arbeit unter den Arbeiterinnen leisten können. Trotz des besten Willens und der größten Opfer sind die Personen, welche sich jetzt der proletarischen Frauenbewegung widmen, außer Stande, allen An­sprüchen zu genügen Doch hoffen wir, daß uns mit dem regeren Leben in der proletarischen Frauenwelt dieser schwarzen" Gegend in naher Zukunft neue, thätige Kräfte zu treuer Mitarbeit erstehen werden.

B. G.

Erster Vierteljahrsbericht der Vertrauensperson der Genoffinnen Deutschlands  .

Auf der Konferenz zu Mainz   als Vertrauensperson gewählt, halte ich es für meine Pflicht, den Genossinnen einen kurzen Ueber­blick über meine bisherige Thätigkeit zu geben. Ich hoffe, sie werden ihre Wünsche äußern und Anregungen geben, wenn nach einer oder der anderen Richtung hin etwas verabsäumt oder nicht richtig ange­faßt worden ist.

Meine erste Aufgabe bestand darin, die Wahl von weib­lichen Vertrauenspersonen anzuregen. Dies geschah durch einen Aufruf in Nummer 22 der Gleichheit" vom vorigen Jahre. Außer­dem versandte ich das inzwischen gedruckte, in Büchleinform her­gestellte Regulativ mit einem Anschreiben an alle Orte, in denen mir Adressen von Genossinnen und Genossen bekannt waren. Der Erfolg ist der, daß bis Ende Januar in 25 Orten weibliche Vertrauens­personen, darunter zwei Kreisvertrauenspersonen, gewählt worden sind. Ein erfreulicher Fortschritt gegen die Vorjahre.

Um die beschlossene Agitation für den gesetzlichen Ar­beiterinnenschutz in Fluß zu bringen, erschien ein Aufruf an die Genossinnen in Nummer 23 der Gleichheit" des vorigen Jahrgangs, die nämliche Nummer veröffentlichte auch die Resolution, in welcher die Forderungen der Genossinnen formulirt und begründet sind, und die allenthalben in öffentlichen Versammlungen zur Abstimmung ge­bracht werden soll. Die inzwischen gewählte Kommission für Abfassung von Flugblättern ließ ein den Arbeiterinnenschutz allgemein behandelndes, leicht verständliches Flugblatt ausarbeiten, welches in 100000 Exemplaren an 53 Orten verbreitet worden ist. Mehr als 150 Briefe, die theils Antworten auf Anfragen, theils An­regungen für die Agitation zu Gunsten des Arbeiterinnenschutzes gaben, wurden versandt. Um die Forderungen des aufgeklärten Theiles der deutschen Proletarierinnen zur Kenntniß der bürgerlichen Parteien des Reichstags zu bringen, wurde jedem Mitglied desselben die oben erwähnte Resolution in Form einer Petition zugestellt, in der um die gesetzliche Festlegung der geforderten Reformen ersucht wird.

Als Erfolg der seit Mainz   geleisteten organisatorischen und agitatorischen Arbeit darf verzeichnet werden, daß eine bedeutend regere Antheilnahme an der Arbeiterbewegung als in früheren Jahren

"

Einer armen Familie zu helfen, schrieb er die Liebesbriefe", theils erneute Anklagen wegen der Kolonialmißwirthschaft, andern­theils bezaubernde Poesie mit einer starken Dosis Gesellschaftskritik. Er hatte recht, seiner Tine von diesem Buche zu schreiben: Ja, umwälzen, das ist mein Beruf! Ich werde schreiben wie ein" Gott  und ein Teufel; ich werde die Welt bezaubern und werde sie

beben lassen."

Die ganze Reihe seiner Werke aufzuzählen und zu besprechen, ist hier nicht meine Absicht.

"

Die gutgesinnte, staatserhaltende" u. s. w. Kritik freilich heulte, indem sie Multatuli   mit dem antiken Tempelbrandstifter Heroftratos verglich:" Er bergreift sich an Allem, was dem Menschen theuer ist. Er verkündigt die verderblichsten Moral­lehren. Er rennt an und tritt nieder alles, was die Nation lieben und verehren gelernt hat. Er leugnet Gott  , Bibel und Evangelium. Er leugnet das Bestehen der Seele, der Unsterblich­feit, der Seligkeit..."

Man fennt die alte Leier!

Freilich schrieb Deffer alle seine Werke so, daß er als sein Programm bezeichnen konnte: Nach Wahrheit trachten! Es soll nicht gesagt werden, daß Niemand die Krankheit anrührte, die faulende Krankheit, an der das Volk leidet: die Lügen! Ich werde thun, was ich kann." So schrieb er an einen seiner Ber­leger, der die Ideen" betitelten Herzensausgüsse Dekkers herausgab.

Auch in der Frauenfrage schreckte er vor feiner Wahrheit zurück. Unerschrocken legte er die Hand an die Wunden unseres Gesellschaftslebens, die gewöhnlich mit dem gar nicht wohlthätigen Pflaster der Heuchelei verkleistert werden unter dem sie lustig weiter schwären und eitern!

37

seitens der proletarischen Frauen in die Erscheinung tritt. In manchen Orten, in denen die Frauen noch nicht so weit herangebildet sind, um thätig mitarbeiten zu können, suchen die Genossen das Interesse für den Arbeiterinnenschutz zu wecken und eine lebhafte Agitation zur Aufklärung der Frauen in die Wege zu leiten. Außer sehr vielen einzelnen Versammlungen, in denen Frauen als Referenten thätig waren, haben mehrere Agitationstouren stattgefunden. So in Sachsen  , in den Hamburger Kreisen und im Voigtland. Augenblicklich weilt eine Genossin im Thüringer Wald  , um in den elenden Zentren der dortigen Spielwaaren, Glasperlen- und Griffelindustrie u. s. w. das Werk der Aufklärung zu betreiben. Demnächst wird eine Ge­nossin unter den armen schlesischen Arbeitern und Arbeiterinnen agitiren. Der Mitarbeit in den Gewerkschaften ist seitens der Genossinnen eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet worden. Die rednerisch thätigen Genossinnen halten fleißig Vorträge, die den Ge­werkschaften eine bedeutende Anzahl weiblicher Mitglieder zuführen. Weiter nehmen die Genossinnen, den gegebenen Anregungen ent­sprechend, soweit Zeit und Personen ausreichen, an Fabrik- und Werkstattsizungen Theil, um in diesen kleineren Kreisen die schwierige Arbeit zu betreiben, die weiblichen Arbeiter für die Organisationen zu gewinnen und ihnen den Werth derselben klar zu machen.

Die in letzter Zeit in den verschiedensten Richtungen erzielten

Fortschritte legen uns die Verpflichtung auf, mit aller Energie und

größtem Opfermuth weiter zu arbeiten. Noch stehen wir erst am Anfang unserer Wirksamkeit.

Ende Januar 1901.

Ottilie Baader  , Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands  , Berlin   W., Groß- Görschenstr. 38, II. Hof rechts, 3 Tr.

Notizentheil.

( Von Tily Braun und Klara Betkin.)

Weibliche Fabrikinspektoren.

Die Anstellung weiterer Assistentinnen der Fabrikinspek tion in Preußen wird von der Regierung in Aussicht genommen. In der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses ließ sie durch ihren Vertreter bei dem Titel Gewerberäthe und-Inspektoren" erklären, daß sie den Versuch gemacht habe, zwei Assistentinnen bei der Gewerbeaufsicht zu verwenden, da solche unter Umständen für die Frauen zweckmäßiger wirken könnten als männliche Beamte. Der Versuch habe sich bewährt und die weitere Anstellung von Assistentinnen werde in Erwägung gezogen. Es steht wohl

Gegen diese Pflaster der Verheimlichung und Verschleierung, des Augenzudrückens und Todtschweigens zog er unerbittlich zu Felde, überall und bei jeder Gelegenheit.

Einige Proben mögen veranschaulichen, mit welchem Wahr­heitsmuth Dekker die Frage behandelt. Er, der von sich sagte, daß er gegen Mißbräuche in allen Systemen fämpfe, sah einen schweren Mißbrauch in der Behandlung des Weibes als eines dem Manne gegenüber minderwerthigen Wesens. In den Minnebriefen" läßt er eine der angeführten Personen in einem ihrer Briefe sagen: ,, Seit Langem bemerkte ich, daß es viele Sachen giebt, die man Frauen nicht sagt. Ich habe einen Onkel, der stets von ,, der" Frau spricht:

"

Dies oder das ist der Frau nicht dienlich."

Das gehört nicht zum Gebiet der Frau!"

Das sagt man nicht der Frau!"

Ist die" Frau ein Mensch oder ist sie kein Mensch? Das ewige die" ist mir ein Stachel in der Seele. Es erinnert mich an eine zoologische Abhandlung über den Schakal.

" Der" Schakal lebt von dem Abfall" des" Löwen. Das Weibchen wirft

Was so ein Weibchen wirft, geht mich nichts an, aber dies frage ich Dich: Lebt die Frau von dem Abfall des Mannes?

Ich bitte Dich, lehre mich was, damit ich nicht wie ein Schakal dem Löwen nachlaufen muß, um zu soupiren von seinem Diner."

Wirklich vorhandene Unwissenheit ist nach Deffers Ueberzeugung weniger auf Rechnung des mangelhaften weiblichen Verstandes zu sezen, als vielmehr die Folge der Vernachlässigung der Erziehung, beren Regelung ja in der Hauptsache in den Händen der Männer liegt. ( Schluß folgt.)