die in den städtischen Anlagen, den königlichen Gärten usw. beschäftigt ist. Die Frauen verrichten hier so ziemlich alle Arbeiten, die in anderen Städten nur von gelernten Gärtnern oder seit lange ein­gearbeiteten Männern ausgeführt werden. Weit davon entfernt, be­haupten zu wollen, daß die Frauen von derlei Arbeiten nichts ver­ständen, kann man sich doch der Ansicht nicht verschließen, daß in der fortwährend zunehmenden Beschäftigung weiblicher Arbeitskräfte zu den niedrigsten Löhnen eine ernste Gefahr für die nur schwach organisierten Gärtner und Gartenarbeiter bei Lohnbewegungen liegt. Von den zahlreichen Arbeiterinnen im Gartenbau gehört zurzeit noch nicht eine einzige der gewerkschaftlichen Organisation an, und die Möglichkeit liegt nur zu nahe, daß die Arbeitgeber bei zukünftigen Lohnkämpfen versuchen werden, die Frauen als Ersatz für die fordernden und ausständigen männlichen Arbeiter auszuspielen. Es war daher ein Gebot der Notwendigkeit, daß die auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Gärtnerorganisation, die Deutsche Gärtnervereinigung, auf ihrer am 2. und 3. November letzten Jahres in Hamburg abgehaltenen Generalversammlung be­schloß, der Agitation unter den Arbeiterinnen mehr Aufmerksamkeit wie bisher zu schenken. Denn wenn die im Gartenbau tätige Frau veranlaßt wird, einen ihrer Arbeitsleistung entsprechenden Lohn und eine kürzere Arbeitszeit zu beanspruchen, wird sie der männliche Arbeiter nicht mehr als Schmuz konkurrentin zu fürchten brauchen. Der Beitritt zur Organisation soll den Frauen soviel wie möglich erleichtert werden. Das Eintrittsgeld ist daher für sie auf 25 Pfennig und der Wochenbeitrag auf 10 Pfennig herabgesetzt. Dafür erhalten die weiblichen Mitglieder die Zeitung gratis, ferner Unterstüßung bei Lohnkämpfen sowie in dringenden Notfällen und Rechtsschutz in gewerblichen Streitfällen. Selbstverständlich können die Leistungen der Organisation noch erhöht werden, wenn die im Gartenbau tätigen Frauen sich ihr recht zahlreich anschließen. Da nun bekanntlich der beste Agitator unter den Frauen die Frau selbst ist, wendet sich der Vorstand an die bereits gewerkschaftlich oder politisch organisierten Arbeiterinnen mit der Bitte, die im Gartenbau beschäftigten Frauen auf unsere Organisation aufmerksam zu machen und sie zum Eintritt in dieselbe zu veranlassen.

Die Gärtnerei ist bekanntlich eines der wenigen Gewerbe, in denen sich in günstiger Zeit eine Lohnbewegung am schnellsten durch­führen läßt. Eine allgemeine Arbeitseinstellung, selbst wenn sie nur wenige Tage dauert, kann für ein mittelgroßes Geschäft, welches mit fremden Leuten arbeiten muß, einen folossalen Schaden bedeuten. Speziell Topfpflanzenkulturen würden ohne Wartung bereits in zwei bis drei Tagen zugrunde gerichtet. Behalten dagegen die Gärtnerei­

Mumu, das Hündchen des Taubstummen. Erzählung von J. S. Turgenjew .

Aus dem Russischen übersekt von L. H. Hauff.

( Fortsetzung.)

Als am anderen Morgen Gerassim aus seiner Kammer trat, war teine besondere Veränderung an ihm zu bemerken. Er war nur noch finsterer und beachtete Tatjana und Klimow nicht im geringsten mehr. An demselben Abend kamen sie beide mit Gänsen unter dem Arme zur Herrin und nach einer Woche wurden sie verheiratet.

Am Tage der Hochzeit änderte Gerassim sein Verhalten nicht im geringsten. Aber er kam ohne Wasser vom Fluß zurück: unter­wegs hatte er sein Faß zerschlagen. Am Abend pugte und rieb er sein Pferd im Pferdestall so heftig, daß es schwankte wie ein Gräschen im Winde und sich unter seinen eisernen Fäusten immer von einem Fuße auf den anderen stellte.

Das alles ereignete sich im Frühjahr. Noch ein Jahr verging, währenddessen Klimow durch den Trunk vollends ganz und gar herunterkam und mit einem Wagenzug als ganz untauglicher Mensch samt seiner Frau auf ein entferntes Gut abgesandt wurde.

Am Tage der Abfahrt behauptete er zuerst prahlerisch, er werde nicht zugrunde gehen, wohin man ihn auch senden möge. Dann aber wurde er kleinmütig, klagte, daß man ihn zu ungebildeten Leuten sende und wurde zuletzt so schwach, daß er seine eigene Müße nicht aufzusetzen vermochte. Eine mitleidige Seele zog sie ihm über den Kopf, schob den Schirm zurecht und klopfte oben darauf.

Als alles bereit war und die Bauern mit den Zügeln in den Händen nur noch den Befehl zur Abfahrt: Mit Gott !" er­warteten, kam Gerassim aus seiner Kammer, trat auf Tatjana zu und reichte ihr zum Andenken ein rotes baumwollenes Tuch, das er vor einem Jahre für sie gekauft hatte. Tatjana, welche

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befizer auch nur einige Arbeitskräfte in Gestalt von Frauen, die im Gartenbau erfahren sind, so läßt sich mit diesen der Betrieb not­dürftig aufrecht erhalten und die Unternehmer können den Forde rungen entsprechend länger Trotz bieten. Daß die Arbeitgeber darauf ausgehen, die Frauen als Arbeitswillige zu gebrauchen, dafür liegen bereits Beweise vor. So bot zum Beispiel die Stockholmer Stadt­gärtnerei bei dem legtjährigen Generalstreit der schwedischen Arbeiter zur Erkämpfung des allgemeinen Wahlrechtes den Frauen doppelten Taglohn, damit sie in Arbeit bleiben sollten. Andererseits aber fehlt es auch nicht an Tatsachen, die zeigen, daß die Frauen auch im Garten­bau durch einmütiges Vorgehen sehr wohl imstande sind, sich günstigere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erringen. Bei dem vorjährigen Streit der Spargelstecherinnen in Ütersen ( Holstein) mußte der Plan­tagenbesitzer bereits nach eintägigem Ausstand die Forderung der Frauen bewilligen, da Ersatzkräfte absolut nicht zu haben waren.

Freilich, solange die übergroße Mehrheit der im Gartenbau tätigen männlichen Arbeitskräfte der Organisation interesselos gegen­übersteht, dürfte es besonders schwer halten, die Arbeiterinnen für den notwendigen gewerkschaftlichen Zusammenschluß zu gewinnen. Der Anfang der Arbeit dazu muß aber trotz allem gemacht werden, und das je früher desto bester. Das Los der im Gartenbau be­schäftigten Frauen ist sicherlich kein beneidenswertes und fordert dringend eine Besserung. Hamburg .

Aus der Bewegung.

F. Reitt.

Anträge von Genoffinnen zum Parteitag. Die Leipziger Genossinnen brachten einen Zusaßantrag zu dem Antrag der Ge­nossinnen ein, den weiteren Ausbau des gesetzlichen Arbeite rinnenschutes betreffend. Er lautet:" Die Reichstagsfraktion möge mit derselben Energie eintreten: 1. für das vollständige Verbot jeglicher Erwerbsarbeit für Kinder unter 14 Jahren und 2. für eine Verkürzung der Arbeitszeit jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen nach Maßgabe der Forderungen der Münchener Frauenkonferenz." Dieser Zusatzantrag wurde wie der Hauptantrag der Genossinnen der Reichstagsfraktion zur Erwägung überwiesen.

Die weiblichen Delegierten zum Dresdener Parteitag haben aufs neue bestätigt, daß die Frau als gleichberechtigte und geschulte Mitkämpferin im Lager der Sozialdemokratie steht. Sie wurden zu Vertrauensaufgaben herangezogen und beteiligten sich rege an den Verhandlungen. Genossin Baader gehörte als Schriftführerin dem Bureau des Parteitags an; Genossin Zieh ward in die Man­

bis zu diesem Augenblick alle Wandlungen ihres Schicksals mit großem Gleichmut ertragen hatte, konnte sich jetzt nicht mehr halten, brach in Tränen aus, setzte sich auf den Wagen und küßte Gerassim dreimal. Er wollte sie bis zum Schlagbaum begleiten und ging zuerst neben ihrem Wagen her, halbwegs aber hielt er an, winkte mit der Hand und ging längs des Flusses hin.

Es war Abend. Er schritt langsam dahin und blickte ins Wasser. Plöglich glaubte er zu bemerken, daß etwas im Schlamm am Ufer heftig zappelte. Er bückte sich und erblickte ein kleines weißes Hündchen mit schwarzen Flecken, welches troß aller An­strengungen nicht aus dem Wasser kommen konnte, sich abmühte und an seinem ganzen feuchten und hageren Körper zitterte. Gerassim betrachtete das unglückliche Hündchen, ergriff es mit einer Hand, steckte es in seine Brusttasche und eilte mit großen Schritten nach Hause. Er ging in seine Kammer, legte das gerettete Hündchen auf sein Bett, bedeckte es mit seinem schweren Stittel, lief zuerst in den Stall nach Stroh und holte darauf in der Küche eine Tasse Milch. Vorsichtig schob er den Stittel zurück, breitete das Stroh aus und stellte die Tasse auf das Bett. Das arme Hündchen war kaum drei Wochen alt, seine Augen hatten sich erst vor kurzem geöffnet, das eine schien sogar etwas größer zu sein als das andere. Es verstand noch nicht, aus der Tasse zu trinken, zitterte nur und blinzelte. Gerassim faßte es leicht mit zwei Fingern am Kopfe und tauchte seine Schnauze in die Milch. Nun begann das Tierchen gierig zu trinken, schnaubte, schüttelte sich und verschluckte sich. Gerassim sah zu und lachte.... Die ganze Nacht war er mit dem Hündchen beschäftigt, machte ihm ein Lager, trocknete es und verfiel endlich neben demselben in einen glücklichen ruhigen Schlaf.

Keine Mutter fann besser ihr Kind hätscheln, als Gerassim sein Hündchen. Anfangs war es sehr schwach und sah verhungert,