erstrebenswerth hält, so wäre das sicher um so besser. Können wir aber vorher eine besondere Kürzung der Arbeitszeit für die Frauen erreichen, so wären wir Thoren, wenn wir diese Gelegenheit nicht ergriffen, den Frauen und damit auch indirekt den Männern einen sozialpolitischen Fortschritt zu ermöglichen.
Daß die Genossin Braun in einen so auffälligen Abweg, wie es die Bekämpfung eines besonderen Achtstundentags für Frauen sein würde, hat entgleisen können, erklärt sich ebenso wie ihre falschen Urtheile über die Frage der Arbeitslosigkeit daraus, daß sie, durch frauenrechtlerische Argumente verblendet, die wirthschaftliche Leistungsfähigkeit, sowie die Möglichkeit sozialpolitischer Organisation und Selbsthilfe für die Frauen überschätzt.
Schließlich empfiehlt nun die Genossin Braun noch als ein wesentliches soziales Heilmittel den Frauen die von ihr vordem schon eifrig propagirte Haus- und Wirthschaftsgenossenschaft. Daß sie das thut und wie sie es thut, darin erblicke ich allerdings ein höchst bebentliches Zeichen. Aber das nicht etwa wegen der Idee an sich! Ob solche Unternehmen rathsam sind oder nicht, darüber kann man sehr verschiedener Meinung sein auch unter Sozialdemokraten. Aber die Hausgenossenschaftsidee wurde vom sozialdemokratischen Standpunkt aus gerade in den Spalten dieser Zeitschrift einer so gründlichen Kritik durch die Genossin Zetkin unterzogen, daß ihre Unverwendbarfeit als ein Element der Sozialisirung unserer Gesellschaftsordnung doch auch der Genossin Braun hätte klar geworden sein müssen. Hatte sie indeß nicht zu dieser Erkenntniß sich durchgerungen, dann durfte sie nicht an den Einwänden, die gegen ihr Problem gemacht wurden, in einem Buche über die Frauenfrage" achtlos vorbeigehen und durfte nicht ihren Lieblingsgedanken nackt und bloß ohne ein Wort der Rechtfertigung als ein Mittel im proletarischen Emanzipationskampf empfehlen, wie sie das gethan hat. Ein solches Verfahren erweckt das schwere Bedenken, daß die Verfasserin unbelehrbar ist und das ist allerdings ein schlimmeres Hinderniß für die Umgestaltung ihres Buches zu einem wirklich werthvollen Hilfsmittel für die sozialdemokratische Frauenwelt als alle die Einzelmängel es sind, die ihr nachgewiesen wurden. Georg Ledebour .
Die gewerkschaftliche Agitation unter den
( Referat, erstattet auf dem IV. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands .) Daß die Frage der gewerkschaftlichen Agitation unter den Arbeiterinnen als besonderer Punkt auf die Tagesordnung des Kongresses gesetzt worden ist, beweist, daß man sich mehr und mehr der Nothwendigkeit bewußt wird, diese Agitation einheitlich und geregelt zu betreiben. Die Entwicklung unseres modernen Wirthschaftslebens läßt es geradezu als einen Akt der Selbsterhaltung der Gewerkschaften erscheinen, dafür Sorge zu tragen, daß die Arbeiterinnen planmäßig der Organisation zugeführt werden. Die Ziffern, welche die Zahl der weiblichen Berufsthätigen einerseits, die der weiblichen Organisirten andererseits ausweisen, bestätigen das. Aus der Berufs
Die Sage von Sagenfeld.
( Schluß.)
Der junge König liebte nicht wenig die Jagd. Als der Lenz fam, ritt er eines Tages mit Falken und Hund in Gesellschaft seiner Edeln aus. Er sonderte sich von diesen allmälig ab und gelangte in einen dichten Wald, wo er sich verirrte. Er ritt hin Er ritt hin und her, erst voll Hoffnung, dann aber gesunkenen Muthes. Die Abenddämmerung fam, und noch irrte er in dieser einsamen, verlassenen Gegend umher. Da aber erfolgte die Katastrophe! Im Zwielicht drang er mit seinem Pferde durch ein Dickicht, das einen Felsabhang verdeckte. Als Noß und Reiter den Boden wieder erreichten, hatte ersteres das Genick gebrochen und Letterer ein Bein. Der arme kleine König lag nun da und litt gewaltige Schmerzen, und jede Stunde schien ihm zu einem Monat sich auszuweiten. Er hielt sein Ohr auf den Boden, um zu hören, ob nicht einer nahe, der Hilfe bringen könnte, doch er vernahm keine Stimme, feinen Hörnerklang, kein Hundegebell. So gab er endlich alle Hoffnung auf und sagte:„ Möge denn der Tod kommen, da er doch kommen muß!"
Da, als er sich aufrichtete, tönte der süße Sang der Nachtigall durch die Nacht.
,, Gerettet!" rief der König aus.„ Gerettet! Es ist der ge
124
statistik wird ersichtlich, welch große Rolle die Frauenarbeit jetzt spielt. Die Frauenarbeit wird in immer mehr Erwerbszweigen eingeführt, und in einzelnen Branchen droht sie die Männerarbeit so gut wie völlig zu verdrängen. Die Zahl der erwerbsthätigen Frauen ist von 1882 bis 1895 um 23,60 Prozent gestiegen, die der Verheiratheten unter ihnen aber sogar um 50 Prozent. Auf einzelne Berufe entfällt jedoch ein weit höherer Prozentsatz verwendeter weiblicher Arbeitskräfte, als ihn diese Ziffern vermuthen lassen. In 140 Berufen stieg die Verwendung weiblicher Arbeiter stärker als die der männlichen Arbeitskräfte; dazu kommen noch 14 Branchen, in denen die Frauenarbeit zunahm, die Männerarbeit dagegen absolut zurückging. Beachtet werden muß dabei, daß die Hausindustrie an Ausdehnung gewinnt, daß sie eine Hauptdomäne der Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft ist, und daß die Zahl der heimarbeitenden Frauen sich nicht in ihrem vollen Umfang, sondern nur schäzungsweise feststellen läßt. Seit der Aufnahme der letzten amtlichen Berufsstatistik hat die Krise die Tendenz zu steigender Verwendung weiblicher Arbeitskräfte bedeutend verschärft. Sie bewirkte ein Sinken der Löhne der männlichen Arbeiter, das unter Anderem insbesondere auch eine starke Zunahme der verheiratheten Arbeiterinnen zur Folge hatte. Die proletarische Ehefrau ist gezwungen, bei Arbeitslosigkeit oder geringerem Verdienst des Mannes den Ausfall am Einkommen zu decken. Es stieg deshalb auffallend die Zahl der verheiratheten Frauen, die in der Fabrik- oder der Hausindustrie dem Verdienst nachgehen müssen. Das Unternehmerthum nutzte seinerseits die Krise weidlich aus, um in noch größerem Umfang als zu Zeiten flotten Geschäftsganges die männlichen durch weibliche Arbeitskräfte zu ersetzen. Gerade während der Krise ist die Frauenarbeit in sogenannte„ bessergezahlte" Berufe eingedrungen, wo sich die Männer vor der weiblichen Konkurrenz und Schmutzfonkurrenz sicher glaubten. In der Union zu Berlin zum Beispiel sind in einer Abtheilung die gelernten Mechaniker durch Arbeiterinnen ersetzt worden, die nur ein Drittel des Lohnes beziehen, den die früher dort beschäftigten Männer erhielten. In der Verdrängung besser gelohnter Männer durch schlechtbezahlte Frauen, in dem Drucke, der dadurch auf die Löhne ausgeübt wird, liegt eine große Gefahr für die Arbeitsbedingungen der Arbeiter, ja der gesammten Arbeiterklasse und ihrer gewerkschaftlichen Organisationen. Dieser Gefahr muß durch die rechtzeitige Organisirung der Arbeiterinnen entgegengewirkt werden. Leider haben gerade die bestgestellten Arbeiter am wenigsten gethan, um die Arbeiterinnen ihren Berufsorganisationen zuzuführen. Sie glaubten es nicht nöthig zu haben", weil sie sich vor dem Eindringen der Frauenarbeit in ihre Berufssphäre geschützt wähnten. Mit Unrecht jedoch, wie das angeführte Beispiel zeigt. Der Hinblick auf die niedrigeren Frauenlöhne bildet einen steten Anreiz für das Unternehmerthum, wo immer die Produktionstechnik und die Produktionsverfahren es möglich machen, Männer durch weibliche Arbeitskräfte zu ersetzen. Die Löhne der weiblichen Arbeiter betragen in den großen Städten 59 Prozent, in den kleinen Städten 63 Prozent der Löhne der männlichen Arbeiter. Dieser Unterschied ist der wirksamste Pionier für das unaufhaltsame Vordringen der Frauenarbeit. Gleichzeitig aber bewirkt er auch ein Sinken der Männerlöhne, wie weiterheiligte Vogel, und die Prophezeiung will sich nun bewahrheiten. Die Götter selbst schüßten mich vor einer irrthümlichen Wahl!" Er konnte kaum seine Freude mäßigen, kaum seinen Dank in Worten fassen. Jeden Augenblick glaubte er, die Schritte nahender Retter zu vernehmen; aber jedesmal wurde er enttäuscht: kein Helfer wollte erscheinen. Träge schlichen sich die Stunden fort, Niemand erschien, obgleich der geheiligte Vogel noch immer seine Stimme ertönen ließ. Er wollte schon seine Wahl verwünschen, aber er unterdrückte es. Gegen Morgen verstummte des Vogels Gesang. Der Morgen kam und mit ihm Durst und Hunger, aber kein Beistand. Es wurde immer heller und heller. Schließlich verfluchte der König die Nachtigall.
Jetzt wurde ein Drosselschlag aus dem Gehölz laut. Der König sagte zu sich selbst:" Das war der rechte Vogel; meine Wahl war falsch; jetzt soll der Retter fommen!"
"
Aber er kam nicht. Eine Bewußtlosigkeit, die mehrere Stunden anhielt, überfiel den König. Als er wieder zu sich kam, sang ein Hänfling. Apathisch lauschte er dem. Sein Glaube war verschwunden. Diese Vögel", sprach er, können keinen Beistand bringen. Ich und mein Haus und mein Volk sind verloren!" Er wandte sich um, um zu sterben; denn er war von Hunger, Durst und Schmerzen sehr geschwächt und fühlte sein Ende nahen. Er wünschte auch den Tod herbei, um aller Schmerzen ledig zu sein. Stundenlang lag er wieder bewußtlos und regungslos da; dann kehrten ihm