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zahl Genossinnen wacker mitgeholfen, und in jeder Versammlung| protestierte dagegen, da laut lippischem Vereinsgesetz die Frauen das fordern wir zur weiteren Beteiligung der Frauen an solchen Arbeiten auf. Dadurch fördern wir unsere große gemeinsame Sache ungemein, und unsere Genossinnen gewinnen in geistiger und politischer Hinsicht.

L. Z.

Vertrauenspersonen der Genosfinnen für die Umgegend von Berlin wurden im Laufe der letzten Monate mehrfach aufgestellt beziehungsweise neu gewählt. In Wilmersdorf wurde Genossin Altmann durch Neuwahl mit den Aufgaben der Vertrauensperson betraut, als Revisorinnen wurden die Genossinnen Hauswald und Lück gewählt. Der Tätigkeits- und Kassenbericht, den Genossin Alt­mann erstattete, wies eine befriedigende Betätigung der Genossinnen aus. Der Erledigung der organisatorischen Geschäfte ging ein sehr beifällig aufgenommenes Referat von Genossin Hofmann über die Frage voraus: Warum müssen sich die Frauen, am wirt­schaftlichen und politischen Kampfe beteiligen?" Als Ver­trauensperson für Ober- Schöneweide wurde Genossin Jung in öffentlicher Versammlung aufgestellt, in der Genossin Ihrer über das Thema referiert hatte:" Warum müssen die Frauen Sozial­demokraten sein?" Die angenommene Resolution macht es den Genossinnen unter Hinweis auf die Rechtlosigkeit der Frau als Staatsbürgerin zur doppelten Pflicht, bei den bevorstehenden Reichs­tagswahlen sich an jeder die Wahlagitation fördernden Arbeit zu be­teiligen. Genoffin Ihrer wurde als Vertrauensperson der Genossinnen von Pankow in einer öffentlichen Versammlung gewählt, in der Ge­noffin Steinbach- Hamburg über Idealismus im Klassen tampf" referierte. Eine öffentliche Versammlung in Baum= Eine öffentliche Versammlung in Baum­schulen weg, in der Genossin Micklei Bericht über ihre Tätigkeit als Vertrauensperson erstattete, betraute die Genannte einstimmig wieder mit diesem Amte. In Johannisthal wurde Genossin Mann als Vertrauensperson gewählt. Ihrer Ernennung ging ein Referat von Genossin Tietz voraus über Die Frau in der Sozialdemo­fratie." Als Kreisvertrauensperson für Niederbarnim wurde Genossin Ihrer in öffentlicher Frauenversammlung zu Weißensee einstimmig gewählt, nachdem sie vorher unter reichem Beifall über das Thema gesprochen hatte: Warum müssen die Frauen Sozialdemokraten werden?"

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Die Polizei im Kampfe gegen die Arbeiterinnenbewegung. Vor circa Jahresfrist sollte Genossin Ziet in einer Volksversamm­lung in Salzuflen über: Der Zolltarif und seine Folgen für die Arbeiter" reden. Der Bürgermeister verbot die Beteiligung der Frauen einschließlich der Referentin. Die eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Infolge des Umstandes, daß der Vorsitzende des politischen Vereins die Anmeldung der Versammlung besorgt hatte, stützte sich das Verbot mit einem Schein von Berechtigung darauf, es sei die Versammlung eine Vereinsversammlung, an der Frauen laut Gesetz nicht teilnehmen dürfen. Für den 1. Februar dieses Jahres war nun eine Volksversammlung angemeldet, in der Genossin Zietz über das Thema referieren sollte: Sind die Sozialdemokraten rechtlos?" Diesmal war die Anmeldung erfolgt durch einen Mann, der nicht einmal Mitglied des sozialdemokratischen Vereins ist. Trotz­dem ward den Salzufler Frauen die Teilnahme verboten, der Refe­rentin dagegen ward das Reden gestattet. Der Bürgermeister, ein Reserveleutnant, hatte sein Vorgehen damit motiviert, daß das Reden der Beruf"(!) der Referentin sei, in dessen Ausübung er sie nicht stören dürfe; im übrigen hätten Frauen in Versammlungen nichts zu suchen! In der Versammlung übte Genossin Zieß scharfe Kritik an dem Vorgehen des Herrn und betonte dabei, daß die sozialpolitische Weisheit des Herrn Bürgermeisters für uns wahrlich nicht maßgebend sei. Wir würden uns wiederum beschweren, um dem wohlweisen Salzufler Stadtvater zu beweisen, daß die Gesetze nicht nur für uns, sondern auch für ihn maßgebend seien. Beschwerde ist denn auch bereits geführt.

In ein ganz neues Stadium der Bekämpfung der Arbeiterinnen­bewegung scheint man in Lemgo getreten zu sein, was folgender Vorfall beweist. War da eine Versammlung liberaler" Männer am 5. Februar nach dem Rödingschen Lokal einberufen, in welcher Herr Dr. Neumann- Hofer die Gründung eines Ortsvereins der Lippisch­liberalen Volkspartei" in die Wege zu leiten beabsichtigte. Der Auf­forderung des sozialdemokratischen Reichstagskandidaten, Kl. Becker, entsprechend, waren die Genossen vollzählig erschienen in der Erwar tung, daß von unserer Seite in ausgiebigſter Weise Gebrauch von der freien Diskussion gemacht werde. Nachdem die Genossen Breuk mann, Brünn und Sachs von den etwa 700 Anwesenden in das Bureau gewählt worden, begann Dr. Neumann- Hofer seinen Vortrag über den Zweck und die Ziele der Lippisch- liberalen Volkspartei". Um 8% Uhr fam Genossin Zieh und eine Anzahl Lemgoer Genos= sinnen, um ebenfalls an der Versammlung teilzunehmen. Der Polizei­beamte Niebuhr verweigerte den Frauen den Eintritt. Genoffin Zietz

Recht der Teilnahme an öffentlichen Versammlungen hätten. Augen­scheinlich war der Beamte zu seinem Vorgehen nicht von seiner vor­gesetzten Behörde beauftragt, denn er wies die Frauen an den Wirt,- falls sie den Zutritt erlangen wollten. Genosse Kl. Becker, der hinzu­fam, protestierte ebenfalls gegen das völlig ungefeßliche Vorgehen des Beamten und fragte, ob er im Auftrag seiner Behörde handle. Die Antwort auf diese Frage blieb aus. Währenddessen waren Frauen in den Saal getreten und suchten noch ein Plätzchen zu erwischen. Jedoch hatten sie die Rechnung ohne den Wirt" gemacht. Dieser erschien nämlich flugs auf dem Plane und verbot den Frauen das Lokal. Genossin Ziet rief darauf laut in den Saal: Genossen, ich werde soeben des Lokals verwiesen, ich fordere euch alle auf, mitzu­kommen." Alles schickte sich an, dieser Aufforderung zu folgen. Genosse Kl. Becker versuchte den Genossinnen Genugtuung zu verschaffen. Er erklärte zur Geschäftsordnung, daß doch die überwiegende Mehr­zahl der Versammelten sicher nicht gekommen sei, Herrn Dr. Neumann­Hofer zu hören, vielmehr Genossin Ziez.( Allgemeine Zustimmung.) Seien laut Annonce auch nur liberale Männer eingeladen, so sei doch die Versammlung souverän und könne innerhalb des Rahmens der gesetzlichen Bestimmungen ihrem jeweiligen Willen durch Be­schluß Ausdruck verleihen. Er beantrage deshalb, den Frauen Zu­tritt zu gewähren.( Lebhafter Beifall.) Herr Dr. Neumann- Hofer erklärte darauf zur Geschäftsordnung, daß er sich durchaus nicht scheue, mit Frau Zieh zu diskutieren, im Gegenteil, es wäre ihm lieb, wenn dies heute abend möglich wäre, eventuell werde er in nächster Zeit Gelegenheit dazu suchen. Da heute aber Versammlung liberaler Männer sei, möge Herr Becker seinen Antrag zurückziehen. Genosse Becker erweiterte jedoch nun seinen Antrag wie folgt: Falls die Versammlung beschließt, Frauen Zutritt zu gewähren, von irgend einer Seite dies aber doch verhindert wird, so ist das Bureau zu beauftragen, die Versammlung zu schließen.( Lebhafter Beifall.) mit allen Stimmen gegen eine, die des Herrn Emil Neumann , ward diefer Antrag zum Beschluß erhoben. Als daraufhin Genosse Becker die Frauen wieder in den Saal führte, geschah dies unter lauten Bravorufen der Versammelten. Genosse Breukmann, der vorher schon wiederholt dem Wirte gegenüber gezwungen gewesen war, energisch seine Rechte als Vorsitzender zu wahren, forderte unter stürmischem Beifall der Versammelten Genoffin Zieß auf, auf dem Podium Platz zu nehmen, worauf Dr. Neumann- Hofer seinen Vortrag fortsette. Derselbe bestand aus vagen, nichtssagenden Redewendungen über den alten Liberalismus und Renommistereien über die Erfolge und den Umfang der bereits bestehenden Organisationen der Neuen Lippischen Liberalen Volts"-Partei". Mit eisiger Kälte wurden die Ausführungen von der Versammlung aufgenommen. Keine Hand rührte sich, als dieselben beendet waren. In der Diskussion sprach zunächst der Freisinnsführer" H. Tille, dann erhielt Genoffin Zietz das Wort. Sie dankte zunächst den Versammelten, daß sie durch ihren Beschluß ihr die Möglichkeit einer Aussprache gegeben, dann zerpflückte sie das Programm der" Lippeschen Liberalen Volks"- Partei" und rückte an der Hand der einzelnen Programmsätze den Liberalismus" in das rechte Licht. Während ihrer Ausführungen ward der Beamte Kuhlmann vom Wirte abberufen, der zuvor ver­gebens versucht hatte, auf den Referenten und den Vorsitzenden ein­zuwirken, daß Genossin Zieß das Wort entzogen würde. Nach kurzer Zeit fam Kuhlmann in Begleitung eines dritten Beamten zurück und fonnte augenscheinlich keine Worte finden, um den ihm gewordenen Auftrag auszuführen. Endlich ermannte er sich und stammelte heraus, daß er im Namen des Wirtes(!) die Versammlung auflöse und die Anwesenden auffordere, das Lokal zu räumen, widrigenfalls sie sich des Haus- respektive des Landfriedensbruchs schuldig machten! So fand die Versammlung ein vorzeitiges Ende. Wir können mit ihrem Verlauf und ihrem Erfolg für unsere Sache vollauf zufrieden sein, während Dr. Neumann- Hofer durch die Auf­lösung ein böser Streich gespielt wurde. War er doch nun außer stande, sich gegen die scharfen Angriffe der Genossin Zieß zu ver­teidigen. An den Chef der Polizei Lemgos richten wir aber hiermit die öffentliche Anfrage, seit wann er sein Amt an den Wirt Röding abgetreten hat?

Weiser Ben Atiba, du bist doch im Unrecht mit deiner Ansicht: Alles sei schon dagewesen." Louise Zietz.

Notizenteil.

Soziale Gesetzgebung.

Der Entwurf zur Krankenversicherungsnovelle bringt nach Durchberatung seitens des Bundesrats in der Hauptsache folgende Neuerungen. Er dehnt die Krankenunterstützungspflicht von 13 auf