die Sattler mit 29, die Hutmacher mit 28, die Glasarbeiter mit 27, die Vergolder mit 10, die Porzellanarbeiter mit 7, die Lagerhalter mit 2 weiblichen Mitgliedern mehr als im Vor­jahr. Der Verband der Bureau angestellten, der 1900 die zwei weiblichen Mitglieder verloren hatte, die er 1899 aufwies, verzeichnet 1901 abermals 2 weibliche Organisirte. Wir werden in nächster Nummer eine vergleichende tabellarische Uebersicht über die Bewegung der weiblichen Mitglieder in den deutschen Gewerkschaftsverbänden veröffentlichen. Den vorstehenden Angaben sei für heute nur noch die alte, noch immer berechtigte Mahnung beigefügt: Ans Werk für die gewerkschaftliche Organisirung der deutschen Arbeiterinnen. Die lehrreiche und gewissenhafte Statistik der Generalkommission zeigt, daß die Lösung dieser Aufgabe sehr schwer, aber feineswegs unmög­lich ist.

Mit der Frage der Agitation unter den Arbeiterinnen beschäftigte sich neulich der Korrespondent für die Arbeiter der Hut und Filzwaarenindustrie". Er schrieb in einem längeren Artikel über die Tagesordnung des Gewerkschaftskongresses: Die Ver­handlungen über die Agitation unter den Arbeiterinnen dürften auch manche nüßliche Rathschläge zeitigen, von denen der beste sein würde, für die weiblichen Mitglieder Unterstützungseinrichtungen zu treffen, die den Bedürfnissen der weiblichen Mitglieder als Arbeiterin und Mutter mehr angepaßt sind. Die Reiseunterstützung, Arbeitslosenunterstützung, Abreisegeld, Umzugsentschädigung 2c. haben für die weiblichen Mit­glieder nicht die Bedeutung, wie für die männlichen. Hilfe und Schutz in Nothfällen und Bedrängniß wollen die weiblichen Mitglieder, gleich den männlichen, auch von der Organisation haben; kommt die Organi­sation diesen Bedürfnissen nicht entgegen, muß sie auf die weiblichen Mitglieder verzichten. Das haben die englischen Gewerkschaften sehr gut begriffen, von denen einige ihren weiblichen Mitgliedern sogar eine Brautaussteuer, d. h. eine namhafte Unterstützung zur Hochzeit oder Gründung des eigenen Hausstandes geben. In dieser Hinsicht können wir von den englischen Gewerkschaften noch Manches lernen und importiren, nur ihre Neutralität" ist nicht nachahmenswerth, das könnte, nebenbei gesagt, der Kongreß in Stuttgart   recht deutlich zum Ausdruck bringen." Auch wir halten es zur Förderung der Agitation unter den Arbeiterinnen für dringend nöthig, daß die Unter­stützungseinrichtungen der Gewerkschaften mehr als bisher noch die Interessen der Arbeiterinnen berücksichtigen, daß der ihnen durch Beschwerdekommissionen, weibliche Vertrauenspersonen 2c. gewährte Schutz vermehrt wird. Ein Artikel, der sich mit dieser Seite der Frage beschäftigte, muße leider Raummangels wegen zurückgestellt werden.

Weibliche Fabrikinspektoren.

Die Assistentin der Fabrikinspektion in Baden, Fräulein Dr. v. Richthofen, wird demnächst aus ihrem Amte scheiden, um sich zu verheirathen. Wir bedauern ihren Austritt aus dem Gewerbe­aufsichtsdienst aufrichtig. In der furzen Zeit ihrer Amtsthätigkeit hat Fräulein v. Richthofen ebenso viel Fähigkeit, als Ernst und guten, festen Willen bethätigt, es ist ihr immer mehr gelungen, das Vertrauen der Arbeiterinnen zu gewinnen. Bei dem sehr beschränkten Personenkreise, aus denen die Regierungen in Deutschland   die Fabrik­inspektorinnen wählen, ist es sehr fraglich, ob die scheidende Beamtin eine Nachfolgerin erhält, welche ihr an berufstechnischer Vorbildung und persönlicher Qualifikation ebenbürtig ist. Ja, von manchen Seiten wird sogar bezweifelt, daß überhaupt wieder eine Assistentin angestellt wird. Den Unternehmerkreisen ist die Thätigkeit der Beamtin ein Dorn im Auge und vermuthlich werden sie ihren großen Einfluß aufbieten, um die weibliche Fabrikinspektion wieder zu beseitigen. Diesbezügliche Bestrebungen erscheinen um so aussichtsreicher, als der hochverdiente Leiter des badischen Fabrik­inspektorats, Dr. Wörrishofer, in den Ruhestand tritt. Sein Aus­scheiden aus dem Amte, in welchem er vorbildlich für die Gewerbe­aufsicht in ganz Deutschland   gewirkt hat, wird weit über Badens Grenzen hinaus als ein sozialpolitischer Verlust empfunden werden.

Soziale Gesetzgebung.

Den gesetzlichen Schutz der Hausindustrie betreffend nahm der 4 Gewerkschaftskongreß zu Stuttgart   einstimmig fol­gende Resolution an:

" In Anbetracht dessen, daß die Hausindustrie mit ihrer unbe­grenzten Arbeitszeit, ihren niedrigen Löhnen und ungesunden Ar­beitsstätten nur dazu angethan ist, die darin beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen wirthschaftlich und geistig zu verelenden, daß sie dem Unternehmerthum die Möglichkeit bietet, jeglichen Arbeiterschutz

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zu ignoriren und somit die ständige Gefahr in sich birgt, die soziale Lage der in Fabriken, Werkstätten 2c. beschäftigten Arbeiter und Ar­beiterinnen auf das niedrigste Niveau herabzudrücken; erklärt der Kongreß, daß einzig und allein durch ein vollständiges gesetzliches Verbot der Hausindustrie die Schäden derselben zu beseitigen sind. Als Uebergangsstadium fordert der Kongreß:

1. Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetze auf die gesammten Heim­arbeiter.

2. Vollständiges Verbot der Kinderarbeit.

3. Unterstellung der gesammten Heimarbeit unter die Kontrolle durch Gewerbeinspektion.

4. Erlaß strenger Vorschriften über Einrichtung der Arbeitsstätten in der Heimarbeit.

5. Verpflichtung der Arbeitgeber und der sogenannten Zwischen­meister, eine genaue Liste der von ihnen beschäftigten Per­sonen mit Wohnungsangabe zu führen und diese jederzeit den Beamten der Gewerbeinspektion zur Einsicht vorzulegen.

6. Verbot der Heimarbeit an Sonntagen und gesetzlichen Feier­tagen und der Nachtarbeit.

7. Verbot der Heimarbeit in Häusern und Arbeitsstätten, in denen eine ansteckende Krankheit ausgebrochen ist.

8. Unterstellung der Heimarbeiter unter die gewerblichen Schieds­gerichte bei Streitigkeiten zwischen ihnen und den Arbeitgebern resp. Zwischenmeistern, die aus dem Arbeitsverhältniß ent­sprungen sind.

9. Erlaß von Schutzbestimmungen und Spezialvorschriften nach der Natur der einzelnen Zweige der Heimarbeit.

10 Verhängung strenger Strafen für Uebertretung der gesetzlichen Vorschriften, für deren Einhaltung Arbeitgeber und Zwischen­meister in erster Linie verantwortlich sind.

Um diesen Forderungen den nöthigen Nachdruck zu verleihen und die Gesammtbevölkerung auf die Gefahren der Hausindustrie aufmerksam zu machen, beauftragt der Kongreß die Generalkommis­sion, während der nächsten Reichstagssession einen allgemeinen Heim­arbeiterschutzkongreß nach Berlin   einzuberufen und die Reichsregierung und einzelnen Parteien des Reichstags dazu einzuladen.

Ferner erklärt der Kongreß es als eine Pflicht aller gewerk­schaftlich und politisch organisirten Arbeiter und Arbeiterinnen, that­fräftig an der Organisirung der Heimarbeiter und Arbeiterinnen mitzuarbeiten"

"

Frauenbewegung.

Studirende Frauen in Australien  . An der Universität Mel­ bourne   studiren etwa 200 Frauen in den verschiedenen Fächern und mit den gleichen Rechten wie die männlichen Studirenden.

"

Eine Konferenz des Vorstandes des Internationalen Frauenrathes" wird am 10. und 11. Juli in Kopenhagen   tagen. Die deutschen   Frauenrechtlerinnen werden dabei durch die Vorsitzende des Bundes deutscher   Frauenvereine", Frau Stritt, vertreten sein. Studirende Frauen an der Berliner   Universität. Die Zahl der Frauen, welche in diesem Sommerhalbjahr als Gastzuhörerinnen" der Universität Berlin zugelassen sind, ist gegen die früheren Sommer­halbjahre bedeutend gestiegen. Sie beträgt gegenwärtig 365 und wird voraussichtlich noch höher hinaufgehen. Im Sommerhalbjahr 1901 hörten an der Berliner   Universität 303 Frauen.

Ein Mütterkongreß fand in diesem Jahre zu Washington statt. Er beschäftigte sich unter Anderm mit der Frage der Errichtung besonderer Gerichtshöfe für die Strafthaten Jugendlicher, an denen Frauen als Richter thätig sein sollen.

Gleichberechtigung der Frauen in der methodistischen Episkopatkirche der Vereinigten Staaten  . Die methodistische Episkopatkirche in den Vereinigten Staaten   hat den Frauen das Recht zuerkannt, unter den gleichen Bedingungen wie die Männer als Dele­girte zur Generalfonferenz gewählt zu werden.

Ein ausschließlich von Aerztinnen   geleitetes Spital für Frauen und Kinder besteht in Kansas City  ( Missouri  ). Das Spital ist ebenfalls ausschließlich von Frauen eingerichtet worden.

Zur Beachtung.

Alle auf die Agitation unter den proletarischen Frauen bezüg­lichen Briefe und Sendungen sind zu richten an:

Dffilie Baader, Zentralvertrauensperson, Berlin   W., Groß- Görschenstraße 38, zweiter Hof rechts, 3 Tr.

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( 8undel) in Stuttgart  . Drud und Verlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b. 5.) in Stuttgart  .