Nr. 15 DieZustände geschaffen werden sollten. Nach dem Referat ließen sich20 Mädchen in die neue Organisation aufnehmen. Der Monats-beitrag beträgt 4S Pf.; es wurde ein provisorischer Vorstand ge-wählt. Alle Anfragen sind bis auf weiteres zu richten an FrauA. Flemming, Steingraben 12. August Gerhardt.Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.Wie willkürlich und oft brutal die Textiliudustrielleu dieZeit der Krise ausnühen, um die Existenzbedingungen derÄrbeiterinnen zu verschlechtern, das wurde in Versammlungenfestgestellt, die kürzlich für den Textilarbeiterverband in den GauenSüd. Sächsisches Erzgebirge und Sachsen-Vogtland statt-fanden. Lohnreduktionen regnen nur so herab und die Arbeits-z eilen werden häufig lediglich nach der jeweiligen Laune des Be-triebsinhabers gekürzt und sestgelegt.»Nur um die Arbeiter zubeschäftigen", lassen zum Beispiel in Burgstädt die Unternehmerarbeiten. Bedarf liegt nicht vor. darum müssen die Arbeiterinnenum b bis 10 Pfennig billiger schaffen als früher. Der Unter-nehmerprofit verträgt keine Kürzung. Der von besonders geschicktenund flinken Arbeilerinnen erzielte einigermaßen gute Verdienst gibtAnlaß zu allgemeinen Lohnreduzierungen. In der Handschuh-brauche ist die Heimarbeit sehr stark vertreten. Zur Zeit derHochkonjunktur wurden den heimarbeitenden HandschuhnäherinnenMaschinen unter den günstigsten Zahlungsbedingungen förmlich auf-gedrängt. Als die Konjunktur sank, wurden Lohnabzüge von 76auf jetzt 46 Pfennig per Dutzend gemacht, schließlich gab es garkein« Arbeit mehr. Wer nun aber bei der mangelnden Verdienst-gelegenheit seinen Zahlungsverpflichtungen für die Maschin« nichtnachkommen kann, dem wird diese, trotz der bereits geleisteten Ab-Zahlungen, wieder genommen. Die armen Frauen und Mädchenhaben das Nachsehen. Bei der nächsten günstigen Geschäftslagekönnen die Unternehmer die nämlichen Maschinen zu denselben Be-dingungen anderen Arbeiterinnen verkaufen und ihren Beutezugwiederholen. Nicht so wie auf ihren Profit sind die Fabrikantenaus die Einhaltung der gesetzlichen Schutzbestimmungen für dieArbeiterinnen bedacht. Im Limbacher Bezirk werden die Be«stimmungen der Gewerbeordnung mit geradezu beispielloser Keck-heit umgangen. Dort beschästigen Firmen»ihre" Arbeiterinnenan Sonnabenden bis um 8 Uhr abends und noch länger, an anderenTagen bis in die Nacht hinein und trotz des gesetzlichen Verbotsauch an Sonn- uud Feiertagen. Ahnlich liegen die Dinge in denKorsettfabriken zu Olsnitz. Ihre Inhaber sollen lautVertragmit der Gefängnisdirektion verpflichtet sein, für volle Beschäftigungder weiblichen Gefangenen zu sorgen. Was über das Pensum derGefangenen geht, dürfen die»freien" Arbeiterinnen herstellen, sodaß diese oft bei Tage feiern und abends oder nachts arbeitenmüssen. Daß die Gesetzgebung den geschilderten idyllischen Aus-beutungsmöglichkeiten vom 1. Januar 1910 ab ein Ziel setzen will,paßt den Texlilindustriellen durchaus nicht in den Kram. Amallerwenigsten den in Plauen, die glaubten, die Gesetzgebung durcheine von 9000 Arbeiterinnen unterzeichnete Petition in ihrem Sinnebeeinfluffen zu können. DaS gelang ihnen nicht, worauf der Ge-werberichter Mette, der Geschäftsführer deS dortigen Fabrikanten-Vereins, die neuen Bestimmungen der Gewerbeordnung als einengesetzgeberischen Mißgriff bezeichnete. Wohl nur deshalb, weil erfürchtet, daß das Verbot der Mitgab« von Arbeit nach Hause dieArbeiterinnen anspornen wird, den dadurch entstehenden Verlust anVerdienst durch Lohnforderungen weltzumachen. In den PlauenerBetrieben sind 13600 Arbeiterinnen beschäftigt; dazu kommen noch8500 Heimarbeilerinnen, die zum TeU erst Bahnfahrten unter-nehmen müssen, häufig sogar vergeblich, um deS„Segens der Arbeit"teilhaftig zu werden. Viel, recht viel ist dort noch zu tun, um dieZahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnen mit der Zahlder Beschäftigten nur einigermaßen in Einklang zu dringen. Nurdurch den Ausbau ihrer Organisation, des Deutschen Textil-arbeiterverbandes, werden die Arbeiterinnen in der Lage sein,sich wehren zu können gegen die gewissermaßen schon geplantenUmgehungen der im nächsten Jahr in Kraft tretenden neuen gesetz-lichen Bestimmungen zu ihrem Schutze. Ein gutes Zeichen ist«s,daß die Empörung gegen die bestehenden Verhältnisse die so langeherrschende Gleichgültigkeit der Arbeiterinnen abzulösen beginnt.Marta Hopp«.Mühselig ist die Existenz der Proletarierinnen im KreiseTorgau-Liebenwerda. Davon zeugen ihre Hände und reden dievon Sorge und Entbehrung durchfurchten Gesichter. Zu den äußerstunzureichenden Löhnen, welche die Männer in den Brikettfabriken,den Braunlohlengruben, der Papierfabrik, dem Eisenwerk(Lauchhammer) erhalten, müssen die Frauen Beihilfe schaffen. In«239dustrielle Frauenarbeit gibt es aber vielerorts so gut wie gar nicht,und so treiben die Frauen da und dort eine» eifrigen Kleinhandel.In Hohenleipisch zum Beispiel bereiten die Frauen aus ein-gesammelten Beeren Wacholdersast und handeln damit, wie mitallerlei Kräutern, die sie ernten oder mühselig suchen, mit Grün-waren, Eiern, Apfelsinen und Zitronen. Manche verkaufen aufden Märkten auch Zigarren und Tabak. Vielen ist es nicht mehrmöglich, wie früher Vieh aufzuziehen, weil leine Stallung vor-Händen ist, und die Auszucht für die(leinen Leute zudem immerunrentabler wird. Sechs Wochen alte Ferkel kosten 32 bis 36 Mk.;und das Futter steht dank der Wucherzöll« hoch im Preise. DieLage der Arbeiter bat sich dadurch nicht unerheblich verschlechtert.In manchen Orten bestehen auch noch Einrichtungen, die an dieFeudalzeit erinnern. In Mückenberg liefert jeder Haushalt demPastor zu Ostern vier Eier. Stoff zur Unzufriedenheit mit denbestehenden Verhältnissen ist mithin reichlich vorhanden. An unsist es, Wissen und Aufklärung unter die srondende Bevölkerung zutragen, ihr Schulung und Organisation zu bringen, sie mit sozia-listischem Geiste zu erfüllen. Die Genossen und Genossinnen sindan der Arbeit, sie werden nicht ruhen noch rasten, bis das Evan-gelium des Sozialismus in alle Hütten gedrungen ist.(1. B.Frauenarbeit auf dem Gebiet der Industrie,des Handels- und Verkehrswesens.Eine starke Zunahme der weiblichen Erwerbstätigen inDeutschland weisen die Ergebnisse der Berufszählung vom12. Juni 1907 aus, die nach und nach zur Veröffentlichung gelangen. Di« Gesamtbevölkerung des Deutschen Reiches ist von46222113 in 1882 und 61770284 in 1896 auf 61720629 in 1907gestiegen. Di« Zahl der Frauen übertrifft mit dieder Männer wiederum um fast eine Million, denn die männlicheBevölkerung bezifferte sich auf 30461100. Dt« weidliche Be-völkerung verteilte sich wie folgt:1882 1893 1907Zählt man die weiblichen Erwerbstätigen und Dienendenzusammen, so zeigt sich, daß S4K2K81 Frauen und Mädchendurch Berufsarbeit ihr eigenes Brot erwerben. Das sind 3U,Z7Prozent, fast«in Drittel der gesamten weiblichen Bevölkerung.1896 waren es 6'/, Millionen oder!S4,S6 Prozent und 1882 erst6'/» Millionen, gleich 24,02 Prozent der weiblichen Bevölkerung.Man beachte, daß bei den obigen Zahlen der weiblichen Gesamt-bevölkerung auch der jüngste weibliche Säugling miteingerechnetist; das Verhältnis zwischen berufstätigen und nichtberufstätigenFrauen würde mithin«inen weit stärkeren Prozentsatz der. ersterenausweisen, wenn zum Vergleich nur di, Altersstufen herangezogenwürden, auf denen im allgemeinen die Berussarbeit beginnt.Jedenfalls rücken aber die obenstehenden Ziffern die Tatsache inHelles Licht, daß absolut wie relaliv die Zahl der weiblichen Be-rufslätigen von 1896 bis 1907 beträchtlich stärker zugenommen hat,als von 1882 bis 1896. Leider fehlen bis jetzt noch die amtlichenAngaben darüber, wie im ganzen Reiche die erwerbstätigen Frauenund Mädchen sich auf die verschiedenen Berufe verleiten. Wer an-gesichts der ermittelten Zahlen die Frau noch aufS Haus verweisenund als politisch Unmündige belassen will, der ist mit Blindheitgeschlagen. Das gleich« gilt auch von dem, der nicht einsehen will,daß die mächtig anschwellende Erwerbsarbeit der Frau unter derFuchtel deS ausbeutenden Kapitals den weitreichendsten wirksamengesetzlichen Arbeiterinnenschutz zu einer Frage von höchster natio-naler Bedeutung erhebt. Heraus mit dem allgemeinen Frauen-Wahlrecht! Heraus mit dem Achtstundentag!Die Frau im Haudelögewerbe. Der zu Ostern erschieneneJahresbericht der städtischen Handelsschule Osfenburg, welcheseit 1907 für alle männlichen und weiblichen Gehilfen und Lehr-ling« deS Handelsbetriebes bis zu deren achtzehntem Lebensjahrobligatorisch ist. teilt mit, daß in den Schulrat auf Grund desGesetzes eine Frau berufen wurde. Seit zehn Jahren schon wirddie Anstalt auch von Schülerinnen besucht, deren Zahl seil demObligatorium proportional bedeutungsvoll steigt. Von den rund140 Besuchern der Anstalt in den letzten beiden Schuljahren be-trug vor zwei Jahren die Zabl der Schülerinnen 36 Prozent,