entsprechend abzuändern Das Bureau wird beauftragt, diese Resolution dem Landtag sowohl, als auch den drei Landtagsabgeordneten des hiesigen Kreises zuzustellen." Diese Resolution sollte ich den ständigen Stellen übermitteln. Da von der 25jährigen Tätigkeit des freisinnigen Abgeordneten Lüders im Landtag, wie auch von seiner Wirksamkeit im Reichstag bisher nichts bekannt geworden ist, hielt ich es für zwecklos, diesem Herrn ein Exemplar der Resolution zu überreichen. Dem freisinnigen Landtagsabgeordneten Wenzel wurde sie persönlich übergeben. Er erklärte sich gern bereit, für dieselbe in der zuständigen Körperschaft einzutreten, da sie auch seinem Sinne entspräche. Der besseren Aussicht auf Annahme wegen riet er jedoch, die Resolution in Form einer Petition dem Landtag zu übergeben. Der freisinnige Abgeordnete Kopsch gab sein Einverständnis mit unserer Resolution in folgendem Briefe kund:„ Sehr geehrte Frau Scholz! Die übersandte Resolution der am 5. September stattgefundenen Frauenversammlung habe ich erhalten. Die in derselben niedergelegten Forderungen für Erweiterung des Vereins: und Versammlungsrechtes sind seitens der freisinnigen Volkspartei stets vertreten worden. Auch in Zukunft werden meine Kollegen und ich in demselben Sinne tätig sein. Hochachtungsvoll Jul. Kopsch, Rektor, Mitglied des preußischen Landtags." Daß dieser in seiner Partei doch sicher angesehene Abgeordnete entweder seinen Einfluß überschätzt oder die übernommene wichtige Aufgabe nicht energisch genug gefördert hat, dafür spricht die am 21. April dieses Jahres eingelaufene Antwort vom Bureau des Landtags. Sie lautet:„ Die in der Petitionskommission stattgehabte Vorberatung über Ihre Petition vom 5. September vorigen Jahres hat zu dem Beschlusse geführt: Dieselbe für ungeeignet zur Erörterung im Abgeordnetenhause zu erklären, weil die öffentliche Versammlung, in deren Namen und Auftrag Sie dieselbe überreicht haben, weder eine Behörde, noch eine Korporation darstellt und derselben daher nach Artikel 32 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 das Petitionsrecht nicht zusteht. Auch anderweit ist von der in der Geschäftsordnung des Hauses vorgeschriebenen Zahl von 15 Abgeordneten nicht beantragt worden, über die Petition zu verhandeln. Das Haus der Abgeordneten ist deshalb darüber in weitere Erörterungen nicht eingetreten. Indem ich hiervon Mitteilung mache, sende ich die Petition ergebenst zurück. Der Bureaudirektor des Hauses der Abgeordneten." Der erste Teil des Antwortschreibens ist recht bezeich: nend für das voltsfeindliche, verknöcherte Wesen des preußischen Geldsacksparlaments, das auf Grund des„ elendesten aller Wahlsysteme" zusammengesetzt ist. Daß eine Volksversammlung„ weder eine Behörde, noch eine Korporation darstellt", hätten die neunmalweisen Gesetzgeber nicht erst zu entdecken und mit feierlich erhobenem Schulmeisterfinger zu verkünden brauchen. Dagegen ist auch die Berufung auf die Verfassungsurkunde nicht hinreichend, um die Ansicht zu begründen, daß Volksversammlungen das Petitionsrecht überhaupt nicht besäßen. Jeder Staatsbürger besitzt das Recht, persönlich oder im Auftrage einer Volksversammlung, einer Organisation 2c. an die Parlamente petitionierend heranzutreten. Die von der Unterzeichneten eingereichte Petition durfte also auch das Recht für sich beanspruchen, zur Behandlung zu gelangen. Es wäre interessant zu erfahren, ob die freisinnigen Mitglieder der Petitionskommission sich ohne weiteres der Auffassung angeschlossen haben, daß Staatsbürger das Petitionsrecht verlieren, minderen Rechtes werden, wenn sie nicht in ihrem persönlichen Namen, sondern in dem einer Volksversammlung sich an das Parlament wenden. Der zweite Teil der amtlichen Antwort stellt der freisinnigen Partei ein großes Armutszeugnis aus. Sie hat nicht die nötigen 15 Abgeordnete zusammengebracht, damit die Verhandlung über die Petition im Plenum beantragt werden konnte! War ihr die Sache, um die es sich handelte, die freiheitliche Ausgestaltung des Vereins- und Versammlungsrechtes, nicht wichtig genug, oder verlor diese Sache in den Augen des Freisinns dadurch an Wichtigkeit, daß einfache Proletarierinnen und nicht höhertöchterlich gebildete„ Damen " gleiches Recht für alle forderten? So oder so: Die Tatsache zeigt die Lauheit und Flauheit, mit welcher der bürgerliche Freisinn für eines der wichtigsten politischen Rechte des weiblichen Geschlechts eintritt, für jene Rechte, die gerade für die proletarischen Frauen von höchstem Werte sind. Die politische Gleichberechtigung entzieht ja die Aufklärungs- und Organisationsbestrebungen der Proletarierinnen all jenen Beeinträchtigungen und Schikanen durch polizeiliche Schneidigkeit und richterliche Spißfindigkeit, welche sich auf die Rechtlosigkeit des weiblichen Geschlechts berufen. Die politische Gleichberechtigung verleiht den Frauen des werktätigen Volkes die Möglichkeit, am großen proletarischen Befreiungskampfe ungehemmt den vollsten Anteil zu nehmen. Diese Anteilnahme mag ja auch den Herren vom Freisinn recht unangenehm sein. Sie sollten aber trotz allem nicht vergessen, daß es sich bei dem Vereins- und Versammlungsrecht um ein Recht des gesamten weiblichen Geschlechts handelt, für das zu kämpfen sie durch das„ demokratische Prinzip"
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verpflichtet wären. Aber freilich, zu diesem Prinzip bekennt sich der Freisinn nur mit den Lippen, um es mit Taten wieder und wieder zu verleugnen. Jedenfalls beweist die schäbige Haltung zu unserer Petition, daß die Freisinnigen weder den nötigen Eifer, noch die nötige Kraft betätigen, um Frauenrechte zu erkämpfen. Vielleicht lassen sie es auch an beidem fehlen. Die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen können in ihrem Kampfe um staatsbürgerliche Rechte herzlich wenig auf ihre Klassengenossen rechnen. Daß sie trotzdem, wie in Danzig und auch jetzt wieder bei den allgemeinen Reichstagswahlen, für die freisinnigen fnickebeinigen halben und viertels Freunde der Frauenrechte sich ins Zeug legen, bestätigt nur, daß den Damen die Interessen der Besitzenden über die Interessen der großen Mehrzahl des weiblichen Geschlechts gehen. Wir proletarischen Frauen sind weder durch das Vorgehen der Frauenrechtlerinnen, noch durch die Haltung der sich Volkspartei nennenden Freisinnigen enttäuscht worden. Wir wissen ja doch, daß wenn es den Herren wirklich ernst mit ihrer Liebe zu einem freiheitlichen Vereins- und Versammlungsrecht wäre, das Männer und Frauen mit gleichem Maße mißt, so hätten sie ein solches Recht schaffen können, als sie die Macht dazu besaßen. Und daß in Preußen das elendeste aller Wahlsysteme, das die Vertretung der proletarischen Massen im Landtag ausschließt, nicht schon seit lange beseitigt ist, das haben wir mit der Feigheit und Schwäche des bürgerlichen Freisinns zu verdanken. Bei dem bevorstehenden Wahlfampfe müssen deshalb die proletarischen Frauen und Mädchen nicht nur für diejenigen ihrer Interessen eintreten, die vom Reichstag beeinflußt werden, sie haben vielmehr mit den bürgerlichen Parteien, dem Freisinn inbegriffen, wegen aller Tat- und Unterlassungssünden abzurechnen, deren diese sich auch in den Landtagen schuldig gemacht haben. Und bei dieser Abrechnung darf die letzte freisinnige„ Heldentat" nicht vergessen bleiben. Frauen und Mädchen des werktätigen Volles, werdet eurer Interessen und eurer Pflichten bewußt. Erkennet, welche Reformen zum Schutze der ausgebeuteten und verknechteten Arbeit ihr verlangen müßt, welche Rechte ihr für das sozial so benachteiligte weibliche Geschlecht zu fordern habt. Seid eingedenk, daß in Deutsch land die Sozialdemokratie allein für das volle Menschenrecht der Frau rückhaltlos kämpft. Schüttelt euere Lethargie ab, tretet in die Reihen des kämpfenden Proletariats. Scheut vor feiner Mühe, vor keinem Opfer zurück. Der Sieg der Sozialdemokratie kommt unserem Ringen nach Gleichberechtigung zu gute. Tragt deshalb das eurige dazu bei, daß der 16. Juni eine entscheidende Etappe auf dem Wege zu unserer Erlösung werde. Anna Scholz- Görlitz.
Aus der Bewegung.
An die Frauenpflichten im Wahlkampfe erinnert ein Passus des packenden Aufrufs, welchen die sozialdemokratische Reichstagsfraktion veröffentlicht hat. Es heißt da:„ Auch die Frauen und namentlich die Arbeiterinnen, die bisher von einer politischen Betätigung ihrer Menschenrechte ausgeschlossen wurden, haben bei den großen Fragen, deren Entscheidung durch den Ausfall der Wahlen vorbereitet wird, allen Grund, für die Kandidaten der Sozialdemo tratie einzutreten. Können sie nicht wählen, so sollen sie agitieren. Der Agitation aller Art, selbst durch Mißbrauch von Kanzel und Beichtstuhl müssen sie das offene Eintreten für ihre heiligsten Interessen gegenüberstellen." Ehrenpflicht der proletarischen Frauen ist es, diese Worte zu beherzigen!
Der Wahlverein sozialdemokratischer Frauen zu Berlin entwickelt sich kräftig. Die Zahl seiner Mitglieder ist bereits über 500 gestiegen und die Organisation konnte die ersten 100 Mart an die„ Kriegskasse" der Partei abliefern. Die erste Versammlung, welche der Verein einberufen hat, nahm einen prächtigen Verlauf. Sie war von ungefähr 800 Personen besucht, der großen Mehrzahl nach Frauen. Genosse Antrick referierte unter stürmischem Beifall in trefflichen, inhaltsreichen Ausführungen über die Frauen und die Reichstagswahl."
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Von der Agitation. Im Auftrag des Zentralagitationskomitees des Deutschen Textilarbeiter und Arbeiterinnenverbandes unternahm Genossin Greifenberg in der Zeit vom 2. Februar bis 29. März eine Agitationstour durch Sachsen . Es fanden in folgenden Orten Versammlungen statt: Werdau , Neumark , Reichen bach i. V., Mylau , Netschkau , Pausa , Schneeberg , Elster berg , Olsnig, Adorf , Crimmitschau , Glauchau , Meerane , Mülsen , Auerbach , Plauen , Gablenz , Zwickau , Leizig Lindenau, Gautsch, Möckern , Mockau , Einsiedel, Burgstädt , Öderan , Burkhardsdorf, Leisnig , Rockisch, Hohenstein, Chemnitz , Rußdorf, Frankenberg , Gallenberg, Grüna, Lichtenstein , Wittgensdorf , Limbach , Großenhain , AltChemnitz, Großschönau , 3ittau, Oberfriedersdorf, Rei chenau , Neugersdorf , Seifhennersdorf , Löbau und Ramenz.