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Frauenstimmrecht.

Ein deutscher Verein für das Frauenstimmrecht ist von frauenrechtlerischer Seite gegründet worden. Er soll den Kampf für die volle politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts auf­nehmen. Zu diesem Zwecke wird er nach dem ersten Paragraphen seiner Satzungen: 1. Die Frauen in denjenigen deutschen Ländern, Gemeinden und Berufsklassen, welche im Besitze etwelcher politischer oder sonstiger Stimmrechte sind, zur Ausübung derselben veran lassen; 2. für die übrigen deutschen Frauen die politische Gleich­berechtigung auf allen Gebieten zu erkämpfen suchen." Der Sitz des Vereins ist in Hamburg , weil dort das Vereinsrecht der Frauen gesetzlich nicht beschränkt ist. Dem Vorstand gehören an: Fräulein Dr. juris Anita Augspurg , Frau Minna Cauer , Fräulein Lida Gustava Heymann , A. v. Welzcef. Die Geschäftsführung ruht in den Händen von Frl. Augspurg. Wenn die Statuten der Organi­sation vorliegen, werden wir uns näher mit der Gründung beschäf­tigen, welche einen anerkennenswerthen Fortschritt der deutschen Frauenrechtelei bedeutet. Daß trotz aller Werthung des frauenrecht­lerischen Vorwärts die Proletarierinnen nichts in diesem Frauen­stimmrechtsverein zu suchen haben, versteht sich am Rande für Jeden, der die Klassengegensätze und die dadurch bedingten Wesensunter­schiede zwischen proletarischer und bürgerlicher Frauenbewegung fennt. Für die Proletarierin giebt es nur einen Stimmrechtsverein, dem sie angehören, mit dem sie für die volle politische Gleichberech­tigung fämpfen kann: die Sozialdemokratie.

Eine internationale Konferenz für das Frauenstimmrecht wird vom 12. bis 18. Februar in Washington tagen. Die Konferenz wird von der Nationalen Liga für das Frauenstimmrecht in den Vereinigten Staaten " einberufen. Der Aufforderung dieser Organi­sation entsprechend hat der Bund deutscher Frauenvereine " be­schlossen, sich an der Konferenz zu betheiligen und zwar durch die Einschickung eines Berichts über die Stellung der Frau in Deutsch­ land . Wir sind begierig, ob dieser Bericht die schwächliche, wider­spruchsvolle Haltung der deutschen Frauenrechtlerinnen dem Frauen­stimmrecht gegenüber wiederspiegelt, und ob er in einer unzwei­deutigen nachdrücklichen Forderung der vollen politischen Gleichberech= tigung des weiblichen Geschlechts ausklingt.

Eine Resolution zu Gunsten des Frauenstimmrechts hat der letzte Kongreß der englischen Trade- Unions einstimmig angenommen. Mrs. Silcock, Delegirte der Gewerkschaft der Weber von Wigan , hatte die Resolution eingebracht, Miß Whyte, Delegirte der Buchbinderinnen- Gewerkschaft von London be­gründete sie. Miß Whyte nahm zum fünfundzwanzigsten Male als Vertreterin ihrer Gewerkschaftsorganisation an einem Kongresse der Trade Unions theil.

Zur Frage der Verleihung des Stimmrechts an die Frauen nahm der zwanzigste Kongreß der ,, Société d'Economie Sociale" in Frankreich eine ablehnende Haltung ein. Immerhin wurde auch von Gegnern des Frauenstimmrechts anerkannt, daß die volle politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts nur eine Frage der Zeit sei.

Dienstbotenfrage.

Ein Fachorgan der niederländischen Dienstboten ist vom ,, Allgemeinen niederländischen Dienstbotenbund" begründet worden. Das Blatt, Ons Streven" betitelt, erscheint in Amster­ dam unter der Redaktion von E. Coyenbach. Es steht auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung, will die Organisation der Dienstboten fördern und die verschiedenen Interessen derselben wahr­nehmen.

Eine Vereinigung der Dienstboten von Chicago hat sich im letzten Sommer konstituirt und zählte sofort nach der Gründung 250 Mitglieder.

Genossenschaftsbewegung.

Ein Verein für die Gründung von Haushaltungsgenossen­schaften hat sich kürzlich in Berlin unter dem Vorsitz von Genossin 2. Braun konstituirt. Die Organisation wird die Ideen zu verwirk­lichen suchen, welche Genoffin Braun in ihrer Broschüre entwickelt hat: Frauenarbeit und Hauswirthschaft". Die Gleichheit" hat sich eingehend mit den hier entwickelten Vorschlägen über die Gründung von Hausgenossenschaften beschäftigt.( Siehe Nr. 13, 14, 15, 16, 18, 20 vom vorigen Jahre.) Der Verein wird seine propa­gandistische Thätigkeit im Januar mit öffentlichen Vorträgen und der Verbreitung von Flugschriften beginnen. Unter der Spizmarke:

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Der Anfang vom Zukunftsstaat oder die Ueberküche" macht sich die fromme katholische" Germania " über den Verein, bezw. sein Ziel lustig. Dabei stellt sie die Sache so dar, als ob es sich um eine Aktion der Berliner Genossinnen handle. Sie schreibt nämlich: Der Worte sind genug gewechselt, nun laßt uns endlich Thaten sehen; dies Wort aus dem Tell haben sich die sozialdemokratischen Frauen Berlins jetzt zur Richtschnur genommen." Bewußt oder unbewußt macht sich das Blatt damit einer groben Entstellung des Thatbestandes schuldig. Genossin Braun hat in ihrer Broschüre keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie mit den Vorschlägen zur Gründung von Haushaltungsgenossenschaften nur ihre persönliche Meinung vertritt. Und wenn dem Verein neben bürgerlichen Elementen auch Sozialisten angehören, so ist doch seine Gründung nichts weniger als eine Aktion der Berliner Genossinnen und hat auch nie für eine solche gelten wollen. Daß Haushaltungsgenossenschaften sich trefflich bewähren, wenn sie eine gesicherte materielle Grundlage und eine umsichtige Verwaltung haben: ist in Amerika und England schon längst erwiesen.

Frauenbewegung.

Die Zuerkennung des Bürgerrechts von Hamburg haben fürzlich mehrere steuerpflichtige Frauen bei den zuständigen Behörden nachgesucht. Nach altem Hamburger Recht waren steuerpflichtige Frauen berechtigt, das Bürgerrecht zu erwerben, diese Berechtigung wurde ihnen jedoch durch das Gesetz vom 7. November 1864 ge= nommen. Nach einem Vorlesungskursus über Bürgerkunde, den der Verein Frauenwohl" veranstaltet hat, soll nun das betreffende Gesetz seinerseits durch den§ 8 des Gesetzes vom 2. November 1896 in seinem vollen Umfange aufgehoben worden sein. Demnach bestände der Ausschluß der steuerpflichtigen und staatsangehörigen Frauen von der Erwerbung des Bürgerrechts nicht mehr zu Recht, und es könnte ihnen dasselbe unter den gleichen Bedingungen wie den Männern zuerkannt werden. Die oben erwähnten Gesuche sind auf Grund dieser Auffassung eingereicht worden. Wir sind begierig, welche Ant­wort ihnen werden wird.

Die Zulassung der Frauen zur Advokatur in Belgien fordert ein Antrag, den der sozialistische Abgeordnete Vandervelde in der Kammer eingebracht hat, und der demnächst zur Verhandlung kommen wird.

Als Mitglied der Schulverwaltungskommission, welcher sämmtliche staatliche Industrieschulen für Mädchen unterstehen, wurde in Texas ( Vereinigte Staaten ) eine Frau, Mrs. Stoddard, vom Gouverneur ernannt. Der Senat bestätigte die Ernennung.

Als Landesschulinspektor für Colorado wurde eine Frau gewählt, Miß Emma Harey. Dieselbe hat das Amt schon bisher bekleidet und so erfolgreich gewirkt, daß ihre Kandidatur bei der vorgeschriebenen Neuwahl von sechs politischen Parteien unterstützt

wurde.

An den Wahlen für die Schulkommission in Omaha be­theiligten sich 9000 weibliche Wähler, ein Beweis mehr dafür, daß die Frauen zuerkannte öffentliche Rechte nicht brach liegen lassen, sondern benützen.

228 Frauen waren 1898 in der Schulinspektion der Vereinigten Staaten thätig, 3 von ihnen nahmen einen höheren Posten in der Schulverwaltung ein.

Als Dozentin für Experimental- Psychologie wurde Miß Bradford Thompson an das Hobyse College in Massa= chussetts berufen. Die Dame hat ein sehr gerühmtes Werk über Experimental- Psychologie geschrieben.

Sittlichkeitsfrage.

,, Der Abolitionist" ist eine neugegründete kleine Monatsschrift, welche der Dresdener Zweigverein der internationalen Föderation zur Bekämpfung der staatlich reglementirten Prostitution heraus­giebt. Das Blatt soll für die Ziele der Föderation wirken und wird von Katharina Scheven redigirt.

Kellnerinnenfrage.

Kellnerinnenschutz in der Schweiz . Im Kanton Zürich be steht ein gesetzlicher Schutz des Wirthschaftspersonals, das in seiner großen Mehrheit aus Kellnerinnen zusammengesetzt ist. Jahrelang stand dieser Schuß nur auf dem Papier, da sich um seine Durch­führung Niemand kümmerte, wenn sich nicht etwa hier und da eine