schaftliche Kampf der Arbeiter" und Die Arbeiterin im Kampf ums Dasein". Die Versammlungen waren insgesamt sehr gut besucht, und Frauen wohnten ihnen in erfreulich großer Zahl bei. Die Erkenntnis, wie bitter not es auch den Frauen des arbeitenden Volkes tut, sich über politische und wirtschaftliche Fragen zu belehren und sich zum Kampfe zusammenzuschließen, wird immer größeren Kreisen klar. M. W.

Unter der Textilarbeiterschaft der Lausitz ist Genossin Alt= mann- Berlin gegenwärtig tätig, um die gewerkschaftliche Organi sation zu kräftigen und auszudehnen und ihr insbesondere auch die Arbeiterinnen zuzuführen. Versammlungen fanden statt in Eibau , Leutersdorf , Neugersdorf und Hirschfelde. Die Referentin sprach in den drei erstgenannten Orten über das Thema: Textil­industrie und Volkswohlstand", in Hirschfelde über:" Die Frau in der Industrie und der Meeraner Weberstreit". Ihre sachkundigen und überzeugenden Ausführungen wurden mit großem Beifall aufgenommen, gewannen dem Textilarbeiterverband neue männliche und weibliche Mitglieder und spornten den Eifer, die Ausdauer der bereits organisierten Proletarier an, energisch weiter für die Förderung des Verbandes zu wirken.

Die Zahl der politisch organisierten Frauen in den drei Dresdener Wahlkreisen beträgt etwas über 500. Besondere Be­achtung verdient die erfreuliche Tatsache, daß die sozialdemokratische Parteiorganisation auch in den ländlichen Orten der Dresdener Um­gegend eine gute Zahl weiblicher Mitglieder aufweist, die in stetem Wachsen begriffen ist. Das System der Vertrauenspersonen der Ge­nossinnen, die in enger Fühlung mit den Genossen wirken, bewährt sich gut. Dank ihrer systematisch betriebenen Tätigkeit steigt die Zahl der Genossinnen, die auf politischem Gebiet fleißig und einsichtsvoll mitarbeiten, gewinnen die Parteiorganisationen an weiblichen Mit­gliedern und erwacht und wächst in größeren Frauenkreisen das Inter­esse und das Verständnis für das politische Leben, für die Sozial­demokratie.

Notizenteil.

Weibliche Fabrikinspektoren.

Von der Tätigkeit der fünf amtlichen weiblichen Ver­trauenspersonen in Sachsen , welche die Gewerbeaufsichtsbeamtinnen ersetzen sollen, ist leider auch für das letzte Jahr herzlich wenig Er­freuliches zu berichten. Die Sprechstunden der Vertrauensperson für die Kreishauptmannschaft Zwickau sind unbesucht geblieben. Das gleiche muß, wie schon im vorigen Jahre, von den Sprechstunden der Vertrauensperson für die Kreishauptmannschaft Chemnitz berichtet werden. Im Bezirk Bautzen wurden die Sprechstunden zweimal von ein und derselben Arbeiterin besucht, für Leipzig sind drei, für Dresden 36 Fälle der Inanspruchnahme verzeichnet. Es wird be tont, daß die Furcht der Arbeiterinnen, infolge etwaiger Beschwerden die Arbeit zu verlieren, noch immer sehr groß sei und Mitteilungen verhindere. Die Vertrauensperson für Leipzig hofft, mit der Zeit bei den Arbeiterinnen mehr Vertrauen zu finden, dies aber bezeich­nenderweise nicht auf Grund ihres amtlichen Postens, vielmehr durch ihre Tätigkeit bei der städtischen Kinderpflege, die sie häufig mit proletarischen Kreisen in Berührung bringt. In der Kreishaupt­mannschaft Dresden ist die Vertrauensperson ihrem Ansuchen ent­sprechend von Anfang an zu einer Art von Revisionstätigkeit allerdings in den beschränktesten Grenzen- in Betrieben herangezogen worden, die ausschließlich oder vorwiegend Arbeiterinnen beschäftigen. Im vergangenen Jahre besuchte sie 38 Ziegeleien, 24 Blumen­und Blätterfabriken und 14 Zigarrenfabriken, ferner auf Beschwerden von Arbeiterinnen hin vier Verkaufsgeschäfte, drei Konfektionswerkstätten, eine Buchdruckerei, eine Bürsten­und eine Stroh- und Filzhutfabrik. Die Vertrauensperson be­merkt, daß die ihr zugegangenen Beschwerden den gleichen Charakter trugen wie im Vorjahr und daß Fragen sittlicher Natur nicht in den Vordergrund traten. Diese Bemerkung legt den Schluß unter, die Heranziehung weiblicher Kräfte zur Fabrikinspektion sei überflüssig, da die vorkommenden Klagen ebenso gut männlichen Beamten anver­traut werden könnten. Es sei deshalb an die wertvolle Feststellung erinnert, welche die frühere badische Assistentin der Fabrikinspektion, Frln. von Richthofen, in dieser Beziehung gemacht hat.( Nr. 9 der Gleichheit" d. J.) Sie erklärt, daß die Arbeiterinnen sich ohne vor­herige Anregung selten an sie gewendet hätten, daß sie aber auf Fragen, die speziell die Hygiene des weiblichen Organismus betrafen, stets Auskunft gaben und offenbar dankbar waren, daß die Beamtin ein Augenmerk darauf richtete.

"

135

Als ein Fortschritt ist es zu begrüßen, daß die Vertrauens­person für Leipzig , dem Beispiel ihrer Dresdener Kollegin folgend, im Berichtsjahr begonnen hat, eine gewisse Tätigkeit zu entfalten. Sie besuchte neun Waschanstalten, drei Rüschenfabriken, zwei Posamentenfabriken und je eine Papierwaren­fabrik, Maschinenstickerei, Kunststickerei, Strohhut­fabrik, Handschuhfabrik, Lumpensortiererei, Blumen­fabrik und Konfettionswert statt. Auffälligerweise gaben diese Revisionen auch nicht zu der kleinsten Beanstandung Ver­anlassung. Es hält schwer, an die paradiesische Vollkommenheit der Arbeitsbedingungen in den aufgesuchten Betrieben zu glauben. Höchst­wahrscheinlich hat der konstatierte Mangel an Vertrauen die Arbeite­rinnen abgehalten, die Vertrauensperson auf vorhandene Mißstände aufmerksam zu machen. Was die letzten Jahresberichte der sächsischen Gewerbeaufsicht über die Tätigkeit und Nichttätigkeit der amtlichen Vertrauenspersonen enthalten, ist alles in allem ein neuerlicher Be­weis dafür, daß die ausschlaggebenden Gewalten in Sachsen ein Höchstmaß sozialpolitischer Einsichtslosigkeit bekundet haben, als sie Frauen unter den bekannten unsäglich ungünstigen Bedingungen zur Fabrikinspektion herangezogen. Wollte man die weibliche Aufsichts­tätigkeit diskreditieren, man könnte keine erfolgreicheren Mittel dazu ausflügeln, als die sächsischen Reaktionäre sich ausgeheckt haben. Zum Schutze der Arbeiterinnen hat der Staat besoldete Beamtinnen mit bestimmten, feststehenden Verpflichtungen und Machtbefugnissen anzu­stellen. Vertrauenspersonen zu ernennen, die zwischen der Fabrik­inspektion und den Arbeiterinnen vermitteln, ist Sache der letzteren und ihrer Gewerkschaftsorganisationen.

Vereinsrecht der Frauen.

Preußische Behörden im Kampfe gegen das vereinsgesetz­liche Eintagsrecht der Frauen. Der erste Anlauf der Genossinnen, das kurze politische Vereinsrecht auszunuzen, welches ihnen§ 21 des preußischen Vereinsgesetzes während der Wahlzeit zuerkennt, hat selbst­verständlich behördliche Bedenken und behördliches Eingreifen hervor­gerufen. Der sozialdemokratische Frauenwahlverein für den Kreis Teltow Beestow- Storfow- Charlottenburg hat daran glauben müssen, daß es noch amtliche Schutzengel in Preußen gibt, welche sich eifrigst angelegen sein lassen, den Staat des Dreiklassen­wahlunrechtes vor den politischen Missetaten der Frauenspersonen" zu bewahren. Die am 20. April d. J. erfolgte Gründung der ge­nannten Organisation war von der Vorsitzenden, Genossin Thiel, zu Tempelhof der Ortspolizei vorschriftsmäßig angezeigt worden. Gleichzeitig erfolgte die Anmeldung einer Versammlung des Frauen­wahlvereins für den 23. April. Der Amtsvorsteher verbot kurzer­hand die Versammlung. Seine Maßregel begründete er in einem späteren Schreiben wie folgt:" Ich erachte den Verein für unzulässig, da nach§ 17 des Reichsgesetzes vom 31. Mai 1869 nur Wahl­berechtigte befugt sind, zum Betrieb der den Reichstag betreffenden Wahlangelegenheiten Vereine zu bilden, Frauen aber nicht zu diesen Wahlberechtigten gehören." Diese Möchte gern- Rechtfertigung war aus den Gründen unstichhaltig, die wiederholt in der Gleich­heit" angeführt worden sind. Die Vorsitzende legte denn auch gegen das Versammlungsverbot Beschwerde ein. Der Landrat des Kreises stürzte sich kopfüber in den gleichen Rechtsirrtum, in dem die Logik des Amtsvorstehers ertrunken war. Genossin Thiel forderte nun­mehr unter dem 15. Mai von dem Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Potsdam das furzlebige, aber unzweideutige Frauenrecht. Während diese hohe Instanz um Erleuchtung darüber rang, was die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu der Frage be­sagen könnten, wollten und müßten, entwickelte sich der beanstandete Wahlverein kräftig weiter und entfaltete eine rührige Tätigkeit. Da bereits die Hauptwahl die Entscheidung über das Reichstagsmandat brachte Genosse Zubeil ward mit 73854 Stimmen zum Abge­ordneten gewählt- so löste sich der Frauenwahlverein der gesetzlichen Vorschrift entsprechend am 16. Juni auf. Am 18. Juni wurde dies der maßgebenden Behörde auch gemeldet. Vom Regierungs­präsidenten lief erst am 9. Juli Bescheid auf die eingelegte Be­schwerde ein.

-

Sie lautet:

-

" Ihre Beschwerde vom 22. Mai 1903 gegen den Bescheid des Herrn Landrats des Kreises Teltow vom 15. Mai dieses Jahres weise ich als unbegründet zurück. Wie Ihnen durch den landrät­lichen Bescheid mitgeteilt ist, hatten Sie kein Recht, einen Wahlverein in Beziehung auf die letzte Reichstagswahl zu bilden, weil solche Reichstagswahlvereine nach§ 17 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 nur von den Wahlberechtigten gebildet werden dürfen, zu denen