schlag für die Partei käme, so sei dieser nicht von Dauer. Nach dem Rückschlag würden die Männer mehr wie vorher für Aufklärung der Frauen sorgen. Diese Ausführungen wirkten überzeugend. In einer Resolution erklärten sich die Genter Sozialisten für die Aus­dehnung des Wahlrechts auf die Frauen. Der Kongreß der Sozia­listen der Borinage hat sich dagegen vor Kurzem gegen das Frauen­stimmrecht ausgesprochen. h. p.

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Das politische Stimmrecht aller stenerzahlenden Frauen von Alabama  ( Vereinigte Staaten  ) war fürzlich von der gesetzgebenden Körperschaft in erster Lesung beschlossen worden. In der zweiten Lesung wurde jedoch der Beschluß wieder umgestoßen. Wie das Women's Journal" behauptet, wurde dieses Resultat nur dadurch erzielt, daß den Freunden des Frauenstimmrechts in ganz ungesetz­licher Weise das Wort abgeschnitten wurde. In der Folge sahen sich dieselben in die Unmöglichkeit versetzt, nochmals für die Rechte der Frauen einzutreten und vor Allem eine Reihe unwahrer Behaup­tungen betreffs der vorgeblichen Konsequenzen des Frauenwahlrechts zurückzuweisen.

Das allgemeine Wahlrecht zum Parlament und den Ge­meindevertretungen für Frauen wie Männer vom 25. Lebens­jahr an forderte der letzte Parteitag der dänischen Sozialdemokratie. Er erklärte, daß das allgemeine Wahlrecht eines der wirksamsten. Mittel der Arbeiterklasse zur Eroberung der Macht in Staat und Gemeinden ist. Es muß deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Partei sein, das Wahlrecht in Uebereinstimmung mit ihrem Pro­gramm zu erweitern. Der sozialdemokratischen Fraktion im dänischen Parlament sowie dem Parteivorstand soll es überlassen bleiben, falls es zweckdienlich erscheint und als Uebergangsstadium, Anträge zu stellen auf Ausdehnung des politischen und kommunalen Wahlrechts auf alle Männer und Frauen vom 25. Lebensjahr an.

Das politische Frauenwahlrecht in Neu- Südwales ist, wie englische Blätter melden, vom Parlament in dritter Lesung angenom­men worden.

Verschiedenes.

Für die faktische Gleichberechtigung der Geschlechter in den Krankenkassen und die bessere Unterstützung der Wöchne­rinnen trat Dr. Friedeberg- Berlin auf der achten Jahresver­sammlung des Zentralverbandes von Ortstrantenkassen. im Deutschen Reiche  " ein, die vom 6. bis 10. September in Stuttgart   tagte. In seinem vorzüglichen Referate: Krankenkassen, Aerzte und Apotheken" führte er unter Anderem aus, daß die Krankenkassen auch die Aufgabe haben, auf eine Umbildung des Volksbewußtseins zu Gunsten der sozialen Stellung der Geschlechter hinzuarbeiten. Die Erfüllung dieser Aufgabe sei um so dringlicher, je mehr der fortschreitenden industriellen Frauenarbeit entsprechend die Zahl der weiblichen Mitglieder wächst. Der Zahl nach sind bei allen deutschen   Krankenkassen von 1889 bis 1898 die weiblichen Mit­glieder von 1195 000 auf 1986 900 gestiegen, dem Prozentsatz nach von 24,2 auf 29,3 Prozent aller Kassenmitglieder. In den Orts­frankenkassen stieg die Zahl der weiblichen Mitglieder in dem ge­nannten Zeitraum von 497600 auf 974200, ihr Verhältniß zu den Mitgliedern überhaupt von 24,3 auf 31,4 Prozent. In diesen Zahlen spiegelt sich die Entwicklung des nationalen Wirthschaftslebens wieder. Leider werden die Frauen in manchen Kassenverwaltungen als Aus­beuterinnen der Kassen betrachtet. Es heißt: Die Frauen kosten uns mehr, als sie uns einbringen". Dieser Standpunkt ist falsch. Er berücksichtigt nicht den niedrigen Lohn der Arbeiterinnen, ihre schlechte Organisation, ihre geringe Widerstandsfähigkeit gegen das ausbeutende Rapital. Er berücksichtigt nicht die Bedeutung, welche die Gesundheit der Frauen für die Zukunft der Arbeiterklasse, der ganzen Nation hat. Die Krankenkassen haben den weiblichen Mit­gliedern, ihrer Lage und ihrem Bedürfniß Verständniß entgegenzu­bringen. Sie müssen auch dafür sorgen, daß die Frau mehr Verständniß für die Fragen des öffentlichen Lebens bekommt und hier ihre Inter­essen wahrt. Die Krankenkassen sind das einzige öffentliche rechtliche Institut, wo den Frauen aktives und passives Wahlrecht eingeräumt ist. Sie müssen sich deshalb angelegen sein lassen, die Frauen über die Bedeutung des Rechtes aufzuklären und sie an seinen Gebrauch zu gewöhnen. Nothwendig ist auch, daß weibliche Mitglieder in den Vorstand gewählt werden. Wie die Zulassung weiblicher Aerzte, so ist die Wahl weiblicher Vorstandsmitglieder durch die Rücksicht auf die Frauenleiden geboten. Die Krankenkassen müssen ferner für Ausdehnung des Wöchnerinnenschutzes und für den Schutz der Schwangeren eintreten. Sie dürfen nicht sagen: die Mittel reichen dafür nicht aus. Man stelle fest, was für diese Zwecke nöthig ist, und die Mittel müssen errungen werden. Schon zeigt sich eine Ten­

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Berantwortlich für die Rebattion: Fr. Klara Betkin( Bundel) in Stuttgart  .

denz zur Erhöhung des Wöchnerinnenschutzes. 1892 verausgabten die Ortskrankenkassen für Wöchnerinnenunterstützung bei 641000 weib­lichen Mitgliedern 588 600 Mt., das ist pro weibliches Mitglied 92 Pf., 1898 aber auf 974000 weibliche Mitglieder 1233969 Mt., oder 1,27 Mt. pro weibliches Mitglied. Immerhin traf auf den Kopf des weiblichen Mitglieds in dem letzten Jahre durchschnittlich pro Woche noch nicht Pf. Unterstützung. Die Fabrifkrankenkassen zahlen ihren weiblichen Mitgliedern höhere Wöchnerinnenunterstützung. Sie verausgabten dafür 1892 pro weibliches Mitglied 1,60 Mt., 1898 aber 2,28 Mt. Auch das ist noch wenig genug. In dieser Beziehung Besserung zu schaffen, ist dringend nöthig. Die hierzu erforderlichen Mehrausgaben werden zum Theil wett gemacht durch Ersparnisse an Aufwendungen für solche Frauenleiden, welche die Folge mangelnder oder ungenügender Pflege während Schwangerschaft und Wochenbett find. Gegen Dr. Friedebergs Ausführungen wendeten sich Graef  = Frankfurt   a. M. und Koppe- Berlin  . Ersterer betonte, daß er im Prinzip mit dem Referenten übereinstimme, aber die Durchführung der befürworteten materiellen Neuerungen in der Praxis im Rahmen des geltenden Gesetzes nicht für möglich halte. Kassen mit starker weiblicher Mitgliederzahl könnten sonst dein Ruin überantwortet werden. Das komme zum Theil daher, daß Betriebe mit gut ge­zahlten, gesunden Arbeitern eigene Betriebskrankenkassen gründen fönnen. Wochenbettkosten können viele Kassen nicht leisten. In Frank­ furt   a. M. muß z. B. ein armes Mädchen 30 Mt. zahlen, um in der Entbindungsanstalt Aufnahme zu finden. Bei der Wöchnerinnen­unterstützung von 10 bis 15 Mt. ist das unmöglich. In Frankfurt  haben sich weibliche Vorstandsmitglieder gut bewährt. Koppe- Berlin meinte, daß die Kassen ihren weiblichen Mitgliedern genügendes Inter­esse zuwendeten, nur müsse verhindert werden, daß diese die Kassen ausbeuten, wie es z. B. in Berlin   durch Prostituirte geschehe, die furze Zeit Kellnerinnenstellen einnehmen, um das Unterstützungsrecht zu erwerben. Dr. Friedeberg hob in seinem Schlußworte hervor, daß es sich darum handle, in der von ihm gezeigten Richtung vorwärts zu gehen. Die Frauen seien bei der Invaliditätsversicherung benachtheiligt, um so mehr müßten sie bei der Krankenversicherung zu ihrem Rechte kommen.

Dienstbotenfrage.

Mit der Ausnahmegesetzgebung für Dienstboten beschäftigte sich der Parteitag der dänischen Sozialdemokratie, der Ende Juli in Kopenhagen   tagte, sowie der sechste skandinavische Arbeiterkongreß, der Ende August ebendaselbst stattgefunden hat. Nach einem Referat von Nielsen- Odense und einer eingehenden Diskussion nahm der sozialdemokratische Parteitag zur Frage folgende Resolution an: Der Kongreß verurtheilt auf das Schärfste das gel­tende Dienstbotengeseß, das empörend ungerecht gegen die Dienstboten und ein Schandfleck unserer Arbeitergesetzgebung ist. Der Kongreß hofft, daß die Reichstagsgruppe alles daran setzen wird, um dieses reaktionäre Gesetz abzuschaffen, und wenn sich das gegenwärtig nicht erreichen läßt, wenigstens u. A. folgende Abänderungen des Dienst­botengesetzes durchzusetzen: 1. Abschaffung des Rechtes der Dienst­herrschaft, Hauszucht" auszuüben. 2. Einschränkung des Rechtes der Dienstherrschaft zur kündigungslosen Entlassung der Dienenden. 3. Gewährung von vollem Lohn und Kostgeld für den Tag, an dem Dienstboten in ein anderes Dienstverhältniß übertreten. 4. Zuerfen­nung des Rechtes an die Dienenden, ihre Stellung zu verlassen, so­bald sie Gegenstand gewaltsamer Angriffe seitens der Dienstherrschaft sind. 5. Aufhebung der Pflicht der Dienstboten, Ersatz zu leisten für Schaden, den sie durch Unachtsamkeit verursacht haben. 6. Ab­schaffung des Zwanges für Dienstboten, auch andere Arbeiten zu ver­richten als diejenigen, für die sie eingestellt worden sind. 7. Errich­tung von Schiedsgerichten, zu denen Dienstboten wie Dienstherren das Wahlrecht besitzen. 8. Unentgeltlicher Rechtsschutz für Dienende in allen Rechtsfragen und Freiheit, den Rechtsbeistand selbst nach Ermessen zu wählen." Der Rongreß beschloß, eine planmäßige und rege Agitation unter den Dienstboten beider Geschlechter zu entfalten. Der sechste standinavische Arbeiterkongreß hatte sich mit der Dienst­botenfrage in Folge eines Antrags zu befassen, den der Fachverein der Dienstmädchen von Kopenhagen   eingebracht hatte. Der selbe war durch seine Vorsitzende Marie Christensen auf dem Rongreß vertreten. Marie Christensen, sowie Lyngfie, der Vorsitzende des dänischen Arbeitsmännerverbandes, schilderten die menschen­unwürdigen Verhältnisse und gesetzlichen Bestimmungen, unter denen Dienstboten und häusliche Lohnarbeiter zu leiden haben. Ihre Aus­führungen wurden durch andere Rednerinnen und Redner ergänzt und unterstützt. Der Kongreß nahm eine Resolution an, welche die Auf­hebung aller bestehenden Ausnahmegesetze für Dienstboten fordert, sowie die Einführung humaner gesetzlicher Bestimmungen zu ihrem Schutze.

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Drud und Berlag von J. H. W. Diez Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart  .