wählte eine Vertrauensperson der Genossinnen: Frau Haberland. In öffentlicher Frauenversammlung zu Rixdorf sprach Genosse Manasse über, die Frau als Mitkämpferin im Wahlkampf". Die Notwendigkeit, sich aufzuklären und im Wahlkampf zu betätigen, wies Genosse Hildebrand in einer zweiten öffentlichen Frauen versammlung zu Rixdorf den Proletarierinnen nach. Eine gut besuchte Frauenversammlung in Köpenick   hörte einen Vortrag über ,, die Frau im Wahlkampf", den Genossin Gradnauer hielt. Als Ortsvertrauensperson der Genossinnen wurde Frau Tinius gewählt. Genossin Baader erörterte in einer Volksversammlung zu Friedrichsfelde   die Frage: Wie kann sich die Frau im bevor­stehenden Reichstagswahlkampf betätigen?" Das zahlreich erschienene Publikum bestand in der Mehrzahl aus Frauen. In Rummelsburg   sprach Genossin Ihrer in öffentlicher Versammlung über die bevorstehenden Reichstagswahlen". Die Frage des Frauenstimmrechts" behandelte Genossin Tieh in einer von Frauen außerordentlich gut besuchten Versammlung zu Lichtenberg  . Die nämliche Genossin sprach in Treptow  - Baumschulenweg über " Frauenstimmrecht und die Pflichten der Frauen bei dem bevorstehenden Reichstagswahlkampf". Die Anwesenheit zahlreicher Frauen in allen Versammlungen und der lebhafte Beifall, den die Ausführungen der Referentinnen und Referenten fanden, sprechen dafür, daß die proletarische Frauenwelt in der Umgegend Berlins   im Wahlkampfe ihre Schuldigkeit tun wird. In den Ver­sammlungen solcher Orte, welche zum Wahlkreis Teltow Char­lottenburg gehören, wurde mit Erfolg für den daselbst bestehenden Frauenwahlverein agitiert.

In einer überfüllten Versammlung zu Potschappel   und einer gut besuchten Versammlung im Voltshaus zu Dresden   sprach Ge­nossin Braun Berlin über Frauenpflichten im Wahlkampfe". Ihre trefflichen, hinreißenden Ausführungen fanden reichen Beifall.

Über die bevorstehenden Reichstagswahlen" referierte Genossin Zetkin   in Weil- im- Dorf und Kornwestheim  . Die Versammlungen waren glänzend besucht, auch von Frauen und zahl­reichen Kleinbauern. Im Bezirksverein Norden, Stuttgart  , sprach die nämliche Genossin über Fraueninteressen und Frauen­pflichten im Wahlkampf"; in Ostheim   über" Fraueninter essen, bürgerliche Parteien und Sozialdemokratie".

Die Behörden im Kampfe gegen die proletarische Frauen bewegung. Die weise, löbliche Polizei scheint den Frauenwahl= verein in Berlin   gerade nicht mit freundlichen Augen zu betrachten. Da jedoch die Rechtslage so klar ist, daß eine behördliche Unterdrückung der Organisation ausgeschlossen scheint, soll der Kampf gegen sie offenbar mit ,, tleinen Mitteln" geführt werden. Anders wenigstens

Hartnäckig dachte er über ein Mittel, sich gefällig bemerkbar zu machen, nach.

Da war zum Beispiel der junge Herdina, der Binder, der so lange gefaßbuckelt und gutes Kind gespielt hatte, bis er die Eisen­reifen von den Garnballen gegen spottwohlfeiles Entgelt über­nehmen durfte, die ihm nicht nur seinen eigenen Bedarf reichlich deckten, wovon er auch einen schönen Teil für teuces Geld ver­kaufte. Wenn er wenigstens die vier Meter Dachrinne, welche hinter dem Schopfe rosteten und verdarben, erlangen könnte, aber er hatte bisher vergeblich darum gebeten; und gar eine Lohn­erhöhung zu verlangen, dazu fehlte ihm aller Mut. Seine redliche, aufmerksame Arbeit blieb unbeachtet und ungewürdigt, etwa gleich der eines Zugviehes, und es war anzunehmen, daß man seinen Namen kaum kannte, daß kein Mensch nach ihm fragen, ihn ent­behren würde, wenn er morgen andere Arbeit suchte.

Gegen den Schluß der Nachtschichte schien er ein Mittel ge= funden zu haben, seine Verläßlichkeit, seinen Eifer und seine Treue ins Licht zu stellen.

Die Stunden waren verstrichen. Allmählich näherte sich die sechste Morgenstunde. Die Warenreste waren aufgearbeitet, die berghohen, feuchten Ballenhaufen waren verschwunden, der Nebel hatte sich gelegt, der aufzutauende Strang war abgehaspelt, und einzelne Maschinen standen bereits. Neue Warenmassen waren während der Nacht in den Beuchkesseln gar gekocht worden und harrten der Verarbeitung des kommenden Tages. Schon ging der Schmierer mit seiner Leiter von Lager zu Lager und sah nach dem Rechten, fühlte, ob es warm lief und goß Öl zu, die Männer richteten sich auf den Heimweg, die Weiber wuschen sich. Zwar lief die Transmission raftlos weiter, aber sie lief leer, die Arbeit war getan.

( Schluß folgt.)

94

können wir den Umstand nicht deuten, daß bei Mitgliedern des Frauen­wahlvereins Herren erschienen, welche sich als Beamte vom Polizei­präsidium ausgaben. Sie fragten an, ob die betreffenden Frauen dem Wahlverein angehörten, wo sie geboren seien 2c. Die Polizeibehörde hat sich wegen jeder Auskunft über den Verein und seine Mitglieder an den Vorstand desselben zu wenden. Die Befragten sind durchaus nicht verpflichtet, ihr Rede und Antwort zu stehen. Die Anfragen rücken deshalb in ein eigentümliches Licht und erwecken den Verdacht, als zweckten sie darauf ab, Frauen zu beunruhigen und einzuschüchtern, welche dem Wahlverein beigetreten sind.

Der Liebesmüh umsonst verschwendet haben die behördlichen Ordnungsretter bei ihrem Vorgehen gegen den Verein gewerblich tätiger Frauen und Mädchen in Rixdorf: Bekanntlich wurde der Versuch gemacht, den Verein schwerer Missetaten gegen die Para­graphen 8 und 16 des preußischen Vereinsgesetzes zu überführen. Zu diesem Zwecke wurden hochnotpeinliche Haussuchungen vorgenommen, etwa 25 Zeugen vernommen 2c. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch zurückgewiesen, Anklage zu erheben, und das wegen mangelnder Be­weise. Die Kosten des eingeleiteten Verfahrens wurden der Staats­tasse auferlegt, mit anderen Worten: die Steuerzahler und Steuer­zahlerinnen dürfen für das blechen, was der Übereifer im Kampfe gegen die Umstürzlerinnen" gefehlt hat. Auch ein Stückchen Ge­rechtigkeit"!

"

Notizenteil.

Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.

"

Wie die goldene Unternehmermacht mit dem gesetzlichen Arbeiterinnenrecht umspringt, erweisen die folgenden Tatsachen. In Ober- Frohna( Sachsen  ) ließen die Handschuhfabrikanten seit längerer Zeit die Arbeiterinnen des Sonntags schaffen. Gewiß sind die Herren fromme Christen, welche das Gebot anerkennen: Du sollst den Feiertag heiligen". Aber ihrer Auffassung nach können die Arbeiterinnen, wie die Arbeiter, den Feiertag am würdigsten da­durch heiligen, daß sie im Dienste des Unternehmerprofits schusten und schanzen. Den Arbeiterinnen der Handschuhfabriken wurde ein­fach befohlen, daß sie auch Sonntags zur gewohnten Beschäftigung tommen müßten. Wehe der Proletarierin, die es gewagt hätte, sich der Weisung zu widersetzen! Entlassung, zum mindesten aber Schi­kanierung wäre ihr Los gewesen. In einer Versammlung der Textil­arbeiter zu Rußdorf wurden die betreffenden Verhältnisse zur Sprache gebracht und gebrandmarkt. Die Folge davon war, daß bereits am nächsten Sonntag die Versammlung hatte am Freitag stattge­gefunden zwei Beamte der Fabrikinspektion in den Handschuh­fabriken zu Ober- Frohna revidierten. Offenbar scheint die polizei­liche Überwachung einmal zu etwas nütze gewesen zu sein! Die Revision kam so unverhofft", daß die Herren Fabrikanten außer Stande waren, durch ,, Vorsichtsmaßregeln" die Beamten hinters Licht zu führen. Diese konnten sich durch den Augenschein überzeugen, daß das Unternehmertum unverfroren auf Gesetze, pfeift", die zum Schutze der Ausgebeuteten die Profitmacherei beschränken sollen. Alle bei der Arbeit angetroffenen Arbeiterinnen wurden sofort nach Hause geschickt. In einem Betrieb, wo dies geschehen, erschien der Arbeitgeber, jedenfalls um sich zu überzeugen, ob seine Lohnkslavinnen auch gewissenhaft den Sonntag durch fleißiges Mühen heiligten". Der arme Mann soll ganz verblüfft gewesen sein, als er den Fabriksaal gähnend leer fand, und nur in der Mitte, in einsamer Pracht" einen Herrn entdeckte, der schrecklich zu sagen auch nicht arbeitete. Mit barschen Worten fuhr er den Einsiedler" an, was er in seinem Betriebe zu suchen habe. Der unbekannte Arbeitsunwillige" stellte sich darauf als Inspektionsbeamter vor. Tableau! Welche Folgen die festgestellte Gesetzesübertretung für die Fabrikanten gehabt hat, ist bis jetzt nicht zur Kenntniß der Arbeiterinnen und Arbeiter gelangt. Dagegen haben diese die alte Wahrheit erfahren: daß der gesetzliche Schutz der Arbeit zum großen Teil toter Buchstabe bleibt, wenn die gewerk­schaftliche Organisation nicht eine strenge Durchführung überwacht und durchsetzt. Die Gewerkschaftsorganisation ist die wirksame Er­gänzung und die feste Stüße der staatlichen Gewerbeaufsicht. Möchten die Arbeiterinnen diese Lehre beherzigen und sich überall ihrer Be­rufsorganisation anschließen, damit das papierene Recht sich immer mehr in lebensvolle Wirklichkeit verwandelt. M. G.

Gesundheitsschädliche Folgen gewerblicher Frauenarbeit. Der verhängnisvolle Zusammenhang zwischen kapitalisti­scher Ausbeutung der Frau und Todgeburten wird in auf­reizendster Weise" durch den nachstehenden Erlaß bestätigt, der in der