uns doch Lohnzettel vor, nach denen die betreffenden Arbeiter in zwei Wochen nicht nur 153 und 184, sondern sogar 201 Stunden gearbeitet hatten. 16 Personen wurden dem Verband zugeführt. Gut besucht war die Versammlung in Dreyers Volksgarten in Bremen , wo die Referentin über Arbeiterinnenschutz" sprach. Auch hier wurden dem Verband einige neue Mitglieder gewonnen. L. Z.
Anfang März unternahm Genossin Vogel- Charlottenburg im Auftrag des Glasarbeiterverbandes eine sehr erfolgreiche Agitationstour in Schlesien . Zweck derselben war, nicht nur die Arbeiter und Arbeiterinnen der Glasindustrie zu regem gewerkschaftlichen Leben anzuspornen, sondern auch die Frauen der betreffenden Arbeiter wachzurütteln, über ihre Lage und über die Segnungen der Organisation aufzuklären. Versammlungen fanden statt in Rietschen , einem ganz kleinen Dertchen, in Rauscha , Wiesau , Weißwasser und Penzig. Trotz des ungünstigen Wetters war die Versammlung in Rauscha und in Wiesau sehr gut besucht, zumal auch seitens der Frauen. Es drängten sich die Leute noch auf der Hausflur, und die Fenster des Versammlungslokals waren dicht von Zuhörern besetzt. Der Versammlung in Weißwasser wohnten mindestens 600 Personen bei, ihr Verlauf war ein glänzender. Dagegen war es trotz einer sehr fleißigen Agitation nicht gelungen, die Glasarbeiter und Arbeiterinnen von Penzig aufzurütteln. Der Besuch der Versammlung war ein schwacher. Und doch wäre gerade in Penzig Aufklärung und feste Organisation der Arbeitenden sehr von Nöthen. Die Lohnverhältnisse sind äußerst traurig, ebenso eristiren Mißstände aller Art und erschweren die Arbeitsbedingungen. Es fehlt nicht an tüchtigen Genossen, die treu ihre Pflicht thun, jedoch ist der Erfolg ihrer Bemühungen bis jetzt nur ein schwacher gewesen. Die jämmerlichen Existenzverhältnisse lassen Gleichgiltigkeit und Stumpfsinn üppig wuchern. Alles in Allem beginnt es jedoch in den genannten fünf schlesischen Ortschaften erfreulich zu tagen. Besonders begrüßt werden muß es, daß allen Versammlungen auch Kleinbauern beiwohnten, welche mit größter Aufmerksamkeit und sichtlicher Sympathie den Ausführungen der Referentin folgten, ganz besonders dem Theile derselben, der sich mit der Vertheuerung der Lebensmittel durch die Getreidezölle beschäftigte. gl.
Notizentheil.
( Von Tily Braun und Klara Betkin.)
Weibliche Fabrikinspektoren.
Die Berliner Kommission zur Vermittlung von Beschwerden der Arbeiterinnen an die Fabrikinspektion hat dieser im letzten Jahre nur 15 Beschwerden überweisen können. In den
mir das? Sie sagen, daß Sie 12000 Pfund Rente befizen, wer zwingt mich das zu glauben? Lassen Sie sie doch einmal sehen, Ihre 12000 Pfund Rente! Ah, das wird Ihnen wohl schwer, sie zu zeigen?"
Ich war starr.
,, Alle diese Dinge sind nicht klar", schloß er heftig ,,, verstehen Sie, nichts weniger als klar, und ich weiß nicht, ob Sie diese Uhr nicht am Ende gestohlen haben."
„ Gestohlen!"
" Jawohl, gestohlen! Und dann, das ist am Ende noch nicht alles: ich will einmal klar sehen!"
Während des Lärmes waren einige Wachleute nähergetreten. Er schrie ihnen zu:" Durchsuchen Sie' mal diesen Menschen!" Der Mensch" war ich. Eine Sekunde, und ich sah aus wie ein kleiner heiliger Johannes. Mein Hemd lag herabgesunken um meine nackten Füße.
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,, Ah, Sie wollen den wilden Mann spielen", brüllte der Kommissär höhnisch weiter;„ passen Sie jetzt auf! Hebt ihm doch die Arme in die Höh' und nun spreizt ihm die Beine auseinander!"
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Die Erinnerung an die erlittene Unbill gab Brelocs Sprache den Klang schmerzlichster Erregung. Ich aber lachte, lachte bis zu Thränen und schüttelte mich wie toll. Ich erkannte sie wieder einmal so ganz, die beiden eingefleischten Feinde der anständigen Leute: das Amt und das Gesetz.
Mein unseliger Kamerad aber heulte:„ Lasse mich nur wieder eine Uhr finden!" Und seine geballte Faust, die der Zukunft zu drohen schien, gab dieser Schlußmoral seiner Geschichte den gebührenden Nachdruck.
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| meisten Fällen hatten die Beschwerden Erfolg, bei einigen steht das Resultat noch aus. Die meisten Beschwerden liefen aus der Konfektionsindustrie ein und zwar aus Betrieben mit 10 bis 50 Arbeiterinnen. In allen Fällen handelte es sich um die willkürliche Ausdehnung der Arbeitszeit, um Fehlen der Ankleideräume, Unsauberkeit der Arbeisräume und der Aborte, sowie ungenügende Zahl der letteren. Was die Aborte anbelangt, so scheinen die meisten Unternehmer die Arbeiterinnen für Engel zu halten für Wesen ohne menschliche Bedürfnisse. Es kommt höchst selten vor, daß ein Abort für weniger als 30 Personen bestimmt ist. So wurde in einer Beschwerde angegeben, daß nur drei Aborte für 112 Personen vorhanden waren, in anderen, daß nur ein Abort auf 40, ja auf 50 Personen kam. Hier und da waren die Aborte nicht einmal für die Geschlechter getrennt. Bei einigen ziemlich großen Berliner Konfektionsfirmen herrschten geradezu abscheuliche Zustände. Nur dem wiederholten energischen Einschreiten des Gewerbeinspektors ist es hier zu danken, daß besondere Aborte für Frauen, und zwar in genügender Zahl, errichtet wurden. Auch in anderen Betrieben gelang es, durch Anrufung der Fabrikinspektion Abhilfe der schweren Mißstände, die Aborte betreffend, zu schaffen. In Folge der zugestellten Beschwerden ordnete der Gewerbeinspektor in mehreren der erwähnten Konfektionsbetriebe an, daß für entsprechende Ventilation gesorgt wurde, die bis dahin gänzlich gefehlt hatte. Ebenso erlangte er auf unsere Beschwerden hin die Beseitigung der Abfälle in den Arbeitsräumen und die Beobachtung größerer Reinlichkeit durch zeitweiliges feuchtes Aufwischen des Bodens. Wie leichtsinnig mit dem Leben der Arbeiterinnen in manchen Betrieben umgegangen wird, erhellt aus dem Inhalt folgender Beschwerde. In einer Straußfedernfabrik, die 112 Personen beschäftigt, sind die Arbeitenden den ganzen Tag eingeschlossen und dürfen selbst während der Mittagspause nicht hinaus. Sämmtliche Nothausgänge sind verschlossen oder mit Risten verstellt. Bei dem überaus leicht brennbaren Material, das in der Fabrik verarbeitet wird, würden bei etwa ausbrechendem Feuer sämmtliche Arbeiter und Arbeiterinnen verloren sein. Hoffentlich wird auch in dieser Fabrik die Beschwerde bei der Fabrikinspektion Wandel herbeiführen.
Weit zahlreicher als die Beschwerden, welche der Gewerbeaufsicht übermittelt werden konnten, waren leider die Klagen, welche die Kommission abweisen mußte, obgleich sie durchaus berechtigt waren. Es handelte sich nämlich in den betreffenden Fällen um Beschwerden gegen Betriebe, welche nicht den Arbeiterschutzbestimmungen und der Fabritinspektion unterstehen. Besonders häufig liesen Klagen ein über schreiende Mißstände in den Aenderstuben großer Konfektionshäuser, sowie in den Schneidergeschäften, welche für Privatkundschaft arbeiten. Daß in all diesen Fällen keine Hilfe gebracht werden konnte, so dringlich sie gewesen wäre, beweist recht augenscheinlich, wie nothwendig die Ausdehnung der Gewerbeaufsicht auf alle Betriebe ist, in denen Lohnarbeitende beschäftigt sind.
Die Kommission darf mit berechtigter Genugthuung darauf verweisen, daß sie sich immer mehr zu einer Einrichtung entwickelt, welche den Arbeiterinnen in allen Nöthen mit Rath und That zur Seite steht. So besprachen die Beschwerdeführenden in vielen Fällen mit den Kommissionsmitgliedern Streitfragen, welche durch ihre Arbeitsbedingungen oder persönlichen Verhältnisse aufgerollt worden waren. Die Kommissionsmitglieder setzten für die Arbeiterinnen Klagen vor dem Gewerbegericht auf und riethen in ungünstig liegenden Fällen von der Klage ab, so daß den Frauen Zeit und Mühe erspart blieb. In drei Fällen gelang es der Kommission, durch ihre Vermittlung nicht ausgezahlte Tagelöhne ohne jegliche Weiterungen einzuziehen. Ferner gab sich wiederholt Gelegenheit, den Arbeiterinnen bei Ghescheidungs- und Alimentationsklagen helfend zur Seite zu stehen. Unverzagt und mit frohem Muthe setzt die Kommission ihre Thätigfeit im neuen Jahre fort. Sie hofft ihre Leistungen zu steigern und den Arbeiterinnen einen immer werthvolleren Beistand zu bieten.
Ausdrücklich sei noch anerkannt, daß die Assistentin der Fabrikinspektion, Frl. Reichert, mit erfreulichem Eifer für die Interessen der Arbeiterinnen eintritt und der Kommission in jeder Weise entgegenfam. +++
Die Anstellung einer Hilfsarbeiterin und eines Hilfsarbeiters aus dem Arbeiterstande in allen Gewerbeinspektionsbezirken Hessens hat die sozialdemokratische Fraktion des hessischen Landtags beantragt. Hoffentlich wird diese Forderung verwirklicht. Die Mitwirkung von Kräften aus der Arbeiterklasse an den Aufgaben der Fabrikinspektion ist von größter segensreicher Bedeutung für die Wahrung der Interessen der Arbeiter und Arbeite
rinnen.