Nr. 26
Die Gleichheit
15. Jahrgang
eeee Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen eeeROLERO
Die„ Gleichheit erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Poft vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mart.
Juhalts- Verzeichnis.
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Einladung zum Abonnement. Weihnachten. Von Luise Zietz . Über Schulgesundheitspflege. VII. Bon Dr Zadek. Sonder organisation für Arbeiterinnen? Von Klara Linzen- Ernst. Jugend und Sozialismus. XVII. Bon Franz Krüger. - Aus der Bewegung: Bon der Agitation. Von den Organisationen. Die Behörden im Kampfe gegen die proletarischen Frauen.-
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Genossenschaftliche Rundschau. Von Simon Katzenstein . Notizenteil: Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.- Frauenstimm Feuilleton: Weihnachtsabend. Von Theodor Storm. ( Gedicht.) Mine Anders Weihnachten. Von Otto Krille .
recht.
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Weihnachten.
Zuschriften an die Redaktion der„ Gleichheit" sind zu richten an Frau Klara Zetkin ( 3undel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bet Stuttgart . Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furtbach- Straße 12.
der hierdurch bedingten Fleischnot litt und leidet, die ,, ausgleichende Gerechtigkeit" der Herrschenden will es, Feierlicher Glockenschall läutet wiederum allüberall daß in holder Eintracht mit Ochsengrafen und schweineWeihnachten, das" Fest der Liebe" ein. züchtenden Ministern die Panzerplattenfabrikanten und Friede auf Erden!, so tönt es von den Kanzeln, so Kanonenfönige sich in die Ausplünderung des Volkes zittert es durch Millionen von Herzen.
teilen. Pfennig um Pfennig den Hungernden und
Friede auf Erden! In zahllosen Herzen weckt diese Darbenden abgepreßt an indirekten Steuern, Zöllen Berichtigung.- Jahresbericht der Vertrauensperson der Genossinnen Botschaft der lieblichen Bethlehemlegende heiße Sehnsucht, und Verbrauchsabgaben, Millionen und Milliarden den Augsburgs. Jahresbericht der Vertrauenspersonen Hamburgs brennendes Verlangen nach einem Quentchen Lebensglück dringendsten Kulturaufgaben der Bildung der Jugend, für das Jahr 1905.- Politische Rundschau. Von G. L. und Lebensfreude. Oder aber sie weckt Zorn, Erbitte- der Fürsorge der Kranken und Siechen, der Pflege der rung in den Herzen so vieler Mühseliger und Beladener, Kunst und Wissenschaft- entzogen, werden dem gierigen, die sich bei diesen in schmerzensreicher Verzweiflung, bei völkermordenden, menschenverderbenden Militarismus und jenen in einer furchtbaren Anflage, einem herzzerreißen- Marinismus geopfert! den Notschrei äußert. Friede auf Erden! Nicht genug, daß die neuen Denn leider ist sie nach fast zweitausend Jahren noch Handelsverträge mit ihren wucherischen Zollsätzen diese immer nicht erfüllt, die Zeit des Friedens auf Erden. Ausraubungspolitik bis zur unerträglichen Höhe steiEinladung zum Abonnement. Das Joch kapitalistischer Ausbeutung, Unterdrückung gern; daß sie Fleisch, Brot, Kleidung, Fußzeug usw. und Entrechtung lastet schwerer denn je auf den Schultern eine faum erschwingliche Preishöhe geben; daß ArbeitsDie„ Gleichheit", das Organ der deutschen Genos- der Enterbten und scheucht den Frieden", das Wohl- losigkeit, Hunger, Krankheit, Verbrechen, Prostitution, sinnen, schließt mit dieser Nummer ihren 15. Jahrgang. gefallen" von der Erde, das jene Weihnachtsbotschaft verhieß. Zunahme der ohnehin erschreckend hohen KindersterblichFriede auf Erden! Welch ein Hohn auf die tatsäch- feit usw. den Weg bezeichnen, den diese wahnwitzige Wie in den vergangenen Jahren, so wird die Zeitschrift auch fürderhin die treue Beraterin der Prole- lichen Verhältnisse. Kaum beendet sind die Aussperrungen Boll- und Handelspolitik nimmt. Nein, ein nicht zu der Arbeiter und Arbeiterinnen der Textilindustrie Sachsens flein geratenes neues Steuerbufett ist es, das die Retarierinnen für ihre Beteiligung am Befreiungskampf und Thüringens , der Arbeiterschaft in der Berliner Elektri - gierung dem deutschen Volke als Weihnachtsgabe zur ihrer Klasse sein. Sie wird wie seither mit aller zitätsindustrie, und noch in lebhafter Erinnerung sind die Flottenvorlage präsentiert. Energie und Schärfe kämpfen für die volle soziale Aussperrungen in mindestens einem halben Duzend an- Friede auf Erden! Die proletarische Mutter, die Befreiung der proletarischen Frauenwelt, wie derer Branchen. Und warum wurden all diese fleißigen schmerzdurchbebten Herzens vor den glänzenden Schausie einzig und allein möglich ist in einer sozia- Arbeitsbienen an freiwilliger Arbeit" gehindert, von den fenstern steht, hinter denen in fast endloser Auswahl listischen Gesellschaft. Denn nur in einer solchen selben Kapitalmagnaten, denen sie jahrelang durch ihrer die warmen Wollsachen liegen, die ihr, ihrem Gatten, ihren Kleinen so not täten, hinter denen in bunter verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigentums- und Hände Fleiß die Geldschränke gefüllt hatten? Wirtschaftsverhältnissen die Ursache jeder gesellschaft- Nun, sie hatten das„ todwürdige Verbrechen" begangen, Herrlichkeit all der Tand sich breitet, der so viel Lust lichen Unterdrückung und Unfreiheit: die wirtschaftliche einige Pfennige Lohn mehr zu verlangen zum Brot für und Glück in das Kindesleben hineinträgt, wie so gern Abhängigkeit eines Menschen von einem anderen Men- die Ihrigen, eine halbe Stunde Arbeitszeitverkürzung, möchte sie nur ein einziges Stück davon heimtragen für schen; denn nur in einer solchen verschwindet mit den um ein wenig Zeit zum Menschsein zu erübrigen. ihre Lieben. Aber ihre Hand ist leer! Sie sieht, wie Dafür mußte die Hungerpeitsche um so unbarmherziger andere, Glücklichere, Patet um Paket heimtragen, wie auf ihren Rücken niedersausen. die Angestellten der Geschäfte kaum imstande sind, all
Friede auf Erden! In Rußland fließt seit Monaten das Blut der unerschrockenen Freiheitskämpfer in Strömen. Die Soldateska, Söhne des Volkes sind es, die auf Be fehl auf Vater und Mutter schießen! Doch siegessicher
jetzt herrschenden Eigentums- und Wirtschaftsverhält nissen der Gegensatz zwischen Besitzenden und NichtFriede auf Erden! Im fernen Often ist kaum das die gekauften Herrlichkeiten in die Villen der reichen besitzenden, der soziale Gegensatz zwischen Mann und blutige Drama des russisch- japanischen Krieges beendet, Kaufleute und Fabrikanten zu schaffen, wo die Tische sich Frau, zwischen Kopfarbeit und Handarbeit. Die Auf- das mit aller nur erdenklichen Schärfe gezeigt, wie recht fast biegen unter der Last der Geschenke. Doch sie geht hebung dieser Gegensäge kann jedoch nur erfolgen durch die Sozialdemokratie hat mit ihren Warnungen vor den leer aus, sie muß froh sein, wenn's zum Brot reicht an den Klassenkampf: die Befreiung des Proletariats Gefahren des durch Größenwahn und Weltmachtkitel den Festtagen, und nicht gar der Hunger sich noch zu fann nur das Werk des Proletariats selbst sein. geschaffenen weltpolitischen Malstromes. Noch sind all Gaſte ſetzt. Will die proletarische Frau frei werden, so muß fie die graufigen Wunden, die der Krieg schlug, nicht geheilt, geschweige denn vernarbt. Verzweiflungsvoll beweinen sich der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung Eltern ihre Kinder, Frauen ihre Gatten, Kinder ihre anschließen. Und nur ihr, feineswegs aber der bürger- Eltern, die der grause, nicht nur geduldete, sondern verlichen Frauenrechtelei, die zwar zugunsten des weib- herrlichte Massenmord ihnen entriß. erhebt sich immer wieder aufs neue das unter fapitalistilichen Geschlechtes innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft Friede auf Erden! Grauenvoll sind die Nachrichten scher Ausbeutung, politischer und geistiger Knechtschaft reformieren will, aber grundsätzlich eine Revolution aus den deutschen , französischen und belgischen Kolonien, bisher niedergetretene Volt mit beispielloser revoder Gesellschaft zugunsten der ausgebeuteten Klaffe die an unser Ohr schlagen und jeden fühlenden Menschen lutionärer Kraft und Begeisterung, um seine Ketten zu zurückweist. Die proletarischen Frauen zum Klassen- zur flammendsten Empörung aufstacheln. Den Ginge- brechen, das Selbstherrschertum aus den Angeln zu kampf zu rufen und für den Klassenkampf zu schulen, borenen raubt man Weiber und Kinder, hält sie als heben. Die krampfhaften Zuckungen, die den Riesendas wird wie bisher so in Zukunft die vornehmste Auf- Geiseln in der Gefangenschaft, wo die meisten am Hunger leib des russischen Staatsförpers erschüttern, sie sind die gabe der„ Gleichheit" bleiben. Ihrem alten Programm zugrunde gehen, um die Männer zu zwingen, daß sie Wehen , unter denen im Lande der ärgsten Reaktion getreu wird sie auch im kommenden Jahre werben für reichlicher Kautschuk abliefern als bisher. Fällt die Lie- die Freiheit geboren wird. Der Feuerschein der russischen den Streit, in dem„ ein Hüben und Drüben nur gilt". ferung auch dann noch nicht reichlich genug aus, büßen Revolution, er leuchtet nicht nur in Rußland , er leuchtet es die Männer, die bereits Weib und Kind verloren, weit über dessen Grenzen, vor allem in die preußisch Daneben will jedoch die„ Gleichheit" noch weiauch noch mit dem Verlust ihrer Hände, die dann dem deutsche Rumpelkammer. Er beleuchtet grell unsere trau tere Aufgaben erfüllen. Jede Nummer hat eine„ menschenhandfressenden" Hunde des Gouverneurs zum rigen sozialen und politischen Verhältnisse. Er läßt uns Beilage, welche, abwechselnd in der Reihe des ErFraße dienen! die angetane Schmach noch brennender, den erlittenen scheinens, der allgemeinen Bildung der prole= Der christliche Herr v. Trotha gibt Befehl, die Hereros Druck noch unerträglicher empfinden. Aber das Beispiel tarischen Frau, ihrer besseren Ausrüstung für niederzuschießen, wann und wo sie angetroffen werden, er unserer heldenmütig kämpfenden russischen Brüder und die Pflichten als Mutter und Hausfrau ge- treibt die Frauen und Kinder derselben in den Ver- Schwestern, es wirkt auch auf uns anfeuernd, begeisternd, widmet ist und Kinderfektüre bringt, die in schmachtungstod, und ein deutscher Regierungsvertreter es schürt unsere Empörung, unseren Kampfesmut, unsere dem heranwachsenden proletarischen Geschlecht sozialis heißt solche Grausamkeiten öffentlich im Parlament gut! Kampfesfreudigkeit, aber auch unsere Siegessicherheit, Friede auf Erden! Von tiefem Mißtrauen und Eifer- unser Selbstvertrauen. Die begeisterten Wahlrechtsfämpfe stisches Fühlen und Denken fördern soll. Das Blatt hat im Laufe des letzten Jahres seinen Leserkreis um fucht gegeneinander erfüllt, stehen sich die christlichen und und großartigen Demonstrationen unserer österreichischen viele Tausende vermehrt. Wir hoffen, daß es sich 1906 zivilisierten Staaten bis an die Zähne bewaffnet gegen- und sächsischen Genossen und Genossinnen sind Beweise die alten Sympathien erhält und neue Freunde erwirbt. und das Massenmorden aufs neue zu beginnen. Die Diese gewaltigen sozialen und politischen Kämpfe Verlag und Redaktion werden tun, was in ihren durch diese Rüstungen dem Volke aufgebürdeten Lasten unserer Zeit, sie fünden sicherer und zuverlässiger als Kräften steht, damit die Gleichheit" ihren Aufgaben sind zu einer schier unerträglichen Höhe angewachsen und alles Weihnachtsgeläut das Nahen des Friedens. gerecht wird. Ihr Preis beträgt vierteljährlich ohne drohen, das Volk ſelbſt im tiefsten Frieden zu erdrücken. Ein Tor und ein Kurzsichtiger nur läßt sich schrecken Und als Weihnachtsgeschenk hat die Regierung dem von ihnen. Jeder, der die geschichtliche Entwicklung verBestellgeld 55 Pfennig. Probe- und Agitationsnummern werden jeder- Bolte wieder ein neue Flottenvorlage beschert, wodurch folgt, der die ihr innewohnenden Kräfte und Gesetze zeit gratis abgegeben. Eine recht weite Verbreitung die zu tragenden Lasten noch um eine halbe Milliarde tennt, weiß, daß es unter der kapitalistischen Ausbeutung vermehrt werden. und Klassenherrschaft teine Solidarität der Interessen, der„ Gleichheit" hofft Nicht genug, daß die arbeitende Bevölkerung monate- fein Friede auf Erden geben kann. Erst in der soziaDie Redaktion und der Verlag. tang unter der agrarischen Auswucherungspolitik und liftischen Ordnung der Dinge, die aufräumt mit dem
über, bereit, jeden Augenblick übereinander herzufallen hierfür.