es noch mehr durch die lange Arbeitszeit und die oft total unzu­reichende Ernährung der Plätterinnen. Lange Arbeitszeit und färg­liches Essen verstärken auch die gesundheitsschädlichen Wirkungen der Umstände, unter denen das Wäschebügeln geschieht. Tag für Tag arbeiten die Plätterinnen bis in die Nacht hinein stehend, den Ober­förper vornüber geneigt, Brust und Unterkörper einem starken Drucke ausgesetzt. Sie arbeiten in überhitzten, oft schlecht ventilirten Räumen, wo der schweißgebadete Körper gegen jeden Luftzug empfindlich wird, wo die Lunge die Dämpfe und Ausdünstungen einathmet, welche das glühende Eisen entwickelt. Die Folgen davon? Sie heißen Rücken­schmerzen, geschwollene Füße, Unterleibsleiden, Appetitlosigkeit, Blut­armuth, Katarrhe der Athmungsorgane, Schwindsucht 2c. Nicht selten stellen sich bei den Plätterinnen schon während der Lehrzeit die Be­rufsleiden ein.

Die Arbeitszeit wird durch eine einstündige Mittagspause und durch eine 1/2 stündige Frühstücks- und Vesperpause unterbrochen. Sie beginnt für die Plätterinnen wie für die männlichen Arbeiter der Wäschereien des Morgens 7 Uhr und endet des Abends 8 Uhr. Das heißt: sie soll wie angegeben beginnen und enden. Thatsächlich ist sie für die beim Bleicher in Rost und Logis befindlichen Personen, und das sind die meisten, immer länger. An bestimmten Tagen dauert die Arbeitszeit für die Plätterinnen bis 10 und 12 Uhr Nachts, mitunter bis zum anderen Morgen und sehr oft noch den Sonntag. Auf Grund des§ 105 e der Gewerbeordnung ist den Bleichern gestattet, an sechs Sonntagen im Jahre bis Mittags 12 Uhr arbeiten zu lassen. Jedoch klagen die Plätterinnen, daß an mehr als an sechs Sonntagen und sehr oft länger als bis 12 Uhr Mittags ge­arbeitet wird. Die Tagplätterinnen, die zwar in Kost, jedoch nicht in Logis beim Bleicher sind, bekommen die Ueber- und Sonn­tagsarbeit mit 15 Pf. pro Stunde bezahlt. Die Monatsplätte­rinnen, die Kost und Logis erhalten, werden jedoch für Ueberzeit: arbeit nicht entschädigt. Sie müssen des Morgens 7 Uhr, wenn die Tagplätterinnen sich zur Arbeit einstellen, bereits Feuer angezündet, die Eisen geheizt, die Plättstuben gereinigt haben und selbst fix und fertig zum Arbeitsantritt beim Plätten sein. Sie werden am meisten zur Ueberarbeit verwendet, weil dieselbe ihnen eben nicht vergütet wird. Eine gesetzliche Handhabe gegen das Ueberstundenunwesen giebt es nur in seltenen Fällen. Die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit gilt blos für die wenigen großen Wäschereien mit Dampfbetrieb, die unter die Fabrikbetriebe fallen, und für einige andere Betriebe, die Motore verwenden, also unter die Werkstätten mit Motorbetrieb fallen. In allen anderen Wäschereien kann nur die Selbsthilfe, die Macht der Organisation Abhilfe gegen das Uebel der Ueberstunden bringen.

Als Lohn beziehen die Monatsplätterinnen außer Kost und Logis pro Monat 8, 12, 16, 18 und 22 Mt., vereinzelt auch 26 Mr. Sind sie an den Plättmaschinen beschäftigt, so stellt sich ihr Lohn auf 14 bis 18 Mt. Die Tagplätterinnen stellen sich etwas besser, sie erhalten 9, 10 und 12 Mt. pro Woche, dazu die Kost, wie bereits angeführt. Ueber Kost und Logis wird viel geklagt. Die Kost wird häufig als schlecht und unzureichend geschildert, das Logis als zu klein, überfüllt und nicht selten mit Ungeziefer( Wanzen). behaftet. Die Plätterinnen müssen zu 6, 8, 10 und 15 Personen in einem Zimmer und zu je zwei in einem Bette schlafen. Dabei sind die Räume so klein, daß die Mädchen nicht zu gleicher Zeit aufstehen können. Für sämmtliche Inwohnerinnen eines Zimmers ist ein Stuhl und ein Waschbecken vorhanden, mitunter fehlt auch der Stuhl. Für Alle eine Garderobe. Kein Schrank! Kein Tisch! Nichts, wo die Plätterinnen es sich nach des Tages Last und Mühe oder des Sonntags ein wenig gemüthlich machen könnten. Reinigen müssen sie die Räume selbst in ihrer freien Zeit. Dazu werden die Mädchen an manchen Stellen für die geringsten Versehen oder an­gebliche Versehen vom Bleicher, dessen Frau oder auch der Vor­plätterin mit Titulaturen belegt, die nicht gerade Knigge" entnommen sein sollen; sie erhalten wohl gar die Wäsche um die Ohren ge­schlagen.

Wechseln die Plätterinnen ihre Stelle, so fallen sie den modernen Menschenhändlern, Stellenvermittler genannt, in die Hände. In der Höhe eines halben Wochenlohnes müssen sie diesen ihren Tribut für den Nachweis einer Stelle entrichten.

Die Bleicherknechte sind ebenfalls fast ausnahmslos in Rost und Logis beim Bleicher und haben also, wenn es in diesem Punkte hapert, unter denselben Kalamitäten wie die Plätterinnen zu leiden. Auch ihre Arbeitszeit beginnt angeblich um 7 Uhr, vorher müssen sie jedoch Feuer angezündet, den Wagen hergerichtet und das Pferd geputzt und gefüttert haben. Sie erhalten einen Monatslohn von 22 bis 34 und 36 Mt.

Schon längst war unter den organisirten Arbeitern und Ar­beiterinnen der Wunsch rege, aufs Neue zu versuchen, die Bleicherei  

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arbeiter und Plätterinnen der Organisation zuzuführen. Ende der achtziger Jahre war es der außerordentlichen Mühe der Genossin Steinbach gelungen, die Plätterinnen zu organisiren. Mit Hilfe ihrer Organisation hatten diese sich auch manche Vortheile errungen. Durch das Zusammenwirken einer Reihe ungünstiger Momente ging die Organisation jedoch später zu Grunde. Um jetzt eine neue ge­werkschaftliche Vereinigung ins Leben zu rufen, fanden vor einiger Zeit Versammlungen statt in Stellingen  , Langenfelde und Lock­stedt, in welchen die Genossin Kähler und die Genossen Voß und Schulz referirten. Die Versammlungen brachten einen sehr guten Anfang. 50 bis 60 Personen wurden in jeder von ihnen für die Organisation gewonnen und als Einzelmitglieder unter selbständiger Leitung dem Fabritarbeiterverband zugeführt. Darauf sollte Winterhude   und Barmbeck   in Angriff genommen werden. Man erfuhr nun, daß hier die Arbeiter selbst in aller Stille unter sich bereits den Anfang zum Zusammenschluß gemacht und einen Lokal­verein gegründet hatten, der bereits über 100 Mitglieder zählte. Das war ein sehr gutes Zeichen. Es bewies, daß von den Arbeitern selbst das Bedürfniß empfunden wurde, sich zu organisiren. Jetzt galt es nur, sie zum Anschluß an ihre bereits organisirten Kollegen und Kolleginnen zu bewegen, um einer Zersplitterung der Kräfte in kleine Lokalvereinchen vorzubeugen. In Winterhude   zeigten der Genosse Voß und die Genossin Zietz in einer Versammlung den Bleicherknechten und Plätterinnen die Vortheile, die ein Anschluß an eine starke, leistungsfähige Organisation bringt und forderten zum Uebertritt in den Fabritarbeiterverband auf. Einstimmig beschlossen die Versam­melten in diesem Sinne. Es ward ihnen zugestanden, daß die Wäschereiarbeiter und Arbeiterinnen eine eigene Sektion des Fabrik­arbeiterverbandes bilden mit selbständiger Leitung, und daß sie sich in ihren separaten Versammlungen über ihre eigenen, vitalsten Inter­essen berathen können. In einer zweiten Versammlung in Barm­ beck  , wo Genossin Zieß referirte, ward ebenfalls der Uebertritt der Lokalorganisirten in den Verband beschlossen. Etwa 30 Personen ließen sich außerdem neu in die Organisation aufnehmen.

Gelingt es bei der umfassenden Agitation, die weiter entfaltet werden muß und entfaltet werden wird, den größten Theil der Bleichereiarbeiter und Plätterinnen zu organisiren, so werden durch die Organisation jedenfalls schon auf dem Wege der Unterhandlungen bedeutende Vortheile errungen werden. Die einsichtigeren und weiter­blickenden Bleicher begrüßen die Organisation ihrer Arbeitskräfte mit Freuden. Sie sehen ein, daß durch sie endlich die Möglichkeit ge­schaffen wird, der Schmutzkonkurrenz in ihrem Gewerbe energisch auf den Leib zu rücken. Sind es doch schier unhaltbare Zustände, daß während der eine Bleicher das Hundert zu waschen und zu bügeln für 8 bis 10 Mt. annimmt, der andere sich für sage und schreibe 2 bis 2,50 Mt. anbietet. Die verständigeren Bleicher wissen ferner, daß die Organisation äußerst erzieherisch auf ihre Mitglieder wirkt, und daß dies auch den Arbeitgebern zu Gute kommt. In Winter­ hude   bestritt z. B. ein Bleicher B. die von uns angeführten Miß­stände, stimmte dafür ein ungemein bewegliches Klagelied an, wie ,, undankbar"," übermüthig" und vergnügungssüchtig" die Bleicherei­arbeiter seien und rieth uns an, diese Mißstände" zu beseitigen. Der Herr vergaß dabei ganz das Eine: Wenn wirklich Vorkommnisse zu verzeichnen sind, wie er sie schilderte, so ist dies zum großen Theile eine Folge der traurigen Verhältnisse, unter denen die Leute leben. Ueberall, wo Arbeiter und Arbeiterinnen lange, übermäßig hart und unregelmäßig ins Arbeitsjoch gespannt werden, findet man, daß der gewaltsam zurückgedämmte Drang nach Freiheit, Fröhlichkeit, nach dem Sichausleben, der doch in jedem, zumal jungen Menschen steckt, sich um so ungestümer Befriedigung sucht, wenn einmal der Zwang aufhört. Wo sollen übrigens die Plätterinnen und Bleicherknechte ihren Sonntag anders zubringen, als außerhalb des Hauses? Haben sie innerhalb desselben in ihrer engen Kammer ja nicht einmal einen Stuhl zum Sitzen, und in den meisten Betrieben erhalten sie am Sonntag, falls sie nicht arbeiten, auch kein Essen. Daß sie da sehr oft den Tanzboden aufsuchen und auch wohl vergessen, nach der Uhr zu sehen, ist nur eine Folge ihrer ganzen Lebensverhältnisse. Dürfen sie sich bei der Arbeit doch recht selten nach der Uhr richten! Nur ein Mucker und Moralphilister kann über die Vergnügungssucht 2c." der Leute entrüstet salbadern und diesen Vorhaltungen machen wollen. Wer ihnen ernstlich eine höhere Lebensführung geben will, der arbeite thatkräftig für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Existenzbedin­gungen.

Wenn das Gros der Bleichereiarbeiter organisirt ist, so wird es jedenfalls die nächste Aufgabe der Organisation sein, für die Ab­schaffung des Kost- und Logiswesens einzutreten. Einerseits um den Arbeitern und Arbeiterinnen etwas mehr persönliche Freiheit zu ver­schaffen, und zweitens um den ersten Schritt zur wirksamen Be­tämpfung des Ueberstundenunwesens zu thun. Selbstverständlich