Nr. 6

Die Gleichheit

17. Jahrgang

er Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen eeeeRD

Mit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder.

Die Gleichheit erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Poft vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mart.

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Inhalts- Verzeichnis.

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der deutschen   Gewerkschaften zu der bürgerlichen Konferenz zur Förderung der Arbeiterinneninteressen.

Notizenteil: Dienstbotenfrage. Soziale Gesetzgebung.

Weibliche

Stuttgart   den 20. März 1907

Zuschriften an die Redaktion der Gleichheit" find zu richten an Frau Klara Zetkin  ( Sundel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bei Stuttgart  . Die Expedition befindet sich in Stuttgart  , Furtbach- Straße 12.

Rammer.

Bevölkerungsschichten mit dem Industrieproletariat er- Das Frauenwahlrecht vor der italienischen Märzgebanken. Von G. L. Das Frauenwahlrecht vor der italie möglichte es der Sozialdemokratie, trotz des ungünstigen nischen Kammer. Die erste" deutsche Konferenz zur Förderung Wahlverfahrens eine verhältnismäßig große Zahl von der Arbeiterinnenintereffen. Von Luise Ziet. Das Leben einer Mandaten zu erringen. Umgekehrt hat in Deutschland  Idealistin. Von Anna Blos.  ( Forts.)- Das englische Parlament bei einer der Zahl und der Organisation nach unver Frauenwahlrecht. Veranlassung dazu hatte eine Petition Kürzlich verhandelte die italienische Rammer über das und das Frauenwahlrecht. Von M. Beer- London.- Die Stellen hältnismäßig stärkeren sozialdemokratischen Bewegung die gegeben, in welcher Anna Maria   Mozzoni und drei andere vermittlung der Dienstboten. Von Luise Zietz  . Aus der Bewegung: Von der Agitation.- Bon den Organisationen. Schärfere Betonung des Klaffenkampfes auf die bürger Frauenrechtlerinnen für das weibliche Geschlecht das Wahl­Politische Rundschau. Bon H. B. Gewerkschaftliche Rund- liche Opposition abschreckend eingewirkt. In Deutschland   recht zu den kommunalen und provinzialen Verwaltungs­schau. Die Stellung der Genoffinnen und der Generalkommission ist es dahin gekommen, daß die bürgerlichen Parteien, räten wie zum Barlament forderten. Die Verhandlungen auch die liberalen, lieber den Druck des militaristisch­bureaukratischen Regiments ertragen, als sich mit der Sozialdemokratie, der Partei des proletarischen Emanzi pationskampfes, zum Sturze jenes militaristisch- bureau­fratischen Regiments verbünden. Ja, sie stützen dieses Regiment, weil sie sich davon Schuß gegen eine prole­tarische Revolution versprechen. Eine solche Stellung nahme des bürgerlichen Liberalismus in Deutschland   ist nach und nach herbeigeführt worden. Endgültig be­Die Beilage Für unsere Kinder" erscheint stimmend dafür waren die Beschlüsse von Jena   und feit Beginn des Jahres in verdoppeltem Umfang, Mannheim  , durch welche unsere Partei sich zur An­ohne daß der Abonnementspreis erhöht worden wendung des politischen Massenstreits bekannte, sowie ist. Möge das den Genossinnen ein Ansporn die russische Revolution selbst, die das deutsche   Bürger­sein, noch reger als bisher für die Gleichheit" tum in schlotternde Angst versetzt hat. zu agitieren.

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Fabrikinspektoren. Frauenbewegung.

Feuilleton: Ecce homo! Von Friedrich v. Sallet.( Gedicht.) Lenzstimmen. Von Marim Gorki.

Zur Beachtung.

Märzgedanken.

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waren in mehr als einer Hinsicht interessant. Das Frauen­wahlrecht fand in Mirabelli, Luzzati, Costa, Pavia  wie auf der äußersten Rechten energische Verteidiger. Sie und anderen Abgeordneten auf der äußersten Linken bekämpften vor allem die überweisung der Petition an die Archive der Kammer. Die Überweisung wurde von Guzzi, dem Berichterstatter der parlamentarischen Kommission, be­fürwortet und hätte nichts anderes bedeutet, als ein schlichtes Begräbnis.

Cost a betonte als Sozialist besonders, daß das Wahl­

ihn und seine Partei handelt, muß daher selbstverständlich ein

recht für die Proletarierinnen ein Werkzeug zu ihrer sozialen Befreiung sei. Das Frauenwahlrecht, um das es sich für allgemeines Bürgerrecht sein und darf nicht vom Besitz, dem Einkommen, dem äußerlich bescheinigten Bildungsgrad ab= hängig gemacht werden. Der Republikaner   Mirabelli Um die gegenteilige Stimmung der nicht proletarischen und der Konservative Luzzati sprachen prinzipiell zu der Bevölkerungsschichten in Rußland   richtig zu würdigen, Frage des Frauenwahlrechts im allgemeinen. Zwei andere müssen wir uns um 59 Jahre zurückversezen in die bürgerliche Abgeordnete dagegen, Marghieri und Lacova, Märztage des Jahres 1848, in die vormärzliche und die traten ausdrücklich und mit Nachdruck nur für das bes erfte nachmärzliche Zeit. Damals empfand und handelte schränkte Frauenwahlrecht ein. Das verdient be­Wenige Wochen nach den deutschen   Reichstagswahlen auch das deutsche Bürgertum, sogar das Bauerntum in fondere Beachtung. In allen Ländern, wo die besitzenden find die Dumawahlen in Rußland   zu Ende geführt der überwiegenden Mehrheit revolutionär, wenn auch fürchten beginnen, findet das beschränkte Frauenwahlrecht und herrschenden Klassen das allgemeine Wahlrecht zu worden. Sie haben günstigere Resultate für den Sozialis nur furze Zeit diese Stimmung anhielt. Aus Ostelbien feines reaktionären Wesens halber warme Fürsprache. Be mus gezeitigt; hier Mandatsverluste trot Stimmenzuwachs, wurden, um nur eins zu erwähnen, mehrfach demokratische merkenswert ist ferner, daß der Ministerpräsident Giolitti dort ein starkes Anschwellen der sozialdemokratischen Wahl- Bauern in die preußische Nationalversammlung entsandt sich nicht nach dem unrühmlichen Muster unbelehrbarer fize. Denn wenn auch in Rußland   die Wählerzahlen aus Kreisen, die heute wieder durchweg zu einer Domäne deutscher Minister prinzipiell gegen das Frauenwahlrecht bei der drei- bis vierfachen Siebung und der Kompliziert des volfsausbeutenden Junkertums geworden sind. Sogar erklärte. Zwar schwang er sich auch nicht zu einer ent­heit des ganzen Wahlverfahrens sich nicht genau fest- das Militär war in einzelnen deutschen Staaten oppo- fchiedenen Stellungnahme für die erhobene Forderung auf, stellen lassen, ist doch ein starkes Wachsen der sozial- fitionell gestimmt, im Süden so sehr, daß noch im Jahre immerhin aber bekundeten seine staatsmännisch vorsichtigen demokratischen Bewegung unbestreitbar. Eine oberflächliche 1849 die gesamte badische Truppenmacht zu der revo- tommen und keine grundsätzliche Gegnerschaft. Aus gewissen und gewundenen Ausführungen ihr gegenüber Entgegen­Betrachtung fönnte auf Grund dieser Wahrnehmungen lutionären Bewegung übertrat und eine militärisch- Außerungen seinerseits fann man jedoch schließen, daß auch zu dem Schlusse kommen, daß die Entwicklung in Ruß  - revolutionäre Aktion durchführte, die an Entschlossenheit, dieses Entgegenkommen- wenn die Frage des Frauen­land den entgegengesezten Verlauf nähme wie die in Beharrlichkeit und Wirkung alles übertraf, was wir in der wahlrechts zur Entscheidung kommen sollte nur dem be­Deutschland: dort ein Aufsteigen, ein Abflauen hier. Das russischen Revolution bisher wenigstens an revolutionären schränkten Frauenwahlrecht gilt. Giolittis War­ist aber nur scheinbar. In Deutschland   ebenso wie in Aktionen aus dem Schoße der Armee heraus erlebt haben. nungen vor den reaktionären überraschungen, die Rußland   hat die sozialdemokratische Bewegung in den Man darf diesen Vergleich der heutigen russischen zu befürchten seien, wenn große, ungebildete" Wähler­lezten Jahren an Stärke und Vertiefung gewonnen. Die Revolution mit der revolutionären Bewegung in Deutsch  - massen politisch emanzipiert würden, verrieten deutlich genug, proletarischen Massen, die von ihr ergriffen wurden, land im Jahre 1848 natürlich nicht zu weit treiben. Der daß die italienische Regierung unter Umständen wohl dem haben den Klassenkampf schärfer herausgebildet von Jahr wesentlichste Unterschied besteht ja darin, daß im heutigen wahlrecht geneigt ist. Verzeichnet sei, daß die Ausführungen Damenwahlrecht, aber nicht dem allgemeinen Frauen­zu Jahr. Das tritt in Deutschland   unverkennbar zutage Rußland   als Gegenwirkung gegen den barbarischen Druck zugunsten des Frauenwahlrechts zwar öfter von kritisierenden in dem Anwachsen der Organisationen, in der Aus- des Barismus und dank der Beeinflussung durch die philisterhaften Zwischenrufen unterbrochen wurden, daß aber breitung unserer Presse, in der Kampfstimmung der älteren sozialistischen   Bewegungen in den westeuropäischen tein prinzipieller Gegner der Forderung das Wort ergriff. Genossen. Ländern eine zielbewußte proletarische Klassenkampspartei Die Reden für die politische Gleichberechtigung des weib­Die proletarische Emanzipationsbewegung an sich ist herangewachsen ist, die mit erfreulicher Tatkraft und lichen Geschlechtes enthielten manche trefflichen Einzelheiten. also eine aufsteigende in Deutschland   wie in Rußland  . Klarheit den Kampf zum Sturz des absolutistischen Mirabelli erklärte, daß seiner Ansicht noch vom ju­Die verschiedene Wirkung dieser Erscheinung auf die Regiments betreibt, während es im vormärzlichen und ristischen Standpunkt aus die italienischen Frauen schon jetzt Ergebnisse der Parlamentswahlen erklärt sich jedoch aus nachmärzlichen Deutschland   zwar zahlreiche opferbereite das politische Wahlrecht ausüben könnten. Der Grundsat den ganz verschiedenen Reifegraden, zu denen die wirt- und tatlustige proletarische Revolutionäre, aber keine Berfassung des Landes nicht für die Frauen aufgehoben der Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen sei in der schaftliche und politische Entwicklung in beiden Ländern selbständige und wohlorganisierte proletarische Emanzi- oder eingeschränkt worden. Indessen spreche nicht bloß diese gelangt ist. In Rußland   ist die wirtschaftliche Ent- pationsbewegung gab, die den endgültigen Sieg der Auslegung des Gesetzestertes zugunsten des Frauenwahlrechts. wicklung an sich weit rückständiger als in Deutschland  ; Revolution hätte verbürgen fönnen. Der Hinweis auf Die Forderung habe weit solidere Grundlagen. Wirtschaft­aber selbst hinter ihr ist die politische Entwicklung noch die 1848 er Zustände in Deutschland   soll hier nur dazu liche, soziale und moralische Gründe verleihen ihr Berech weit zurückgeblieben. In einem Lande, das über das dienen, die jetzigen Vorgänge in Rußland   so weit zu tigung. Wer den Frauen das Wahlrecht abspricht, beachtet Niveau eines agrarischen Wirtschaftsbetriebs durch hörige erläutern, daß die Unterstützung des revolutionären Prole- nicht die große Revolution, welche sich bei allen modernen Bauern sich nur halbwegs erhoben hat, wird die Hand- tariats durch die bürgerlichen Klassen verständlich wird. Völkern im Leben und in der Stellung des weiblichen Ge­habung aller Staatsgeschäfte durch eine verantwortungs- In Deutschland   haben sich die Dinge so weit ent- schlechts vollzogen hat. In Italien   haben die Frauen seit Lose, in ihren Machtmitteln gegenüber der Untertanen- wickelt, daß zur Besserung unserer Verhältnisse, sei es und Kunst und des gesamten Kulturlebens Bemerkenswertes dem zwölften Jahrhundert auf dem Gebiete der Wissenschaft schaft unbeschränkte Bureaukratie völlig unmöglich und auch nur zur Demokratisierung unseres Staatswesens, geleistet. Was ihre moralische Kraft anbelangt, so genügt muß zur Zerrüttung des gesamten Staatswesens führen. das Proletariat völlig auf seine eigene Kraft angewiesen es, an die christlichen Märtyrerinnen zu erinnern, welche mit Ein solcher Zustand, wie er in Rußland   besteht, fann ist. Der Rückblick auf das Jahr 1848 kann in uns nur ihrem Blute den neuen Glauben besiegelten, und an die fich keine an der kapitalistischen   Entwicklung interessierte diese Erkenntnis vertiefen. Die Opfer, die die Vorkämpfer Frauen der Revolution, welche dem Tode im Namen der Bevölkerungsklasse gefallen lassen. Nicht nur die auf des Befreiungswertes in jenen Tagen gebracht haben, Freiheit troyten. Angesichts dessen ist das Gerede von ber geklärte Industriearbeiterschaft muß sich dagegen empören; sind uns ein Ansporn, unsere Aufgabe mit gleicher geistig- sittlichen Geringwertigkeit des weiblichen Geschlechts auch die Bauern, die Kleinbürger, die große Bourgeoisie, Freudigkeit zu erfüllen. Der teilweise Mißerfolg der hinfällig. Die Frau soll weder Herrin noch Sklavin sein. ja selbst die Großgrundbefizer werden in die Opposition unorganisierten ziellosen Volksbewegung jener Zeit Sie verlangt im öffentlichen Leben ihr Recht als Persön lichkeit. Sie soll die Gefährtin des Mannes nicht bloß im gedrängt. Deshalb finden sich alle diese Bevölkerungs- muß uns aber als Lehre dienen, daß wir nur durch Reich des Gedankens und der Liebe sein, sondern auch in flassen, abgesehen von geringfügigen unaufgeflärten andauernde Aufklärung und beharrliche Organisierung den Schlachten des Lebens und der Zivilisation. Minoritäten, in der Bekämpfung der bureaukratischen der Volksmassen unser heutiges höheres Ziel, die Demo- Luzzati befürwortete das Frauenwahlrecht in einer Schreckensherrschaft zusammen. Dieses Zusammenwirten fratisierung und Sozialisierung von Staat und Gesell- tangen, wirkungsvollen Rede, die unter anderem auch her­der entschieden oppositionell gestimmten bürgerlichen schaft, erreichen können. G. L. vorhob, daß unter bestimmten Bedingungen und Einschrän