Nr. 12

Die Gleichheit

abgeben, Vorschläge zum Ausbau des gesetzlichen Arbeiter schutzes machen, die nötigen Ausführungsbestimmungen zu den Arbeiterschuhgesehen erlassen und internationale Berständigungen über Arbeiterschutzvorschriften anbahnen.

Bei allen diesen Bemühungen haben die Arbeitsämter in den einzelnen Bezirken mitzuwirken. Außerdem sollen die Be zirksarbeitsämter diejenigen Ausführungsbestimmungen zum Ar­beiterschutz erlassen, die nur für ihren Bezirk gelten. Des weiteren sollen fie die Strafen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Ar beiterschutzvorschriften erlassen und bei der Errichtung und Förderung paritätischer Arbeitsnachweise und bei dem Abschluß von Tarifverträgen mitwirken.

Die Arbeiterkammern endlich sind bestimmt, die Interessen der Arbeiter in allen Arbeiterfragen zu wahren. Insbesondere sollen sie Erhebungen anregen, auf Mißstände bei der Arbeit hinweisen, Gutachten abgeben, Zuwiderhandlungen gegen Ar­beiterschutzvorschriften zur Kenntnis der Behörden bringen.

Den Bezirksarbeitsämtern soll eine Gewerbeaufsichtsbehörde angegliedert werden. Die Aufsichtsbeamten sind vom Reich an­zustellen. Die Zahl der Beamten soll so festgesetzt werden, daß alle Betriebe des Bezirks genügend kontrolliert werden können. Von den Aufsichtsbeamten soll ein Teil Frauen sein, die sich um die besonderen Verhältnisse der Arbeiterinnen zu fümmern haben. Den Gewerbeaufsichtsbehörden werden Hilfs­beamte beigegeben, die die Arbeiterkammern aus den Reihen der Arbeiter zu wählen haben.

-

Das sind die wichtigsten Bestimmungen des sozialdemokra tischen Antrages zu dem Regierungsentwurf eines Arbeits­fammergesetzes. Schon auf den ersten Blick ergibt sich, daß die Borschläge zweckmäßig und ohne Schwierigkeit durchzuführen sind und dann einen sehr günstigen Einfluß auf die Arbeiter verhältnisse ausüben würden. Trotzdem lehnten sämtliche bürger­lichen Mitglieder der Kommission- mit Ausnahme des Polen- es ab, den sozialdemokratischen Entwurf den Beratungen der Kommission zugrunde zu legen. Das zeigt von neuem, daß die Arbeiterfeindlichkeit der bürgerlichen Parteien es ist, die das pofitive Wirken für die Arbeiter trotz aller Anregungen der Sozialdemokraten verhindern.

Aus der Bewegung.

-

Agitation zur Gewinnung weiblicher Mitglieder für die Barteiorganisationen. Eine Reihe von öffentlichen Versamm lungen, die vornehmlich der Gewinnung der Frauen und Mädchen für die politische Organisation dienen sollten, hielt Genossin Zieg türzlich in verschiedenen Orten ab. Eine Versammlung in Branden­ burg  ( Havel  ) brachte der Partei 110 neue Mitglieder, außerdem auch Abonnenten auf das örtliche Parteiorgan sowie die Gleich heit". In Eberswalde   wurden für die Partei die ersten 67 weib lichen Mitglieder in einer prächtig besuchten Versammlung ge wonnen, an die sich eine Straßendemonstration für das allgemeine, gleiche Wahlrecht schloß. In der sehr stark besuchten Versamm lung in Gommern   wurden 140 neue Parteimitglieder aufge= nommen, davon mindestens 100 Frauen. In Halberstadt   galt die veranstaltete Versammlung dem Protest gegen die geplante Finanz­reform" mit ihren 500 Millionen Mart neuer Steuern. Hier traten 30 Personen der Partei bei. In Burg waren fast lauter Frauen zu der Versammlung erschienen, die sich mit der Frage der Be­tätigung der Frauen im politischen Leben beschäftigte. 40 der an wesenden Frauen und Mädchen erklärten ihren Eintritt in die Bartei. In einer start besuchten Frauenversammlung in Stettin  wurden 100 neue Mitglieder gewonnen. In zwei öffentlichen Frauenversammlungen in Berlin   im zweiten und dritten Wahl­freis traten 75 Frauen dem sozialdemokratischen Verein bei. In einer start besuchten Versammlung in Plauen   i. V., die Stellung nahm zum Heimarbeiterschutz und der feindlichen Haltung des freifinnigen Abgeordneten Günther zu dieser Frage, wurden einige 70 Frauen und Mädchen der politischen Organisation zu geführt. In Reichenbach i. V. war die Versammlung leider nur schwach besucht, trozdem wurde eine Anzahl Frauen in den Partei­verein aufgenommen. Genossin Ludwig und Genosse Finder. wisth ermahnten dringend zur tätigen Anteilnahme an der Be­wegung. Überall wächst die Zahl der Frauen, die zum politischen Leben erwachen, die sich einreihen" in das Heer der Klassen­

183

tämpfer, die sich in der Verwaltung der Organisationen, im Rampfe, bei der Agitation eifrig betätigen. Das bewiesen auch diese Ver sammlungen wieder, in denen überall Genoffinnen der verschiedenen Drte selbst tätigen Anteil nahmen. So in Halberstadt   unsere eifrige, unermüdliche Genossin Bollmann, die in mustergültiger Weise in ihrem Bezirk wirkt; in Burg unsere energische und be geisterte Genoffin Suchi; in Brandenburg   Genossin 3eiß, die vorzüglich die Versammlung leitete- außer ihr sprach noch eine Genossin, die in schlichter, ergreifender Weise zum Abonne­ment der Presse aufforderte; in Stettin   unsere mündlich und schriftlich tätige Genossin Horn, die in begeisterten Worten sich an der Diskussion beteiligte; in Berlin   unsere opferfreudigen Ges nofsinnen Steinkopf und Döhring, die eine stattliche Anzahl ihrer Arbeitsschwestern um sich geschart hatten zur mündlichen Agitation und Kleinarbeit, und das obgleich sie beide in der Gr­werbsarbeit stehen und schwer fürs Brot arbeiten müssen. Alles in allem: Wir marschieren.

L. Z.

Halberstadt  . In einer öffentlichen Versammlung am 7. Februar referierte Genossin Bieg über das Thema 500 Millionen neue Steuern". Sie geißelte die Ausplünderungspolitik der Regierung und der herrschenden Klassen und fesselte die Zuhörer durch ihre ergreifende Schilderung aller schädigenden Einflüsse, welche die Heimarbeit in der Tabatindustrie schon heute auf Familienleben und Gesundheit ausüben, die aber bei einer weiteren Belastung des Tabaks noch ungeheuer vermehrt würden. 30 Frauen leisteten ihrer Aufforderung zum Anschluß an die Parteiorganisation Folge, durch die Herrschenden entgegenzuarbeiten. Wenn auch der Besuch als dem besten Mittel, der Ausplünderung der besiglosen Klassen der Versammlung nicht der Bedeutung der Tagesordnung entsprach, so wird doch auch der erzielte kleine Erfolg dazu beitragen, die Genoffinnen zu erneuter Tätigkeit für die Ausbreitung unserer Organisation anzuspornen. M. Bollmann.

Bei der Agitation für den Verband der Buch- und Stein­bruckereihilfsarbeiter und-arbeiterinnen wurden letzt hin in Bayern   auch verschiedene Orte besucht, die bisher noch feine Spur gewerkschaftlicher Organisation der betreffenden Arbeits­fräfte aufzuweisen hatten. In Passau   waren der Einladung zur Versammlung nur die gelernten Arbeiter gefolgt, welche aber ver­sprachen, die Organisierung des weiblichen Hilfspersonals in die Wege zu leiten. Wie not das tut, beweist die Tatsache, daß dort an Ar­beiterinnen Wochenlöhne von 3 bis 7 Mt. gezahlt werden. Nur einige Arbeiter und Arbeiterinnen waren in der Versammlung zu Straubing   anwesend, und die Firma Attentofer, deren In­haber und Faktor eifrig für den katholischen Arbeiterverein werben, hat einen Arbeiter und eine Arbeiterin entlassen, weil sie es wagten, zum Eintritt in die freie Gewerkschaft aufzufordern. Offenbar ers folgte die Entlassung aus reiner Nächstenliebe: die Seelen der Ge maßregelten sollten vor dem Fegefeuer bewahrt bleiben. In Regensburg   schlossen sich eine größere Anzahl Hilfsarbeiterinnen dem Verband an, und in Schwabach   wurde mit 44 Aufnahmen der Grund zu einer Zahlstelle des Verbandes gelegt. 14 Mitglieder warb die Versammlung in Ansbach  , wo verheiratete Arbeiter Löhne von 10,50 Mt. bis höchstens 14 Mt. erhalten. Verschiedent­lich waren in Würzburg   schon Anfänge zur Organisierung des Hilfspersonals in Druckereien zu verzeichnen gewesen, die aber leider keinen Bestand hatten. Unter solchen Umständen begegnet erneute Agitation immer einem gewissen Mißtrauen, und es hält schwer, die Arbeiterschaft aufs neue für den Organisationsgedanken empfänglich zu machen. In der letzten Versammlung faßten aber die Anwesenden den Beschluß, den Bau der Organisation noch einmal zu beginnen. Eine Kommission, bestehend aus einer Ar­beiterin, einem Buch- und einem Steindrucker soll die Gründung einer neuen Zahlstelle Würzburg   vorbereiten. In Bayern   gilt cs für den Verband vielerorts Neuland zu bearbeiten, und das ist schwer. Wir begrüßen es daher, daß die Jdee der gewerkschaftlichen Organisation und der Solidarität mit Erfolg ausgefät worden ist; möge die Saat feimen, Wurzeln schlagen und wachsen. Gert.

Im Auftrag der thüringischen Agitationskommission sprach die Unterzeichnete in folgenden Orten in Voltsversammlungen: Mühl­ hausen  , Langensalza  , Salza  , Nordhausen  , Ellerich, Er. furt, Heidersbach  , Suhl   und Pößneck  . In allen Orten stand Das zeitgemäße Thema auf der Tagesordnung: Die Frauen und die proletarischen Gegenwartskämpfe." Hier und da ließ der Ver sammlungsbesuch sehr zu wünschen übrig, doch wurden immerhin 206 Personen, meist Frauen, für unsere Partei gewonnen. Wlögen die neuen Kämpferinnen im Kreise der ihnen Nahestehenden mit Fleiß und Ausdauer Anhänger für unsere Jdeen werben, so daß fich das Dichterwort erfüllt: Wenn erst die Frauen mit im Felde ftehen, wird wahre Freiheit bald die Welt beseelen." W. Kähler.