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Die Gleichheit
junger Mädchen. Da die Frauen mit den Löhnen der Männer wirtschaften, die häufig unter 20 Mt., viel seltener die Höhe von 30 und einige Mark darüber erreichen, so ist Schmalhans Küchenmeister, und gar bitter empfinden die Frauen die immer höher steigenden Preise der Lebensmittel. Möge der gute Anfang zur Drganisierung der Frauen die Genossen und Genossinnen anspornen, eifrig weiter zu arbeiten, damit bald jede Proletarierin eine Klassentämpferin werde. In einer Versammlung des Wahlvereins in Steglit , einem Vororte Berlins , wurden der Organisation neun weibliche Mitglieder zugeführt, andere Frauen versprachen, dem Verein baldigit beizutreten. Zwei Versammlungen fanden im 4. sächsischen Wahlkreis Dresden statt, eine davon, eine Wahlvereinsversammlung, tagte im Wilden Mann", die andere, eine öffentliche Frauenversammlung, in Mügeln - Heidenau . Thema in beiden Orten:„ Die Beteiligung der Frau am Klassenkampf eine Kulturnotwendigkeit". Noch viel unermüdliche Arbeit ist nötig, um in dem Kreise die in größter Dürftigkeit lebende Bevölkerung zu mutigen Klassentämpfern zu erziehen. Die augenblickliche Arbeitslosigkeit und die auch in MügelnHeidenau mehr und mehr sich ausdehnende Heimarbeit( Blumenblätter) mit ihren erbärmlichen Löhnen sind dringende Mahner, unentwegt zu belehren, zu begeistern, damit Hoffnungs- und Kampfesfreudigkeit in die Herzen der Bedrückten einziehe. Ottilie Baader .
In zwei öffentlichen Frauenversammlungen zu Nürnberg und Fürth referierte Genoffin Pollender Leipzig über das Thema ,, Voltserziehung und sexuelle Aufklärung". Genossin Pollender kritisierte die heutige Volksschule, die die Kinder mit wertlosem Ballast überlade und sie anstatt zum Denfen zum Glauben erziehe. Der Lehrplan der höheren Schulen sei viel zweckmäßiger als der der Volksschule. Die Lehrkräfte dort wären besser geschult und der Lehrstoff werde mehr der Wissenschaft als der Kirche angepaßt. Alle Bundesstaaten wenden für einen höher.. Schüler den mehrjachen Betrag auf, den sie für einen Volksschüler verausgaben. Die Regierung des Reiches ihrerseits habe für fulturelle Zwecke feine Mittel, wohl aber Riesensummen für Heer und Marine. Es sei deshalb die Aufgabe der organisierten Arbeiterklasse, sich selbst mehr der Jugendbildung anzunehmen, ihre Kinder im sozialistischen Sinne zu erziehen und die aus der Schule Entlassenen den Jugendorganisationen zuzuführen. Sexuelle Aufklärung müsse den Kindern rechtzeitig zuteil werden, damit sie nicht auf schmutzige Weise zu ihr gelangen. Mit dem Wunsche, daß die Proletarierinnen das Gesagte beherzigen und sich mehr und mehr der sozialdemokratischen Frauenbewegung anschließen möchten, endete Genossin Pollender ihren mit Beifall aufgenommenen Vortrag. Anna Baz.
Am 28. und 29. Oktober fanden in Breslan zwei öffentliche Frauenversammlungen statt, in denen Genossin Ihrer Berlin referierte. In der ersten, die außerordentlich gut besucht war, behandelte die Referentin das Thema:„ Frauenarbeit und Frauen= löhne." Ihre interessanten Ausführungen, welche die fapitalistische Ausbeutung der Proletarierinnen erschöpfend und scharf kennzeichneten, fanden stürmischen Beifall. Sie flangen in einem Aufruf an die arbeitenden Frauen und Mädchen aus, sich den gewerk schaftlichen und politischen Organisationen des Proletariats anzuschließen und dessen Befreiungskampf mitzufämpfen. In der zweiten Versammlung sprach Genosin Ihrer über:" Die Frauen und die Stadtverordnetenwahlen." Etwa 200 Frauen und Mädchen waren erschienen und folgten dem Vortrag mit großem Interesse. Die Referentin führte das Unrecht vor Augen, daß die Frauen Verbrechern und Unmündigen gleich vom Wahlrecht und der gleichberechtigten Betätigung in der Gemeinde ausgeschlossen sind, troz dem auf den verschiedensten Gebieten der Kommunalverwaltung die ausgiebigste Mitwirkung der Frauen dringend notwendig ist, zum Beispiel auf dem der Volksschule, des gesamten Bildungswesens, der öffentlichen Gesundheitspflege usw. Die Referentin be= tonte, daß keine Gelegenheit versäumt werden dürfe, die Proletarierinnen auf die große Bedeutung der Gemeindeverwaltung hinzuweisen und sie dazu zu erziehen, ihre betreffenden Forderungen öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Die überzeugenden Gedankengänge fanden lebhafte Zustimmung. Die Vorsitzende empfahl den Frauen und Mädchen den Anschluß an den sozialdemokratischen Verein und das Abonnement auf die ,, Volkswacht" und die„ Gleichheit". Sieben neue Parteimitglieder und zwei Abonnenten auf die " Gleichheit" wurden gewonnen. Wir hoffen, daß die Anregungen, welche die beiden Versammlungen gebracht haben, auch noch nachwirken und den Genossinnen ein träftiger Ansporn zur Betätigung find.
Rfls.
Von den Organisationen. Hausham , Oberbayern . Auch in unserem schönen Oberland geht es mit der sozialistischen Frauenbewegung vorwärts trop der Gegenagitation von Leuten, die es
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gern sehen würden, daß die Frau stets die geduldige Lastenträgerin bliebe, die sie heute meist noch ist. Seit Jahresfrist hat sich hier viel geändert. Neunzig Genofsinnen sind entschlossen, sich der Pionierarbeit für die Ausbreitung der sozialistischen Lehren zu widmen. Jeden Monat kommen sie zu einem Diskussionsabend zusammen, um sich weiterzubilden. Bergarbeiterfrauen, Glasarbeiterfrauen find es, die den Weg und die Mühe nicht scheuen, an den Vortragsabenden teilzunehmen. So soll es sein! Die Arbeiterfrauen halten ihre Männer, Söhne und Töchter leider noch oft genug von der gewerkschaftlichen und politischen Bewegung ab, einerseits der materiellen Opfer wegen, andererseits aus Furcht, die nach oben fieht. Das muß dank der Arbeit der überzeugten Genossinnen anders werden. Wenn sie mit ihrer Aufklärungsarbeit fortfahren, wird der Erfolg nicht ausbleiben. Die Zusammenfünfte der Genossinnen finden von jetzt ab jeden zweiten Sonntag im Monat im VereinsLokal Kray, Abwinkel, statt. Bisher haben die Genossen die Frauen mit Vorträgen usw. sehr gut unterstützt. Hoffentlich wird es auch in Zukunft geschehen. Auch in den anderen Bergwerksorten wäre es Zeit zu einem Versuch, die proletarische Frauenbewegung in Fluß zu bringen. Überall ist der Boden gut und sind Ansätze zum Vorgehen vorhanden. Genossinnen des bayerischen Oberlandes, auf! Werbt Leserinnen für die„ Gleichheit", werbt Mitglieder für die Partei und die Gewerkschaften! Erlahmt nicht in eurer Arbeit! Der Kampf der Männer des arbeitenden Volkes ist auch euer Rampf! Therese Strasser- Hausham
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Die sechste Konferenz für den Agitationsbezirk Frankfurt am Main , an der 88 Delegierte, darunter 5 Frauen, aus 13 Wahlfreisen teilnahmen, tagte am 24. und 25. Oktober in Wiesbaden . Den Bericht des Agitationstomitees, der außer dem Ge= schäfts- und Kassenbericht sich mit der Frauen- und Jugendorganisation befaßte, gab Genosse Rudolf Frankfurt. Aus dem Bericht ging hervor, daß die Zahl der Organisierten trotz der Krise wächst. Die Mitgliederzahl im ganzen Bezirk beträgt einschließlich der bisher in den Bildungsvereinen organisierten 900 Frauen und Mädchen etwas über 15 000. Ein sehr erfreulicher Fortschritt ist in dem Kreise Montabour St. Goars hausen zu verzeichnen. Troß ständiger Maßregelungen und Schitanierung der führenden Genossen durch die Unternehmer und das Pfaffentum ist dort die Mitgliederzahl von 200 im Vorjahr auf 319 gestiegen, worunter sich 90 Frauen befinden. Die„ Gleichheit" hat überall Verbreitung gefunden. Genosse Rudolph forderte auf Grund des Parteitagsbeschlusses auf, die Frauen überall in die Wahlvereine aufzunehmen. Als Mindestbeitrag für sie schlägt er 20 Pf. vor, bei Lieferung der„ Gleichheit" 30 Pf. Er hofft, daß durch die gemeinsame Agitation die Frauenbewegung im nächsten Jahr einen großen Aufschwung nehmen wird. Sehr viel Aufmerksamkeit, ein hohes Maß von Verständnis und Arbeit sei der Jugendorganisation zu widmen. In dieser Hinsicht können wir viel von unjeren Gegnern lernen, die es zum Teil in sehr geschickter Weise verstehen, die heranwachsende Jugend zu gewinnen. Der Gewerbeinspektor in Gumbinnen , dem die Stadt die Turnhalle für die Jugendlichen zur Verfügung stellte, hat empfohlen, den jungen Leuten Tee mit Zucker zu verabfolgen. Er ersucht, auf Grund der Nürnberger Resolution überall Kommissionen zu bilden, die sich der Jugendorganisation annehmen, für aufklärende Vorträge und gesellige Veranstaltungen sorgen. Auch sollte überall versucht werden, für die Zusammenfünfte der Jugend städtische Lokalitäten zu erhalten. Im gleichen Sinne sprach sich Genosse Fladung aus, der die älteren Genossen aufforderte, die Jugendbewegung mit allen Kräften zu unterstützen. Eine längere Debatte entwickelte sich um die Beitragshöhe für die weiblichen Mitglieder. Die Hanauer Genossen schlugen einen Beitrag von 15 Pf. bei Gratislieferung der„ Gleichheit" vor. Sie vertraten die Ansicht, daß die Organisationen durch die Beiträge der Frauen feine überschüsse erzielen sollen. Genosse Hüttmann- Frankfurt wendete sich da= gegen, da sich der Beitragserhöhung, die nächstes Jahr doch kommen müsse, Schwierigkeiten entgegenstellen. Genossin Rudolph warnte vor einem zu niedrigen Beitrag, da in dem Fall teine Mittel für die so notwendige Agitation unter den Frauen übrig blieben. Sie schlug vor, den Beitrag auf 30 Pf. bet obligatorischer Lieferung der„ Gleichheit" festzuseßen. Die Frankfurter Frauen zahlen ihn schon seit Jahren anstandslos. Es wurde folgende Resolution angenommen:
,, Die sechste Konferenz des Agitationsbezirks Frankfurt a. M. ( tagend am 24. und 25. Oftober 1908 in Wiesbaden ) verpflichtet die Genossen allerorts, entsprechend den Beschlüssen des Parteitags zu Nürnberg die Agitation unter den proletarischen Frauen und Mädchen, insbesondere unter den weib= lichen Angehörigen der Witglieder der politischen