wieder an die Arbeit gehen. Dazu kommt noch, daß die Luft in den Arbeitssälen durch den Essensdunst noch mehr verschlechtert wird, statt daß sie in den Pausen durch gründliches Lüften erneuert würde. ( Fortsetzung folgt.)
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Aus der Bewegung.
Von der Agitation. In einer öffentlichen Volksversammlung, die im großen Saale des Gewerkschaftshauses tagte, nahmen die Berliner Genossinnen Stellung zur Frage der kapitalistischen Weltpolitik. Die Versammlung war so zahlreich besucht, daß in dem großen Lokale„ keine Stecknadel zu Boden fallen konnte", Hunderte fanden keinen Einlaß mehr. Genossin Zetkin Stuttgart referirte über Die Politik der gepanzerten Faust". Die Rednerin legte, oft von Beifall unterbrochen, zuerst den engen ursächlichen Zusammenhang dar zwischen der Politik der gepanzerten Faust dem Auslande gegenüber und der Politik der gepanzerten Faust im Jnlande, der Arbeiterklasse gegenüber. Die Politik der userlosen Flottenpläne, der„ Pachtungen" und Weltmachtsphantasterei einerseits, des Brot und Fleischwuchers und der Ausfuhrprämien andererseits sei die rechtmäßige Echwester der Politik der Umsturz und Zuchthausvorlage, der Verschlechterung des Gemeinde- und Landtagswahlrechts, sowie der Eskamotirung der Koalitionsfreiheit in einzelnen Bundesstaaten, der Bedrohung des Reichstagswahlrechts zc. Die Aera der Schutzzollpolitik und der Kolonialfeyerei wurde durch das Cozialistengesetz eingeleitet. Die Rednerin wies nach, daß die fortgeschrittene fapitalistische Entwicklung die Politik der gepanzerten Faust nach Innen und Außen bedingt. Sie bringt alle Produktivfräfte zu ungeahnter Entfaltung und damit auch die in der kapita listischen Ordnung enthaltenen wirthschaftlichen und sozialen Gegensätze. Immer flarer zeigt sich die Nothwendigkeit, daß die kapitalistische Gesellschaftsordnung in die sozialistische umgestaltet werde. Immer schärfer und zielbewußter wird in der Folge der proletarische Klaffenkampf geführt. Statt die unvermeidliche soziale Umwälzung durch soziale Reformen zu erleichtern und zu fördern, welche insbesondere das Proletariat heben und ihm eine günstigere Entwicklung und eine höhere Leistungsfähigkeit sichern, versuchen die reaktionären Klassen, sich durch eine rohe Gewaltpolitik dem geschichtlichen Werdegang entgegenzustemmen. Die innere Politik wird beherrscht von dem Streben, die Arbeiterklasse niederzubütteln und in größtmöglichster Ausbeutung zu halten. Dieser Stand der Dinge in Verbindung mit dem wachsenden Ausdehnungs- und Ausbeutungsbedürfniß des Kapitals verdrängt auf dem Gebiete der Weltpolitif die Politik des Friedens, der offenen Thore, des Freihandels und bedingt hier die Politik der gepanzerten Faust, der Pachtungs- und Eroberungsfriege, der Schutzzölle und Monopole. Daß die Politik der Weltmachtsabenteuer Arm in Arm mit der Politik der Schutzölle und Monopole auftritt, beweist, daß sie nicht im Interesse der Förderung von Industrie und Handel getrieben wird, vielmehr lediglich im Interesse der ausbeutenden Klassen. Sie zweckt nicht darauf ab, Industrie und Handel zu entwickeln und die Kultur in rückständige Gegenden zu tragen, sondern die arbeitenden Massen fremder Gegenden wie die arbeitenden Massen in der Heimath der kapitalistischen Ausbeutung zu unterwerfen. Die Referentin führte aus, wie naiv die Auffassung der nationalsozialen Hunnenpastoren sei, eine reaktionäre Weltmachtspolitik könne mit einer arbeiterfreundlichen Sozialpolitik Hand in Hand gehen. Sie wies des Weiteren unter Bezugnahme auf Frankreich , England und Amerika nach, daß die Politik der gepanzerten Faust international und allen kapitalistisch fortgeschrittenen Ländern eigenthümlich sei. Sie werde weder durch die Reden der Flottenprofessoren, noch durch den Wunsch und Willen des Monarchen bedingt. Wie ihr aber der Charakter und das Wesen der absolutistischen Weltmachtspolitik des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts eigne, so trage sie wiederum ganz wesentlich zur Stärfung absolutistischer Strömungen bei. Die Nichteinberufung des Reichstags beweise das. Die Kapitalistenklasse als Gesammtheit sei für die Weltmachtspolitik verantwortlich, ganz besonders aber werde diese von bestimmten Kreisen getragen und propagirt, die den unmittelbarsten und größten Vortheil von ihr haben. Es sind die Kreise der Marine- und Militärlieferanten, der internationalen Gründer und Jobber und des Militarismus. An der Hand ihrer grundsätzlichen Auffassung und der Thatsachen unterzog darauf Genossin Zetkin den Chinakrieg einer scharfen Kritik und verbreitete sich über die Krise, die er heraufbeschworen. Sie zeigte, daß er weder im Interesse der Industrie und des Handels, noch dem der Freiheit und Kultur liege, sondern daß er in jeder Hinsicht die schwersten Schäden im Gefolge habe. Eine Niederlage sei eben so zu fürchten wie ein Sieg. Die eine wie der andere werde zum Ausgangspunkt weiterer
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Abenteuer, schwerer wirthschaftlicher Krisen und internationaler Verwicklungen. Hinter den Chinawirren drohe der Weltkrieg. Das Proletariat habe der Politik der gepanzerten Faust seine eigene Politik entgegenzusetzen. Eine Politik durchgreifender sozialer und politischer Reformen auf der ganzen Linie im Inlande, eine Politik des Friedens, des Freihandels, der offenen Thore dem Auslande gegenüber, eine Weltkulturpolitik, die nicht gleich der kapitalistischen Weltmachtspolitik zum Weltkriege führe, sondern zur Verbrüderung des Proletariats aller Länder, zur Menschheitsverbrüderung, zum Weltfrieden. Für diese seine Politik habe das Proletariat zu kämpfen und zwar einem Worte unseres Liebknecht entsprechend nie in der Defensive, stets in der Offensive". Diese Auffassung wird maßgebend sein für unseren Protest gegen das Chinaabenteuer wie für den bevorstehenden Kampf um vernünftige Handelsverträge, gegen das System der Schutzzölle und Ausfuhrprämien. Angesichts der gegenwärtigen Situation wohne dem internationalen Sozialistenkongreß eine besonders hohe Bedeutung inne. Er wird einen mächtigen Protest der Arbeiter aller Länder gegen die Weltmachtspolik der herrschenden Klassen bilden, eine machtvolle internationale Kundgebung für die Weltpolitik des Friedens und der Freiheit. Für die Sicherung dieser Kulturgüter werde er Ernsteres und Dauernderes schaffen, als die operettenhafte Haager Friedenskonferenz, die schmachvollen Kriegen vorausging. So wichtig all die Fragen seien, welche der Kongreß zu erörtern hat, an erster Stelle stehe die der Kolonialpolitik. Die einmüthige Stellungnahme des Weltproletariats zu dieser Frage werde ein Denkmal sein, dauerhafter als Erz zu Ehren der kämpfenden Arbeiterklasse, wie die Politik des Weltmachtskizzels ein Denkmal sei, das die Schmach der herrschenden Klassen zeige. Wenn das Proletariat gegen die Politik der gepanzerten Faust protestire, so sei dieser Protest eine That, welche eine andere in sich trage: das Streben nach der Eroberung der Macht, um seine Politik diktiren zu können. Die Rednerin schloß mit einer scharfen Brandmarkung der„ vaterlandslosen Gesellen", die durch Streuhinterziehungen, theure Marineund Militärlieferungen, geflickte Schienen 2c. das Vaterland berauben, durch Niederbüttelung der Freiheit im politischen, wissenschaftlichen, künstlerischen Leben das Vaterland schänden. Dieser Vaterlandslosigkeit entgegen vertrete die internationale Sozialdemokratie die wahrhaft nationalen Interessen. Ein Rückblick auf ihre Vergangenheit rufe der Sozialdemokratie zu: Kein Verzagen! Ein Blick auf die Zukunft und die noch zu lösenden Aufgaben predige: Kein Rasten und fein Rosten! Ohne Ueberhebung, aber siegesgewiß ruft deshalb auch sie in die Welt hinaus:" Der Anfang ist gemacht, aber nun weiter!" Stürmischer, nicht enden wollender Beifall bewies, daß die imposante Versammlung den Ausführungen zustimmte. Einstimmig gelangte folgende Resolution zu Annahme:
,, Die Versammlung erfärt sich einverstanden mit den Ausführungen der Referentin. Sie protestirt entschieden gegen die gekenn zeichnete Art der Politik und erklärt, daß die einzig berechtigte internationale Politik jene ist, die darauf hinausgeht, Wohlstand und Frieden den Völkern zu sichern und daß nur der Sozialismus geeignet ist, der Welt diese Güter zu bringen, für dessen Ausbreitung die Anwesenden jederzeit einzutreten sich verpflichten."
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Ueber die von der Versammlung vorgenommenen Wahlen von Delegirten der Genossinnen zu den verschiedenen bevorstehenden Kongressen und Konferenzen berichten wir an anderer Stelle. In Rixdorf fand eine gut besuchte Versammlung statt, in welcher Genofsin Bettin über das Thema sprach:" Die proletarische Frau im wirthschaftlichen und politischen Kampfe". Die Versammlung beschäftigte sich des Weiteren mit der Frauenkonferenz zu Mainz . In den einschlägigen Debatten wurde besonders die Nothwendigkeit betont, einen einheitlichen Plan für die Agitation zu Gunsten des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes aufzustellen und durchzuführen. Eine von der höchsten Begeisterung getragene Arbeiterund Arbeiterinnenversammlung fand in Augsburg statt. Genossin Zetkin referirte vor etwa 2000 Personen über Arbeiter und Arbeiterinnenloos". Die Versammlung beauftragte die Gewerkschaftskommission mit den einleitenden Schritten, um die wöchentliche Lohnauszahlung herbeizuführen.
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Wahl weiblicher Delegirter zur Brandenburger Provinzialkonferenz und zur Kreiskonferenz des Wah kreises TeltowBeeskow- Charlottenburg. Als Delegirte der Genofsinnen von Berlin und Umgegend für die Brandenburger Provinzialfonferenz, welche am 26. August in Berlin stattfindet, wurde in der großen, von der Vertrauensperson einberufenen Volksversammlung, über die wir oben berichteten, einstimmig die Genossinnen Ihrer und Weyl gewählt. Die Charlottenburger Genossinnen und Genossen wählten in öffentlicher Parteiversammlung drei Delegirte zur Kreiskonferenz des Wahlfreises Teltow- Beeskow- Charlottenburg; unter den Gewählten befindet sich Genossin Vogel . In Wilmersdorf wurde nebst zwei Genossen