scheinenden Frauenblätter vertritt konsequent und klar die Interessen der proletarischen Frauen und läßt sich deren sozialistische Schulung angelegen sein.

Der erste Kongreß der dänischen Arbeiterinnenvereine hat am 3. März in Kopenhagen   getagt.

Frauenbewegung.

Polemisches. Zu der Notiz Frauenrechtlerische Irr­thümer" in der vorigen Nummer des Blattes geht uns von Fräulein Dr. jur. Augspurg folgende Zuschrift zu:

Obgleich ich im Allgemeinen ungestört den phantastischen Sagen­und Legendenkreis wachsen und blühen lasse, der in der Gleichheit" sich um meine Person zu ranken pflegt, erbitte ich mit Bezug auf die Frauenrechtlerischen Irrthümer" in Nummer 5 Aufnahme folgender thatsächlichen Berichtigung:

1. Ich habe nicht, wie der Vorwärts" und die Gleichheit" berichteten, behauptet, die Sozialdemokratinnen seien dem Vereins­gesetz gegenüber besser gestellt, sondern: die männlichen Parteigenossen erleichtern ihnen die Härten seiner Ausnahmebestimmungen für Frauen, indem die Partei den Schwerpunkt ihrer öffentlichen politischen Arbeit in öffentliche Versammlungen legt, während die bürgerlichen Par­teten durchweg politische Vereinsversammlungen veranstalten, zu denen wohl jeder Mann, aber keine Frau Zutritt hat.

2. Das preußische Vereinsgesetz hebt in§ 21 die Beschränkung des§ 8( Betheiligung von Frauen, Lehrlingen, Schülern) für Wahl­vereine auf. Wahlkomites berücksichtigt das Gesetz überhaupt nicht. Wenn die sozialdemokratische Partei mit dieser Bezeichnung bestimmte Gattungen von Wahlvereinen belegt, oder Wahlvereine andere Vereine nennt, die im Grunde keine Wahlvereine sind, so ist das Privatsache und weder für das übrige Volt, noch für Gesetz und Gerichtspraxis maßgeblich.

Das preußische Vereinsgesetz gestattet in§ 21 kurzweg die Be­theiligung von Frauen, sowie Schülern und Lehrlingen( letzteres wohl noch ein Rest des ältesten germanischen Volksrechtes, demzufolge die politische Mündigkeit resp. Verpflichtung mit dem 12. Jahre ein­zutreten pflegte) an Wahlvereinen. Die Entscheidung des Ober­appellationsgerichts Berlin   vom 27. Januar 1869 definirt Wahlvereine als solche, die ihre Wirksamkeit in Bezug auf konkrete anstehende Wahlen entfalten. In jeder Landtags- und Reichstags, sowie Stadt­verordneten 2c. Wahl können demnach preußische Frauen Wahlvereine nicht nur Wahlkomites, über die das Gesetz nichts sagt gründen resp. sich an bestehenden Wahlvereinen betheiligen. Anita Augspurg  , Dr. jur."

Was den sachlichen Theil von Frl. Dr. Augspurgs Ausführungen anbelangt, so haben wir darüber die Meinung eines sehr geschätzten Berliner   Rechtsanwalts eingeholt, der gerade in Sachen des Vereinsgesetzes über eine reiche Erfahrung verfügt.

Er schreibt:

Frl. Dr. Augspurg giebt im Grunde alles zu, was die Gleich­heit über die Ausschließung der Frauen von politischen Vereinen in Preußen geschrieben hatte. Es ist in Preußen den Frauen grund­sätzlich verwehrt, an Vereinen Theil zu nehmen, die bezwecken, po­litische, d. h. den Staat, seine öffentlich rechtlichen Einrichtungen und die Gesetzgebung betreffende Angelegenheiten in Versammlungen zu erörtern. In der Protestversammlung" wurden Erfahrungen darüber zum Besten gegeben, was alles von Gerichten als politischer Gegen­stand" im Sinne dieses Gesetzes angesehen und zum Anlaß der Auf­lösung von Frauenvereinen gemacht worden ist.

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Die einzige Ausnahme, die das Gesez kennt, gilt zu Gunsten von Wahlvereinen". Die preußische Gesetzesauslegung läßt als , Wahlvereine" nur solche gelten, die ihre Wirksamkeit mit Bezug auf konkrete ausstehende Wahlen entfalten"; Vereine, deren Zweck ist, fünftige noch unbestimmte Wahlen durch Bildung und Verbreitung politischer Ueberzeugungen vorzubereiten, genießen dies Vorrecht nicht und können deshalb keine Frauen aufnehmen. Wenn Frl. Dr. Augs­purg dies anerkennt und es sogar durch eine obergerichtliche Ent­scheidung belegt, so wird sie der Gleichheit" auch zugeben müssen, daß dies Privileg für die Frauen ganz geringwerthig ist. Vereine, die nur auf bestimmte ausgeschriebene Wahlen einwirken können, sind keine Form dauernder Organisation. Thatsächlich bilden sich auch zu diesen Zwecken fast nie größere Vereine, sondern nur Wahl­fomites, und insofern hatte die Gleichheit" sachlich recht, wenn sie geäußert hat, daß die Frauen in Preußen nur das Recht hätten, Wahl­fomites beizutreten.

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Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( Bundel) in Stuttgart  .

Frl. Dr. Augspurg hat in der Protestversammlung hervor­gehoben, daß das Recht, Wahlvereinen anzugehören, eine gewisse gesetzliche Begünstigung der sozialdemokratischen Frauen vor den bürgerlichen bedeutete.

Diese Aeußerung mußte bei der völligen Unwichtigkeit der Wahl­vereine im Sinne der Gesetzesauslegung dahin verstanden werden, daß nach Meinung der Rednerin die sozialdemokratischen Frauen den bestehenden ,,, Wahlvereine" genannten sozialdemokratischen Organi­sationen beitreten könnten, während bürgerliche Frauen eine ent­sprechende Gelegenheit zu politischer Bethätigung nicht hätten, da es andere als sozialdemokratische Wahlvereine nicht gäbe. Frl. Dr. Augspurg erklärt, daß ihre Worte nicht so gemeint gewesen seien. Jedenfalls mußten sie aber dem, der sie in diesem Sinne auffaßte, als ein großer Irrthum erscheinen.

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Die sozialdemokratischen Wahlvereine" führen zwar ihren Namen ganz mit Recht, denn sie haben den Zweck, Wahlen durch Verbreitung sozialdemokratischer Gesinnung vorzubereiten, aber sie beschränken sich dabei nicht auf bestimmte, schon ausgeschriebene Wahlen, und deshalb können sie nach der herrschenden Gesetzesaus­legung keine Frauen aufnehmen. Für konkrete bevorstehende Wahlen

gebildete Organisationen, mögen sie sich nun Vereine oder Komites" nennen, giebt es aber auch bei jeder Wahl bei den bürgerlichen Par­teien, so daß dem Thätigkeitsdrang der nicht sozialdemokratischen Frauen, was dies betrifft, keine andere Schranke gezogen ist, als dem der Sozialdemokratinnen.

Deshalb kann von einem im Gesetz begründeten Vorrecht der sozialdemokratischen Frauen vor den bürgerlichen nicht gut ge sprochen werden, vielmehr folgt aus den politischen Verhältnissen des Deutschen Reiches, daß die Sozialdemokratinnen von den gesetz­lichen Beschränkungen viel schärfer betroffen werden, wie die bürger­lichen Vereine."

Den vorstehenden Ausführungen zur Frage des preußischen Vereinrechtes müssen wir noch einige Säße zur Abwehr von Frl. Augspurgs Behauptung beifügen, daß in der Gleichheit" sich ,, ein phantastischer Sagen- und Legendenkreis um ihre Person zu ranken pflegt". Mit welchen Augen muß Frl. Augspurg das Blatt gelesen, mit welchem Sinne muß sie die ab und zu erfolgten Zurück­weisungen der Irrungen und Wirrungen ihrer krausen Gedanken­gänge erfaßt haben, daß sie eine solche Behauptung aufstellt! Es ist gewiß das unveräußerliche Menschenrecht jedes im Allgemeinen und einer radikalen Frauenrechtlerin im Besonderen, die eigene Persönlich­feit für so interessant einzuschätzen, daß sie zum würdigen Mittel­punft eines phantastischen Sagen- und Legendenkreises" zu werden verdient.

Aber Frl. Dr. Augspurg mißbraucht denn doch dieses Recht, wenn sie unterstellt, daß wir Kraft und Raum darauf verschwendet hätten, sie zur Heldin eines phantastischen Sagen- und Legenden­kreises" zu erheben.

Wir haben uns nur sehr gelegentlich mit ihr beschäftigt und nie zu dem Zwecke, Sagen und Legenden um ihre werthe Person zu ranken, vielmehr um die Sagen und Legenden zu zerstören, welche Frl. Augspurg von Zeit zu Zeit der staunenden Mit- und Nach­welt vorplaudert. Es ist eine Thatsache und keine Legende, daß Frl. Augspurg auf dem Internationalen Frauenkongreß zu Berlin  aus der Kehrichtkiste der Stümmlinge die Sage aufhob, die Sozial­demokratie wolle durch ein Meer von Blut ihrem Endziele zuschreiten. Es ist eine Thatsache und keine Legende, daß Frl. Augspurg mit der Sage hausiren ging, vielleicht noch hausiren geht, die Frauen besäßen das Wahlrecht zu den Gewerbegerichten. Wir lassen es für heute an diesen Blüthen aus dem Sagen- und Legendenkranz genügen, den Frl. Dr. Augspurg mit fleißiger Hand selbst geflochten hat. Gelüstet es ihr nach mehr, so mag sie die Gleichheit" durchblättern und kon­frete Fälle an Stelle einer allgemeinen Behauptung setzen. Will die Legendenprinzessin ein Tänzchen wagen, wir sind bereit.

Die Redaktion der Gleichheit".

Zur Beachtung.

Alle auf die Agitation unter den proletarischen Frauen bezüglichen Briefe und Sendungen sind zu richten an: Dttilie Baader,

Vertrauensperson.

Berlin   W, Groß- Görschenstraße 38, zweiter Hof rechts, III.

Drud und Verlag von J. H. W. Diez Nachf.( G. m. b. s.) in Stuttgart  .