Maße als die Nähmaschinenarbeit übt eine anhaltende stehende Be­schäftigung bei gleichzeitig schwerer förperlicher Arbeit einen schädi­genden Einfluß auf die Unterleibsorgane aus. Die Schädigung, welche die Nähmaschinenarbeit als solche hervorruft, läßt sich fast vollständig bei fabrikmäßigem Betrieb vermeiden, wenn die Maschinen durch Dampf oder Elektrizität getrieben werden und die Arbeiterin nur mit den Füßen den Gang der Maschine regulirt." Diese Art des Betriebs ist seit Langem bekannt, aber nur wenig eingeführt. Die verhängnißvolle Heimarbeit stellt sich vor Allem ihrer weiteren Ver­breitung entgegen. Daß die tägliche Arbeitsdauer von untergeordneter Bedeutung für die gesundheitsschädigenden Wirkungen des Maschinen­nähens sein soll, will uns nicht recht einleuchten und widerspricht auch den Feststellungen anderer Aerzte und Hygieniker. Wo die Be­dingungen dafür gegeben sind, daß diese Arbeit zerrüttend auf den weiblichen Organismus einwirkt, da müssen ihre Folgen der Länge der Arbeitszeit entsprechend gesteigert werden. Neben der Einführung motorischer Kräfte zur Bewegung der Nähmaschinen scheint uns deshalb eine Verkürzung der Arbeitszeit als wirksames Mittel, dem gesundheitsschädigenden Einfluß des Maschinennähens vorzubeugen.

Der Zusammenhang zwischen Frauenarbeit und Kinder­sterblichkeit wird durch die folgende Aufstellung des englischen Arztes Dr. G. Reid beleuchtet. Ihr liegen die einschlägigen Ver­hältnisse in Städten von Staffordshire zu Grunde, einem hoch ent­wickelten englischen Industriezentrum.

Bei der Arbeit sind beschäftigt:

Bevölkerung nach der Zählung

Viele

von 1901 in Städten mit Einwohnern.

147281

Weniger 198955

Kinder unter 1 Jahr starben

auf 1000 Geburten

1881 bis 1890 1891 bis 1900

195 211

166

177

Fast keine Frauen 182 864

152 167

Im letzten Jahrzehnt fand mithin eine allgemeine Zunahme der Kindersterblichkeit statt. Zwischen den einzelnen Gruppen von Städten hat sich aber das gleiche relative Verhältniß betreffs der Kinder­sterblichkeit erhalten wie im vorhergehenden Jahrzehnt. Je weniger Frauen in den Städten der Fabrikarbeit nachgingen, um so geringer war die Sterblichkeitsziffer der Säuglinge. In diesen Thatsachen treten uns die Folgen davon entgegen, daß die kapitalistisch aus­gebeutete Berufsarbeit vielfach den mütterlichen Organismus zer­rüttet und schwächt, daß sie dem Kinde die mütterliche Pflege und Betreuung raubt.

Frauenstimmrecht.

Das Frauenwahlrecht in Belgien  . Nach bürgerlichen Zei­tungen haben die Abgeordneten und Senatoren der beiden bürger­lichen Linken( Gemäßigte Liberale und Radikale) kürzlich in ge­meinsamer Sitzung beschlossen, die Forderung des Wahlrechts der Frauen in der jetzigen Kampagne für ein allgemeines, gleiches, ge­heimes und direktes Wahlrecht nicht zu unterstützen. Sie beschlossen ferner, das allgemeine Wahlrecht schlechthin, d. h. ohne jede Ein­schränkung, abzulehnen, falls die Sozialisten sich nicht ver­pflichten, gegen das Frauenwahlrecht zu stimmen. Rechte will dagegen demnächst einen Antrag in der Kammer ein­bringen, welcher den Frauen das Stimmrecht zuerkennt. Dieser Antrag soll gleichzeitig mit dem der Sozialisten über Ein­führung des allgemeinen, gleichen Wahlrechts zu den Provinzial- und Gemeindevertretungen verhandelt werden. Die politische Klugheit und Anpassungsfähigkeit der Klerifalen, wie die große politische Kurz­sichtigkeit und Verkommenheit des bürgerlichen Liberalismus werden durch diese Nachrichten hell beleuchtet. Besonders vielsagend ist der Umstand, daß die bürgerlich Liberalen die Politik ihres grundsatzlosen Fortwurstelns von Tag zu Tag auch noch mit aller Gewalt den So­zialisten aufzwingen wollen. Nicht genug damit, daß sie ihre Bundes­genossenschaft der Arbeiterpartei nur um den Preis verkauften, daß diese von dem beschlossenen Kampfe für ihre grundsätzliche For derung des Frauenwahlrechts absah. Nun sind die Liberalen" schäbig genug, die Sozialisten unter das faudinische Joch der Ab­lehnung dieser Forderung beugen zu wollen. Als taftischer Vorwand muß die Aussicht herhalten, daß durch die Frau die Macht des Kle­ritalismus gestärkt würde. Vorübergehend wäre das sicherlich der Fall. Aber übersehen die blödäugigen Liberalen denn vollständig, daß sie die Frauen auf lange Zeiten hinaus dem Einfluß der Klerikalen ausliefern, wenn sie diese geradezu provoziren, die Rolle der Vor­kämpfer für die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts zu spielen? Haben sie vollständig vergessen, daß bei der letzten großen Wahlrechtskampagne die Sozialisten ihre glänzendsten Siege gerade

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Berantwortlich für die Rebattion: Fr. Klara Bettin( Bundel) in Stuttgart  .

mit der begeisterten Antheilnahme und Unterstützung der Frauen -zumal in den Bergbaudistrikten zu danken hatten? Wir glauben einstweilen nicht, daß die Sozialisten sich der Bedingung unterwerfen und gegen eine Forderung ihres eigenen Programms stimmen werden. Die Preisgabe der grundsätzlichen Forderung wäre unseres Erachtens gleichzeitig der schwerste taktische Fehler. Sie würde fördern, was sie verhindern sollte: die Stärkung der Machtposition des Klerika­lismus auf lange Zeiten.

Zwei Anträge auf Einführung des politischen Frauen­stimmrechts in Norwegen   wurden kürzlich vom Konstitutionskomite des Storthings verhandelt. Das Komite beschloß einstimmig, die An­träge nicht zur Annahme zu empfehlen. Es stützte seine Entscheidung auf zwei Gründe. Unter den Stimmberechtigten sei nicht die nöthige Sympathie für die Neuerung vorhanden. Man müsse erst abwarten, welchen Einfluß das neueingeführte kommunale Wahlrecht der Frauen auf die Gemeindeverwaltungen ausübe. Die Anträge wurden also nicht in grundsätzlicher Gegnerschaft verworfen, und aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Frauenbewegung.

Die Zulassung der Frauen zum Universitätsstudium in Bulgarien   ist beschlossen worden. In der Folge hat sich ein Komite gebildet, das für die Gründung eines Heims für unbemittelte Stu­dentinnen wirkt.

Die Zahl der Hörerinnen an der technischen Hochschule zu Berlin   beträgt im laufenden Halbjahre 100. Ihre Zulassung zu dem Unterricht erfolgte auf Grund des§ 36 des Verfassungsstatuts. Für die Gleichstellung der weiblichen und männlichen Lehrer im Gehalte kämpfen gegenwärtig die Frauenrechtlerinnen im Staate Victoria( Australien  ). Bis jetzt beziehen die Lehrerinnen den Grundsätzen der kapitalistischen   Ordnung entsprechend ein nied­rigeres Gehalt, als ihre Kollegen.

Mit dem Assistentenamt an der botanisch- landwirtschaft­lichen Zentral- Versuchsstation in Lemberg   wurde zum ersten Male eine Frau betraut, Frl. Dr. phil. Goldtloff.

Die Austellung von Frauen als staatliche Kanzleibeamte in Victoria suchen die Frauenrechtlerinnen durchzusetzen und entfalten zu diesem Zwecke eine sehr rührige Agitation.

Ein nordischer Frauenkongreß soll im Sommer dieses Jahres in Christiania   tagen. Die Norwegische Vereinigung für Frauen­bewegung" hat die Initiative dazu ergriffen und die norwegischen, schwedischen, dänischen, finnländischen und isländischen   Frauen zur Beschickung der Berathungen aufgefordert.

Frauen als Geistliche an amerikanischen   Gefängnissen. In dem Reformgefängniß für Frauen  " in Sherborn( Vereinigte Staaten  ) wirken seit einigen Jahren Frauen als Geistliche. Am Staatsgefängniß für Männer von Laramie   in Wyoming   ist eine Frau als Geistliche angestellt, Frau Breston Sloppon.

Zur städtischen Armenpflege in Eisenach   sollen fünftighin auch die Frauen zugezogen werden. Der Oberbürgermeister dieser Stadt hat an alle Eisenacher   Frauenvereine die Aufforderung ge­richtet, diejenigen ihrer Mitglieder zu melden, welche an der städtischen Armenpflege mitarbeiten wollen.

Adressen der weiblichen Vertrauenspersonen. Detmold  : Frau Möller, Bruchmauerstr. 40. Klein- Auheim: Frau Elisabeth Klein. Lemgo  : Frl. Anna Althage, Obbingstraße. Mülhausen   i. Elsaß  : Frau Emmel, Bäckerstr. 17. Oberursel   i. Taunus  : Frau Jßbrücker, Vorstadt 29.

Ottilie Bader, Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands  , Berlin   W., Groß- Görschenstr. 38, II. Hof rechts, 3 Tr.

Quittung.

Für den Agitationsfonds der Genossinnen gingen im Januar bei der Unterzeichneten ein: Genossin W. 3. Berlin  50 Mt., Genossinnen von Altona   durch Fr. von Hollen 5 Mt., Genossin A. Berlin   60 Mt., von den Genossinnen in Leipzig   durch Frenzel 47,36 Mt., Genossin B. Berlin   40 Mt., Genossinnen von Neumünster   in Holst. 10 Mt., eine unbekannte Genossin durch E. Zietz 200 Mt., Genossin X. Y. 3. Berlin   50 Mt. Summa 462,36 Mt.

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Dankend quittirt:

Ottilie Baader  , Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands  , Berlin   W., Groß- Görschenstr. 38, II. Hof rechts, 3 Tr. Drud und Verlag von J. H. W. Diet Nachf.( B. m. b. S.) in Stuttgart  .