Nr. 14
Die Gleichheit
kommunale Maßnahmen geschädigt werden, ist an anderer Stelle zu lesen.
Nicht viel besser als der Arbeiterschaft der Leinenindustrie geht es den übrigen Proletariern im Kreise. Ein wöchentliches Einkommen von 15 Mt. gilt bei ihnen als sehr gut, und nur die Glasmacher tommen so hoch. In Prittwigdorf und Ums gegend schanzen die Männer in chemischen Werten, fogenannten Giftbuden, für einen Taglohn von 2 Mt. Hätten die meisten Arbeiterfamilien in dieser Gegend nicht die Möglichkeit, ein Schwein oder ein paar Ziegen aufzuziehen, so würde wohl nie Fleisch auf ihren Tisch kommen. Sauerkraut, Kartoffeln und leider! Schnaps bilden ihre Hauptnahrung. Sehr traurig sieht es auch in dem Städtchen Jauer aus, wo die Zigarrenindustrie und die Kragen und Wäschenäherei, von einigen Fabriken abgesehen, als Hausarbeit betrieben wird. Es ist ein Glück, daß die Ausgebeuteten in den genannten Gegenden mehr und mehr zur Erkenntnis ihrer Lage erwachen und für ein besseres Dasein zu kämpfen beginnen. Ottilie Baader .
Frauenstimmrecht.
-
Das aktive und paffive Frauenwahlrecht zum weimarischen Laudtag hat die sozialdemokratische Fraktion dieses Duodezparlamentes in einem Wahlrechtsantrag gefordert. Anlaß dazu bot, daß dort eine sogenannte Wahlrechtsreform zur Debatte steht, bei der Regierung und bürgerliche Parteien wieder einmal ihr reaktionäres Herz enthüllen.
I. K. Für die Einführung des allgemeinen Wahlrechtes in England, wie sie der Antrag Howard forderte, hat sich im Unterhaus eine Majorität von 53 Stimmen erklärt. Dieses Ergebnis ist als eine bedeutsame Förderung der Agitation für volles Bürgerrecht aller Erwachsenen ohne Unterschied des Geschlechtes zu begrüßen.
Eine Organisation zur Erringung des Frauenstimmrechts in Frankreich ist in Paris gegründet worden. Sie führt den Namen, Union Française pour le Suffrage des Femmes"( Franzö fische Vereinigung für das Frauenstimmrecht"). Die Leitung der Organisation ruht in den Händen eines Komitees von 15 Perfonen, dem unter anderem Madame Schmal, Madame Vincent und andere bekannte Vorfämpferinnen für die Frauenemanzipation angehören.
Vom Kampfe nm das Frauenwahlrecht im Staate New York . Eine Kommission des Staatsparlamentes hatte sich kürzlich mit Vorlagen zu beschäftigen, welche die Einführung des Frauenwahlrechtes verlangten. Sie beschloß mit 11 gegen 2 Stimmen, diese dem Parlament nicht zur Annahme zu empfehlen. Wie unsere Genoffinnen, so agitieren auch die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen rührig für das politische Recht des weiblichen Geschlechtes. Um die Aufmerksamkeit auf diese Forderung zu lenken, wendeten sie neulich ein neues, drastisches Agitationsmittel an. Sie veranstalteten nachts zwischen 1 und 2 Uhr eine Versammlung in der Straße; von einem Wagen herab, beleuchtet von Fackeln und japanischen Laternen, sprachen acht Frauenrechtlerinnen zu der sich ansammelnden Menge. Ein großes Plakat trug die Inschrift:„ Frauen haben das Stimmrecht in Wyoming , Colorado , Utah und Idaho - warum nicht im Staate New York ?" 17 Polizisten waren zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgeboten. Die Nachtversammlung erregte das gewollte Aufsehen, und die Rednerinnen fanden stürmischen Beifall.
Landarbeiterfrage.
Aus einem Dorado der Junker, einem Dorfe der Altmark , schreibt uns eine Genoffin:" Bei uns sieht es unter dem Landproletariat recht traurig aus. Im Winter gibt es sehr wenig Arbeit, so daß die Not steigt und steigt. Wenn es Arbeitslosen einfällt, Tannenzapfen aus dem föniglichen Forst zu holen oder Besenreis zu schneiden, um etwas zu verdienen, so werden sie wegen Diebstahls bestraft. Das heilige Eigentum verlangt sein Recht. Trotzdem bleibt im Winter vielen Famlien nichts anderes übrig, als sich durch Stehlen und Betteln zu erhalten. Andere, denen es glückt, sich durchzuhungern, vertrösten sich mit der Ausficht auf den Sommer. Was sie von ihm erhoffen, ist nicht froher, glücklicher Genuß der Natur, sondern Arbeit, harte Arbeit vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang um einen Lohn von 25 bis 36 Pfennig pro Stunde für die Männer und 16 Pfennig für die Frauen. Davon heißt es leben und auch noch die Schulden bezahlen, die im Winter gemacht werden mußten. Dumpf und schwer ist deshalb die Stimmung der unglücklichen Landsflaven. Schule und Kirche verweisen sie auf ein befferes Jenseits, verstricken fie dadurch in Wahnglauben und halten sie davon ab, fich um ein
223
menschenwürdiges Diesseits zu bemühen. Manche, die mit dem Glauben an die irdische Gerechtigkeit auch das Vertrauen zur himm lischen verloren haben, stehlen wie die Raben, noch andere gehen zugrunde. Besonders viele Frauen versinken infolge der ewigen Sorgen um die nackte Existenz in Stumpffinn und Verzweiflung. Dhne Hoffnung, ohne Trost, schleppen sie ihr elendes Leben von Tag zu Tag weiter. Unter diesen ländlichen Lohnsklaven ist der Sozialismus das einzige Evangelinm, daß sie aufatmen und wieder Hoffnung schöpfen läßt. Schwer ist die Arbeit, die sozialdemokratischen Ideen auszufäen. Alles, was die Ausgebeuteten büttelt, tut sich zusammen, um sie zu hindern. Was ist zur„ Bekämpfung des Umsturzes" nicht alles im Reiche des Herrn von Kröcher möglich? Aber es geht doch vorwärts. Wir haben in unserem Ortchen zur Reichstagswahl 230 sozialdemokratische Stimmen geholt, und trotz der Krise und des harten Winters zählen wir 47 Leser der„ Voltsstimme", 56 Abonnenten des Wahren Jacob" und 3, Gleichheits" leserinnen. Der Partei gehören bisher freilich erst 11 Männer und 3 Frauen an, aber dieses kleine Häuflein hält sich tapfer. Allerdings ist das, was wir bisher geleistet haben, nur ein Tropfen im Meer der Arbeit, die noch zu verrichten ist, um die hiesigen Landproletarier zum Bewußtsein ihrer Rechte zu erwecken, sie aufzuklären und zum Kampfe zu organisieren. Aber das Bewußtsein davon spornt unsere Kräfte an, und das Wirlen für die Sache der Ausgebeuteten macht das Leben schön und wertvoll. Eine erdrückende Last deuchte es mir früher, und ich hätte es lieber heute wie morgen von mir geworfen. Jetzt möchte ich hundert Jahre leben, um die Ketten meiner Brüder und Schwestern, M. J. in Kl. der gefnechteten Landsflaven, sprengen zu helfen."
Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.
"
"
demokratischer Frauen- Agitationsvereine Hollands findet am 1. K. Die erste Jahresversammlung des Bundes sozialVorabend des Parteitags der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands zu Ostern in Rotterdam statt. Auf der Tagesordnung stehen außer geschäftlichen und inneren Angelegenheiten zwei Fragen: Ausgestaltung des Bundesorgans„ De Proletarische Vrouw" und Mutterschaftsversicherung. Der Jahresbericht über die Entwicklung des Bundes, den Genossin van KnykhofenRoedyk erstattet, ist bereits veröffentlicht worden. Er zeigt, daß die im Bunde" organisierten Genossinnen mit regem Eifer für die Ausbreitung der sozialdemokratischen Ideen unter den Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen gewirkt und ihre Interessen und Rechte nach besten Kräften vertreten haben. Im Berichtsjahre wurden mehrere neue Lotalvereine gegründet, so daß dem Bunde" jetzt 16 Zweigorganisationen angehören. Die älteren Klubs haben sich gedeihlich entwickelt. Der Bund" hat kräftig für das allgemeine Frauenwahlrecht agitiert, für gesetzlichen Arbeiterinnenschutz, aber gegen das von manchen unflaren Elementen geforderte gesetzliche Verbot der Frauenarbeit, hat Lese- und Distussionsabende angeregt und gefördert usw. Er war bemüht, bas Klassenbewußtsein der Proletarierinnen zu wecken und hat durch seine Arbeit ihr Selbstbewußtsein gehoben. Durch das Ziel seiner Arbeit und ihre Art hat er wesentlich dazu beigetragen, die fleinbürgerlich philisterhaften Anschauungen über die Betätigung der Frauen im öffentlichen Leben und das Mißtrauen dagegen zu zerstreuen, die bei manchen Parteigenossen noch vorhanden waren. " De Proletarische Vrouw", bas Organ der Genoffinnen, hat einen Aufschwung genommen. Leider hat die beklagenswerte Spaltung in der Partei auch auf den Bund" zurückgewirkt. Führende Genofsinnen haben sich der neuen Partei angeschlossen, und da dem ,, Bund" nur Mitglieder der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei angehören können, mußten in der Folge in einigen lokalen Organi sationen Vorstandsmitglieder ausscheiden, und der Bundesvorstand selbst verlor zwei tüchtige Mitglieder, darunter Genofsin Mensing, die internationale Korrespondentin. Dem Bund" wird höchſtwahrscheinlich vom bevorstehenden sozialdemokratischen Parteitag eine eigene Vertretung zu den fünftigen Tagungen der Partei zuerkannt werden. Aufgabe dieser Vertretung soll sein, Bericht über die proletarische Frauenbewegung zu erstatten, und Anträge des " Bundes" zu begründen. Ein entsprechender Antrag vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei liegt vor, dazu ein anderer Antrag für die bessere Ausgestaltung des Bundesorgans durch Schaffung einer besonderen Beilage für die Jugend. Die proletarische Frauenbewegung Hollands marschiert!
"