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Requiescat!
Wer den wucht'gen Hammer ſchwingt; Wer im felde mäht die Uhren; Wer ins Mark der Erde dringt, Weib und Kinder zu ernähren; Wer stroman den Nachen zieht; Wer bei Woll' und Werg und Flachse Hinter'm Webestuhl sich müht, Daß sein blonder Junge wachse:-
Jedem Ehre, jedem Preis!
Ehre jeder Hand voll Schwielen! Ehre jedem Tropfen Schweiß, Der in Hütten fält und Mühlen! Ehre jeder nassen Stirn
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Hinter'm Pfluge!- doch auch dessen, Der mit Schädel und mit Hirn Hungernd pflügt, sei nicht vergessen!
Ob in enger Bücherei
Dunst und Moder ihn umftaube:
Ob er Sklav ' der Messe sei, Lieder oder Dramen schreibe; Ob er um verruchten Lohn fremden Ungeschmack vertiere; Ob er in gelehrter fron
Griechisch oder Latein doziere:-
Er auch ist ein Proletar!
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Jhm auch heißt es:„ Darbe! borge!" Jhm auch bleicht das dunkle Haar, Jhn auch hebt ins Grab die Sorge! Mit dem Zwange, mit der Not Wie die andern muß er ringen, Und der Kinderschrei nach Brot
Die Gleichheit
Vom Lichtfest der Internationale.|
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Sie eilten zusammen zu einem Plaze und sannen über die Brots und Schönheitsrechte der Völker- denn ohne Brotrechte das wußte ihre Freudlosigkeit gab es feine Schönheitsrechte. Unter dem allgemeinen Wissen der allgewaltigen Not schlief die Trauer des einzelnen. Versunkene Müdigkeiten, stehend wie Farben in Abendgluten und dazwischen der helle Morgenruf heiliger Jugend. Ein Gedanke sie einend! Sie gingen hinaus unter den freien Himmel, reichten sich die Hände und sprachen: Heut laßt uns Feste feiern und das kämpfende Wort ruhen. Feste sind Kämpfe des Hoffens. Und stellten die grauen, scharfen Stahle zur Ruhe. Laßt uns lachen! -Am Bergrand hart erscholl Musik zwischen Blumen und Bäumen. Von allen Bäumen hingen Blüten voll Licht. Große fünstliche Blüten voll gefangenem Licht. Rot, so rot, wie die Freude. Noch sind's künstliche Blumen an allen Aften aber es ist Licht darin.- Und der ganze tausendfarbige Park glüht in einem unendlichen Jubel voll Licht. Die Scharen drängen sich, die von West zu Nord, von Süd zu Oft gewandert, und grüßen sich mit Liedern. Menschen, die wissen, ein Gedanke durch uns alle, für uns alle; spiegelnd verschieden, i tausendfach gestaltet, wie diese Lichter des Bartes, aber ein Licht darin, das gleiche Erbteil ein Duell der Trauer, ein Ziel des Sehnens. Reicht uns die Hände! So trinken wir heut den gleichen Wein aus tausend Schalen; so singen wir heut das gleiche Lied in mancherlei Sprache und einem Laut.
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Allüberall Ruf und Gruß den grauen Führern; Kronen und Throne, die Völker der Arbeit verschenken.de
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Du hast dich in deinem Leben
wahrlich genug gesorgt, du gabest mit Zinseszins ihm
zurück, was es dir geborgt... Du bist bald siebzig Jahre, und mich dunkt, du hättest nun nicht bloß ein Recht mehr, nein,
auch die Pflicht, dich auszuruhn. Du trugest Leid und Schmerzen,
Nr. 19
ohn' daß sich ein Wort dir entrang, du gingest mit schwerem Herzen so manchen schweren Gang! Und als der Vater erblindet,
die ganze lange Zeit, du wurdest nie made in treuer
frohwilliger Freudigkeit! Nur als er dann starb, da freilich
wurde merklich weißer dein Haar, doch deine Liebe zu uns
blieb so jung, wie sie immer war. Und nun find wir groß geworden
und wanderten in die Welt, und ein jedes hat sich fürs Leben
fein gutes Ziel gestellt... Du aber, lieb Mütterchen, gib jetzt dein Sorgen endlich auf... Sorgen steht alles nur schwärzer
und ändert doch nichts im Lauf!
Du weißt ja, wir haben niemals
Arbeit und Umtrieb gescheut, wir haben, im Gegenteil, immer guns jeglicher Mühe gefreut, und wenn auch nicht alles ging,
wie man wünschte, es möchte gehn, wh
so blieb doch keines mutlos
oder müßig am Markte stehn.
immer selber zu raten vermocht, und schlug auch vieles fehl, hat uns doch nichts unterjocht. Daß einem das Herz einmal schwer und daß man weniger froh, das will nichts heißen, Mutter,
Lohn und Liebe ohne Demut. Vergessener Morgen, wir haben uns, Gott sei Dank, harre du draußen heute ist Lichtfest. Leben nur Schönfein aller. Wie das leuchtet und wärmt. Und morgen Lähmt auch ihm die freien Schwingen! ſtehen, und hinblicken auf dies Lichtmeer #wieder Rampf. Vom Berg herab, aus Dunklem heraus auf dies Manchen hab' ich so gekannt! sonderbare Märchen des Willens! Singt nicht die Nach den Wolken flog sein Streben:- Stille ein Lied, erbracht von schauenden Augen?- Dich Tief im Staube von der Hand geftalten nicht Malerhände, dich bannt nicht das Wort en des Dichters- wo wäre ein Denkmal aus Steinen- und wären es Opfersteine, dein zuckend flammendes Sein zu verraten! Du bist nur einmal, gestaltet durch dich selbst! Bom größten Künstler, dem furchtlos begehrenden, schaffenden Leben! Du Leben, du Volk, du Schönheit!
In den Mund doch mußt er leben!
Eingepfercht und eingedornt, Achzt' er zwischen Tür und Angel; Der Bedarf hat ihn gespornt, Und gepeitscht hat ihn der Mangel.
Also schrieb er Blatt auf Blatt, Bleich und mit verhärmten Wangen, Während draußen Blum' und Blatt Sich im Morgenwinde schwangen. Nachtigall und Droffel schlug, Salto Lerche sang und Habicht kreiste:- Er hing über seinem Buch, mom Tagelöhner mit dem Geiste!
Dennoch, ob sein Herz auch schrie, Blieb er tapfer, blieb ergeben: „ Dieses auch ist poesie, Denn es ist das Menschenleben!" Und wenn gar der Mut ihm sank, Hielt er fest sich an dem Einen: „ Meine Ehre wahrt' ich blank! mon Was ich tu', ist für die Meinen!"
Endlich ließ ihn doch die Kraft! 22 Aus fein Ringen, aus sein Schaffen!
onur zuweilen, fieberhaft,
Konnt er noch empor fich raffen! Nachts oft von der Muse Kuß fühlt' er feine Schläfe pochen; Frei dann flog der Genius, Den des Tages Drang gebrochen!
Lang jetzt ruht er unter'm Rain, dale Drauf im Gras die Winde wühlen; Ohne Kreuz und ohne Stein Schläft er aus auf seinen Pfählen. Rotgeweinten Angesichts
mum
Jrrt sein Weib und irrt sein Samen Bettlerkinder erben nichts,
Als des Vaters reinen Namen!
Ruhm und Ehre jedem Fleiß! Ehre jeder Hand voll Schwielen! Ehre jedem Tropfen Schweiß,
Der in Hütten fält und Mühlen! Ehre jeder nassen Stirn
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Hinter'm Pfluge! Doch auch dessen, Der mit Schädel und mit Hirn Hungernd pflügt, sei nicht vergessen!
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Darum bist du so Trost, du, mit dem Gesetz, das sich nicht sagen läßt. Du, mit dem Aufschauen aus aller Nacht und Tod, das nun ein Hinschauen wurde, auf Kampf und Licht. Bahntest dir selber den Weg, mein furchtlos schaffendes Leben du bist so schön in jedem wie es das Licht Atem dieser Nacht jedem Licht des Kosmos oder die bunten Lichter am Altar des Autags. Was haft du für Helle was hast du für Dunkel, du Volk, du Leben! Noch tiefere Nächte, als die wir durchbrangen? noch größere Lichter, als die wir schon liebten? noch frommere Hände, als die dir schon dienten? Die Bäume lächeln ob ihrer fremden Blütenlaft, die zu Boden sinkt, ist das Licht darin zu Ende. Die Bäume wachen weiter auch ohne Blüten und Licht; sie selbst.
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Farbige Rafeten, die hoch aufsteigen, so wie eines on Menschen Ja und Hoffen, spielend in allen Farben, so im gequälten Strahl nach allen Seiten dann wieder leichtem Pfeil gleich, und sicher und irgendwo verzitternd und verglühend. Und ist das Ja des Lebens so, und schön so ist es unaufhörlich schön.
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Du fleines großes Lichtmärchen, du gaukelnder Mut in allen Zweigen! Daß Hände dich entzündet, daß Jnnigfeit dich geträumt mußte ein Gedanke vom Urquell der Not, bis zur Ferne nie gewagter Möglichkeit wanderndurch Zeiten und Volt. Und wir sind Völker. Volk, du hast Schatten wie Blut, darum mußt du Kampf wie Flamme haben und Gedanken voll gefangenem Licht. Das Ungeheure lebt in dir. Blutrot die Sonne, die dein Ziel!
Dihr Lichter, ihr Lichter dieser Nacht. Wir fühlen und hören und schauen: o Kampf, o Leben. Wir weinen eine kleine Freude herbei aus allem Licht. Wir locken eine Welt aus allen Farben. Wir machen, bis dein letzter Funken mit uns hinauslöscht in den Morgen.
meiner Mutter.*
Von Cafar flaifchlen.
Wozu denn das ewige Sorgen,
lieb Mütterchen! gib es doch auf! Sorgen macht alles nur schlimmer
und ändert doch nichts im Lauf! Auf deine alten Tage
möcht' ich, daß froh du wärst, und nicht mit Gedanken um uns,
deine Kinder, das Herz dir beschwerst.
* ,, Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens." F. Fontane & Co. Berlin 1900. diox
das geht einem jeden so.
Man hätte mitunter ja manches
leichter und schneller erreicht, wenn man weniger... stolz gewesen und rücksichtsloser vielleicht, und wenn... ja, ja! wenn du selber
nicht immer gleich abgewehrt, wenn der Vater warnen wollte:
,, Güte hätte gar keinen Wert, und Bescheidenheit und dergleichen
sei ja ganz schön fürs Haus, draußen im Leben doch gälte
nur Vorteil und nur faust! Seid ohne Arg wie die Tauben, fag' eine alte Lehr', aber: auch klug wie die Schlangen, setze sie gleich hinterher." Es hätte uns manche Enttäuschung
erspart und manche Gefahr... und doch, ich möchte nicht anders gewesen sein, als ich war, denn auf die Dauer ist's doch nichts mit allzuleichtem Gewinn... ich warte gern und möchte nicht anders sein, als ich bin!
Aber drum laß auch dein Sorgen,
du weißt nicht, wie stark mein Arm! Wie zuversicht- fröhlich und reich mein Herz in der Brust und wie warm! Und ob auch manche Blüte
von Wetterschlag verheert, das Lied meiner Jugend hat mir
nicht Blih, noch Frost zerstört! Und noch grüßt blaurotflammend der Stern vom leuchtenden Pol, wie damals vor Jahren, als ich
zum erstenmal sagte Lebwohl! Nur zweifeln darfst du nicht, Mutter, das nimmt die Zuversicht... und Siegvertrauen muß haben, wer da im Kampfe ficht.
Jn lodernder Schönheit Prangen
liegt offen vor mir die Welt, verkämpft ist und überwunden, was lang mir die Jahre vergällt, die Ketten, die mich gebunden,
liegen zersplittert im Grund, frei bin ich, Mutter, und stark
und freudig und jung und gesund! Und in goldenen Morgenfeuern
glänzt sonnenhell mein Ziel,
und wer sich so stark fühlt, mutter,
für den ist Kampf nur Spiel!