Nr. 2
Die Gleichheit
jährige Frau die gleiche wie für den volljährigen Mann. Bis zum vollendeten siebten Lebensjahr sind alle Personen geschäftsunfähig. Von da an bis zur Volljährigkeit ist die Geschäftsfähigkeit eine beschränkte. Die Kinder beziehungsweise jungen Leute bedürfen während dieser Zeit zu einer Willenserklärung, durch die nicht lediglich ein rechtlicher Vorteil erlangt wird, der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. Die Beschränfungen der Geschäftsfähigkeit der verheirateten Frau werden wir in einem späteren Abschnitt darstellen.
Volljährige Frauen und Mädchen können als Vormünder bestellt werden; sie sind aber berechtigt, die Vormundschaft ohne weiteres abzulehnen, während Personen männlichen Geschlechts nur beim Vorhandensein bestimmter Gründe das Recht zur Ablehnung der Vormundschaft zusteht. Die verheiratete Frau darf aber, wenn sie nicht mit dem Vater des Mündels verheiratet ist, nur mit Zustimmung ihres Mannes zur Vormünderin ernannt und muß aus diesem Amt entlassen werden, wenn ihr Mann mit der Weiterführung der Vormundschaft nicht einverstanden ist. Einen stichhaltigen vernünftigen Grund für diese Ausnahmebestimmung gibt es natürlich nicht. Es würde gewiß dem ehelichen Verhältnis nicht den geringsten Eintrag tun, wenn die verheiratete Frau ungeachtet der Launen ihres Ehemannes eine Vormundschaft befleiden könnte, sofern sie sich für das Amt eignet!
Zu erwähnen bleibt noch der besondere Schutz, den das Bürgerliche Gesetzbuch der weiblichen Geschlechtsehre zukommen läßt. Nach dem Reichsstrafgesetzbuch unterliegt bekanntlich die Nötigung oder Verführung zum außerehelichen Beischlaf durch Gewalt, Drohung oder Hinterlist oder auch durch Verlegung eines Abhängigkeitsverhältnisses der Bestrafung. Damit ist aber der Schaden durchaus nicht gut gemacht, welcher dem Mädchen oder der Frau durch den Angriff auf die Geschlechtsehre verursacht wird. Nach§ 825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nun derjenige, der eine weibliche Person durch Hinterlist, durch Drohungen oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeisverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, zum Ersatz des daraus entstehenhen Schadens verpflichtet. Der Anspruch auf Ersatz verjährt in drei Jahren von dem Zeit punkt an, in welchem die Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an. Es wäre von großem Vorteil für die in einem Abhängigkeitsverhältnis befindlichen Personen gewesen, die einem derartigen Angriff auf ihre Geschlechtsehre ausgesetzt sind, wenn das Gesetz ausgesprochen hätte, daß die Verjährung für die Dauer des Abhängigkeitsverhältnisses ruht. Die Schutzbestimmung würde damit an Bedeutung gewonnen haben. Nach dem allgemeinen Wortlaut der Bestimmung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß diese auch für die Fälle Anwendung findet, in denen eine nicht mehr jungfräuliche Person Gegenstand des Angriffs gewesen ist, sofern die besonderen Voraus setzungen( Anwendung von Hinterlist oder Drohung, oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses) vorhanden sind. Hinter lift kann beispielsweise liegen in der Verführung zum Genusse berauschender Getränke oder in der Vorspiegelung einer Ehe. Als Abhängigkeitsverhältnisse sind zu betrachten die Verhält nisse zwischen Dienstherr und Dienstbote, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Vormund und Mündel, Lehrer und Schüler, Arzt und Patientin. Als ersatzpflichtiger Schaden können in Betracht fallen die durch Schwangerschaft und Entbindung oder durch Ansteckung mit einer geschlechtlichen Krankheit verursachten Kosten( Arzt, Pflege, Apotheke, Kurgebrauch, Verdienstausfall), aber auch der Verlust der Stelle infolge der Schwangerschaft. Der Schaden muß nicht notwendig ein Vermögensschaden sein; auch moralisches Leid und gesellschaftliche Mißachtung, wie sie vielfach mit der Verlegung der Geschlechtsehre verbunden ist, müssen als erfaßpflichtiger Schaden angesehen werden.
Die soeben behandelte Bestimmung gehört in das Kapitel der sogenannten unerlaubten Handlungen, das sind Handlungen, die außerhalb des Vertragsgebietes liegen und vor
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denen der Gesetzgeber gewisse Güter schützen will. Das Gesetz verpflichtet deshalb den zum Schadenersatz, der eine strafbare Handlung begeht oder der sonst vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum, die Ehre, den Kredit oder ein sonstiges Rechtsgut eines anderen widerrechtlich verletzt. Das Strafgeset hat bekanntlich immer die gleichen Anforderungen an Mann und Frau gestellt. Auf diesem Gebiet war der„ Männerstaat" stets inkonsequent. Die Schwäche" des weiblichen Geschlechts hat ihn zu allen möglichen Ausnahmebestimmungen veranlaßt, die die Frau herabwürdigen, aber einen Milderungsgrund in strafrechtlicher Beziehung hat sie für ihn nie gebildet. Deshalb konnte Olympe de Gouges in ihrer Begründung voller politischer Rechtsgleichheit für die Frau mit beißendem Spotte ausrufen:„ Hat die Frau das Recht, das Schafott zu besteigen, so muß sie auch das Recht haben, die Tribüne zu besteigen." Auch bei der Haftung aus unerlaubten Handlungen wird ein Unterschied zwischen den Geschlechtern nicht gemacht. Wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden verantwortlich, den er einem anderen zufügt. Vom zurückgelegten 7. bis zum zurückgelegten 18. Lebensjahr tritt die Verantwortlichkeit nur ein, wenn bei Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht vorhanden war. Ausnahmsweise haben aber den verursachten Schaden auch solche Personen zu ersetzen, denen diese Einsicht abgeht, sowie Kinder unter sieben Jahren und sogar Personen, deren freie Willensbestimmung ausgeschlossen ist. Es ist dies dann der Fall, wenn der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann, und wenn die Billigfeit nach den Umständen eine Schadloshaltung erfordert, ohne daß dadurch dem Täter die Mittel zum standesgemäßen Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltungspflichten entzogen werden.
Die verheiratete Frau haftet für Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen wie die unverheiratete. Solche Verbindlichkeiten fallen im Verhältnisse der Ehegatten zueinander der Ehefrau persönlich zur Last, beziehungsweise ihrem Vermögen oder dem Vorbehaltsgut, wenn sie solches hat.
Die Versuche einer MutterschuhGesetzgebung in Italien .
Nach den Quellen bearbeitet von Adolf Hepner. I.
Auch Italiens Staatsmühlen mahlen langsam. Wenn in der nächsten Wintersession das Parlament zu Rom den Entwurf betreffs Unterstützung der zur Arbeitsruhe gezwungenen Wöchnerinnen, die Vorlage zur Gründung einer„ Cassa di Maternità"( Mutterschaftskasse) annimmt, und wenn die Regierung sich mit der Ausarbeitung beziehungsweise dem Erlaß der Ausführungsverordnung sehr beeilt: so werden immerhin mehr als zehn Jahre verstrichen sein seit dem ersten Entschluß, eine Mutterschutzgesetzgebung in Italien zu schaffen, bis zum Inkrafttreten der Unterstützungsvorschriften.
Am 2. Dezember 1900 reichte der Minister Corano den Kammern den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Frauenund Kinderarbeit" ein( Legislazione sul lavoro delle donne e dei fanciulli), der mit gewissen Veränderungen am 19. Juni 1902 zum Gesetz erhoben wurde und die Ausbeutung der Frauen und Kinder bis zu 15 Jahren in Fabriken und solchen Werkstätten etwas einschränkt, die mit mechanischer Kraft betrieben werden und mehr als fünf Arbeiter beschäftigen. Artikel 6 des Entwurfes lautet:
Wöchnerinnen dürfen erst einen Monat nach der Entbindung mit Arbeit beschäftigt werden; ausnahmsweise auch früher, doch in jedem Falle erst nach drei Wochen, wenn aus einem Zeugnis der Sanitätsbehörde des Wohnorts der Wöchnerin hervorgeht, daß ihr Gesundheitszustand ihr gestattet, ohne Schaden die Arbeit zu verrichten, mit der sie sich zu befassen beabsichtigt."