laufen, so würden sie mit ihrem Verdienst schon auskommen. Naturgemäß klang die Erörterung der Lohnreduktion und anderer Beschwerden in die Mahnung aus:„Arbeiterinnen, organisirt Euch!"Sie verhallte nicht ungehört, denn der Verband gewann etwa 30 neueMitglieder. Auch dieser Versammlung folgte eine Entlassung ausder Arbeit auf dem Fuße. Sie betraf einen Arbeiter. Der Fabrikarbeiterverband hat die eingeleitete Agitation unter den Arbeiterinnender Firma Mey S. Edlich weiter betrieben, die Genossinnen habenihn dabei durch Verbreiten von Handzetteln zc. unterstützt.Ohne Erfolg blieben leider die Bemühungen der Genossinnen.in Fühlung mit dem Metallarbeiterverband die Arbeiterinnen derBlcchwaarenfabrik von F. Lasse der Gewerkschaft zuzuführen. Trotzintensiver Agitation waren nur 4 Arbeiterinnen in der einberufenenWerkstubenversammlung erschienen.Um so erfreulichere Resultate sind betreffs der gewerkschaftlichenAgitation unter den Schneiderinnen und Konfektionsarbeiterinnen zuverzeichnen. Der Verband der Schneider hatte allmälig die wenigenweiblichen Mitglieder verloren, die er in Leipzig besessen. In diesemFrühjahr gehörte ihm auch nicht eine einzige Arbeiterin an. DerVorsitzende der Mitgliedschaft wendete sich nun an den Vorstand des„Bildungsvereins für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse" undersuchte ihn, eine geplante Agitation unter den Schneiderinnen undKonfektionsarbeiterinnen zu unterstützen. Die gewünschte Mitarbeitwurde freudig zugesagt und thatkräftig geleistet. Die Genossinnenvertheillen vor verschiedenen großen Konfektionsgeschäften und Werkstätten Handzettel, welche zum Besuch einer öffentlichen Versammlungeinluden, in der Genossin Kähler-Dresden über„Das Arbeiterinnenelend im Schneidergewerbe" sprechen sollte. Der Erfolg war einausgezeichneter. Die Versammlung war so gut besucht, daß derNebensaal des Lokals geöffnet werden mußte, um alle Zuströmendenzu fassen, die der überwiegenden Mehrzahl nach dem weiblichen Geschlecht angehörten. Besonders zahlreich waren die Arbeiterinnen derFirma Steckner vertreten. Sie legten damit einen anerkennenswerthenMuth an den Tag, denn um„abzuschrecken" hatten ihre Herren dieGenossin verhaften lassen, welche vor dem Geschäft Handzettel vertheilte. Die Versammlung brachte dem Verband mehr als 70 weibliche und einige männliche Mitglieder. Eine zweite Versammlung,die unter Mitwirkung der Genossinnen vorbereitet wurde, erwies sichebenfals als sehr erfolgreich. Auch diesmal maßte sich die FirmaSteckner wieder an. die Vertheilung von Handzetteln an„ihre" Arbeite-Als ihre Kraft den Anforderungen des Agitirens und Organisirensnicht mehr gewachsen war, wollte sie wenigstens in Versammlungeneine Hörerin, den Genossinnen aber eine Beratherin sein. Der Todsprach bereits aus den eingefallenen Züge», aus den fieberhast glänzenden Augen, und doch kam sie 1900 noch zu der Besprechung, in der essich um die Auflösung des„Bildungsvereins" handelte. Und der eindringlichsten Vorstellungen ungeachtet, schleppte sie sich letztes Jahrin die Versammlung der weiblichen Mitglieder der drei DresdenerWahlvereine, die sich mit dem Glasarbeiterstreik und dem Parteitag beschäftigte. Die Genossinnen waren übereingekommen, sie nicht sprechenzu lassen, da jede Anstrengung das Schlimmste befürchten ließ. DieMacht ihres bittenden Blickes war jedoch so groß, daß sie das Worterhielt. Es war das letzte Mal, daß ein größerer Kreis von Genossinnen ihren Ausführungen lauschte, die vom Herzen kamen, zumHerzen gingen.Das unheilbare Lungenleiden machte rapide Fortschritte, so sehrsich auch unsere Genossin gegen das Ende sträubte„Ich möchte nochnicht sterben", erklärte sie mir im Dezember,„nicht des Lebens wegen,denn was hat unsereines vom Leben? Aber es gäbe noch so viel fürmich zu thun, ich möchte noch wirken." Und zu einer Genossin äußertesie kurz vor ihrem Tode:„Mein Leben ist nun ohne Werth für dieBewegung. Aber könnte es ihr nützen, wenn ich auf Jahre ins Ge-fängniß ginge und dort stürbe, wie gern ginge ich ins Gefängniß."Am 1. Juni machte der Tod ihren schweren Leiden ein Ende, derenqualvollstes das Bewußtsein war, dort thatenlos stehen zu müssen,wo es noch so vieler Kämpfer, so unendlicher Arbeit bedarf. Mitden Dresdener Genossinnen und Genossen trauert die proletarischeFrauenbewegung Deutschlands um eine ihrer besten, selbstlosestenVorkämpferinnen.Das Leben einer Schlichten ist zur Rüste gegangen, aber einreiches Leben, ein nützliches Leben, das an tiefem Gehalt und innererGröße das Sein und Thun mancher glänzenden, vielgenannten Persönlichkeil in den Schatten stellt. Furchtlos, treu, selbstaufopferndhat es bis zum letzten Hauche dem Besten unserer Tage gehört: derIdee des Sozialismus. Mit Stolz dürfen die kämpfenden Proletarier von diesem Leben erklären: es war das unsere. Voll Dankbarkeit werden sie stets ihrer tapferen, selbstlosen Vorkämpferin gedenkenrinnen hintertreiben zu wollen. Sie ließ polizeilich den Namen derGenossin Jäger feststellen, welche sich dieses„Verbrechens" schuldigmachte. Auf eingelegte Beschwerde beim Polizeiamt erfolgte der Bescheid, der Firma Steckner stehe das Recht zu, polizeiliche Hilfe inAnspruch zu nehmen, wenn sie sich belästigt fühle. Im Falle einerBestrafung wollen die Genossinnen eine gerichtliche Entscheidungherbeiführen. Die Gerichte sollen darüber befinden, ob den Genossinnen allein ein Recht nicht zusteht, das den Reklame- und Traktätchen-verbreitern noch nie streitig gemacht worden ist.Rückständigkeit. Indifferenz und Furcht vor Entlassung auf Seitender Arbeilerinnen; Chikanen und Aufgebot der kapitalistischen Herrenmacht auf Seiten der Unternehmer;„ordnungsretterische" Thaten derPolizei; das sind Hindernisse, welche den Leipziger Genossinnen auchbei ihrer gewerkschaftlichen Kleinarbeit auf Schritt und Tritt entgegenstehen. Sie finden sich mit ihnen getreu der stolzen Worte ab:„Ihr hemmt uns. doch ihr zwingt uns nicht". Die Schwierigkeitenund Mühen ihrer Aufgabe predigen ihnen nicht müde Hoffnungslosigkeit. vielmehr zähe Ausdauer, liebevolle Geduld und opferbereiteEnergie.Leipzig.- Clara Wehmann.Aus der Bewegung.Von der Agitation. Im Auftrage des Gauvorstandes derorganisirten Fabrikarbeiter von Württemberg sprach GenossinZietz-Hamburg in der Zeit vom 20. April bis 13. Mai in einerganzen Reihe von Städten des Königreichs über:„Der Kampfums Dasein während der Krise" und„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Versammlungen fanden statt in Heilbronn,Böckingen, Neckargartach, Sontheim, Cannstatt. Hedelfingen. Zuffenhausen. Backnang, Eßlingen, Göppingen.Nürtingen, Kirchheim u. Teck, Reutlingen, Schwenningen,Tuttlingen. Konstanz(Bodensee). Wangen(Allgäu). Biberacha. Riß, Ulm. Aalen. Schnaitheim und Hall. Mit wenig Ausnahmen waren die Versammlungen gut. zum Theile sogar glänzendbesucht; in den meisten Orten wohnten ihnen auch viele Frauen bei.Wo bereits Zahlstellen bestanden, wurden denselben durch die Versammlungen neue Mitkämpfer zugeführt. In Heilbronn z.B. gelanges der gewerkschaftlichen Agitation zum ersten Male, die Arbeiter derchemischen Fabrik richtig zu erfassen. In der betreffenden Versammlung traten zwar nur 19 Personen dem Verband bei, jedoch versprachen zahlreiche Besucher, sich demselben nach dem 1. Mai anschließen zu wollen, wenn die Maiprämie gefallen. Am Tage nachder Versammlung, früh 7 Uhr, fand eine Besprechung mit den Nachtschichtlern des Betriebs statt. Wir führten ihnen ihre traurigeLage eindringlich vor Augen und setzten ihnen auseinander, wennirgendwo, so könne in der„Chemischen" die Einigkeit der Arbeitereine Besserung erzwinge». Die Erschienenen stimmten dem zu undtraten sämmtlich dem Verband bei, versprachen auch, an der Arbeitsstätte weiter zu agitiren. Prompt am 2. Mai lösten die andern Ar-beiler ihr gegebenes Versprechen ein und traten in Heilbronn 126Personen, in Neckargartach K0 Personen stark in die Organisationein. In 9 Orten wurden neue Anknüpfungspunkte geschaffen resp.neue Zahlstellen gegründet. In Sontheim, Biberach. Schwenningenund Reutlingen traten den neugegründeten Zahlstellen auch soforteine Anzahl Frauen und Mädchen bei. Es wurden den verschiedensten Gewerkschaften im Ganzen circa 400 neue Mitstreiter gewonnen,wovon der Löwenantheil auf den Verband der Fabrikarbeiter entfällt.Je mehr Württemberg sich industriell entwickelt, desto mehr gewinnenauch hier die Organisationen an Umfang und Stärke. I-.In Frankfurt a. Main und in Mainz sprach GenossinBraun-Berlin kürzlich über das Thema:„Die Frau und derSozialismus". Beide öffentliche Versammlungen waren glänzendbesucht und zwar auch von Angehörigen der bürgerlichen Kreise. DieReferentin wies an der Hand der geschichtlichen Entwicklung die Bedeutung der Frauen für den Sozialismus»ach. Die formvollendeten Ausführungen weckten begeisterten Beifall. In der Diskussion. welche in Frankfurt dem Vortrag folgte, wendetej sichFrau H. Fürth gegen die von der Rednerin befürwortete Gründungvon Haushaltungsgenossenschaften der Arbeiter und bezweifelte vorAllem, daß gerade in den reformbedürftigen Schichten des Proletariats die praktische Möglichkeit für Einführung des Zentralhaushalts vorhanden sei. In Mainz betheiligten sich die Genossen Dr.David und Liebmann und Genossin David an der Debatte. Siewünschten, die Frauenbewegung solle sich in erster Linie auf demGebiet der Konsumgenossenschaft bethäligen, hier könne die Frausowohl im Interesse ihrer Familie wie ihrer selbst reformirendwirken. Das Projekt. Haushaltungsgenossenschaften zu gründen, seinicht von der Hand zu weisen.