirten Berufe, welche als solche einer Statistik seitens der Gewerkschaften am meisten Interesse entgegenbringen und sie unterstützen. In der Organi­sation, das weist wieder die vorliegende Statistik klärlich aus liegt die Möglichkeit auch für die Arbeiterinnen, ihre Lage zu verbessern. Wo keine Organisation ist, da sind die Löhne niedrig, da ist die Arbeitszeit lang, da herrscht stumpfsinnige Gleichgiltigkeit gegen die Bestrebungen der organisirten Arbeiterschaft. Wo dagegen die Organisation Boden gefaßt. hat, da ist Interesse an der Arbeiter­bewegung vorhanden, Gemeingefühl und Klassenbewußtsein, und die Folgen davon zeigen sich an dem Barometer der kürzeren Arbeitszeit und besseren Entlohnung. So predigt auch die vorliegende Arbeit wieder das hohe Lied von der Organisation und wächst dadurch hinaus über die Bedeutung einer beschränkt lokalen Aufnahme von Arbeitsverhältnissen an einem einzelnen modernen Industrieplatz.

Die Statistik über die Lage der Arbeiterinnen in Stuttgart  illustrirt aber noch eine andere Thatsache: daß nämlich gewisse Gruppen von Arbeiterinnen sozial so ungünstig stehen, daß sie für die bestehenden Arbeiterorganisationen und deren Bestrebungen gar nicht oder nur zum geringsten Theile zu gewinnen sind. Und zwar sind das sehr zahlreiche Gruppen, wie z. B. die Textilarbeiterinnen, die Konfektionsarbeiterinnen 2c. Diese sind, wie die Erfahrung allent­halben lehrt, in Folge ihrer schlechten Arbeitsbedingungen und jämmerlichen Existenzverhältnisse entweder nicht, oder nur in ge­ringem Maße organisationsfähig. Für diese Aermsten der Armen, welche sich gegen die niederdrückenden und demoralisirenden Einflüsse der Lohnsklaverei nicht wehren können und in stumpfsinniger Ergebung dahinvegetiren, muß die Gesetzgebung der Ausbeutung Schranken ziehen. Gesetzliche Kürzung der Arbeitszeit und all jene Schutzbestimmungen, welche die Sozialdemokratie zu Gunsten der Ar­beiterinnen fordert, sowie Unterstellung der Hausindustrie unter das Arbeiterschutzgesetz und die Aufsicht der Fabrikinspektion, das sind

dentinnen der Medizin in gegenwärtiger Zeit gemahnen, auftreten. In seinem Roman Crec und Enide führt er ein anderes Beispiel an. Blutüberströmt wird Ritter Crec zu seiner Frau gebracht und nun von ihr und den beiden Schwestern des Grafen Guivres gepflegt. Diese geschickten Kriegerinnen entfernen das brandige Fleisch und waschen dann die Wunden sorgsam aus.

Die Sarazenin Floripa im Roman Fiérabras  

braucht

die heute nicht mehr aufzufindende Pflanze Mandragora als Heil­mittel. Im Fablian Aucassin und Nicolette renkt Nicolette die Schulter Aucassins geschickt ein und legt dann heilkräftige Pflanzen auf. Einschlägige Beispiele ließen sich in unendlicher Fülle erbringen.

Der deutschen Literatur mangelt's an solchen gleichfalls nicht. Ekkehard schildert in seinem lateinischen Gedicht Waltharius einen blutigen Kampf. Als einer der Betheiligten schwer verwundet niederfällt, tommt, einem Rufe folgend, furchtsam ein junges Mädchen herbei und nimmt sich des Kriegers an.

Gottfried von Straßburg   läßt seinen Tristan nach dem Kampfe mit dem Drachen ohnmächtig niedersinken. So finden Isolde, ihre Mutter und ihre Kousine den Ritter. Sie nehmen demselben behutsam die Rüstung ab, freuen sich, daß sein Körper weder Quetschungen noch Wunden aufzuweisen hat und flößen ihm stär­fende, heilkräftige Tropfen ein.

Hartmann von Aue   bringt den in mehreren Schlachten ver­wundeten Crec nach dem Lager des Königs Artus  . Hier wird der Ritter sehr wohlwollend empfangen und von der Königin ge­pflegt. Aus der betreffenden Stelle ist zu ersehen, daß die aufs Schlachtfeld gehenden Frauen stets Arzneimittel bei sich hatten. In den Burgen wurde ein Verwundeter nicht von dem ihn beher­bergenden Hausherrn, sondern von dessen Töchtern in ärztliche Behandlung genommen.