weitern und auszubauen, daß die Frauen ihrer schweren Stunde mit Ruhe entgegensehen können.
Doch so wichtig und bedeutungsvoll für das Gedeihen des heutigen, wie des kommenden Geschlechtes der Wöchnerinnenschutz auch ist: er ist nur eine Abschlagszahlung auf dem Gebiet des Arbeiterinnenschutzes überhaupt. Wollen wir der Frauenarbeit den ihr gebührenden Platz sichern, so müssen wir sie befreien, indem wir sie schützen. Auf einem Frauenkongreß, der im Monat Juni in Paris stattgefunden hat, ist die Auffassung vertreten worden, daß der Schutz der Frauenarbeit ihre Freiheit verneine. Nichts kann kurzsichtiger sein, als diese Auffassung. Erst der im Vollbesitz seiner Kräfte und Waffen befindliche Mann dünft sich ein Freier. Was liegt näher, als für die physisch schwächere, durch ihre Geschlechtsfunktion in ihrer Bewegungsmöglichkeit beeinträchtigte Frau durch Schutzgesetze die Gleichstellung herbeizuführen, auf Grund deren sie ihre Kräfte und Fähigkeiten in ebenbürtiger Weise bethätigen kann? Darum fordern wir neben ausgedehntem Wöchnerinnenschutz und Verbot der Frauenarbeit in allen gesundheitsgefährlichen Betrieben eine Verkürzung der Arbeitszeit auf acht Stunden und weniger 2c. Hand in Hand mit diesen Maßregeln die Hinaufsetzung der Altersgrenze für die Kinderarbeit auf mindestens fünfzehn Jahre, das Verbot einer sechs Stunden übersteigenden Arbeitszeit für alle Arbeiterinnen unter achtzehn Jahren und endlich die Einrichtung obligatorischer Haushalts- und Fortbildungsschulen, in denen den Mädchen der Arbeiterklasse Gelegenheit gegeben wird, sich zu dem vorzubilden, was alle gern werden möchten: tüchtige und glückliche Hausfrauen und Mütter.
Wir haben schon mehrfach Gelegenheit gehabt, uns davon zu überzeugen, daß die in den hessischen Berichten niedergelegten Anschauungen fast durchweg in der Richtung unserer Forderungen gehen. Das gilt auch von der Frage der Haushaltsschulen, des Verbots der Arbeit in gefährlichen Betrieben, der Verkürzung der Arbeitszeit, von der zum Beispiel die Darmstädter Beamtin sagt, daß es im Interesse der Frauen wäre, wenn die Fabrikthätigkeit verheiratheter Frauen, wenigstens solcher, die einen eigenen Hausstand führen, auf acht Stunden täglich gesetzlich beschränkt werden würde." Ich gebe deshalb zum Schlusse einem der hessischen Beamten um so lieber das Wort, als hier die Wünsche, Anschauungen und Forderungen der Arbeiter von gewiß einwandfreier Seite bestätigt werden.
Auf die Frage:„ Ist die verheirathete Frau aus der Fabrik auszuschließen?" antwortet der oberhessische Inspektor Engeln mit einem vorläufigen„ Nein",
"
,, da 1. der Verdienst der männlichen Arbeiter nicht regelmäßig, nicht sicher, zum großen Theil auch nicht hoch genug ist,
2. durch den Ausschluß der Arbeiterfamilie noch lange nicht die Hausfrau und Mutter zurückgegeben wird,
3. eine gesunde sonstige Thätigkeit hierdurch nicht gewähr leistet wird,
180
Es war eine steile Straße, die am Fuße des Schieferbergs stracks hinanstieg; erst auf halber Höhe wurde es besser: da zog sich der Weg an der dünn bewaldeten Berglehne hin, rechts ein lückenhafter Tannensaum, durch den die Böschung von schwarzblauem Schiefer hindurchschimmerte, links ein leichtes Geländer, über das man in ein enges Thal hinabsah, auf dessen schmaler grüner Sohle ein kleiner Wasserlauf wie ein Silberfaden glänzte. Wer aufmerksam genug war, entdeckte zur Rechten zwischen den Tannen am Wegrand einen schmalen, versteckten Pfad, der in kurzer Wendung zu einer höher gelegenen Baumgruppe mit buschigem Unterholz führte, in dessen Schatten eine roh gezimmerte Bank stand. Von hier hatte man eine herrliche Aussicht über bewaldete Höhen, grüne Wiesen und fruchtbare Felder in die weite, lachende Welt hinein bis zu dem fernen Höhenzug, der sich im Blauen verlor.
Vor der Bank stand eine kleine Tanne; sie hatte erst drei turze Zweige und konnte noch nicht über die Pechnelken hinwegsehen, die ringsum geblüht hatten und nun dürr und braun dastanden, aber das runde kleine Ding hatte einen so fräftigen Mitteltrieb, daß die anmuthige Birke, die in der Nähe wuchs, zu ihrer Nachbarin, der großen alten Stiefer, bemerkte:" Gieb acht, Nachbarin, aus der Kleinen wird was, der Herztrieb ist gut."
4. strebsame Frauen doch nicht daheim bleiben, sondern sonstige Gelegenheit zum Geldverdienen finden würden,
da es 5. eine große Härte sein würde, strebsamen Frauen die Freude am Miterwerb und allen Arbeiterfamilien die Aussicht auf Ersparnisse für arbeitslose Zeiten 2c. zu rauben,
6. in der Industrie Arbeitermangel herrscht."
Viele Ehefrauen sind der Familie beste Stütze." Der Beamte kommt auf Grund dessen zu dem Schlusse: „ Wohl wäre eine Einschränkung der Fabritthätigkeit verheiratheter Frauen mit Rücksicht auf die vernachlässigten und hintangesetzten Mutterpflichten dringend nöthig!
Wohl sollten solche Frauen, die mehrere unversorgte Kinder besitzen, zu allererst der Familie zurückgegeben werden, aber gerade der Haushalt dieser Frauen erfordert die meisten Mittel zur Bestreitung der nöthigsten Lebensbedürfnisse..."
Der allgemeine Ausschluß von verheiratheten Frauen aus Fabriken ist erst dann zulässig, wenn Arbeitspflicht und Arbeitstreue allgemeiner geworden und allen Haushaltsvorständen ein regelmäßiger und genügend hoher Verdienst gewährleistet wird, welcher auch bei eintretender Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder Todesfall auf einer den Lebensbedürfnissen entsprechenden Höhe bleibt, wenn außerdem staatliche Versicherungen be stehen, welche Witwen und Waisen reichliche Mittel ge= währen."
Wir sind überzeugt, daß die Vorbedingungen, welche der Gießener Beamte für den Ausschluß der verheiratheten Frauen von der Fabrikarbeit stellt, unter der herrschenden kapitalistischen Ordnung nicht verwirklicht werden. Erst das ersehnte Dorado der befreiten, furchtund sorglosen Arbeit schafft die Möglichkeit, daß die Frau, auch wenn fie berufsthätig ist, in vollem Umfang ihren häuslichen Pflichten als Gattin und Mutter zu leben vermag. Unter der Ordnung der stachellosen, triumphirenden Arbeit wird die Freude am selbständigen Schaffen und an materieller Selbständigkeit auch in der Frauenwelt wachsen und es werden sich die Formen finden, in denen die Frau berufs thätig sein kann, ohne ihren höchsten natürlichen Aufgaben untreu zu werden. Wie die Befreiung der Frau, so wird ihre Bethätigung auf verschiedenen Gebieten an dem Tage zur Wirklichkeit, an dem die Arbeit nicht mehr das Nessushemd ist, das seinen Träger verbrennt und dem Untergang weiht, sondern das lichte Gewand kraftvollen, glücklichen Menschenthums. Henr. Fürth .
Aus der Bewegung.
Von der Organisation. In mehreren großen Städten haben die Genossinnen im Einvernehmen mit den Genossen die Wahl von Vertrauenspersonen vollzogen, die mit der Leitung der Agitation unter dem weiblichen Proletariat beauftragt sind. In Dresden wurde
" Ja, ja, ich sehe es", entgegnete bedächtig die Kiefer,„ die Krone ist gesund, und das ist die Hauptsache; aber ich meine doch, das Dingelchen sieht recht zart aus. Wenn es nur nicht einen innerlichen Fehler hat!"
" 1
"
Ich hab's gar nicht eilig, groß zu werden", lachte die kleine Tanne dazwischen, es gefällt mir gerade so, wie es ist. Im Winter deckt das fallende Laub mich zu und im Sommer beschatten mich eure Zweige. Uebrigens bin ich in diesem Jahre schon so gewachsen, daß ich die Pechnelfen fast eingeholt habe."
" Das ist was Rechtes", kicherte der Haselnußstrauch, da kannst du stolz sein!"
„ Ich fürchte, wenn ich so groß werde wie ihr", fuhr das Bäumchen unbeirrt fort, dann bin ich nicht mehr dabei, wenn der Thymian duftet und die Immortellen blühen und der gelbe Steinklee freundlich nicht, dann sehe ich auch nicht mehr, wie die fleißigen Bienen Honig schaufeln. Wißt ihr Alten noch, wie der Thymian duftet, oder seid ihr zu groß dazu? Ich habe blaue und rothe und schwarze Beeren gesehen und weiß kaum, was schöner ist: wenn die Blüthe sich öffnet oder wenn die Früchte sich runden und färben. Freut ihr Großen euch auch noch über die Beeren?"
„ Das ist wirklich ein kindliches Geschwät", gähnte die Kiefer und wandte sich ab, aber man kann ja nicht mehr verlangen!" Die Birke dagegen streckte einen zarten Arm so tief sie konnte zu der kleinen Schwägerin hinunter und liebkoste sie.
" Ich will dir auch noch etwas sagen, liebe Birke!" flüsterte die Tanne, aber auch nur dir... Weißt du, ich höre auch die Erde fingen."
"
Was ist das, du Närrchen?" fragte die Birke.