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lichste protestirt. Auch hier wurde der Anschluß an die Partei und die bestehenden Gewerkschaften als eine dringende Nothwendigkeit em­pfohlen und anerkannt. P. T.

Die Behörden im Kampfe gegen die proletarischen Frauen. Auf Grund des preußischen Vereinsgesetzes mußten Ende Januar etwa 20 Frauen eine Versammlung in Berlin verlassen, welche der sozialdemokratische Wahlverein für den 6. Berliner Wahlkreis einberufen hatte, und in der Genosse Ledebour über Die Aera Bülow" referirte. Die Ausweisung der Frauen geschah in diesem Falle unstreitig von Rechtswegen, aber welch ein rückständiges, zu schreiender Ungerechtigkeit gewordenes Recht ist es, das den Frauen heutigen Tages noch die Betheiligung an politischen Vereinen und ihren Versammlungen versagt! In die Rumpeltammer mit ihm!

Detmold . Die Krise lautete das Thema, das hier behandelt| folgt. Einmüthig wurde gegen die Zollvorlage auf das Nachdrück­wurde. Allseitige Zustimmung fand eine Resolution, welche die Praxis der Gemeinde Detmold verurtheilt, in der Zeit der allgemeinen Ar­beitslosigkeit Sträflinge bei den Kanalarbeiten zu verwenden und von den Stadtverordneten hierin Wandel heischt. Genossin Möller übernahm das Amt einer weiblichen Vertrauensperson. Hoffent: lich werden sich also in Zukunft auch in Detmold die Frauen stärker an der Bewegung betheiligen. Glänzend war die Versammlung in Lemgo , wo die Referentin ebenfalls über die Krise sprach. In Lemgo arbeiten sehr viele Frauen und Mädchen in der Tabakbranche, aber nur wenige von ihnen sind organisirt. In der Versammlung war die Zahl der weiblichen Besucher jedoch schon bedeutend größer, als in einer früheren Versammlung im letzten Herbst. Um die Be wegung unter den Frauen wach zu halten, wurde Genossin Frln. Althage einstimmig als Vertrauensperson gewählt. Gut besucht war die Versammlung in Blomberg . Bei der Stuhlfabrikation schaffen hier Männer wie Frauen und Kinder. Die Männer ver­fertigen in den Fabriken die Gestelle; die Frauen und Kinder flechten daheim die Sitze und trotzdem langt der Verdienst der Familie oft kaum zum Nöthigsten. Weshalb Genossin Zieh nicht, wie vorge­sehen, in Salzuflen referiren konnte, ist an anderer Stelle zu lesen. Statt ihrer sprach Genosse Klingenhagen aus Herford . Anläß­lich der Nachwahl in Lippe- Schaumburg fand in Stadthagen eine stark besuchte Volksversammlung statt. Genossin Ziez sprach hier über die bevorstehende Reichstagsnachwahl. Glänzend besucht war auch die Volksversammlung in Herford , in welcher der Zolltarif das Thema bildete. Ein Tertilfabrikant der Stadt erklärte sich mit den Ausführungen vollständig einverstanden. Genosse Hoffmann­Bielefeld brachte eine Resolution ein, die sich energisch gegen den Entwurf wendet und den sozialdemokratischen Mitgliedern der Kom­mission des Reichstags den Dank und die Zustimmung der Ver­sammelten ausspricht. Dieselbe fand einstimmige Annahme.

L. Z.

Einige öffentliche Fabrikarbeiterversammlungen fanden Mitte Januar im Hessischen statt. Genossin Ziez- Hamburg referirte in ihnen über die Krise und die Nothwendigkeit der Organisation. In Oberursel , wo die erste Versamm­lung tagte, hatten die Genossen die ,, Allemania" als Versammlungs­lokal bekommen. In letzter Stunde zog jedoch die Wirthin ihre Zu­sage zurück, da ihr vom Bürgermeister bedeutet worden, sie werde Nachtheile von der Abhaltung der Versammlung haben. So mußte man sich mit einem kleinen Lokal begnügen, das bald überfüllt war. Es wurde eine Reihe neuer Mitkämpfer gewonnen, auch erfolgte die Wahl der Genossin Jßbrücker zur weiblichen Vertrauensperson. Eine glänzende Versammlung fand in Klein- Auheim statt. Die­selbe brachte etwa ein Dußend neuer Mitglieder, und einstimmig ward Genossin Klein als Vertrauensperson ernannt. Ebenfalls günstig besucht war die Versammlung in Weiskirchen , wo durch Aufnahme von etwa 20 Personen der Grundstein für eine Zahlstelle des Fabrik­arbeiterverbandes gelegt ward. Auch in Griesheim war die Ver­sammlung stark besucht. Allerorts sieht man das zunehmende Inter­esse der Frauen an der Bewegung. Just die Krise mit ihren schlimmen Begleit und Folgeerscheinungen öffnet Mancher die Augen.

L. Z.

Auf Veranlassung der Vertrauensperson der deutschen Genossinnen fanden Mitte Januar in Werdau , Schmölln , Crimmitschau und Gößnitz Volksversammlungen statt. Die Tagesordnung lautete in allen Die Zollvorlage und ihre Wirkung auf Haushalt und Familie", Referentin war Genossin Thiede- Berlin. Die Versammlungen waren alle sehr gut besucht, besonders hatten sich in allen Orten die Frauen zahlreich eingefunden und folgten mit regem Interesse den Ausführungen der Rednerin. In allen Versammlungen wurde energischer Protest gegen die Zollvorlage erhoben, die bekannte Resolution einstimmig angenommen und beschlossen, über die bestehende Arbeitslosigkeit Erhebungen anzustellen und wahrheitsgetreue Berichte der herrschenden Noth an unsere Volksvertreter zu senden, um klar und unzweideutig zu beweisen, daß die arbeitende Bevölkerung neue Lasten und Steuern nicht tragen könne. Die Referentin forderte zum Schluß die Versammlungsbesucher auf, sich ihrer politischen und ge werkschaftlichen Organisation anzuschließen, um durch die in letzterer fast überall eingeführte Arbeitslosenunterstüßung über wirthschaftlich schlechte Zeiten leichter hinwegzukommen und durch den bewußt ge­führten Klassenkampf geregelte Arbeitszeit, bessere Löhne und ernste soziale Reformen zu erringen. Gegner meldeten sich nicht zum Wort. Die Versammlungen haben der Sache der Arbeiterklasse neue Streiter und Streiterinnen zugeführt.

In Grüneberg i. Schl. fand auf Verlangen des Vertrauens­manns eine Volksversammlung statt, in der Genossin Thiede über das gleiche Thema referirte. Auch hier war die Versammlung nahezu überfüllt, und gut die Hälfte der Versammelten waren Frauen. Den Ausführungen der Referentin wurde mit dem regsten Interesse ge­

Anfang Februar wurde die Sigung des Gewerkschaftskartells zu Halle polizeilich wegen Anwesenheit von zwei weiblichen Dele­girten aufgelöst. Der Polizeikommissar, welcher die Maßregel ver­fügte, forderte zunächst die Entfernung der beiden weiblichen Dele girten. Diese Forderung war durchaus unberechtigt, denn das Ge­werkschaftskartell ist kein politischer Verein, vielmehr eine Körper­schaft, die auf Grund des reichsgefeßlich gewährleisteten Koalitions­rechts besteht, das auch für die Arbeiterinnen gilt. Der Vorsitzende des Kartells lehnte es trotzdem nicht ab, die Frauen hinauszuweisen, sondern holte zunächst die Meinung der Versammelten ein. Während diese noch diskutirten, erklärte der Kommissär die Sigung für auf­gelöst. Sein Vorgehen ist ein zweifach unberechtigtes. Zunächst ist, wie oben erwähnt, das Gewerkschaftskartell fein politischer Verein, von dessen Sitzungen die Frauen auf Grund des herrlichen preußi­schen Vereinsgesetzes ausgeschlossen wären. Dann aber voraus­gesetzt daß in dem Hohlspiegel eines Königl. preußischen Beamten­hirns das Kartell sich thatsächlich zu einem politischen Verein ver­zerrte durfte die Auflösung der Sigung erst erfolgen, wenn der Vorsitzende sich geweigert hätte, der polizeilichen Weisung nachzu­kommen. Es wurde natürlich Beschwerde gegen die verfügte Maß­regel eingelegt. Bis die Frage entschieden ist, wollte das Gewerk­schaftskartell seine Sigungen als öffentliche Versammlungen abhalten, an denen bekanntlich auch das preußische Vereinsgesetz den Frauen die Betheiligung nicht verwehrt. Die erste solche öffentliche Versamm­lung verfiel nichtsdestoweniger der polizeilichen Auflösung, weil der Vorsitzende die Ausweisung der Frauen ablehnte. Der Vorstoß der Behörden in Halle darf wohl als Antwort darauf betrachtet werden, daß die proletarischen Frauen der Stadt in letzter Zeit beginnen, einen lebhafteren Antheil an der modernen kämpfenden Arbeiter­bewegung zu nehmen. Amtlich approbirte Weisheit meint, durch Nücken und Tücken die Proletarierinnen in Gleichgiltigkeit und stumpf­sinnige Demuth zurückzuschrecken. Die Zukunft wird erweisen, daß sie die Rechnung ohne den Wirth gemacht haben, ohne das erwachte Persönlichkeits- und Klassenbewußtsein der proletarischen Frau. W. K.

,, Wo alles liebt, fann Karl allein nicht hassen", wo alle klassen­staatlichen Gewalten auf dem Gebiete des Vereins- und Versammlungs­rechts gelegentlich staatsretterische Purzelbäume schlagen, kann der Bürgermeister von Salzuflen allein nicht ,, thatenlos" verbleiben. Also dachte, wie's scheint, das biedere Oberhaupt der genannten Gemeinde im Zaunfürstenthum Lippe und verfügte, daß Frauen nicht an der Versammlung theilnehmen durften, in der Genossin Ziez referiren sollte. Das Referat von Genossin Zieß war in der Folge natürlich eben­falls verboten. Die Maßregel wurde damit zu begründen versucht, daß die Versammlung eine Veranstaltung des politischen Bildungs­vereins sei, und daß das Vereinsgesetz Frauen von den Veranstaltungen politischer Organisationen ausschließt. Beweis für diese Annahme: Der Einberufer der Versammlung ist Mitglied des Bildungsvereins. Unseres Erachtens steht der Beweis somit auf recht schwachen Beinen und dürfte auf die eingelegte Beschwerde hin zusammenbrechen. Wenn auch den Frauen die Betheiligung an der betreffenden Ver­sammlung verwehrt war, so erfüllte sich doch nicht die stille Hoffnung der Reaktionäre, die Versammlung selbst damit zum Scheitern zu bringen. Sie fand statt, und wenn auf die eingelegte Beschwerde hin die lippische Regierung dem Herrn Bürgermeister erst flargemacht hat, daß in Lippe auch Frauen das Recht besitzen, an öffentlichen Ver­sammlungen theilzunehmen, wird eine zweite Versammlung tagen mit Frauen.

Notizentheil.

Weibliche Fabrikinspektoren.

L. Z.

Das Amt einer Assistentin der Gewerbeinspektion wurde fürzlich in Koburg - Gotha geschaffen und probeweise Frau Ida Rohr anvertraut.

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