statt, deren Einberufung nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Sie wählte ein Frauenreichskomitee, das der Arbeiterinnen­bewegung ein richtung und zielgebendes Organ" sein sollte. Die Konferenz nahm einen von der Gewerkschaftskommission vorgeschlagenen Organisationsentwurf an, welcher den Gewerkschaften empfahl, für die weiblichen Mitglieder Sektionen zu errichten, wo die Arbeiterinnen ohne Scheu vor den männlichen Genossen ihre Diskussionen pflegen sollten.

Das Frauenreichskomitee versendete vor Einberufung der zweiten Konferenz, welche am 8. November dieses Jahres im Wiener Ar­beiterheim stattgefunden hat, Fragebogen, um zu erfahren, wie sich die Arbeiterinnenbewegung überall entwickelt hat, und warum manch schöner Ansatz verkümmert ist.( Siehe Nr. 20 der Gleichheit".) Aus dem Bericht des Komitees ist nun zu ersehen, daß die durch zwei Jahre anhaltende Krise die Arbeiterinnenorganisation schwer ge­schädigt hat. Während des schlechten Geschäftsganges fonnten die Genossinnen ihre Sektionen nicht aufrecht halten, in einigen Industrie­bezirken geriet die ganze Bewegung unter den Arbeiterinnen ins Stocken. Auch die Umgestaltung der Organisationsformen hat das Fortschreiten der Arbeiterinnenorganisation gehindert. Besonders ge­litten hat sie dort, wo Streitigkeiten und Differenzen die Gesamt­organisation erschüttert haben. Trotzdem kann von einem Rückgang feine Rede sein, da neben den genannten betrübenden Einzelerschei­nungen große Erfolge vorhanden sind. So hat die Organisation der Tabatarbeiterinnen in den letzten zwei Jahren ganz ungeheure Fortschritte gemacht. Es bestehen heute schon zwölf lokale Fach­vereine mit 2500 weiblichen Mitgliedern, Neugründungen sind in Vorbereitung. Die Organisation der Heimarbeiterinnen zählt in acht Ortsgruppen 600 Mitglieder, der Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen ebensoviel.

Das neue Komitee wird viel Zeit und Arbeitslust aufwenden müssen, um das, was hier möglich war, auch anderwärts zu erreichen. Speziell die Textilarbeiterinnen sind noch immer nur in geringer Zahl gewerkschaftlich organisiert, trotzdem es die Union an fleißiger organisatorischer Arbeit nicht fehlen läßt. Volle Klarheit über den Stand der Arbeiterinnenorganisation, über die Ursachen der Stockung in dem einen und des Niederganges in dem anderen Orte hat die Konferenz gegeben, und auch das ist für die künftige Arbeit wertvoll.

An der Konferenz nahmen 60 Delegierte teil, davon 19 aus den deutschen Provinzen, die übrigen aus Wien . Jede Wiener Organi­fation, die weibliche Mitglieder aufweist, wurde zur Delegierung ein­geladen. Auch alle Parteikorporationen, die Reichs- und Landes­parteivertretung und die Gewerkschaftskommission waren vertreten und versicherten die Genossinnen der Sympathien; auch materielle Unterstüßung versprachen sie.

Die Debatte, die sich an das Referat der Genossin Boschek über

Mumu, das Hündchen des Taubstummen. Erzählung von J. S. Turgenjew .

Aus dem Russischen überseht von T. H. Hauff.

( Schluß.)

Gerassim ging langsam und ließ Mumu nicht von der Leine. Bei einer Straßenecke blieb er unschlüssig stehen, dann ging er mit raschen Schritten in einer neuen Richtung weiter. Unterwegs ging er in ein Haus, an welchem gebaut wurde, und brachte zwei Ziegelsteine von dort unter dem Arm heraus. Darauf wandte er sich der Moskwa zu und ging am Ufer entlang bis zu einer Stelle, wo zwei Boote mit Rudern lagen, welche an kleine Pflöcke angebunden waren, wie Gerassim schon früher bemerkt hatte. Er sprang in das eine Boot, begleitet von Mumu. Ein lahmer Greis kam aus einer Hütte heraus, welche in der Ecke einer Um­zäunung stand, und schrie Gerassim an. Aber dieser nickte nur mit dem Kopf und begann so stark zu rudern, wenn auch gegen den Strom, daß er in wenigen Augenblicken hundert Faden ent­fernt war. Der Alte blieb lange stehen, dann kragte er sich den Rücken, zuerst mit der linken, dann mit der rechten Hand und hinkte in seine Hütte zurück.

Gerassim aber ruderte und ruderte. Moskau war schon hinter ihm geblieben, an den Ufern dehnten sich Wiesen und Gärten, Felder und Wälder aus, und dazwischen lagen einzelne Hütten.

Es wehte Landluft. Er warf die Ruder weg, beugte den Kopf zu Mumu herab, welche auf einem trockenen Sizbrett vor ihm saß auf dem Grunde des Bootes hatte sich Wasser gesammelt er freuzte seine mächtigen Arme über ihrem Nücken und blieb un­beweglich, während das Boot langsam wieder der Stadt zutrieb.

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Organisation und Agitation anschloß, wurde sehr lebhaft geführt. Es wurden Einwendungen gegen den Vorschlag des Frauenreichs­fomitees erhoben, in Zukunft das Komitee nur aus sechs und nicht mehr aus zwölf Personen zusammenzusetzen. Einige Genossinnen be­fürchteten, daß dadurch nicht genug Gewerkschaften mit einer Ver­tretung im Komitee berücksichtigt werden könnten, wodurch dem Komitee der Zusammenhang mit der Gesamtheit fehlen würde. Zur Annahme gelangte ein Vermittlungsvorschlag, ein achtgliedriges Frauen­reichskomitee an die Spitze der Organisation zu stellen. Zwei Kon­trolleurinnen mit beratender Stimme ergänzen das Komitee. Die Verminderung der Zahl der Komiteemitglieder wurde deshalb vor­geschlagen, weil sich bei der fünfjährigen Tätigkeit herausgestellt hat, daß ein so großer Körper zu schwerfällig ist und nicht immer das rasche Arbeiten ermöglicht, das sich oft unumgänglich notwendig macht. Um das Frauenreichskomitee mit den Wiener Organisationen in steter Fühlung zu halten, wurde die Frauen- Plenarversammlung vorgesehen, welche alle zwei Monate einberufen werden muß und aus Delegierten aller Gewerkschaften und Bildungsvereine zusammen­gesetzt wird. Jede Organisation fann bis zu 100 weiblichen Mit­gliedern zwei, über 100 weiblichen Mitgliedern drei Genossinnen delegieren. Dieser Plenarversammlung hat das Komitee über alle seine Arbeiten zu berichten und Vorschläge zu erstatten über eventuelle gemeinsame Attionen der Genossinnen. Sie dürfte tatsächlich sehr fruchtbringend und nüßlich für die Organisation der Arbeiterinnen werden. Durch sie wird jederzeit eine Kontrolle möglich sein, wo das Komitee einzugreifen hat, und wo die Agitation besonders ein­sezen muß. Große Erregung verursachte die Aufrollung der Frage, ob es genüge, die Arbeiterinnen nur gewerkschaftlich zu organi­sieren, oder ob man sie auch politisch aufklären müsse. Ein Teil der Genossinnen vertritt die Anschauung, daß in Österreich , bei dem ausgesprochen sozialdemokratischen Charakter der Gewerk­schaften, diese Organisationsform für die Frauen genüge. Andere dagegen meinen, daß, da nicht alle Arbeiter in den Gewerkschaften sofort Sozialdemokraten seien und auch weil organisierte Ar­beiter in den Betrieben die Arbeiterinnen nicht wie ihres­gleichen behandeln, die Gewerkschaft allein nicht ausreichend sei, die Arbeiterinnen sozialdemokratisch aufzuklären. Dieser Meinungs­unterschied führte zu einer recht lebhaften Auseinandersetzung. Der Gewerkschaftssekretär und die Referentin wiesen die zuletzt angeführte Anschauung zurück. Tatsächlich wurde nach der Konferenz noch fest­gestellt, daß der Gehilfenausschuß der angeführten Branche in jedem einzelnen ihm zur Kenntnis gebrachten Falle jene Arbeiter vorlade, die sich Arbeiterinnen gegenüber nicht solidarisch benehmen, um sie über ihre Pflichten zu belehren. Als Folge der Debatte wurde bei Besprechung der politischen Betätigung der Frauen" von Mitgliedern des Vereins sozialdemokratischer Frauen und

Endlich richtete sich Gerassim auf und mit einer krankhaften Wut auf seinem Gesicht umwand er hastig die mitgebrachten Ziegel­steine mit der Leine, machte am anderen Ende derselben eine Schlinge und legte sie Mumu um den Hals. Dann hob er sie in die Höhe über dem Flusse und blickte sie zum legtenmal an. Zutraulich und ohne Furcht blickte Mumu ihn an und wedelte leicht mit dem Schweif.

-

- öffnete die

Er wandte sich ab, schloß die Augen und Hände. Gerassim hörte nichts, weder das erschreckte Winseln Mumus, als sie fiel, noch das schwere Klatschen im Wasser, für ihn war der geräuschvollste Tag so still und lautlos wie für uns die stillste Nacht, und als er wieder die Augen öffnete, eilten wie früher die fleinen Wellen im Fluß dahin, wie vorhin plätscherten sie an den Seiten des Boots.

Jeroschka war nach Hause geeilt, sobald Gerassim seinen Blicken entschwunden war, um zu berichten, was er gesehen hatte. " Nun ja", bemerkte Stepan, er ersäufte sie. Nun kann man ruhig sein. Wenn er einmal etwas verspricht..."

Im Laufe des Tages sah niemand den Taubstummen. Er erschien auch nicht zum Mittagessen. Der Abend brach an. Alle versammelten sich zum Abendessen, nur Gerassim fehlte.

,, Ein merkwürdiger Mensch, dieser Gerassim!" piepte eine dicke Wäscherin, so ein Wesen zu machen wegen eines Hundes! Nein... .. ich sage...

H

Gerassim war ja hier", rief Stepan, indem er seine Grüße einlöffelte.

"

Wie? Wann?"

" Nun, vor etwa zwei Stunden. Ich bin ihm am Hoftor