Die Gleichheit 77 kulturwürdige Existenz und damit in die Gewerkschaft treiben. Aber die kapitalistische Ordnung läßt diese Eigenschaften nicht zur Entfaltung und Wirkung kommen. Abgesehen von den übrigen Verbrechen, deren sie sich in dieser Beziehung schuldig macht, bringt sie die Proletarierinnen als Lohn- sklavinnen unter die Fuchtel einer Ausbeutung, die den besten Teil ihrer Zeit und Kraft in Anspruch nimmt. Durch Hungerlöhne für Mann wie Weib trägt sie bittere Not in die Arbeiterfamilie und zwingt dazu, daß die Proletarierin als Berufsarbeiterin und Hausfrau zugleich tätig ist, den Arbeitstag bis in die Nacht, den Werktag über den Sonn- tag ausdehnt; daß die Kinder und zumal die Mädchen jede Minute Zeit der Arbeit opfern müssen. Ist es da noch ein Wunder, wenn die Triebe geistigen Lebens vielfach schon im Kinde verkümmern und sterben, wenn die erwachsene Proletarierin, gebeugt unter die Doppellast des Mühens und Plagens, keine Zeit findet, ihren Geist zu bilden und zu be- tätigen, sich um Dinge zu bekümmern, die wohl ihre ur- eigensten Interessen sind, aber außerhalb ihres engen Gesichts- kreises liegen und nicht verstanden und richtig gewürdigt werden; wenn in ihrer Brust schließlich das Sehnen nach einem höheren Leben erlischt und sie gleichgültig, stumpf- sinnig in hoffnungslosem Jammer ihr trauriges Dasein weiterschleppt! Sollen die Massen der Arbeiterinnen von dem kulturell hebenden Einfluß der Gewerkschaftsbewegung, des proletari- schen Klassenkampfes überhaupt ergriffen werden, so muß der Auswucherung der weiblichen Arbeitskrast durch den Kapitalismus Grenzen gezogen werden. Die gesetzliche Be- schränkung des normalen Arbeitstags muß das Unternehmer- tum daran hindern, zur Beftiedigung seiner Habsucht skrupel- los die Frauen und Töchter des Volkes ausbeuten zu können. Sie muß es zum Respekt davor zwingen, daß die Arbeiterin mehr ist als eine lebendige Maschine: ein fühlender, denken- der Mensch. Nur in der Zeit, welche nicht dem Arbeitgeber gehört, vermag die Arbeiterin als Mensch, als Weib und Mutter zu leben, denn die Arbeitskraft, welche sie diesem zur Ausbeutung verkauft, ist nicht von ihrer Person zu trennen. Daher müssen die Stunden beschränkt werden, in welchen der Unternehmer als Herr über die Lohnftlavin verfügt. Um so viel Stunden der Arbeitstag verkürzt wird, um so viel Stunden wird es dem Ausbeuter unmöglich gemacht, die Muskel- und Nervenkräfte der Arbeiterin rück- sichtslos zu erschöpfen, um Gold aus ihnen zu pressen. Die Verkürzung des Arbeitstags gibt daher der Arbeiterin mehr zurück als bloß freie Zeit: nämlich körperliche Frische und Gesundheit, geistige Energie und Charakterkraft, mit einem Worte: mehr Möglichkeit, Mensch zu sein. Und was sie dadurch gewinnt, wird dazu beitragen, sie zur guten Ge- werkschafterin und Klassenkämpferin zu machen. Die Ar- beiterin, die sich nicht bis zur Erschöpfung und Zermürbung von Körper und Geist abplagen muß, in deren Seele regen sich Kräfte, die nach Entwicklung und Befriedigung ver- langen. Eine solche Arbeiterin beginntbegehrlich" zu werden und denkt über ihre Lage nach. Sie lernt die Ausbeutungs- gemalt des Kapitals als die Ursache ihrer Leiden kennen und begreift, daß die Ausgebeuteten sich ihr nicht willenlos fügen dürfen, sondern gegen sie kämpfen müssen. Der Zu- sammenschluß, die Organisation der Ausgebeuteten erscheint ihr als Mittel, den Kampf gegen die knechtende Macht auf- zunehmen. Werkstattbesprechungen, Versammlungen, Dis- kussionen, das Studium der Arbeiterpresse und der sozialisti- schen Broschüren hält sie nun nicht mehr für überflüssig, ja für schädlich, umgekehrt, sie weiß ihren Wert für die Be- reicherung ihres Geistes und die Verbesserung ihrer wirt- schaftlichen Lage zu schätzen. Sie schließt sich der Gewerk- schaft an, aber sie begnügt sich nicht damit, ihren Beitrag zu zahlen, nein, sie arbeitet eifrig in der Gewerkschaft und wird nicht müde, ihre Arbeitsgenossinnen und Freundinnen auf die Notwendigkeit der Organisation hinzuweisen. Kurz, die Herabsetzung des Arbeitstags ist das erfolg- reichste Mittel, die Arbeiterinnen der Gewerkschaft zuzuführen und aus flauen in rührige und pflichttreue Gewerkschafte- rinnen zu verwandeln. Hand in Hand mit ihrer gewerk- schaftlichen Organisierung und Schulung wird ihre politische Aufklärung gehen. Das Leben und der Kampf der Gewerk- schaft weisen auf die Ergänzung durch den politischen Klassen- kämpf der werktätigen Massen hin und predigen eindringlich, daß diese über Verbesserungen in der Gegenwart hinaus ihre volle Befreiung durch den Sturz der bürgerlichen Aus- beutungsordnung erkämpfen müssen. Könnte gerade die lohn- frondende, gedrückte Proletarierin die Notwendigkeit des Kampfes für das sozialistische Endziel nicht einsehen? Nein und tausendmal nein! Ihre Lebensverhältnisse von den Jugendjahren bis in das Greisenalter hämniern ihr die Frage in die Seele: Muß es denn sein, daß die Arbeitsbienen der menschlichen Gesellschaft in Mühsal, leiblicher und geistiger Not sich verzehren, während die Drohnen, die sie mit ihrem Fleiße ernähren, genießen, was die freigebige Natur beut, was menschliches Talent und Mühen zu schaffen vermögen? Und mit der wachsenden Bildung, welche ihr die moderne Arbeiterbewegung vermittelt, wird ihr immer klarer und be- stimmter zur Antwort: nicht unabänderlich, nicht von ewiger Dauer ist die heutige Teilung der Arbeitslasten und Arbeits- früchte, die auf die Seite der Arbeitenden Plagen ohne Genuß und auf die Seite der Besitzenden und Ausbeutenden Genuß ohne Arbeit legt. In ihrem Geiste wird der Sinn des Verses lebendig:Es gilt die Arbeit zu befreien, es gilt der Freiheit Auferstehen." Und der lebendige Sinn treibt zu fruchtbarer Tat, zu opferfreudiger Arbeit für das sozia- listische Ideal von der Befreiung und Gleichberechtigung alles dessen, was Menschenantlitz trägt. Darum: Hoch der Achtstundentag? Frida Wulff. Die Weltfeier des Proletariats und die Frauen. Unter allen Tagen, die der Kalender als Feiertage be- zeichnet, gibt es keinen einzigen, den die klassenbewußten Proletarier wirklich als Fest- und Feiertag betrachten können. Mit um so mehr Stolz und Begeisterung feiert die revolutionäre Arbeiterklasse der ganzen Welt den 1. Mai. Das ist ihr Feiertag, der Feiertag, den sie sich selbst erringt und erzwingt, der einzige Tag, an dem die Arbeiter seiern, weil sie feiern wollen, und nicht etwa, weil Kirche oder Staat es ihnen befehlen. Das Proletariat ist der Träger der Zu- kunft, und sein Fest, der 1. Mai, gilt der Zukunft, nicht etwa wie die Feiertage der bürgerlichen Welt der Vergangenheit. Der 1. Mai ist ein Tag, an dem das Proletariat seine Kraft und sein Selbstbewußtsein bekundet, im schärfsten Gegensatz zu den Festen religiösen und patriotischen Ur- sprungs, bei denen den Menschen Demut und ihre Abhängig- keit von himmlischen und irdischen Mächten gepredigt wird. Am 1. Mai erklärt die Arbeiterklasse, daß sie fühlt, wie schwer und erniedrigend das Joch des Kapitalismus ist, und daß sie weiß, welchen Weg sie einzuschlagen hat, um aller Ketten ledig zu werden. Darum hat ihr selbstgeschaffenes Fest eine so tiefe revolutionäre Bedeutung. Der Befreiung der Arbeit gilt es, durch die Arbeiter selbst. Nicht ein mysti- scher Glaube an eine Erlösung, die vonoben" kommt, so tönt es am 1. Mai, sondern eine Erlösung durch die eigene Kraft. Kein passives Verhalten in Erwartung auf Gnade, vielmehr ein aktives Ringen für ein stolzes Ziel: die Freiheit. Für die Eroberung der Freiheit rüstet sich das Proletariat der ganzen Welt. Es weiß, daß nur der Kampf der Prole- tarier aller Länder den Todfeind der Freiheit, den Kapita  - lismus zu überwinden vermag. Nur zusammen mit der Ordnung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen fällt auch die Unterdrückung, die Entrechtung und Knechtung des Menschen durch den Menschen, welche Form sie immer angenommen hat. Nur mit ihr verschwinden auch die Ur- fachen jener Geißel der Völker, jenes Schreckens der Frauen und Mütter: des Krieges. Der proletarische Klassenkampf gegen die kapitalistische Gesellschaft bereitet den Völkerfrieden vor, und die klassenbewußten, kämpfenden Ausgebeuteten sind es, die heute schon, in treuer Solidarität der Interessen ver- Kunden, mit Energie den Militarismus und seine Geschwister: Marinismus und Kolonialpolitik bekämpfen und damit für die Sicherung des Friedens wirken. Daher ist die Maifeier, durch welche das Proletariat der kapitalistischen   Ordnung den Krieg erklärt, gleichzeitig stets auch eine gewaltige Kund- gebung für den Völkerfrieden von ganz anderem Ernste und viel größerer Bedeutung als die zynischen Friedenskonferenz- komödien, als die Friedenspsalmodien derbesseren Herren und Damen". Nicht als Untertanen gekrönter und ungekrönter Herrscher, nicht als Landsknechte engbegrenzter Länderstrecken, als Bürger der neuaufgehenden Welt des Sozialismus trete» die Proletarier bei der Maifeier auf den Plan. Die Männer nicht allein, die Frauen mit ihnen, denn ihnen geziemt es vor allem, im Kampfe für Freiheit, Menschenrecht und Frieden in den ersten Reihen zu stehen. Daß die Frauen das Bedürfnis und die Pflicht empfinden, ihrerseits ebenfalls als Weltbürgerinnen für Freiheit und Recht zu kämpfen, das kann allerdings die Philistermoral nicht verstehen. Ihr gilt die Freiheitsliebe als ein Wahn, den sie mitleidig von oben herab belächelt. Die Abhängigkeit, die Knechtung der Millionen Proletarier hält sie für ganz natürlich. Wie sollte sie da Verständnis und Wertschätzung für die Freiheitsliebe der Frauen besitzen? Was haben ihrer Auffassung nach die Frauen mit der Freiheit, mit dem sozialen Leben zu tun? Allein die liebe Spießbürgermoral übersieht oder will nicht sehen, daß Millionen von Frauen der werktätigen Massen als wertschaffende, Reichtum er- zeugende Arbeiterinnen, als Hausfrauen und Mütter Großes und Schweres leistend mitten im sozialen Leben stehen. Auch auf ihre Kosten und die ihrer Kinder leben die nicht- arbeitenden und genießenden Bevölkerungsschichten. Und da sollten die proletarischen Frauen kein Recht, nicht die Pflicht haben, am 1. Mai und jederzeit in den Reihen der kämpfenden Arbeiterklasse zu stehen? Die proletarische Frau was ist sie eigentlich ist sie nicht eine doppelte Sklavin, muß sie sich nicht ihrem Ausbeuter, dem Arbeitgeber, unter- werfen und trägt sie nicht die Ketten der Geschlechtssklaverei? Der bürgerlichen Ordnung genügt es nicht, daß die Prole- tarierin wirtschaftlich durch das Unternehmertum unterjocht ist, sie erniedrigt sie noch in den meisten sogenanntenKultur- ländern" zu einer politisch Unmündigen, die geringeren Rechtes ist als der Mann und diesemUntertan und gehorsam" sein soll. Lange, viel zu lange sind die Frauen des Volkes ge- duldige und bedürfnislose Kreuzesträgerinnen geblieben, die sich in ihr Schicksal oer doppelt Enterbten und Erniedrigten fügten. Nun aber beginnen sie zu erwachen und sich mit den ausgebeuteten Männern ihrer Klasse zusammen zum Kampfe für Freiheit und Menschenwürde zu stellen. Derselbe Kapitalismus, der sie in das tiefste leibliche und geistige Elend stößt, der hat wider Willen sie zum Kampfe auf- gerufen und in die Schlacht gepeitscht. Seitdem Proletarierinnen in die Fabrik müssen, seitdem sie ihre Kinder im zartesten Alter für Brot ftonden sehen, seitdem wollen sie wissen, warum sie trotz schwerer Arbeit darben, während Mchtarbeitende schwelgen; seitdem beginnen sie sich um das öffentliche, das politische Leben zu kümmern. Und seitdem sie wissen, daß dank unserergöttlichen Welt- ordnung" der Reiche nicht derBrotgeber", sondern der Brotnehmer der Armen ist; seitdem sie wissen, wer die Kosten des Zollwuchers, der Flotten- und Armeeausgaben tragen muß; seitdem sie wissen, in welcher Bevölkerungs- klaffe und aus welchen Gründen die schrecklichsten Krank- heiten erbarmungslos wüten und der Tod seine Ernte hält; seitdem in ihrer Seele das Bewußtsein lebendig geworden ist, daß sie als Glieder des armen und ausgebeuteten Volkes das meiste und schwerste leiden: seitdem kämpfen die prole- tarischen Frauen immer zahlreicher unter dem roten Banner, in dem einen Heer der Ausgebeuteten ohne Unterschied des Geschlechtes. An dem heurigen 1. Mai ist es aber natürlich, daß die Blicke der proletarischen Freiheitskämpfer und Freiheits- kämpferinnen sich wieder mit begeisterter Sympathie dem Lande zuwenden, wo in den letzten Jahren am heißesten für die Freiheit gestritten wird, wo die Revolution in immer höheren, machtvolleren Wogen heranbrandet gegen den ver- witterten, zerbröckelnden Felsen des Absolutismus  : nach Rußland  . Die Geschichte Rußlands   zeigt mehr als die jedes anderen Landes, was Frauen als Heldinnen und Märtyre- rinnen im Kampfe für die Freiheit zu leisten vermögen. Noch ehe in Rußland   von einer revolutionären Massen- erhebung die Rede sein konnte, als nur kleine Kreise der Gebildeten mit dem Despotismus rangen, kämpften die russischen Revolutionärinnen als Gleiche unter Gleichen. In einem Lande, wo die elementarsten Menschenrechte mit Füßen getreten werden, wo auch der einzelne aus den privi- legierten Ständen nicht die Lust des modernen Kulturlebens zu atmen vermag, wo die despotischen Gewalten das Recht von Mann und Weib gleich brutal und verbrecherisch zer- stampfen: da müssen sich Mann und Frau zu dem Kampfe gegen den einen Feind und für die eine Freiheit zusammen- finden. Mit ganzer Seele, ohne nach den Opfern zu fragen, dienten der Freiheit die friedlichen Propagandistinnen, welche das Volk für einen utopistischen Sozialismus gewinnen wollten, wie die Terroristinnen, welche an dem Kampfe teil- nahmen, der das System des Absolutismus in den Personen zu vernichten glaubte, die seine Träger und Werkzeuge sind. Von der nämlichen Lieb« zur Freiheit sind heute ebenso die Sozialrevolutionärinnen beseelt, welche wähnen, durch die individuelle Tat das Volk befreien zu können, wie die Sozialdemokratinnen, welche in zäher, oft unter- irdischer Arbeit die Köpfe des jungen russischen Prole- tariats revolutionieren, welche durch theoretische und prak- tische Arbeit unter den schrecklichsten Verhältnissen die Massen aufklären und organisieren, sie für die sozial- demokratischen Ideale gewinnen, zum Handeln vorbereiten und aufrufen und durch ihre Tätigkeit dazu helfen, daß heute die russische Arbeiterklaffe als die vornehmste revo- lutionäre Macht im Kampfe gegen den Absolutismus steht. Zahllose russische Heldinnen haben bewiesen, daß die FreiheitS- liebe auch die Frauen zu den größten Opfern fähig macht, daß sie die Kraft gibt, für die Überzeugung zu sterben und für sie unter den furchtbarsten Verhältnissen zu leben. Wir sehen davon ab, dies durch die Aufzählung einzelner zu er- Härten. Die Liste würde allzu lang werden, und Namen nennen hieße all den Unzähligen ein Unrecht antun, die un- genannt und unbekannt in der jetzigen Massenbewegung, in den Streiks und blutigen Zusammenstößen mit dem Zaris- mus Freiheit und Leben auf das Spiel gesetzt und geopfert haben, um dem Sozialismus eine Gasse zu bahnen. Die klassenbewußten Proletarier feiern ihre Helden und Heldinnen ganz anders als durch persönliche Huldigungen. Sie eifern ihnen nach. Am 1. Mai werden die Genossen und Genossinnen der ganzen Welt der russischen, jüdi- schen, polnischen, lettischen Genossen und Genossinnen ge- denken, die alles für die Sache der Revolution in die Schanze schlagen. Sie staunen sie und die im Ringen Ge- fallenen nicht als Wunder an, sie bemitleiden sie nicht weh- leidig sentimental als Opfer. Sie grüßen sie mit stolzem Solidaritätsgefühl als Kämpfer in dem gleichen Kampfe für das Wohl der Völker, und in dem Bewußtsein, daß es keinen Sieg gibt ohne Schlacht und kein menschenwürdiges Leben ohne Freiheit. Angelica Balabanoff  . Die Maiforderungen der Dienstmädchen. Seit einem Jahre sind die deutschen Dienstmädchen in die Reihen der organisierten Arbeiterklasse eingetreten, lauschen sie den ihnen so neuen Worten von Freiheit und Gerechtigkeit, fangen sie an, nachzudenken über all die un- zähligen Härten und Ungerechtigkeiten ihrer Lage. Seit einem Jahre sagen sie laut und deutlich in Versammlungen, daß sie sich geknechtet und in ihrer Menschenwürde gekränkt fühlen, erheben sie Forderungen zum Entsetzen aller Reaktionäre. Mit eleinenlarer Gewalt ist unter den Mädchen das Streben nach einer Hebung ihrer Lage lebendig geworden. Und nun fordern sie teils in leidenschaftlichen Worten, teils mit rührend kindlicher Naivität, die Bedingungen ihrer Arbeit und ihrer Existenz sollen geändert werden, so daß auch im einfachen Dienstmädchen der Mensch geachtet werde und zu seinem Rechte komme. Und wie die gesamte Arbeiter- klaffe, so verlangen auch sie, daß der Staat, daß die Gesetz- gebung zu ihrem Nutz und Frommen eingreife und die schier unbegrenzte Macht ihrer Dienstgeber einschränke. Ge- meinsam mit den Ausgebeuteten aller Berufe erheben die Dienstmädchen am 1. Mai ihre Stimme, um ihren Forde- rungen an die Gesetzgebung Ausdruck zu geben. Was sie von ihr verlangen, ist: I.Abschaffung der Gesindeordnungen und Gesindedienst- bücher. 2. Unterstellung der Dienenden unter die Gewerbeordnung, Ausdehnung aller Versicherungsgesetze auf sie, Gewäh- rung eines gesetzlich gesicherten vollen Koalitionsrechtes. g. Sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über Ar- beitszeit und Arbeitsdauer, Sonntags- und Nachtarbeit usw. auf die Dienenden: im besonderen und zunächst