sation. In der kurzen Zeit von zwei Monaten, die dem Verein zu existieren vergönnt war, sind ihm gegen vierhundert Frauen als Mit­glieder beigetreten und haben damit ihr Stückchen politisches Recht ausgenutzt. Das Interesse für den preußischen Landtag und die Wahl seiner Abgeordneten war nicht so rege wie die Aufmerksamkeit, welche die proletarischen Massen dem Reichstag zuwenden, es mußte erst geweckt werden. Das wurde angestrebt in den sechs Versamm­lungen. die der Verein veranstaltete, und von denen einige sehr gut, meist von Frauen besucht waren. Die Referenten, die Genossinnen Zetkin , Zepler und Altmann, und die Genossen Ledebour , Grunwald und Manasse behandelten in vorzüglicher Weise die einschlägigen Fragen und gaben ihren Ausführungen und Forde­rungen durch wichtiges Zahlenmaterial verstärkte Beweiskraft. Vielen Frauen ist durch die Agitation des Wahlvereins klar geworden, wie kulturwidrig Preußens Gesetzgebung ist hinsichtlich der vereinsrecht­lichen Bestimmungen, der Schule, Krankenpflege usw. Der aus­gestreute Samen wird sicher aufgehen und Früchte tragen. Auch durch den Landtagswahlkampf hat die Sozialdemokratie, die einzige Partei, die für wirkliche Gerechtigkeit eintritt, neue Anhänger ge­wonnen. Das während der zwei Monate ausgenutzte karge politische Recht wird mancher Frau die Augen geöffnet haben über die schreiende Rechtlosigkeit, welche das Gesetz über sie verhängt. Aber auch für das weibliche Geschlecht wird die Zeit sich erfüllen, in der es frei und gleichberechtigt in der Gesellschaft steht. Eine unerläßliche Vor­bedingung dafür ist, daß es sein Recht sich selbst in unablässiger Auf­klärungsarbeit erringt. Die Auflösung des Frauenwahlvereins er­folgte dem Gesetz gemäß mit Beendigung der Wahl. Die Abrechnung über Einnahmen und Ausgaben hat folgende Summen ergeben: Einnahmen: Es wurden verkauft 1042 Marken ä 20 Pfennig. 208,40 Mark Tellersammlung............ 48,90- Summa Mark Ausgaben: Für Mitgliedskarten........... 9,00 Mark - Handzettel und Plakate........ S6,S0- - Annoncen............. 103,20- - Papier, Porto, Diverse........ 10,79- Summa Mark Der Überschuß von 77,81 Mark wurde der Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands für den Agitationsfonds überwiesen. Die Kasse wurde von den Unterzeichneten revidiert und ebenso wie die Belege usw. in Ordnung befunden. Marie Klatsch. Katharina Sehring. Die Behörden im Kampfe gegen die proletarische» Franc». Der weisheitsreiche Z 8 des preußischen Vereinsgesetzes ist wieder einmal gegen Proletarierinnen mobilisiert worden, welche sich des schrecklichen Verbrechens schuldig machen wollten, den preußischen Staat durch Walzer und Polkaumzustürzen". Am 17. August 1902 wollten die Gewerkschafte» Lauenburgs ein Fest abhalten, ver­bunden mit Konzert und Tanz. Der Polizeiverwalter verbot es, weil er aus der vorgesehenen Tanzbelustigung schlußfolgerte,daß sich Frauen an dieser Versammlung beteiligen würden." Die beim Landrat zu St. Georgenberg und beim Regierungspräsidenten zu Schleswig eingelegten Beschwerden gegen die gesetzwidrige Ent­scheidung blieben erfolglos. Kürzlich wurde nun auch die Klage beim Oberverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Wir kommen auf die Angelegenheit noch zurück, die eindringend den Kampf gegen das preußische Dreiklassenwahlunrecht predigt. Notizenteil. Der Zeljttstundenksmpf der Textilarbeiter in Crimmitschau . Crimmitschau im Belagerungszustand, das ist das Wichtigste, das Unerhörte vom Schlachtfeld des Zehnstundentags. Die Koalitions­freiheit der Ausgesperrten besteht formal weiter. In Wirklichkeit hat sie ein Federstrich der Behörden gemeuchelt. Alle öffentlichen und nichtöffentlichen Versammlungen sind untersagt, die Tanzmusiken ver­boten, das Gendarmerieaufgebol wurde wesentlich verstärkt. Die Maß­regeln gelten nicht nur für die Stadt Crimmitschau , vielmehr für den ganzen Amtsbezirk mit Ausnahme weniger Orte. Ihr Zweck ist offensichtlich, zu Nutz und Frommen der Textilbarone den musterhaften Zusammenhalt zu sprengen, den die Ausgesperrten trotz der langen Dauer des Kampfes und seiner wachsenden Härten bewahrt haben. Keine öffent­lichen Versammlungen mehr, auf daß die zum Kampfe Gezwungenen nicht länger mehr gemeinsam zu raten vermögen und aus der Ge­meinsamkeit ihrer Ueberzeugung neue Kraft für neue Entbehrungen schöpfen! Die Kontrollversammlungen verboten, damit die moralische Zucht der Kampfgenossen untereinander gelockert werde, damit der Schwankende im Schutze des Nicht-bemerkt-werdens leichter als Ver­räter davon schleichen könne! Um das geschlossene Heer in zusammen­hangslose Einzelne aufzulösen, dürfen bei Auszahlung der Unterstützung nicht einmal mehr als sechs Personen gleichzeitig im Lokal anwesend sein. Ein kurzes Plakat, das die Ausgesperrten zum Aushalten aufforderte, durfte nicht angeschlagen werden, die Polizei entfernte es aus den Wirtschaften. Die behördlichen Maßregeln tragen das Brandmal schreiendster Ungerechtigkeit, sie sind außerdem ungesetzlich Zweimal wurde eine Deputation älterer Arbeiter bei dem Minister des Innern um das unzweifelhafte Recht der Arbeiter vorstellig. Beidemale hat ihre Fahrt nur die Erfahrung über das Wesen des Klassenstaates bereichert. Was die erste Deputation von simplen Geheimräten er­fuhr, das hörte die zweite aus dem Munde des Ministers: Die Aus­gesperrten sollten den Instanzenweg beschreiten, das heißt von Pontius zu Pilatus laufen. Die Behörden haben Volksaufläufe und Vergehen gegen H 1S3 der Gewerbeordnung als Gründe für ihr Vorgehen an die Wand gemalt. In Wirklichkeit finden größere Ansammlungen nur dort statt, wo GendarmenProphete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitten" Arbeitswillige fürsorglich geleiten. Trotz der Argusaugen, mit denen die Behörden Vergehen gegen lö3 entdecken, trotz der strengsten Ahndung, die sie ihnen angedeihen lassen: konnten sie kein höheres Strafmaß als sieben Wochen Gefäng­nis überStreiksünder" verhängen, der beste Beweis für die be­wunderungswürdige Ruhe und Ordnung der Ausgesperrten. Eine weitere Einschränkung der Rechte der Arbeitenden ist angedroht und eingeleitet Das Gewerkschaftshaus erhielt das Gebot, früh von 5 bis 6 Uhr, mittags von bis V-2 Uhr und abends von ö bis 7 Uhr die Fenster geschlossen zu halten, weder in der Vorflur noch auf dem Trottoir des Gebäudes dürfen sich Gruppen von Personen aufhalten. Die Entziehung der Schankkonzession wie die Verlegung des Bureaus der Kampfesleitung ist bereits in Aussicht genommen. Vorwand dafür: Arbeitswillige von drei Fabriken der Stachbarschaft sollen sich durch Gesang und Zurufe belästigt und beleidigt gefühlt haben. Der wirtschaftliche Kampf der Lohnsklaven und-Sklavinnen des Textilkapitals ist in aller Form auch zu einem politischen Ringen des Proletariats gegen die Ausbeuterklasse und ihren Staat geworden. Wie die Behörden so leisten einzelnegutgesinnte Bürger" dem Schornsteinadel Hand- und Spanndienste. Geistliche, Lehrer, Armen­pfleger suchen vor allem die gewöhnliche Rückständigkeit der Frauen auszunutzen. Sie vergessen, daß die kapitalistische Ausbeutung die Proletarierinnen zu aufgeklärten Kämpferinnen erzieht. Mit der Zähigkeit der Verzweiflung lassen die Crimmitschauer Fabrikanten die Herbergen aller sächsischen Industriezentren nach Arbeitswilligen absuchen, sie bemühen sich solche aus Rheinland , Bayern , Pommern , Böhmen herbeizulocken. Polnische Landarbeiter werden auf de» Gütern angeworben, entlassene Sträflinge auf die Arbeitsgelegenheit aufmerksam gemacht. Gering ist die Ausbeute der Bemühungen, noch geringer die Zahl der wirklich tüchtigen, verwendbaren Arbeits­kräfte, die meist unter falschen Vorspiegelungen nach Crimmit­ schau gezogen werden. Gar mancher Arbeitswillige kehrte der Stadt den Rücken, sobald er den wahren Sachverhalt erfuhr und den Hunger­löhnen ins Antlitz schaute. Die Unterbringung der Arbeitswilligen macht Schwierigkeiten, niemand will sie bei sich aufnehmen, der und jener Fabrikant mußte schon dieRaußreißer" in seiner Villa ein­quartieren. Was diese Vorgänge künden: daß die Unternehmer sich in schwerster Bedrängnis befinden: das bestätigt ein Schriftstück des Vorsitzenden des Fabrikanlenvereins zu Werdau . In den beweglichsten Tönen bittet er um tatkräftige materielle Hilfe für die Crimmitschauer Schlotjunker, die protzig und profitwülend den Kampf heraufbeschworen haben. Die statutengemäße Unterstützung von fünf Prozent der Lohn­summe. welche der Verband der sächsischen Textilindustriellen ihnen zahlt, ist schon durch freiwillige Beiträge seiner Mitglieder auf zehn Prozent erhöht worden. Und doch erweisen die ausgezahlten Beträge sich als ganz unzureichend, den Schaden der Fabrikanten wettzu­machen. Zu dem Ausfall an Gewinn gesellen sich fortlaufende Pro- duklionskosten für Gehälter usw., und vor allem die sehr großen Aus­gaben für die Weiterführung der Betriebe mit ganz wenigen, oben­drein meist ungeübten, untüchtigen Arbeitskräften. Offen wird das zugegeben. So haben sich die Aussichten für die Kämpfenden be­deutend verbessert. Im Januar beginnt die neue Saison. Sie darf nicht verloren gehen, soll die Crimmitschauer Textilindustrie nicht einen tödlichen Schlag erhalten. Gelingt es den Ausgesperrten, sich bis dahin über Wasser zu hallen, so müssen die stolzen Textilgewaltigen sich zur Ver­ständigung bequemen. Die Solidarität des gesamten deutschen Prole­tariats muß dafür sorge», daß die großartige heldenmütige Ausdauer