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Die Gleichheit.

13

13. Jahrgang.

LENTRAL STELL

VOLKSVEREINS FÜR DAS KATH. DEUTSCHLAND

Beitschrift für die Intereffen der Arbeiterinnen.

Die ,, Gleichheit" erscheint alle 14 Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post( eingetragen unter Nr. 3189) vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pf.; unter Kreuzband 85 Pf. Jahres- Abonnement Mt. 2.60.

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Stuttgart

Donnerstag den 1. Januar 1903.

Die Menge tut es! Rückblick auf die Geschichte der proletarischen Frauen­bewegung in Italien . Von Dr. Robert Michels . Frauen als Arbeiter in Tongruben. Von Louise Zietz. - Von der schweizerischen Arbeiterinnen­bewegung. Von D. Z. Aus der Bewegung. Bericht der weiblichen Vertrauenspersonen für Hamburg und Dresden und Umgegend. Feuille ton: Erkannte Zukunft. Skizze von Paul Bröcker. Notizenteil: Weibliche Fabrikinspektoren. Vom Ausstand der Weber und Weberinnen in Meerane . Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Genossenschaftsbewegung.

Einladung zum Abonnement.

Mit der vorliegenden Nummer beginnt der dreizehnte Jahr­gang der Gleichheit".

Wie in den vergangenen Jahren so wird die Gleichheit" auch fernerhin mit aller Energie und Schärfe kämpfen für die volle soziale Befreiung der proletarischen Frauenwelt, wie sie einzig und allein möglich ist in einer sozialistischen Gesellschaft. Denn nur in einer solchen verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigentums­und Wirtschaftsverhältnissen die Ursache jeder gesellschaftlichen Unter­drückung und Unfreiheit: die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Menschen von einem anderen Menschen; denn nur in einer solchen verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigentums- und Wirt­schaftsverhältnissen der Gegensatz zwischen Besitzenden und Nicht­befizenden, der soziale Gegensatz zwischen Mann und Frau, zwischen Kopfarbeit und Handarbeit.

Die Aufhebung dieser Gegensäge kann jedoch nur erfolgen durch den Klassenkampf: die Befreiung des Proletariats kann nur das Werk des Proletariats selbst sein. Will die proletarische Frau frei werden, so muß sie sich der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung anschließen. Und nur ihr, feines­wegs aber der bürgerlichen Frauenrechtelei, die zwar zu gunsten des weiblichen Geschlechts innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft reformieren will, aber grundsätzlich eine Revolution der Gesellschaft zu gunsten der ausgebeuteten Klasse zurückweist. Die proletarischen Frauen zum Klassenkampf zu rufen und für den Klassenkampf zu schulen, das wird wie bisher so in Zukunft die vornehmste Aufgabe der Gleichheit" bleiben. Ihrem alten Programm getreu wird sie auch im kommenden Jahre werben für den Streit, wo ein Hüben und Drüben nur gilt". Die erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe ist in den Zeiten des Zollwuchers und der Rechtsvergewaltigung bedeutsamer als je. Das neue Jahr ist ein Wahljahr, ein Jahr der Abrechnung mit den Feinden des Proletariats. Wennschon die Frau eine politisch Rechtlose ist, so ist sie doch keine Machtlose. Aufgeklärt, geschult, kann sie das Ihrige dazu tun, daß die rechts­und gesezesbrecherischen Zollräuber die Strafe ereilt. Die Gleich heit" wird sich deshalb. besonders angelegen sein lassen, die Proles tarierinnen auch für den Wahlkampf zu rüsten. Wir hoffen, daß sich das Blatt die alten Sympathien erhalten und neue Sym­pathien erwerben wird.

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Redaktion und Verlag werden alles aufbieten, was in ihren Kräften steht, damit die" Gleichheit" ihrer Aufgabe gerecht wird. Die Gleichheit" ist im Reichspostzeitungskatalog pro 1903 eingetragen unter Nr. 3189, im württembergischen Katalog unter Nr. 122 und foftet vierteljährlich 55 Pfennig ohne Bestellgeld. Probe- und Agitationsnummern der Gleichheit" werden jederzeit gratis abgegeben.

Recht zahlreichen neuen Abonnements sieht entgegen

Die Redaktion und der Verlag.

Buschriften an die Redaktion der Gleichheit" sind zu richten an Frau Klara Zetkin ( Bundel), Stuttgart , Blumen­Straße 34, III. Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furthbach- Straße 12.

Die Menge tut es!

1903! Ein Jahr des Kampfes, ein Jahr des Sieges! Dies Jahr gehört der frondenden Menge! Sie trägt und schlägt die große Schlacht, in welcher bei den Reichstagswahlen nicht bloß die verschiedenen politischen Parteien miteinander ringen, vielmehr die verschiedenen sozialen Klassen, in welcher sich vor allem das Proletariat mit seinen kapitalistischen Todfeinden messen wird.

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Schon haben Taten und Worte die Sturmglocke geläutet, welche die vaterlandslosen Gesellen", die Elenden zum Kampfe ruft, von deren Arbeit die kapitalistischen Dynastien der Krupp, von deren Gnade die fürstlichen Geschlechter sind, wer sie seien, und wie sie auch heißen. Der Raub ist Gesez, das Unrecht Recht geworden. Über die Trümmer der Geschäftsordnung der parlamentarischen Verfassung, über das gefnebelte, zertretene Recht der Minder­heit hinweg schreitet der schamloseste Zollwucher hinaus in das Leben der Werktätigen, der gesamten Nation. Eine Hazz ohne Gleichen umtost die Partei, welche allein die politische Sachwalterin und Führerin der proletarischen Massen ist, welche ihre Interessen auch in jüngster Zeit mit höchster Pflichttreue gegen Plünderung und Rechtsbruch verteidigt hat. Zerschmettert die Schändliche, die Sozialdemokratie! so toben die kraut und schlotjunkerlichen Scharfmacher mitsamt ihres flerifalen und liberalen Hofgesindes von Gröber bis Richter, des doppelzüngigen Bassermanns nicht zu ver­geffen. Zerschmettert die Schändliche! so redet dem Vater der studierende Sohn nach, über dessen Leistungen nicht soviel bekannt ist, als das Zeugnis eines Gymnasiasten oder das Lohnbuch eines jungen Arbeiters ausweist. jungen Arbeiters ausweist. Die Herrschenden und Regierenden haben mit anerkennenswertem Eifer dafür gesorgt, daß der Kampf um Zolltarifgesetz und Zolltarif auch von dem blödesten Auge als Klassentampf erkannt werden mußte.

Die Bestie", gegen welche die bürgerliche Welt in Wehr und Waffen steht, wird sich nicht aushungern, nicht zähmen lassen. E beginnt der Aufmarsch der Massen zur großen Schlacht. Im Zeichen des Zollwuchers wird sie troß alledem gekämpft werden. Wohl hat die brutale Infamie der rechtsbrüchigen parlamentarischen Mehrheit der Menge die Möglichkeit geraubt, dem Zollfrevel wehren zu können. Allein noch ist bei der Masse die Macht, die Zoll­frevler zu strafen und zu züchtigen. Noch steht es bei ihr, den Räubern einen Teil der Beute wieder abzujagen. Die Handels­verträge, über welche der nächste Reichstag zu beschließen hat, fönnen innerhalb gewisser Schranken etwas von dem mildern, was raffgierige Zöllnerei gesündigt hat. Das Volksgericht über die zöllnerischen Krippenreiter und ihre politischen Troßbuben wird des­halb aller Niedertracht und Gewalttätigkeit im Reichstag ungeachtet zugleich eine Volksentscheidung über manches Plünderungsgut sein.

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1903! Dies Jahr gehört der frondenden Menge! Noch andere Kampfesziele als die gekennzeichneten drängen sich ihr auf. Millionen­forderungen für die" gräßliche" Flotte stehen in sicherer Aussicht. Was ihr recht ist, das ist dem herrlichen" Kriegsheer billig: es raunt und munkelt sehr vernehmlich von einer Neubewaffnung der Feldartillerie. Die Zwillingsschwester der arbeitertrußigen Sozial­politik, die größenwahnsinnige Weltpolitik schreit nach neuen Tributen. Im Reichshaushalt jagt ein Defizit das andere, und die beliebte Pumpwirtschaft ist kaum noch einer Steigerung fähig. Neue Steuern drohen, neue Lasten für die Werktätigen. Auf zur Abwehr!