schaften. Für dieselben kann mithin auch nicht die kräftige Ent­wicklung der Konsumvereine prophezeiend angesprochen werden.

Und besagt es ernstlich etwas gegen meine Ausführungen, den Einfluß von unregelmäßigem und schwankendem Verdienst, von Arbeits­losigkeit und Krise auf die Wirthschaftsgenossenschaft betreffend, daß Genossin Braun die Gründung eines Nothfonds empfiehlt und auf die Spareinlagen verweist, welche die Arbeiter in Zeiten guten Ver­dienstes aus freien Stücken machen? Durchaus nicht. Denn Genossin Braun ist den Nachweis schuldig geblieben, daß die Spareinlagen von jenen Arbeiterschichten herrühren, die sie für die Verwirklichung ihres Plans mobilisiren will, Arbeiterschichten, in denen das Jahres einkommen 900 bis 1200 Mt. beträgt. Hin und wieder mag unter den Proletariern mit diesem Verdienst das Kuriosum einer Sparagnes" existiren, die Dank eines vernunftwidrigen Darbens etwas auf die Seite legen fann. Jedenfalls aber das geht aus Arbeiterhaus­haltungsbudgets und anderen einwandsfreien Dokumenten klärlich hervor sind unter ihnen Defizite weit mehr die Regel als Spar­einlagen. Den 900 bis 1200 Mt. Jahreseinkommen eignet leider nicht die wundersame Kraft des nie versiegenden Dels im Krüglein, des nie aufzubrauchenden Mehls im Kasten der Witwe, von der die Bibel berichtet. Daß Arbeiterfamilien mit dem angegebenen Ein­kommen noch Rücklagen für einen Nothfonds der Wirthschaftsgenossen­schaft aufbringen können, nachdem sie Miethe, Kleidung, Schuhwerk, Wäsche, Versicherungsbeiträge, Steuern, Schulgeld u. s. w. gedeckt und die nöthigen Antheile für den Fonds der Baugenossenschaft und der Wirthschaftsgenossenschaft eingezahlt haben, sowie die laufenden Beiträge für lettere: scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit. Viel­leicht besitzt jedoch Genossin Braun ein erprobtes Rezept der Spar: samkeit, welches das unmöglich Scheinende möglich macht. Dann heraus damit! Hunderttausend und Hunderttausende werden ihr seine Veröffentlichung mehr danken als ihre Aufforderung, Wirthschafts­genossenschaften zu gründen.

Was Genossin Braun gegen die Rückwirkung des vorliegenden Zwangs auf die Wirthschaftsgenossenschaft anführt, daß die proles tarische Familie der Arbeitsgelegenheit nachziehen muß; was über den Anreiz, neue fooperative Großhaushaltungen ins Leben zu rufen: ist ebenso an den Thatsachen und meinen Darlegungen vorbei­geschrieben, wie das bereits kritisirte. Der Mangel an Raum ver­hindert mich leider, es im Einzelnen nachzuweisen.

Genossin Braun entrüstet sich besonders darüber, daß ich ihre Angaben über die Kosten der Ernährung des Dienstpersonals meiner Berechnung der Ausgaben für die Ernährung der Genossenschafter zu Grunde legte. Sie schlägt meine andere Schandthat an den Pranger, daß ich die von ihr vorgesehene Zahl der Dienstboten in meine Kritik einbezog. Ihr Haupttrumpf gegen meine diesbezüglichen Ausführungen ist, daß die von ihr angegebenen Zahlen bedeutungslos für ihren Plan seien. Diesem Argument gegenüber muß ich reu­müthig in die Knie sinken. In der That: nicht eine Minute fam mir in den Sinn, Genossin Brauns Arbeit und ihre Gewissenhaftigkeit im Begründen so niedrig einzuschätzen, daß ich die betreffenden An­gaben als bedeutungslos, als ein dekoratives Beiwerk betrachtete. Klar und unzweideutig habe ich aber gerade bei Erörterung der Aus­gaben für die Ernährung in der Jdealgenossenschaft hervorgehoben, daß Genossin Braun einen modifizirten Zuschnitt ihres Planes vor­sieht. Allerdings fügte ich dem hinzu, daß auch eine recht bedeutende Vereinfachung und Verbilligung des Projekts noch nicht die materielle Möglichkeit seiner Durchführung sichere. Und ich begründete diese Meinung durch Ziffern und Thatsachen. Statt mich indirekt einer Unterlassungssünde zu zeihen, der ich mich nicht schuldig gemacht, hätte Genossin Braun besser gethan, die Ziffern und Thatsachen zu widerlegen.

Zur versuchten Mohrenwäsche in Bezug auf die Dienstboten­ausbeutung" Folgendes. Die Wirkung der arbeitssparenden Maschinen und Einrichtungen wird dadurch nicht erhöht, daß Genossin Braun sie mir neuerlich entgegenhält, obgleich ich sie nicht bestritten, sondern ausdrücklich anerkannt habe. Und sie schafft einen Umstand nicht aus der Welt, der nicht ohne Bedeutung für unsere Frage ist. Jede er­fahrene Hausfrau oder Berufsköchin wird Genossin Braun bestätigen, daß es weit mehr Sorgfalt und Aufmerksamkeit, mithin mehr Zeit und Kraft erfordert, ein Gericht in großen Quantitäten als in kleinen Mengen gut und schmackhaft herzustellen. In Berücksichtigung dessen und auf Grund von Erkundigungen, die ich in mehreren kapitalistischen  Großhaushaltungen eingezogen habe, erscheint mir deshalb die drei Personen" zugedachte Arbeitsleistung in Genossin Brauns Ideal­füche nach wie vor zu hoch. Was aber die von mir offenbar bös­artig erfundene lebendige Kinderwartemaschine" anbelangt, so schwebte mir bei Bewerthung der ihr zufallenden Aufgaben durchaus nicht die Annahme vor, daß sämmtliche 50 bis 80 Genossenschaften gleichalterige fleine Kinder haben. Ich habe ausdrücklich in Berücksichtigung ge­

143

zogen, daß sicherlich viele Kinder der Genossenschafter die Schule besuchen". Ich füge dem heute noch hinzu, daß gewiß ein Theil der Kinder schulentwachsen ist. Trotzdem bleibt bei 50 bis 80 Prole tarierfamilien eine größere Anzahl pflege- und aufsichtsbedürftiger Kinder zurück, als eine einzige Wärterin versorgen fann. Der um­friedete Hof und Garten der Wirthschaftsgenossenschaft, auf den sich Genossin Braun beruft, schränkt gewiß die Nothwendigkeit äußer licher Ueberwachung der Kleinen in etwas ein, hebt aber nicht ein­mal sie völlig auf und mindert in nichts die moralische Aufsichts­bedürftigkeit der Kinder. Genossin Braun sucht denn auch die augen­scheinliche Unzulänglichkeit ihrer Musteraufstellung damit zu recht­fertigen, daß es sich nicht darum handelt, ins Blaue hinein zu wünschen wünschen das bleibt den Utopisten überlassen sondern auf ein­fache Art zunächst einen bescheidenen Anfang zu machen. Eine vor­treffliche, eine weise Auffassung, betreffs deren nur zu wünschen wäre, daß Genossin Braun sie in anderer Beziehung beherzigt hätte, wo ihre Beachtung mehr von Nöthen gewesen, als in dem vorliegenden Falle. Denn hier tritt zu einer Verpflichtung, nicht utopistisch ins Blaue hinein zu wünschen, eine andere. Den bescheidenen Anfang, um den es sich handelt, zunächst" nicht auf die allerdings einfache Art" einer über alle Maßen unbescheidenen Ausbeutung des Dienst­personals zu machen. Diese Verpflichtung in Nichtbeachtung der Verhältnisse übersehen, heißt, die Ideen, die wir vertreten, lächerlich machen und dem bittersten Spott der Gegner preisgeben.

-

In ägyptisches Dunkel ist für mich gehüllt, weshalb Genossin Braun mir entgegenhält, daß ihr Plan kein völlig neuer ist". Die ,, Ketzerei", die ich nach ihren sinnigen und minnigen kirchlichen Er­innerungen in ihm wittern soll, wäre doch in allem, nur nicht in feiner Neuheit zu suchen. Bebels einschlägige Ausführungen sind so bekannt, daß auch ich sie gelesen haben dürfte. Und aus der Zeit meiner oder richtiger unserer Sünden Maienblüthe erinnere ich mich, daß ein kleiner Kreis gebildeter Genossen" Ende der siebziger Jahre ernstlich die Möglichkeit diskutirte, Genossin Brauns Vorschlag ent­sprechend die Ideale der Sozialdemokratie aus dem Stadium der Predigt in das der That überführen zu wollen". Im Gegensatz zu Genossin Braun, die diesmal von ihrer glänzenden Belesenheit in der frauenrechtlerischen Literatur im Stich gelassen wird, scheint mir nicht einmal neu, wie diese sich die Verwirklichung ihres Planes denkt. Dieses Wie ist nämlich Zug für Zug in dem Buche enthalten, das eine sozialistisch angehauchte amerikanische Frauenrechtlerin, Frau Perkins- Stetson bereits 1899 unter dem Titel veröffentlicht hat: Women and Economies". Was aber Genossin Brauns persönliche Zugabe zu dem nicht völlig neuen Plan anbelangt: die Aufforderung, die Arbeiterklasse solle Wirthschaftsgenossenschaften gründen, so habe ich sie nicht wegen ihrer fezzerischen Neuheit" bekämpft, vielmehr auf Grund seiner praktischen Werthlosigkeit für das Proletariat.

"

Ohne jede Berechtigung spricht Genossin Braun die Gründung von genossenschaftlichen Arbeiterrestaurants und Vertheilungsfüchen für Arbeiterfamilien, die Bestellung einer gemeinsamen Köchin oder Wartefrau für mehrere Familien als Beweis dafür an, daß die Ver­wirklichung ihres Planes in der Luft liegt". Die betreffenden Neue­rungen beweisen so sehr das Gegentheil, daß ich bei Abfassung meiner Kritik die Absicht hatte, auf sie zu exemplifiziren. Sie bestätigen nämlich durchaus meine Auffassung, daß für Verdrängung des Einzel­haushalts die steigende Industrialisirung einzelner Zweige der früheren hauswirthschaftlichen Verrichtungen der Frau von entscheidenderer Bedeutung ist als die Verwirklichung von Genossin Brauns Plan. " In der That", genossenschaftliche Arbeiterrestaurants, Vertheilungs­küchen 2c. stellen ihrem Wesen nach nicht Embryonen von Wirth­schaftsgenossenschaften dar, vielmehr die steigende Uebernahme der einzelnen wirthschaftlichen Funktionen der Familie durch ein be= stimmtes Gewerbe. Die genossenschaftliche Form der Betriebe ändert daran nichts. Genossenschafter und Betrieb stehen sich hier genau in dem gleichen Verhältniß gegenüber wie in einem Konsumverein. Damit sind aber wichtige Vorbedingungen gegeben, daß genossenschaft­liche Restaurants in weit größerer Zahl gegründet und benutzt wer­den können als Genossin Brauns Wirthschaftsgenossenschaften. Ich neige deshalb der Ansicht zu, daß für die Reform der Hauswirth­schaft im Proletariat neben kommunalen Volksküchen, Speisehallen 2c. genossenschaftliche Restaurants- vielleicht in Verbindung mit Kon­sumvereinen, Baugenossenschaften und Gewerkschaftshäusern absehbarer Zeit eine bedeutendere Rolle spielen werden als der ko­operative Großhaushalt.

in

Genossin Braun behauptet, in ihren Ausführungen die Auf­fassung der Wirthschaftsgenossenschaft als Mittel zum Zwecke, die Proletarierin für den politischen und gewerkschaftlichen Klassenkampf zu gewinnen, in den Vordergrund gerückt zu haben". Sittlich ent­rüstet bezichtigt sie mich, daß ich trotz meiner 15 Spalten" dies ver­schwieg. Man beurtheile nach folgenden Thatsachen, mit welchem