Nr. 3
Die Gleichheit
Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen
Mit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder.
Die„ Gleichheit" erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die poft vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mart.
-
Inhalts- Verzeichnis.
-
Kind. Berichtigung.
-
Von A. R.
-
-
-
-
Motto:
-
-
Rein Klagelied! kein Tränenlied! kein Lied um jeden, der schon fiel;
Noch minder gar ein Lied des Hohns auf das verworfne Zwischenspiel,
Die Bettleroper, die zurzeit ihr plump noch zu agieren wißt,
Wie mottig euer Hermelin, wie faul auch euer Purpur ist!
O nein, was sie den Wassern singt, ist nicht der Schmerz und nicht die Schmach, Ist Siegeslied, Triumpheslied, Lied von der Zukunft großem Tag! Der Zukunft, die nicht fern mehr ist! Sie spricht mit dreistem Prophezein:
es
17. Jahrgang
Zuſchriften an die Redaktion der„ Gleichheit" sind zu richten an Frau Klara Zetkin ( 3undel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bei Stuttgart . Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furtbach- Straße 12.
gegen uns neu ins Feld geführten Wählermassen durch| was sie als Liberale tun konnten: sie leisteten den reaktioMotto. Von Ferdinand Freiligrath. ( Gedicht.) Die Reichstags- Aufklärung zu uns herüberzuziehen. Die Aufrüttelung nären Parteien Zutreiberdienste gegen die Sozialdemowahl am 25. Januar. Von G. Ledebour. Auf zur Stichwah!! Indifferenter, auch wenn sie zunächst die Wirkung hat, fratie. Das Resultat war, daß dem Zentrum als einer Von Luise Zietz . Mahuruf. Von Hanna Dorsch. Die den reaktionären Heerbann zu verstärken, ist an sich immer der Parteien der wirtschaftlichen Reaktion kein Haar bürgerlichen Frauen im Wahlkampf. Die Stellenvermittlung. erfreulich. Wenn Proletarier erst einmal beginnen, sich gekrümmt wurde, aber den Sozialdemokraten durch das Von Mathilde Wurm. ( Schluß.) Aus der Bewegung: Von der Agitation.- Von den Organisationen. um das öffentliche Leben zu befümmern, können sie all- Aufgebot der bisher indifferenten Massen des BürgerTätigkeitsbericht der Vertrauensperson der Chemnitzer Ge- mählich zur Erkenntnis ihrer Klassenlage kommen. Und tums eine Anzahl Size abgenommen wurden. Den nossinnen. Jahresbericht der Vertrauensperson der Genoffinnen daß sie dann schließlich den richtigen Weg in das sozial Löwenanteil an dieser Beute werden jedoch die reaktiovon Lichtenstein- Callnberg . Politische Rundschau. Von H. B.- demokratische Lager finden werden, dafür können wir nären Parteien davontragen; den drei liberalen Gruppen Gewerkschaftliche Rundschau. Eine erste deutsche Konferenz zur der Werbefraft unserer Jdeen vertrauen. Dabei können wird schwerlich auch nur ein Dugend neuer Mandate Förderung der Arbeiterinneninteressen. auch die Genossinnen mitwirken, deren eifrige Unter- zufallen. Damit verflüchtigt sich die Hoffnung auf einen Notizenteil: Dienstbotenfrage. Frauenstimmrecht. Gewerkschaft- stützung bei der Wahlagitation rühmend anerkannt werden liberalen Aufschwung vollständig. In eine solche Illusion liche Arbeiterinnenorganisation. Fürsorge für Mutter und muß. fonnten sich überhaupt nur Leute hineintäuschen lassen, Aber die Tatsache, daß durch Ausmalung der Ge- denen jeder politische Weitblick durch die Mandatsangst Feuilleton: Nimmermehr. Von Adolf Lepp.( Gedicht.)- Ein Kind. fahren, mit denen ein paar hundert fürchterliche Hotten- und den Mandatshunger ausgetrieben ist. Die neuen totten Ehre, Ansehen und Bestand des Deutschen Reiches Mandate hat der Liberalismus überhaupt nicht als bedrohen, die Philisterscharen sich für die Bülowgarde Oppositionspartei, sondern als Regierungspartei errungen. pressen ließen, reicht nicht völlig aus, um die Wahl- Das geht daraus hervor, daß er gegen die Konservativen resultate zu erklären. Es fommen noch andere Gründe Ostelbiens gar keine Fortschritte gemacht hat, und daß hinzu. Vor allem wirkt der gegenwärtige geschäftliche dort, wo er gegen die Sozialdemokratie im Kampfe stand, Aufschwung darauf hin, die weit verbreitete Unzufrieden in den großen Städten, die Beamten und sonstige Reheit mit den bestehenden Zuständen, die sich in klein- gierungsparteiler in Scharen zu ihm übergegangen sind. bürgerlichen Kreisen verbreitet hatte, zu heben und deren Am deutlichsten trat dies in den Berliner Wahlkreisen oppositionelle Gelüfte einzuschläfern. 1903 hatte uns zutage, wo die liberalen Stimmen überall stark zudiese Unzufriedenheit zahlreiche schwarzseherische Mitläufer genommen, die konservativen abgenommen haben. Daß in Berlin und den Nachbarkreisen die Sozialzugeführt, denen jetzt die Nörglersucht durch die geschäftliche Prosperität ausgetrieben ist. Bei der völligen Un- demokratie ihre Mandate fiegreich behauptet und nicht fenntnis von den Grundbedingungen des Entwicklungs- weniger als rund 80 000 Stimmen, also 25 Prozent gangs im fapitalistischen Wirtschaftsgetriebe ist es erklärlich, Buwachs gegen 1903, gewonnen hat, ist eine der erfreudaß sie die zeitweilige Prosperität als eine dauernde lichsten Erscheinungen dieses Wahlkampfes. Es ist das ansehen und nichts oder wenig mehr zu nörgeln finden ein unbestreitbarer Beweis dafür, daß die Sozialdemokratie in dieser besten aller Welten. Für uns ist es immerhin mit der entschiedensten Betonung ihrer Klassenkampftaktik eine erfreuliche Tatsache, daß der Abfall fleinbürgerlicher und ihrer revolutionären Ziele auch in den Gegenwartsmitläufer mehr als wettgemacht ist durch den Zu- kämpfen auf die Dauer die besten Erfolge erzielt. Nichts wachs aus proletarischen Kreisen. Nur im Königreich ist falscher, als die früher von einigen Genossen genährte So gut wie weiland euer Gott: Ich war, ich bin Sachsen und vereinzelten anderen Gegenden ist dieser Auffassung, daß wir bei Konzessionen an bürgerliche ich werde sein! Ausgleich nicht eingetreten. In Sachsen hat durchweg Anschauungen und Methoden beffer fahren würden. Ferdinand Freiligrath. ein Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen statt- Vielfach gewinnt man mit solcher Taktik vorübergehend gefunden, wie ja auch umgekehrt nirgends so start wie die Beihilfe einiger unsicherer Kantonisten aus kleinDie Reichstagswahl am 25. Januar. in Sachsen die sozialdemokratischen Stimmen 1903 gegen bürgerlichen und Literatenkreisen; man lähmt aber damit 1898 in die Höhe geschnellt waren. Beide Erscheinungen, die Begeisterung und Stoßkraft der proletarischen KlassenDer Ausfall des Wahlkampfes am 25. Januar hat der Rückgang jetzt wie das ungewöhnlich starke Auf- kämpfer, und die Bewegung büßt so an Werbekraft unter unseren Erwartungen nicht entsprochen. Die glänzende schnellen damals, erklären sich daraus, daß für die sozial- den Massen wie an Kampffähigkeit ein. Es wäre eine Kampfftimmung, die sich überall in den Versammlungen demokratischen Wahlsiege 1903 zu den allgemeinen Ur- der erfreulichsten Nachwirkungen der Wahl von 1907, fund tat, erweckte die Hoffnung auf einen großen Sieg. sachen in Sachsen auch spezielle Gründe hinzugekommen wenn die Neigung zur revisionistischen Taktik, wo sie Nicht nur einen Stimmenzuwachs dachten wir zu er sind, die das Kleinbürgertum zu ausgesprochen oppo- bis jetzt noch in den Köpfen einiger Genossen gespukt ringen, sondern auch Mandate zu erobern. Unsere Hoff- fitionellen Demonstrationen mit dem Stimmzettel veran- haben sollte, bis auf den letzten Rest in dem läuternden mungen wurden enttäuscht. Ein Stimmenzuwachs, wenn laßt hatten. Es waren durch die schlechte Finanzwirt Feuer der Gegenwartskämpfe verzehrt würde. auch nicht in bedeutender Höhe, ist zwar eingetreten. schaft Steuerzuschläge notwendig geworden, und so Und wie jetzt die Genossen und Genossinnen überall mit Er entspricht mit 150 000 Stimmen prozentual etwa der sonderbar es erscheinen mag die Hofstandale, die aus Feuereifer in den Stichwahlkampf sich hineinstürzen, um so Zunahme der Wahlberechtigten. Deshalb kann von der Gheirrung der Kronprinzessin Luise erwuchsen, hatten viel Mandate wie möglich durch Aufbringung aller Kräfte einem Rückgang der Bewegung feineswegs ge- die bürgerlichen Kreise tief erbittert, so tief, daß sie sich zu sichern und die Bildung einer wahlrechtsfeindlichen sprochen werden. Wohl aber haben wir Mandate vorübergehend zur Unterstützung der Sozialdemokratie Reaktionsmehrheit zu hindern, so wird auch eingebüßt. 20 Wahlkreise, die wir 1903 erobert hatten, aufschwangen. Ein recht ungünstiges Licht auf diese können wir gewiß sein eine zwar durch den Ausgang sind jetzt schon endgültig verloren gegangen. Nur ein Kreise wirft allerdings die Erscheinung, daß die Wirkung der Wahl im Vormarsch gehemmte, aber an Zahl nicht Gewinn, Mülhausen im Elsaß , steht diesem starken Ver- der weit wichtigeren politischen Ursachen, der Lebens- geschwächte und dabei obendrein innerlich gefestigte Partei lust bisher gegenüber. Vollständig kann der erlittene mittelverteuerung und des Wahlrechtsraubes, auf sie mit verdoppeltem Schwung vorwärts dringen zu größeren Verlust durch die Stichwahlen feinenfalls ausgeglichen nicht nachhaltiger gewesen ist. Die Prosperitätsperiode Kämpfen und neuen Siegen. werden, obgleich sicher die Parteigenossen alle Kraft auf- hat bei jenen Leuten den Unmut über die schmähliche bieten werden, die Schlappe vom 25. Januar wett- Politik der Regierung und der bürgerlichen Parteien zumachen. ausgelöscht. Mit hoher Befriedigung können wir demDie nächstliegende Erklärung dafür, daß die bürger- gegenüber fonstatieren, daß auch in Sachsen die Arbeiterlichen Parteien am 25. Januar uns eine so große An- schaft mit Begeisterung für die Sozialdemokratie gezahl von Mandaten abnehmen konnten, liegt in ihrem arbeitet und gestimmt hat. Sie wird durch verstärkte starten Stimmenzuwachs aus der Zahl der Propaganda unter dem Proletariat den Abfall fleinNichtwähler. Von den drei Millionen Indifferenten, bürgerlicher Elemente bald ausgleichen.
-
Auf zur Stichwahl!
des
G. Ledebour
Die Hauptschlacht ist geschlagen. Geradezu Unglaubliches an schmutzigster Berleumdung und Lüge gegen uns ist dabei geleistet worden. Kaffernblock und Zentrum haben versucht, bei diesem unsauberen Handwert sich gegenseitig den Rang abzulaufen. Das Zentrum hat es wiederum verstanden
-
die 1903 noch zu Hause geblieben waren, scheint etwa Nächst dem Hottentottenpopanz haben die Regierung wie schon so oft.-, den religiösen Fanatismus zu enteine Million an die Wahlurne gebracht worden zu sein für und ihre Handlanger in den bürgerlichen Parteien der flammen, um seine politischen Sünden vergessen zu machen; den Hottentottenblock. Das Reserveaufgebot der Philister Borgaufelung einer neuen Kulturkampfära einen Teil ja noch mehr: in unerhörter Demagogie hat es die Wähler hat den Heerbann der Reaktion verstärkt. Es ist also ihrer Erfolge zu danken. Auf diesen Köder haben die aufgerufen zum Protest gegen die unerträgliche Voltsbelastung bei den Hottentottenwahlen 1907 ganz ähnlich her- Liberalen angebissen. Es dämmert ihnen jetzt schon und Ausbeutung, die es selbst mit verschuldet hatte, was gegangen wie bei den Faschingswahlen 1887, als auch auf, wie sehr sie damit genasführt worden sind. Als wohlweislich verschwiegen wurde. Der Kaffernblock dagegen die bisher politisch indifferenten Wählermassen sich durch Bülow und Dernburg den Schlachtruf:„ Gegen das entfachte den ödesten Chauvinismus und fing mit der natiograusliche Ausmalung der Zuaven- und Kosakengefahr Bentrum!" ausstießen, zuckten den Liberalen Frühlings- nalen Phrase den dummen Michel ein. in die reaktionären Schutztruppen der Regierung hinein- Hoffnungen durch das Gebein. Sie glaubten schon, schüchtern ließen. In diesem Beispiel ist aber gleichzeitig eine neue liberale Ara" werde vom Hofe und der auch der Hinweis auf die Heilung des Schadens ent- Bureaukratic dem ewig hoffnungsseligen liberalen Bürgers halten. Wie nach 1887 haben wir auch nach 1907 die mann beschert werden. Und dann taten sie das Dümmste,
"
Just wie im Jahre 1887 bei den Faschingswahlen wurde gearbeitet. Sogar die farbigen Bilderbogen und Schauerromane fehlten micht nun daß sie diesmal die Leiden unserer Soldaten und der Farmer in den Kolonien zum Gegenstand hatten. In der Schlammslut der Lügen und Verdächtigungen