versammlung aufgefordert, in welcher noch vier Genoffinnen in das Frauenreichskomitee gewählt werden. Erst dann wird sich das Komitee fonstituieren. Was die Frage der Aufbringung der nötigen Mittel für die Arbeit des Komitees anbelangt, so hat die Konferenz be= schlossen, an die Reichs- und Landesparteivertretung, sowie an die Gewerkschaftskommission heranzutreten, damit diese drei Korporationen dem Komitee eine ständige Subvention zur Bestreitung seiner Aus­gaben bewilligen. Einige gewerkschaftliche Organisationen haben schon jetzt dem Komitee Geldbeträge übermittelt. Das Protokoll über die Konferenzverhandlungen wird als Broschüre herausgegeben und um billigen Preis verkauft werden.

Die Konferenz hat gezeigt, wieviel noch zu tun ist, sie hat aber auch erwiesen, wieviele tüchtige Kämpferinnen in der Masse bisher unerkannt in stiller Weise für den proletarischen Klassenkampf arbeiteten. Mit vereinten Kräften wird weiter gewirkt werden, um die prole­tarische Frauenbewegung zu stärken und neue Erfolge zu erringen. Wien , November 1903. Adelheid Popp .

Aus der Bewegung.

Von der Agitation. Auf Veranlassung einer Vertrauensmänner­versammlung für den 16. Agitationsbezirk des Porzellanarbeiter verbandes war daselbst im Oktober Genossin Greifenberg als Referentin tätig. Zweck der Agitation war, den Verband zu stärken und insbesondere auch die Arbeiterinnen der Porzellanindustrie auf­zuklären und der Organisation zuzuführen. In der Porzellanindustrie nimmt die Frauenarbeit immer mehr überhand, in allen ihren Branchen tritt die Frau als Konkurrentin, ja fast stets als Schmutz­konkurrentin des Mannes auf. Da ist es denn im Interesse der Arbeiterinnen und Arbeiter eine Notwendigkeit, auch die Frauen für den Gedanken der gewerkschaftlichen Organisation zu gewinnen. Leider wurden zwei von den geplanten Versammlungen vereitelt, in Markt­redwig und in Waldsassen . In erstgenanntem Orte durch den Bürgermeister, der die Anmeldung mit dem Vermerk zurücksandte, daß beim Bezirksamt keine Erinnerung vorliege. Als das Versehen gutgemacht war, gab der Wirt seinen Saal nicht mehr her. In Waldsassen , wo alles wohlgeregelt war, verweigerte der Wirt, entgegen seinem festen Versprechen, im letzten Augenblick das Ver­sammlungslokal. Hoffentlich werden die Arbeiter daraus lernen. Wenn sie nur bei Wirten verkehren, die ihren Interessen zum mindesten nicht feindselig gegenüberstehen, so wird es ihnen nicht widerfahren, daß ihre Versammlungen auf die Straße gesetzt werden. In Marktleuthen , Arzberg , Hohenberg , Wunsiedel , Tir­ schenreuth , Mitterteich , Weiden und Selb fanden die Versamm­lungen unbehindert statt. Mit Ausnahme derjenigen in Hohenberg und Wunsiedel erfreuten sich alle eines sehr guten Besuchs. Nicht daß er den ganzen Tag nur den Kopf schüttelte und sagte: Nu", bis Onkel Zopf ihn zur Vernunft zu bringen suchte, indem er sagte: Nu- u."

Endlich kam Nachricht vom Gute, Gerassim sei dort ange= kommen. Die Herrin beruhigte sich etwas. Zuerst befahl sie, ihn sofort nach Moskau zurückkommen zu lassen. Dann aber er­flärte sie, einen so undankbaren Menschen wolle sie nicht mehr sehen. Übrigens starb sie bald nachher, und die Erben dachten nicht an Gerassim. Sie entließen auch die übrigen Leibeigenen auf Obrok.*

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Und bis heute lebt Gerassim als Fronbauer in seiner ein samen Hütte, gesund und kraftvoll wie früher, arbeitet für vier wie früher und hat sein würdevolles Wesen beibehalten. Aber seine Nachbarn haben bemerkt, daß er seit seiner Rückkehr aus. Moskau den Umgang mit Frauen ganz aufgegeben hat. Er sieht sie nicht und hält auch keinen Hund bei sich.

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, Übrigens", sagen die Bauern, es ist sein Glück, daß er tein Weib nötig hat, und einen Hund, wozu hat er einen Hund nötig? Nicht mit einem Esel zieht man einen Dieb an feine Türe."

So spricht man von der Heldenkraft des Stummen.

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Obrok war eine Abgabe, welche den Leibeigenen auferlegt wurde dafür, daß sie entlassen wurden, um in den Städten, so gut sie tonnten, ihr Fortkommen zu suchen. Manche wurden mit der Zeit wohlhabend und es kam vor, daß solche Zinsbauern oder ihre Söhne durch Geschick und Glück im Handel Millionäre wurden und dann natürlich jährlich Tausende Obrok zahlten, wenn es dem Herrn nicht gefiel, ihnen zu erlauben, sich loszukaufen.

nur Arbeiter, auch Arbeiterinnen wohnten ihnen in größerer Anzahl bei, und mehrere der letzteren bekundeten ihr erwachtes Verständnis für ihre Lage und diejenige ihrer Arbeitsbrüder dadurch, daß sie sich in den Verband aufnehmen ließen. Das alte Vorurteil der Arbeite­rinnen, daß die Gewerkschaftsorganisation nur Männersache" sei, um die sie sich nichts zu kümmern hätten, schwindet auch in abge­legenen Industrieorten allmählich vor der Tatsache, daß der Unter­nehmer Männer und Frauen gleicherweise ausbeutet, ja die Frauen vielfach noch härter als ihre Berufsgenossen, so daß alle vereint bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen erkämpfen müssen. Hoffen wir, daß die neugewonnenen Mitglieder des Porzellanarbeiterverbandes fest und treu zur Organisation halten, zu ihrem eigenen Schutz, zum M. G. Schutz der Ausgebeuteten, dem Unternehmer zum Truz.

In Elberfeld fanden anfangs November zwei öffentliche, gut besuchte Frauen und Mädchenversammlungen statt, von denen die eine unter dem Vorsitz der Genossin W. Ullenbaum, die andere unter dem der Genossin Becker tagte. Genossin Kähler referierte beidemale über Der Arbeiterfrauen Kampf um Recht und Brot". Die Rednerin entwarf ein düsteres, aber wahres Bild von der Lage, welche die kapitalistische Ausbeutung der Arbeit für die proletarischen Frauen schafft. Besonders eingehend kritisierte sie dabei die Zustände in den Fabriken des Wuppertals, in denen sehr viele Frauen und Mädchen unter hartem Mühen und Plagen ein färgliches Brot erwerben. Genossin Kähler wies die Notwendigkeit nach, daß die Gewerkschaftsorganisation und die Gesetzgebung die Ausbeutungs­macht des Kapitals über die Arbeiterin mildere und dieser zu besserem, reichlicherem Brote verhelfe. Die Besigenden und Herrschenden seien jedoch für volles Koalitionsrecht und gründlichen Arbeiterinnenschut nicht zu haben. Das werktätige Volk müsse ihnen jede bescheidene Besserung seiner Lage abtrogen. Es sei deshalb zu begrüßen, daß der Dresdener Parteitag abermals eine Resolution zugunsten der Forderungen angenommen habe, welche die Sozialdemokratie im Reichstag zu Nutz und Frommen der proletarischen Frauen und Mädchen heische. Die Rednerin zeigte in ihren Ausführungen ferner den schroffen Gegensatz, der zwischen den Lasten der Proletarierin und ihren politischen Rechten besteht. Im politischen Leben ist sie vor dem Gesetze eine Null, in Preußen, im größten Teile Deutsch­ lands , besitzt sie nicht einmal freies Vereins- und Versammlungsrecht, von dem Wahlrecht zu schweigen. Die Proletarierin bedürfe aber vollen politischen Rechtes als einer Waffe, sich Brot, Bildung, Frei­heit zu erkämpfen. Nach einem Hinweis auf die Staaten, in denen die Frau politisch völlig oder fast gleichberechtigt mit dem Manne ist, schloß Genossin Kähler ihren Vortrag mit der Aufforderung an die Frauen des werktätigen Voltes, Schulter an Schulter mit ihren Klassengenossen für die Forderung der Sozialdemokratie zu kämpfen; genügend Brot und kulturwürdiges Brot für alle, gleiches Recht für alle. Lebhafter Beifall lohnte in beiden Versammlungen die Refe­rentin. Die Mahnung, die Freie Presse" und die Gleichheit" zu abonnieren, verhallte nicht ungehört. Unsere Frauenzeitschrift gewann dreißig neue Abonnenten. Die Versammlungen endeten nach einem fräftigen, begeisternden Schlußwort der Genossin Kähler mit einem Hoch der Vorsitzenden auf die proletarische Frauenbewegung. Adele Ullenbaum.

In zwei Voltsversammlungen zu Leipzig referierte Genossin Tietz über das Thema: Warum fordern wir Frauen das Wahlrecht?" Die Rednerin betonte den Zusammenhang, welcher zwischen der veränderten wirtschaftlichen Tätigkeitssphäre der Frau und ihrer politischen Rechtsstellung besteht. Sie zeigte die schreiende Ungerechtigkeit auf, welche zwischen den Interessen und den Lasten der Frau als Staatsangehörige einerseits, ihren Rechten andererseits vorhanden ist. Diese Ungerechtigkeit muß grundsätzlich bekämpft werden. Durch Hinweis auf die Haltung des bürgerlichen Vereins für das Frauenstimmrecht" illustrierte Genossin Tieß die Tatsache, daß in Deutschland nicht die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen, sondern die sozialdemokratischen Proletarierinnen die Pioniere der vollen politischen Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechtes sind. Nach­dem sie die Gegnerschaft der bürgerlichen Parteien gegen die not­wendige Reform kritisiert und die Bedeutung des Frauenwahlrechtes für den Befreiungskampf der Arbeiterklasse gewürdigt hatte, schloß die Referentin ihre überzeugenden Darlegungen mit der Aufforderung, die proletarischen Frauen und Mädchen politisch aufzuklären und zu schulen, um sie für den richtigen Gebrauch ihres vollen Bürgerrechtes vorzubereiten. Geschehe dies, so brauche die Sozialdemokratie feinen Rückschlag zu befürchten, wenn es den herrschenden Klassen einfallen sollte, ihre Macht mit Hilfe des Frauenstimmrechts, das heißt mit Hilfe unaufgeklärter, rückständiger Frauen befestigen zu wollen. Die Referentin fand lebhaften Beifall und der Frauenbildungsverein gewann durch die Versammlung neue Mitglieder. In einer öffent­lichen Versammlung der Arbeiterinnen und Arbeiter der Wäsche­

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