steuerung, sowie der damit verknüpften Prämien- und Liebesgaben­wirthschaft. Die Arbeiterinnen und proletarischen Hausfrauen müssen deshalb wie die Arbeiter nicht nur auf dem Posten erscheinen, wenn es gilt, flammenden Protest zu erheben gegen ein weiteres Anziehen der Steuerschraube, wie dies der gegenwärtig dem Reichstag vorliegende Zolltarifentwurf bezweckt. Es liegt vielmehr in ihrem Interesse und ist ihre Pflicht, daß sie laut, nachdrücklich und unausgesetzt die Be­seitigung des Systems der ungerechten indirekten Besteuerung und der arbeiterfeindlichen Liebesgabenpolitik heischen.

Von der Stellung der Frauen in Australien .

Noch mehr wie die Entwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika ist diejenige der australischen Kolonien von den Fesseln der Tradition unberührt, reiner kommen da die Bedürfnisse der Gesell­schaft zum Ausdruck, als in unserem alten Europa . Für die Macht­stellung der Frau und für die Erringung größerer Rechte ihrerseits in den jungen Ländern war es von außerordentlicher Bedeutung, daß dort nicht wie bei uns ein Frauenüberschuß vorhanden war. Dazu kamen aber noch andere wichtige Umstände. Die auswandernde Frau besaß meist mehr Widerstandskraft, mehr Selbstbewußtsein, wie die in ihrer alten Umgebung verbleibenden Geschlechtsgenossinnen. Die einseitige wirthschaftliche Bethätigung der Männer ließ vor Allem den Frauen der besitzenden Klassen einen weit größeren Spiel­raum für ihre aktive Antheilnahme am sozialen Leben, wie bei uns. Die ausgebildete Demokratie endlich in jenen Republiken und ganz demokratisch ausgestalteten Kolonien hatte zur Folge, daß die formal­rechtlichen Errungenschaften der Frauen der besitzenden Klassen dem ganzen weiblichen Geschlecht zu Gute kommen mußten.

Betrachten wir nun furz auf Grund eines neuen Buches,* wie die Verhältnisse für die Frauen in den australischen Kolonien liegen.

In Neuseeland besitzen die Frauen das politische Wahlrecht seit 1893, in Südaustralien seit 1895. Vor Kurzem hat die Zweite Kammer der Kolonie Viktoria die Ausdehnung des Wahlrechtes auf die Frauen beschlossen. Nicht lange mehr, und das Frauenstimmrecht wird auf dem ganzen australischen Kontinent zu den Selbstverständlich­feiten gehören. Heute schon sind übrigens die genannten australischen Kolonien nicht die einzigen Staatswesen, welche den Frauen das Recht

* Pierre Leroy- Beaulieu : Les nouvelles Sociétés Anglo- Saxon­nes"( ,, Die neuen angelsächsischen Gesellschaften").

Neujahrsgruk.

Von Andreas Scheu.*

Das Jahr verrinnt- im Sterben liegt's es tritt ein neues in den Plan, Mit dunkelbergendem Gewand und erznen Schleiern angethan. Doch ob es noch so dicht verhüll' die Züge seines Angesichts Wir schauen leuchtend unser Ziel im Strahl des reinsten Sonnenlichts! Ob aus den Falten seines Kleids uns Unglück und Verderben fällt, Ob es für uns in seinem Schoß Gefahr und Tod verborgen hält: Wir schreiten stetig unsre Bahn, kein irdisch Hemmniß hält uns auf, Denn so bestimmt ist unser Weg gezeichnet, wie der Sterne Lauf. Hat nicht das abgethane Jahr, das Kampf und Mühsal uns gebracht, Und der Verfolgung wilde Jagd, uns gut und groß und stark gemacht? Auf allen Linien war entbrannt die heiße Schlacht, und ward mit Kraft Begeistrungsglühend durchgekämpft in liebentflammter Leidenschaft. Als Schlag auf Schlag und Stoß auf Stoß uns unsre Fronten dezimirt, Wir haben frischbeherzten Muths: Die Reihen schließen!" kommandirt. Und neue Kämpfer traten vor; die Lücken schlossen Brust an Brust! Der Streiter dichtgedrängte Reihn, erfüllt von heil'ger Kampfeslust. Und ob Gewalt uns auch bedroh' mit Sturm und Blitz und Donnerschlag Wir schreiten festen, stolzen Blicks, was auch die Zeit uns bringen mag! So wie des Pharaonenvolks 3wingherrenthum am heil'gen Nil Vor dem gewalt'gen Flügelschlag des Menschengeists in Staub zerfiel; So wie das Joch des Ritterthums, deß erznem Druck aus Staub und Schmach Des Volkes Kraft sich kühn entrang, wie Glas in Schutt und Scherben brach; So wie des Glaubens Nacht durchbrach der Wissenschaften himmlisch Licht: O, so gewiß kommt auch der Tag, der unsres Elends Ketten bricht! Er kommt, er ist nicht ferne mehr, der Tag des Jubels und des Glücks, Der Sühnetag der bittren Qual, der bangen Noth des Augenblicks; Der Tag, wo Siegeshymnen singt das Volk, das heute duldend schweigt, Von seines Jammers ries'ger Wucht in stummen Schmerz dahin gebeugt; Der Tag, wo durch die Lüfte braust das Lied des Dankes und der Lust, Aufsteigend aus der Seele Grund, aus qualbefreiter Menschenbrust; Der Tag, an dem aus tiefem Staub ein neu' Geschlecht sich kühn erhebt,

-

-

* Aus: Deutsche Arbeiter- Dichtung", 5. Band. Stuttgart , Verlag J. H. W. Diez Nachf.

4

der Abstimmung zu allen Wahlen zuerkannt haben. In einzelnen Bundesstaaten der Nordamerikanischen Union, so in Colorado , Wyoming , Minnesota und in Utah ist das weibliche Geschlecht politisch völlig gleichberechtigt. Stärker als bei den Frauen der besitzenden Klassen ist das Interesse, welches die Frauenwelt des Mittelstandes und der Arbeiterklasse am Wahlrecht bethätigt, am meisten aber wird das Stimmrecht von den geistigen Arbeiterinnen, den Schriftstellerinnen, Lehrerinnen, Erzieherinnen 2c., gewürdigt und ausgenutzt. Für die Erweiterung der politischen Rechte der Frauen sind am nachdrück­lichsten die Arbeiterparteien eingetreten, daneben die Träger der Mäßigkeitsbestrebungen und der Bewegung für das Verbot des Aus­schantes geistiger Getränke. Es ist interessant und erklärlich, daß die Antialkoholiker ihre kräftigste Unterstützung von den Frauen er­warten.

Unser Gewährsmann nennt das australische Frauenwahlrecht einen Humbug. Im Gegensatz zu seiner Auffassung steht jedoch die Thatsache, daß sich die Frauen stark an den Wahlen betheiligen. Ließen sich doch am 28. November 1893 in Neuseeland bei der ersten Wahl, zu der Frauen zugelassen wurden, von 139915 volljährigen Frauen 109461 in die Wählerlisten eintragen, also 785 von je 1000, und an den Wahlen nahmen 90290 theil oder 645 auf je 1000 Wahl­berechtigte. Die Anzahl der in die Wählerlisten eingetragenen Frauen stieg bis zur Wahl vom Jahre 1896 von 78% auf 89 Prozent, und die der weiblichen Abstimmenden von 64% auf 68 Prozent. Die Wahl­betheiligung der Frauen blieb nur wenig hinter der der Männer zurück, sie ist jedenfalls viel stärker, als die Theilnahme an den Wahlen bei vielen Reichstags- und fast allen Landtags- und Ge­meinderathswahlen im Deutschen Reiche, wo doch nur die Männer zur Stimmabgabe berechtigt sind. Die Wahlbetheiligung, das lebhafte Interesse an der Ausnutzung der errungenen Rechte, spricht unbedingt dafür, daß das Wahlrecht dem weiblichen Geschlecht nicht als un­gewolltes Geschenk aufgedrängt wurde, mit dem die Frauen nichts anzufangen verstehen. Die kräftige Entwicklung der sozialen Gesetz­gebung in den australischen Kolonien beweist übrigens, daß die Mit­arbeit der Frauen an der Gesetzgebung den Fortschritt förderte. Neben sozialen Gesetzen von einschneidender Wirkung hat das von beiden Geschlechtern erwählte Parlament Gesetze gegen den Mißbrauch des Alkohols beschlossen.

Zu den Gründen, die für das Stimmrecht des weiblichen Ge­schlechts in Australien ins Feld geführt werden, zählt auch der, daß die Frauen die künftigen männlichen Wähler zu erziehen haben, daß sie deshalb ebenso das Wahlrecht besitzen sollen, wie ihre Söhne. In dessen Herzen fitt'ge Kraft und reinste Liebe pulst und bebt; Das auf die Fahne des Triumphs, die es erhob, in Flammen schrieb: ,, Jedweder Arbeit ihr Genuß!-Seid frei und gleich, und habt euch lieb!" Indeß bis diese Finsterniß uns jenes Tages Morgenroth Mit seinen goldnen Strahlen hellt wir harren aus in Kampf und Tod! Wir harren aus, und halten hoch der Gleichheit herrliches Panier: Die Fahne unserer Partei! Ihr leben und ihr sterben wir! Ob Sturm und Wetter sie umbraust, ob Feuer ihren Flug umweht, Und ob der Feind in unsre Reihn vernichtende Geschosse sät: Die Fahne hoch! Wir harren aus! Wir wissen doch, es tommt die Zeit,

Wo zu Triumph und Sieg sie führt die Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit!

Feudaler Jammer.

Von Heinrich Teuthold.*

Hans Rechberg trank ennetbirgischen Wein, War munter und guter Dinge;

Er sprach zu Thomas von Falkenstein: ,, Du schlägst eine gute Klinge!

Du schlägst eine Klinge... im ganzen Land Kann keiner mit dir sich messen,

Und dennoch verlorst du unter der Hand Die Schlösser, so du besessen!"

Doch dieser sprach in jähem Grimm

Und stürzte seinen Humpen:

,,,, Beim heiligen Georg! Die Zeit ist schlimm... Und Niemand mag mir pumpen.

Vom Stegreif lebt sich's auch nur schlecht, Wir brauchen Tafft und Zindel,

* Aus ,, Buch der Freiheit", herausgegeben von Karl Henckell . Verlag ,, Vorwärts" Berlin .